Freitagnacht-Kryptos: DeLoy’s südamerikanischer Affe

Die Entdeckung eines südamerikanischen Menschaffen durch den Schweizer Forscher de Loys 1920 galt früher als echte Entdeckung, dann zumindest als kryptozoologischer Erfolg, heute geht man von einem Schwindel mit rassistischen Untertönen aus – die Menschen in Südamerika sollten von diesem Affen abstammen, also nicht von der Art Homo sapiens sein.

 

Die Entdeckung und spätere Erstbeschreibung durch denn französischen Anthropologen Georges Montandon fand auch in deutschen Blättern Widerhall.

Wir lesen zunächst in der „Urania“ (Band 6, 1929, S. 179):

De Loys' Affe
De Loys‘ Affe vom 15. Juni 1920

 

„Vor einiger Zeit tauchte in Zeitungen die Nachricht von der Entdeckung eines unbekannten Menschenaffen in Südamerika auf. Dort sind, wie bekannt, bis jetzt noch keine Menschenaffen gefunden worden.

 

Das Tier, ein Weibchen, wurde von dem Geologen F. de Loys im Grenzland von Kolumbien und Venezuela erlegt. Es maß 1,57 m, war schwanzlos und besaß auch sonst auffällige menschenaffenähnliche Merkmale. Leider ging der präparierte Kopf und das Fell auf der weiteren Expedition verloren. Nach Untersuchungen an der geretteten Photographie ist man jedoch jetzt zu der Ansicht gelangt, daß es sich nicht nur um eine besonders große Art neuweltlicher niederer Affen handelt. Eine restlose Klärung der Frage wird erst durch Untersuchung eines weiteren Exemplare möglich sein.“

 

In Deutschland ist man erst mal skeptisch

 

Der bekannte Zoologe Adolf Remane berichtet 1929 im „Anthropologischen Anzeiger“ (Band 6, S. 215):

 

 

„Vor kurzem lief durch die Zeitungen eine Notiz über die Entdeckung eines großen Anthropoiden im Norden Südamerikas. Wie es mit diesem neuen ‚Anthropoiden‘ bestellt ist, zeigen die beiden Arbeiten. Der Geologe F. de Loys traf in den Wäldern des kolumbisch-venezuelischen Grenzgebietes auf ein Paar großer Affen. Das Weibchen wurde erlegt und photographiert, der Schädel, der 32 Zähne besessen haben soll, konserviert; er ging beim Transport verloren, und so ist die Photographie die einzige wissenschaftliche Unterlage.

 

Es handelt sich um einen ca. 1,57 m hohen Affen mit rudimentärem Schwanz und auf den ersten Blick von anthropoiden-, im Gesicht sogar menschenähnlichem Aussehen. Und so gebraucht denn auch G. Montandon für diesen Ameranthropoides Loysi genannten Affen den Ausdruck ‚anthropoid‘ und knüpft daran sehr bedenkliche phylogenetische Spekulationen. Wie aber die genauere Analyse von L. Joleaud dartut, sind die anthropoidenähnlichen Merkmale dieses Affen nur oberflächlicher Natur, während alle morphologisch wertvollen Merkmale, wie der Bau der Nase, die riesige Clitoris usw. mit Sicherheit auf einen echten Platyrrhinen aus der Verwandtschaft von Ateles und Eriodes schließen lassen, Formen, die ja schon manchmal von morphologisch Unerfahrenen wegen einiger äußerer Ähnlichkeiten zu Unrecht mit den Anthropoiden in Beziehung gesetzt wurden.

Also kein neuer Anthropoide, nur ein neuer Platyrrhine!

 

A. REMANE“.

 

 

Nach zwei Jahren bestätigt sich die Skepsis

Das Journal „Berichte über die wissenschaftliche Biologie“ (Springer, Band 16, 1931, S. 499) berichtet zwei Jahre später über Montands Aufsatz:

 

„Montandon, George: Précicions relatives au grand singe de L’Amerique du Sud. (Angaben über den großen Affen von Südamerika.) Arch. Zool. Ital. 14, 441–458 (1939).

 

 

Auf Grund von Vermutungen über die Größe der Kiste, auf der der unter dem Namen Amer-Anthropoides beschrieben große Affe von Tarra (Venezuela) photographiert worden war (er ist nur aus dieser Photographie und den Angaben des Geologen de Loys bekannt), wird seine Größe in aufgerichteter Stellung mit 1 ¼ m angegeben.

Die Zahl von 32 Zähnen erscheint verständlich, da auch bei Ateles, dem der neue Affe wohl am nächsten steht, der 3. Molar relativ oft fehlt. Der Affe soll hinsichtlich des äußeren Habitus am meisten Antales variegatus Wagner ähneln. Der Name Amer-Anthropoides soll andeuten, daß diese Form zu den Neuweltaffen in dem Verhältnis steht wie die Anthropoiden zu den Altweltaffen, eine Auffassung, die jedoch hier ebensowenig wie in früheren Publikationen belegt wird.“

 

 

Zumindest in Deutschland also herrschte Skepsis und der Wunsch nach weiteren physikalischen Beweisen vor – und das war, wie die Geschichte zeigte, eine durchaus sinnvolle Forderung. Erzählungen und Fotos reichen nicht, um eine neue Art zu beweisen und zu bestimmen.


Adolf Remane

Adolf Remane, der sich so kritisch zum neuweltlichen Menschenaffen äußerte, ist selbst eine spannende Figur der deutschen Zoologie und verkörpert geradezu einen idealtypischen Lebenslauf eines Gelehrten zwischen Neutralität und Anpassung im Dritten Reich.

Shooting-Star der Zoologie in den 1920er und 30ern

Adolf Remane
Adolf Remane in jungen Jahren

Am 10. August 1898 als Sohn eines Lehrerehepaares in Krotoschin in der Provinz Posen geboren, meldete sich 1916 nach dem Abitur als Kriegsfreiwilliger und zog an die Front in Frankreich. Er studierte danach in Berlin Biologie, Anthropologie, Paläontologie und Ethnologie. Mit nur 23 Jahren wurde er 1921 promoviert und wurde 1929 mit 31 Jahren auf eine außerordentliche Professor am Zoologischen Institut der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel berufen. Das war auch das Jahr, in dem er sich zu Ameranthropoides äußerte.

 

Seine Schwerpunkte waren die vergleichende Morphologie und Systematik. Ob in seiner Ablehnung der französischen Entdeckung auch persönliche Gründe mitschwangen (etwa gegen Franzosen), ist schwer zu sagen.

Politischer Leisetreter im „Dritten Reich“

Im Dritten Reich wurde er 1934 an der Universität Halle, 1936 leitete er das Zoologische Instituts und Museum in Kiel, 1937 gründete er das Institut für Meereskunde in Kitzeberg an der Kieler Förde. Er trat auch in die Partei ein, was wohl Voraussetzung für eine weitere Karriere in der Zeit des Nationalsozialismus war. Unrühmlich ist auf jeden Fall seine Unterschrift 1942 unter einen Briefes des Vorstands der Zoologischen Gesellschaft an die Reichskanzlei in Berlin, in dem sämtliche Maßnahmen des Staates gegen das Judentum „ausdrücklich befürwortet wurden“, wie Wikipedia anmerkt.

Rasche Entnazifizierung – doch nur Mitläufer

Nach erfolgreicher Entnazifizierung durch die englische Besatzungsmacht, die letztlich keine rassistischen Tendenzen in seinen Arbeiten finden konnte, war er in der Bundesrepublik tätig. 1947 erhielt er die Leitung des Zoologischen Instituts und Museums in Kiel. 1963/1964 wurde er Präsident der Deutschen Zoologischen Gesellschaft und schrieb mehrere Standardwerke. Zum Grundstudium der Biologie gehören heute noch immer sein „Kurzes Lehrbuch der Zoologie“ (1972) und die „Systematische Zoologie“ (1976).

 

„Remane zählt zu den bedeutendsten dt. Zoologen des 20. Jh.“, schriebt die „Neue Deutsche Biographie“:

 

 

„Neben zahlreichen monographisch-systematischen Arbeiten nahmen meereskundliche Themen eine wichtige Stellung ein, etwa die auffällige Artenarmut der Brackwasserfaunen und die Entdeckung der „Fauna des Sandlückensystems“, einer bis dahin unbekannten Mikrofauna, die im Porenraum des Strandsandes lebt. Die Primaten blieben bis in die letzten Jahre R.s bevorzugtes zoolog. und paläontolog. Forschungsobjekt. Dazu kamen grundsätzliche Überlegungen zur Phylogenetik und zur vergleichenden Anatomie, die zur Klärung des Homologiebegriffs führten.“

 

 

Adolf Remane starb am 22. Dezember 1976 in Plön.


Quellen:

Wikipedia-Seite zu Adolf Remane

Deutsche-Biographie.de über Adolf Remane




Freitagnacht-Kryptos: Kreaturen der Holzfäller: Der Slide-Rock-Bolder

Holzfäller
US-Holzfäller um 1900: Burschen wie sie haben William T. Cox ihre Geschichten erzählt

Die „Kreaturen der Holzfäller“ stammen aus einer Zeit, in der die Wildnis Nordamerikas weitgehend unbekannt war und die Holzfäller sich selbst als harte Kerle darstellten (was sie zweifellos auch waren). Die „Kreaturen der Holzfäller“ entstanden aus diesem selbstgeschaffenen Mythos, einer gefährlichen Umgebung, Lagerfeuerromantik, Eintönigkeit einer harten Arbeit und zu viel Bier. Forstinspektor William T. Cox hat sie alle gesammelt und mit einem Augenzwinkern aufgezeichnet.
Wir bringen jeden ersten Freitag im Monat einer dieser Kreaturen kurzfristigen Internet-Ruhm.


Der Slide Rock Bolter

(Macrostoma saxiperrumptus)

Die Wälder in den Bergen von Colorado werden im Sommer von Touristen heimgesucht. Der Slide-Rock-Bolter hat hier viel Unbehagen verursacht. Dieses schreckliche Tier lebt nur im höchsten Bergland, wo die Hänge steiler als 45 Grad sind. Es hat einen riesigen Kopf mit kleinen Augen und einen Mund, der so groß wie der einer Grundel erscheint und über seine Ohren hinausläuft. Der Schwanz besteht aus einer geteilten Flosse mit riesigen Greifhaken, die er über dem Gipfel des Berges oder Bergrückens legt.

Slide Rock Bolter
Angriff eines Slite Rock Bolters

Ein Lauerjäger

Oft bleibt er tagelang regungslos dort und wartet, ob Touristen oder andere unglückliche Kreaturen in die Schlucht unter ihm eindringen. Nachdem er einen Touristen gesichtet hat, hebt er seinen Schwanz und lockert so seinen Halt auf dem Berg. Mit seinen kleinen Augen ist er auf die Unglücklichen fixiert und sabbert dünnes Gleitfett aus den Mundwinkeln. Aufgrund seiner Geschwindigkeit kommt der Bolter wie eine Rodel herunter und schöpft sein Opfer ein, während sein eigener Antrieb ihn den nächsten Hang hinaufträgt, wo er erneut mit dem Schwanz über den Kamm schlägt und wartet. Es wird berichtet, dass ganze Gruppen von Touristen auf einen Schlag geschluckt wurden, wenn ihre Ausflüge sie zu weit in die Berge geführt haben.

Erdrutsch
Ganz klar, hier hat ein Bolter zugeschlagen

Die Tiere sind nicht nur für Touristen, sondern auch für den Wald eine Bedrohung. Manch ein Zug mit Fichten bedeckter Hänge wurde umgelegt. Oft haben die von den Gipfeln herabstürzenden Bolter die Bäume von den Wurzeln getrennt oder wie mit einer Sense abgemäht.

… und wie man einen von ihnen erwischt

Ein Waldläufer, zu dessen Bezirk die raue Grafschaft zwischen Ophir Peaks und dem Lizzard Head gehört, hatte die kühne Idee, einen Slide-Rock-Bolter zu seiner eigenen Zerstörung zu verführen. Er hat einen Dummy-Touristen mit einer karierten Norfolk-Jacke, einer Kniehose und einem Reiseführer für Colorado ausgestattet. Der „Tourist“ wurde dann mit einer gewaltigen Menge Pulver und Zündhütchen gefüllt und an einer auffälligen Stelle angebracht. Schon am nächsten Tag zog er die Aufmerksamkeit eines Bolters auf sich, der seit Tagen am Hang des Lizzard Head hing. Die resultierende Explosion zerstörte die Hälfte der Gebäude in Rico, die nie wieder aufgebaut wurden. Die herumliegenden Reste des Bolters mästeten für den Rest des Sommers Schwärme von Bussarden.


Literatur:

Cox, William T.: Fearsome Creatures of the Lumberwoods; Press of Judd & Detweiler Inc.; Washington D.C.; 1910 mit Illustrationen von Coert Du Bois

 




Freitagnacht-Kryptos: Eine Mittelmeer-Seeschlange

Es meldete der „Ellesmere Guardian“ am 30. November 1937:

 

„…vor der schottischen Küste tauchte kurz eine 30ft. [9 m] Seeschlange mit fließender roter Mähne und Telleraugen auf; und Fischer im Mittelmeer entkamen in der Nähe von Tripolis nur knapp dem Tode durch die Hände – oder Hörner – eines Ungeheuers mit elchartigem Geweih und Elefantenohren.“

Manta bei Hawaii
Mantarochen kommen unter anderem um die Kanaren vor – hat es ihn ins Mittelmeer verschlagen?

Die Meldung erschien ebenfalls in den neuseeländischen Zeitungen „Evening Star“ am 4. September 1937 und in der „Bay of Plenty Times“ am 3. Dezember 1937:

Dieses Mittelmeer-Monster klingt wie ein großer Rochen.

 

Quelle: Anonymus: About Sea Serpents; Ellesmere Guardian, Volume LVIII, Issue 95, 30 November 1937




Freitagnacht-Kryptos: „Ein Wassermonster“

Aus der Wochenzeitschrift Watertown Republican, die zwischen 1860 und 1906 in Watertown, Wisconsin, USA erschien. Hier ist ein Artikel vom 29. August 1877, der auch im St. Louis Globe-Democrat veröffentlicht wurde:

„Ein Wassermonster“

Arbeiter, die am sechsten Bauabschnitt des Regierungsdeichs am Mississippi gegenüber der Quarantänestation arbeiten, erzählen eine merkwürdige Geschichte über ein im Wasser gesichtetes Monster. Der Informant unseres Reporters zu diesem Fall ist Herr Thomas Eagan, einer der genannten Arbeiter. Er bemerkte als erster dieses seltsame Wassertier und lenkte die Aufmerksamkeit seiner Kollegen darauf.

Postkarte aus St. Louis
Postkarte aus dem historischen St. Louis

Es war ungefähr 10 Uhr morgens. Und der Tag so klar und hell, dass sich keine optische Täuschung aus ungewöhnlichen atmosphärischen Zuständen hätte ergeben können. Laut Herrn Eagan erregte eine eigenartige Bewegung des Wassers etwa 12 m über der Stelle, an der er gerade arbeitete, seine Aufmerksamkeit. Die Bewegung schien durch einen runden Körper verursacht zu werden, welcher mit beträchtlicher Gewalt immer wieder im Wasser rollte und bei jeder Umdrehung ca. 30 cm hohe Wellen aufwarf. Das Objekt rollte auf diese Weise bis zu einem Punkt unmittelbar gegenüber Eagan und seinen Arbeitskollegen.

Hier schien es eine Atempause einzulegen, obwohl es zu keinem Zeitpunkt vollkommen still lag. Es blieb jedoch so lange vergleichsweise ruhig, um einen Teil seines Körpers gut sichtbar zu machen. Und zu zeigen, dass nicht mehr als mindestens ein Drittel seiner Länge sichtbar war. Ungefähr drei Meter des mittleren Teils des Körpers, der teilweise über das Wasser herausragte, waren erkennbar. Der Kopf war mehrmals sichtbar, der Schwanz hingegen überhaupt nicht. Daher war keine Einschätzung der Gesamtlänge möglich.

 




 

Ein Monster mit Schuppen und Haaren

Die Rückseite des Monsters war mit derben Schuppen schwarzer oder dunkelbrauner Farbe bedeckt, ähnlich denen eines Alligators. Wogegen der untere Teil des Körpers, der bei den Rollbewegungen häufig sichtbar wurde, dunkelblau glänzte wie der des Mississippi- Welses. Der Kopf war am schwierigsten mit etwas in Verbindung zu setzen. Er glich dem eines Hundes, mit deutlich erkennbaren Ohren und Augen. Die Schnauze bzw. der Schnabel entsprach dem eines Pelikans und war etwa 30 cm lang. Kopf und Ohren waren den Erklärungen nach von einer dicken schwarzen Haarschicht bedeckt, die in langen, fadenförmigen Locken herunterhing. Die Ohren waren lang und hängend wie die eines Jagdhundes oder Seelöwen, und wirkten wie schwere Flossen.

Das Monster schüttelte sie, als wollte es das tropfende Wasser loswerden. Aus dem langen Schnabel warf es in Abständen mit laut hörbarem Geräusch einen Wasserstrahl, ähnlich dem Blas eines Wals. Die Wasserstrahlen waren mindestens einen Meter hoch und kamen im Abstand etwa einer Minute.

Das Monster wird neugierig…

Das Reptil hatte entweder vier oder sechs Beine, davon zwei riesige beinähnliche Flossen. Zwei dieser Anhänge waren viel länger und größer als die anderen vier. Das Tier hob und warf sie aus dem Wasser wie zum Antreiben, Stillhalten oder Umdrehen des Körpers verwendete Paddel. Auf dem dicken, wellenförmig gebogenen Hals befand sich eine lange schwarze Mähne. Sie war wie die eines Pferdes geformt und reichte so weit herab, dass sich die Enden in der Tiefe verloren. Warum das Monster so lange am Deich innehielt, kann nur vermutet werden. Es wird aber angenommen, dass es vom Lärm und Geschrei der arbeitenden Männer angezogen wurde. Die Männer beobachteten, dass es den Kopf mehrmals in deren Richtung drehte. Ganz so, als wäre es neugierig, die Ursache für die ganze Aufregung herauszufinden.

…aber als jemand eine Waffe holt, verschwindet es.

Einer der Männer ging zu einem Nachbarhaus, um eine Waffe zu holen. Kurz vor seiner Rückkehr aber rollte sich das Monster mehrmals mit großer Geschwindigkeit herum, spritzte heftig und verschwand im Wasser.

Der Ol’Man River ist einer der Sehnsuchtsflüsse Amerikas

Das Ereignis erregte unter den vielen Arbeitern am Flussufer entschiedene Aufmerksamkeit. Die Vermutungen über die wahre Natur des seltsamen Anblicks fanden kein Ende. Einige behaupteten, es sei eine Seeschlange. Andere behaupteten, es sei nichts weiter als ein riesiger Alligator. Wieder andere (abergläubischer Einstellung) meinten, es sei nichts weniger als der Teufel, für einen unheilverheißenden Zweck in diese Gestalt geschlüpft.

 

Eine vergleichbare Meinungsvielfalt herrschte bezüglich Form, Umfang und Länge des Monsters. Einige meinten, es sei 12 m lang, andere, es wäre 18 m lang. Und ein oder zwei waren sich sicher, dass sein Körper so dick wie ein Hogshead (altes Fass- Flüssigkeitsmaß von 218- 285 Liter, Anm. d. Übersetzers) und zweifellos 30 m lang war. Mr. Eagans Urteil ist, und er liegt zweifellos richtig, dass seine Länge 9 m nicht überschritten hätte.




Freitagnacht-Kryptos: Loch Ness – ein alter Hut?

 

Im Laufe des Jahres 1934 mehrten sich die Stimmen, die Seeschlange, die 1933 im Loch Ness gestrandet war, als ein Tier zu betrachten, das schon immer in dem See heimisch gewesen sei. Diese Deutung etablierte sich endgültig erst in den 1950ern, das erste Buch über Nessie, Rupert Goulds „The Loch Ness Monster“, ging Mitte 1934 noch davon aus, dass das Ungeheuer im Frühjahr 1932 in den See gelangt war. Einer der ersten, vielleicht der erste, Befürworter der neuen Deutung war der Physiologe Hunter-Blair, von dem wir in der „Deutschen Reichszeitung“ vom 27. Januar 1934 lesen:

„Die Frage, ob das Ungeheuer von Loch Neß wirklich besteht, wird von dem bekannten englischen Physiologen Hunter-Blair O.S.B. nach wie vor bejaht. In einer Unterredung mit dem Mitarbeiter der englischen Zeitschrift Universe [einem katholischen Blatt] erklärte der Abt, daß er den Loch Neß seit fünfzig Jahren gut in der Erinnerung habe. Er war früher Abt der Fort Augustus Abtei, die in der Nähe des Loch Neß lag. ‚Seit den Wochen, welche ich im vergangenen Herbst in Fort Augustus erlebt habe, bin ich fest davon überzeugt, daß dieses geheimnisvolle Wesen nicht bloß besteht, sondern im tiefen Wasser lebt; nicht bloß als ein regelmäßiger Besucher dieses Territoriums, sondern als ein Tier, das hier ansässig ist.‘ Auf die Frage, ob auch andere Mönche von Fort Augustus dieses Ungeheuer beobachtet haben, antwortete der Abt:

Der Plesiosaurus, ein Amphibium des Eiszeitalters?

‚Ja, vier oder fünf Patres haben das Ungeheuer an verschiedenen Orten gesehen, genau wie mehrere Angestellte unserer Abtei. Auch zwei Studenten, und ein junger Seminarist haben diese Seeschlange mehrmals in diesem Gewässer beobachtet. Zwei Zeugen, die beide in unserem Lande sehr angesehen sind, haben wiederholt erklärt, das geheimnisvolle Fabelwesen gesehen zu haben. Der erste ist ein ehemaliger Kapitän der Flotte, wohnhaft in Fort Augustus, ein Mann mit vielen Erfahrungen, der das Tier gesehen hat und seit zwei Monaten mit einigen Fischern daran arbeitet, um den verschiedenen Gewohnheiten dieses Tieres nachzugehen. Der zweite ist der Bewohner des großen Bauerngutes Invergarry, der schnell seinen Skeptizismus preisgab, als er mehr als vierzig Minuten lang das Ungeheuer in den dunklen Gewässern herumtreiben sah.

Fort Augustus Abby
Fort Augustus Abby am südwestlichen Abfluss des Loch Ness. Haben die Mönche dort das Ungeheuer wirklich über Jahre beobachtet oder war es nur eine Ente?

Dinosaurierkampf von Édouard Riou
So stellte sich Édouard Riou 1867 den Kampf zwischen einem Ichthyosaurier und einem Plesiosaurier vor. Das Bild prägte die Vorstellung von Plesiosauriern viele Jahrzehnte.

Aus den Briefen meines Freundes in Fort Augustus geht klar hervor, daß er seine früheren Theorien, daß dieses Meerwesen ein Baumstrunk oder ein Haufen Seegras sei, als unhaltbar und töricht verworfen hat. Nachdem er diese sonderbaren Geschehnisse gründlich studiert hatte, kam er zu der Ueberzeugung, daß dieses Amphibium noch zu dem Eisalter gehört, also zu dem Zeitalter, da die großen Seen wie Loch Dick [Oich], Loch Locky [Lochy] und Loch Neß noch mit dem Meer verbunden waren.

Die Bewohner dieser tiefen Wasser sind im Laufe der Jahrhunderte Süßwasseramphibien geworden. Diese seltsame Sorte ist gestört worden durch den Lärm auf den Landwegen, welche um Loch Neß herum angelegt wurden. Unser Fabelwesen hat diese Gewässer einmal tüchtig untersucht und ist dabei zu der Feststellung gekommen, daß ein Spaziergang im warmen Sonnenschein auf dem Strand ihm keineswegs schaden könne. Mein Freund ist der Ansicht, daß dieses Ungeheuer auf alle Fälle verwandt ist mit dem Plesiosaurus. Meiner Ueberzeugung nach handelt es sich hier um ein waschechtes Amphibium, das imstande ist, sowohl auf dem Lande als auch in den Gewässern zu leben, das sowohl Lungen wie Kiemen hat, vier Pfoten oder Flossen, einen außerordentlich biegsamen Hals, breite Schultern und einen starken flachen Schwanz, womit es das Wasser gewaltig in Berührung bringen kann.‘“

Dt. Reichszeitung vom 27.1.1934
Artikel der Deutschen Reichszeitung vom 27.1.1934


Literatur:

Dt. Reichszeitung vom 27.1.1934: Das Fabelwesen von Loch Neß – Benediktinermönche haben das Ungeheuer seit Jahren beobachtet





Freitagnacht-Kryptos: Der Ax-Handle-Hound

Die „Kreaturen der Holzfäller“ sind wahrscheinlich keine realen Tiere. Sie stammen aus einer Zeit, in der die Wildnis Nordamerikas weitgehend unbekannt war und die Holzfäller sich selbst als harte Kerle darstellten (was sie zweifellos auch waren). Die „Kreaturen der Holzfäller“ entstanden aus diesem selbstgeschaffenen Mythos, einer gefährlichen Umgebung, Lagerfeuerromantik, Eintönigkeit einer harten Arbeit und zu viel Bier.

William T. Cox hat sie alle gesammelt und mit einem Augenzwinkern aufgezeichnet.

 

Wir bringen jeden ersten Freitag im Monat einer dieser Kreaturen kurzfristigen Internet-Ruhm.


Der Axe-Handle Hound

Canis consumens

 

Ax-Handle Hound

 

Dieser Hund ist der Fluch der Versorgungs- und Depotlager im nördlichen Holzgebiet. Er hat einen Kopf in Form einer Peavy-Axt. Der Körper ist schlank und axtgriffförmig mit kurzen, stämmigen Beinen. Das ganze Tier sieht ziemlich nach einem Dackel aus, hat aber eine größere Ähnlichkeit mit B. B. Bickfords Bürohund.

 

Der Axe-Handle Hound ist ein nächtlicher Streuner. Häufig durchsucht er die Lager nach Einbruch der Dunkelheit auf der Suche nach Äxten und Wendehaken-Stielen, die es unersättlich liebt. Es ist bekannt, dass ein Hund in einer Nacht zwei Kisten mit Axtstielen und sechzehn sechs Fuß große Krempenstiele verbraucht.

 

Sie sind nette Haustiere, aber es ist teuer, sie durch zu füttern. Jim Peters hat einmal einen gezähmt. Das war kurzsichtig, denn Jim hatte ein Holzbein aus einer Axt. Die einzige Möglichkeit, sein Bein ganz zu halten, bestand darin, es im Bett zu tragen. Aber er wurde den Welpen los, indem er ihn mit Stielen aus roter Eiche fütterte, die er so verabscheut, wie jeder Zerspaner.

 


Literatur:

Cox, William T.: Fearsome Creatures of the Lumberwoods; Press of Judd & Detweiler Inc.; Washington D.C.; 1910 mit Illustrationen von Coert Du Bois