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Vespa velutina – ein invasiver Neubürger in Deutschland

Wir hatten in der Vergangenheit mehrfach über die beiden invasiven Hornissenarten Vespa mandarinia und Vespa velutina berichtet. Beiden Arten ist gemeinsam, dass sie aus Asien stammen und weltweit verschleppt wurden.
In einige Ländern konnten sie sich etablieren und richten dort teilweise spürbare Schäden an. Dabei ist Vespa mandarinia vor allem in Nordamerika gefürchtet, während Vespa velutina in Europa, Korea und Japan eingewandert ist.

 

Vespa velutina
Vespa velutina

 

Vespa velutina

In Europa haben wir es – anders als in den USA und Kanada – vor allem mit Vespa velutina zu tun. Bisher wird der unspezifische Name „Asiatische Hornisse“ gelegentlich verwendet, einen etablierten deutschen Namen haben die Tiere noch nicht. In einigen Artikeln der Wikipedia wird der Name „Asiatische Gelbfuß-Hornisse“ genutzt, der zwar recht sperrig, jedoch eindeutig genug ist, um die Tiere zu bezeichnen. Vorteilhaft bei diesem Namen ist zudem, dass er mit der englischen Bezeichnung „Asian yellow-legged hornet“ für die in Europa verbreitete Unterart übereinstimmt.
Ob er sich durchsetzt und in offiziellen Dokumenten verwendet wird, muss sich noch herausstellen.

 

Vergleich Vespa velutina und Vespa crabro
Vergleich von Vespa velutina und Vespa crabro, nach Sammlungstieren. Lebende Tiere halten Flügel und Beine niemals in dieser Position.

 

Die Asiatische Gelbfuß-Hornisse, Vespa velutina stammt ursprünglich aus Südostasien und ist etwas kleiner und schlanker als die europäische Hornisse (Vespa crabro). In Europa ist die dunkel gefärbte Unterart Vespa velutina nigrithorax mittlerweile weit verbreitet. Sie ist die einzige in Mitteleurpa bekannte Unterart.

 

Vespa velutina-Nest
Nest der Vespa velutina (Beispielbild)

 

Arbeiterinnen erreichen etwa 1,7 bis 2,4 cm Körperlänge, Königinnen ungefähr 3 cm. Damit ist Vespa velutina etwas kleiner als die europäische Hornisse Vespa crabro und größer als die meisten anderen einheimische Wespenarten. Ein weiteres, deutliches Identifikationsmerkmal ist die dunkle Körperfärbung: Der Kopf erscheint von oben völlig schwarz, die Mundwerkzeuge sind jedoch deutlich gelb gefärbt. Auch das mittlere Körperelement, der Thorax ist schwarz. Am Abdomen, dem Hinterleib tragen die Tiere einzelne, teilweise sehr dünne, gelbe Streifen vor überwiegend schwarzer Grundfarbe. Ein wichtiges Unterscheidungsmerkmal zur einheimischen „Kleinen Hornisse“ oder Mittleren Wespe (Dolichovespula media), die ähnlich dunkel gefärbt ist, sind die gelben Füße von Vespa velutina: Sie unteren Segmente der Beine sind rotbraun bis leuchtend gelb gefärbt.

 

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Natur aus den Fugen?: Die Verbreitung invasiver Arten. Gefahr und Chance

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Erwiesen ist, dass eine invasive Art am neuen Ort zum Aussterben von heimischen Pflanzen oder Tieren führen kann. Erwiesen ist aber auch, dass sie manchmal den heimischen Arten sogar helfen können.
Das Buch setzt einen Kontrapunkt zur emotional geführten Debatte und liefert fundierte Informationen: sachlich, ausgewogen und differenziert.

 

Natur aus den Fugen?“ ist 2018 bei Orell Füssli erschienen und hat als Taschenbuch 240 Seiten. Es ist nur noch antiquarisch erhältlich.

 

 

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Lebensweise

Die Art lebt, wie viele andere Faltenwespen sozial in Völkern zusammen. Im Herbst begattete Königinnen beginnen im Frühjahr, ein neues Nest zu bauen. Hier legt sie die ersten Eier, die sich bald zu Larven und schließlich zu ausgewachsenen Arbeiterinnen entwickeln, die die Königin bei ihrer Arbeit unterstützen. Das Nest wächst über den gesamten Sommer an. Die Völker können ziemlich groß werden, sie haben oft 4000 bis 10.000 Brutzellen, maximal 1000 bis 2000 Arbeiterinnen leben gleichzeitig im Nest.

 

Wie bei den meisten Faltenwespen besteht auch das Nest von Vespa velutina aus zerkauten Holzfasern, die eine feste, kartonartige Masse bilden. Vespa velutina baut ihre Nester meist freihängend, häufig in mehr als 10 m Höhe in freistehenden Bäumen, eher selten in menschlichen Strukturen. Gerne nisten sie in der Nähe von Gewässern, in Europa werden Wälder und Gebirge gemieden.

Die Nester sind sehr viel größer, als bei europäischen Hornissen. Sie können einen Durchmesser von 80 cm erreichen und sogar noch höher werden. In ihren natürlichen Lebensräumen in Asien siedeln sich Jungköniginnen oft zunächst in Bodennähe an. Erst wenn sich das Volk etabliert und eine gewisse Größe erreicht hat, zieht es in eine höhere Lage um. Dies konnte bisher in Europa nicht beobachtet werden.

 

Die Nester von Vespa velutina erreichen im Frühherbst ihre maximale Größe. In dieser Zeit schaltet das Volk auf die Produktion von Geschlechtstieren, also Königinnen und Drohnen um. Besonders für Vespa velutina ist, dass bei ihr wesentlich mehr Drohnen als Königinnen entstehen, Polyandrie ist die Regel: Die Königinnen paaren sich mehr mehreren Männchen. Meist finden die Paarungen im Nest statt, ein Paarungsflug, wie er bei vielen anderen staatenbildenden Wespen bekannt ist, findet nur selten statt.

Die Königinnen verlassen nach der Begattung das Nest und überwintern, während der Rest des Staates stirbt.

 

Vespa velutina
Die Asiatische Gelbfuss-Hornisse Vespa velutina auf einem Teller

 

Ernährung

Arbeiterinnen ernähren sich, wie bei den meisten sozialen Faltenwespen, vor allem von kohlehydrathaltigen Nahrungsquellen. Das können Nektar, Säfte von reifem Obst oder Baumsäfte sein. Hierbei können Schäden an Obstplantagen oder Weinbergen entstehen, die jedoch meist gering sind.

Um die Larven aufzuziehen, benötigt auch Vespa velutina proteinreiche Nahrung. Dabei betätigt sie sich als Jäger und Aasfresser, wobei die Tiere opportunistisch vorgehen und zahlreiche sich bietende Proteinquelle nutzen. Hauptsächlich jagen sie im Flug mittelgroße Insekten, wobei sie zu den gewandtesten Fliegern unter den Insekten gezählt werden. Sie sind in der Lage, komplizierte Flugmanöver in allen möglichen Körperstellungen durchzuführen und können sogar gute Flieger wie Libellen erfolgreich erbeuten.

Meist trennen sie ihren Opfern Kopf, Hinterleib und Flügel ab und tragen nur den Thorax mit der proteinreichen Flugmuskulatur ins Nest. Ein Volk erbeutet so etwa 11 kg Insekten während des Lebenszyklus, der sich von Frühjahr bis zum Spätherbst erstreckt.


Apis mellifera, die Honigbiene
Apis mellifera, die westliche Honigbiene, unsere „Hausbiene“

 

Einfluss auf Honigbienen und andere Nutzinsekten

Die Ansage „Ein Volk frisst im Sommer 11 kg Insekten“ ist für die meisten Menschen ein Argument, die Tiere zu dulden. Sie reduzieren damit vor allem Schad- und Lästlingsinsekten, da sieht man dann auch schon mal über einen angebissenen Apfel oder ein paar Trauben hinweg. Problematisch wird Vespa velutina vor allem, weil sie sich gerne auf staatenbildende Fluginsekten konzentriert und hier sind Nützlinge und wirtschaftlich wichtige Arten stark vertreten.

Häufig lauern die Jägerinnen von Vespa velutina in der Nähe der Anflugrouten von Bienenstöcken oder Hummelvölkern, um gezielt an- und abfliegende Tiere zu erjagen. Unsere Honigbiene, Apis mellifera besitzt zwar Möglichkeiten zur Verteidigung gegen Vespa velutina, ist jedoch dabei nur begrenzt effektiv. Ihre in Asien vorkommende Schwesterart, Apis cerana lebt in der gleichen Region wie Vespa velutina, verfügt über deutlich effektivere Abwehrmechanismen.

 

Im Bienenstock
Der Stress, den Vespa velutina im Bienenstock verursacht, ist schwerwiegend

 

Vespa velutina verursacht Stress im Bienenstock

Ob der Einfluss von Vespa velutina Bienenvölker tatsächlich erheblich schwächen kann, wie einige Imker behaupten, ist derzeit noch Objekt mehrerer Untersuchungen. Offenbar ist das Abfangen einzelner Arbeiterinnen nicht das eigentliche Problem. „Der Stress, den Räuberinnen in de Völkern verursachen,“ sei wesentlich schlimmer, erklärt der Biologe Dr. Sebastian Spiewok, der für den Deutschen Imkerbund die Auswirkungen Vespa velutina untersucht. „Bei starkem Beflug stellen die Völker das Sammeln und das Brüten ein. Die Völker ziehen dadurch weniger Bienen für den Winter auf. Als Folge steigt die Wahrscheinlichkeit, dass die Völker den Winter nicht überleben. Das haben auch wissenschaftliche Untersuchungen in Frankreich gezeigt, was hierzulande aber leider nicht immer vollständig verstanden wird.“ Bislang halten sich die Schäden in Deutschland in Grenzen.

Sicher ist, dass die zahlreichen Ursachen des Bienensterbens zahlreiche Bienenvölker stark schwächen und ihnen das Überleben erschweren. Kostet dann auch noch ein weiterer Feind seinen Tribut, kann ein an sich unproblematischer Faktor das System zum Kippen und dem Volk den Tod bringen.

 

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Naturschutzbiologie

Biodiversität umfasst die auf der Erde vorhandene Vielfalt an Genen, Arten, Ökosystemen und biologischen Wechselwirkungen. Auf faszinierende Weise werden im vorliegenden Lehrbuch Fakten über Entstehung und Bedrohung der Biodiversität sowie Wertungen und Forderungen im Umgang mit der Vielfalt des Lebens auf unserem Planeten vorgestellt und diskutiert. Dabei wird gezeigt, dass Biodiversität nicht bloß ein Zählen und Registrieren von Arten ist. Vielmehr werden Nutzen und Nutzung der Biodiversität aus multidisziplinärer Sicht erläutert.

 

Das Buch Naturschutzbiologie ist 2021 bei utb erschienen und als Taschenbuch erhältlich.

 

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Eine aktuelle Studie (Shea-Wheller et al., 2023) zeigte die Auswirkung von Vespa velutina nigrithorax auf kommerziell erhältliche und in Obstplantagen eingesetzte Völker der Erdhummel Bombus terrestris. Die Wissenschaftler untersuchten dabei nicht nur, wie sich die Präsenz von Vespa velutina auf das Hummelvolk auswirkte. Wichtig war auch, welche Faktoren die Präsenz der beider Arten förderten oder behinderten. Dabei lag ein Augenmerk auf die Umgebung, Temperatur und Luftfeuchtigkeit.

 

Die Anwesenheit von Vespa velutina hatte dabei keinen signifikanten Einfluss auf das Überleben des Hummel-Volkes. Wichtiger war hier die Vielseitigkeit der Landnutzung in der Umgebung und das Wetter. Bei hoher Zahl von Vespa velutina in der Umgebung des Hummelnestes ging jedoch dessen Gewicht zurück.
Da schwerere Hummelvölker eher Tochterkolonien bilden, wirkte sich die Präsenz der Vespa velutina auch hier negativ aus.

Einen Einfluss auf die Produktion neuer Hummelköniginnen hatten die Hornissen nicht.

 

Dunkle Erdhummel, Bombus terrestris
Eine Dunkle Erdhummel, Bombus terrestris

 

Direkte Untersuchungen zu den Auswirkungen auf die mittelfristige Entwicklung auf Honigbienenvölker sind noch in Arbeit.


Vespa velutina und der Mensch

Durch ihre Größe, die lauten und dumpfen Fluggeräusche und die schwarze Färbung wirken die Tiere beeindruckend. Ähnlich wie die einheimische Hornisse ist sie dem Menschen gegenüber nicht aggressiv. Sie haben kein Interesse an Süßspeisen und Getränken, Pflaumenkuchen und Feierabendbier bleiben also ungefährdet.
Natürlich gelten bei ihnen die üblichen Vorsichtsmaßnahmen wie bei allen stechenden Wespen und Bienen. Nicht danach schlagen, nicht anpusten oder anhauchen, nicht einsperren, das weckt die Verteidigungsbereitschaft.

In Südkorea hat sich die Art seit 2003 stark verbreitet und eine hohe Populationsdichte erreicht. Dennoch gibt es von dort nicht mehr Meldungen über Hornissenstiche als vorher.

 

Da die Nester durch ihre Höhe meist außerhalb der Reichweite von Menschen liegen, sind „Unfälle“ durch Nestverteidigung selten. Der Stich von Vespa vetulina setzt ein typisches Wespengift frei. Hier besteht vor allem Gefahr für Allergiker, für alle anderen sind Einzelstiche schmerzhaft und lästig.

Einige Komponenten aus dem Gift der Vespa velutina wirken wie Pheromone, die andere in der Nähe befindliche Tiere in aggressive Stimmung versetzen. So kommt es zu Massenangriffen auf vermeintliche oder echte Angreifer eines Nestes. Durch die hohe Lage der Nester sind Menschen bei „normalen“ Aktivitäten, die Baumklettern nicht einschließen, selten gefährdet.
Die Gefährdungslage für Menschen ist nicht anders als bei der einheimischen Hornisse.


Vespa velutina als invasive Art

Ursprünglich kommt Vespa velutina im Süden Chinas, auf Taiwan, im Osten Indiens und dem Westrand des Himalayas, bis rein nach Pakistan und Afghanistan. Auch Hinterindien und Indonesien bewohnt diese Art zumindest teilweise. Vespa velutina bevorzugt in ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet gebirgige Lebensräume, geht in Indonesien aber auch in tropischen Tieflandregenwald.

 

Verbreitung der einzelnen Unterarten von Vespa vetulina
Verbreitung der einzelnen Unterarten von Vespa vetulina (Illustration aus Perrard A, Arca M, Rome Q, Muller F, Tan J, Bista S, et al. (2014) Geographic Variation of Melanisation Patterns in a Hornet Species: Genetic Differences, Climatic Pressures or Aposematic Constraints? PLoS ONE 9(4): e94162. doi:10.1371/journal.pone.0094162 http://journals.plos.org/plosone/article?id=10.1371/journal.pone.0094162; CC-BY-2.5)

 

 

Asien

Außerhalb Europas wurde die Art 2003 nach Südkorea und 2014 nach Japan eingeschleppt.

Die Ausbreitung in Südkorea ist wissenschaftlich gut begleitet worden. 2003 hat man die Art das erste Mal in der Stadt Busan identifiziert, vermutlich kam sie mit einem Warentransport aus China. Seit dem breitet sie sich auf breiter Front mit einer Geschwindigkeit von 10 bis 20 km pro Jahr aus (Choi et al.). In dieser Zeit ist Vespa velutina die häufigste Hornisse in Südkorea geworden. Dabei bevorzugt sie in Südkorea städtische Lebensräume. Die Wissenschaftler erwarteten bei der Veröffentlichung (2012), dass die Art weiter in den Norden wandert und sich auch dort etabliert.

 

Vespa velutina ist auch nach Japan gelangt. 2013 wurden die ersten Kolonien auf den Tsushima-Inseln festgestellt. Die Besiedlung muss also spätestens 2012 erfolgt sein. Das Japanische National Institute for Environmental Studies beobachtet die Art seit dem. Bisher scheint die Art die Inseln, die auf dem halben Weg zwischen Südkorea und dem Besiedlungszentrum Busan und der japanischen Südinsel liegen, nicht zu verlassen.
Abweichend hierzu bildet die französische INPN auf ihrer sehr informativen Webseite einen Bestand auf der japanischen Südinsel ab.

 

vespa-velutina.at hat eine sehr informative Karte mit Sichtungen und sehr differenziert dargestellten Sichtungen und angenommenen Populationsdichten in Europa.

 

Europa

Frankreich und Iberische Halbinsel

Der erste Nachweis in Europa stammt aus dem Jahr 2004. Vermutlich in Containern mit Bonsai-Töpfen aus China gelangten sie in die Nähe von Nérac Südöstlich von Bordeaux. Dort wurden sie 2005 nachgewiesen, ein mutmaßlicher Hinweis aus dem Jahr 2004 bei Agen ist in der Literatur vertreten (Monceau et al.), jedoch umstritten.

Von dort aus breitete sich Vespa velutina schnell durch Südwest-Frankreich aus, besiedelte 2010 das Rhonetal und in der Ostbretagne die Küste des Ärmelkanals. Ebenfalls 2010 gab es den Erstnachweis für Spanien südlich der Pyrenäen. Bis 2015 hatte sie große Teile Nordspaniens besiedelt. Bereits 2011 erreichte sie die portugiesische Atlantikküste. 2012 erfolgte der Erstnachweis in Italien in Loano (Ligurien). Laut INPN versuchte die Art, Mallorca und die Balearen zu besiedeln, konnte sich dort aber nicht etablieren.

Frankreich ist bis auf den Norden der Vogesen flächendeckend besiedelt. Die Siedlungsdichte nimmt von Westen nach Osten ab, besonders hoch ist sie an den Küsten und im Bereich des Seine-Tales.

 

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Das letzte Nashorn: Was ich von einer aussterbenden Tierart über das Leben lernte

Als der Naturschützer Lawrence Anthony erfährt, dass nur noch einige wenige Nördliche Breitmaulnashörner in freier Wildbahn leben, ist er fest entschlossen, die Rhinos vor dem Aussterben zu retten. Doch die starke Nachfrage nach ihren Hörnern gefährdet nicht nur das Leben dieser erhabenen Tiere, sondern auch das der Ranger, die sie beschützen wollen. Unerschrocken stellt Anthony sich Wilderern, berüchtigten Rebellengruppen und einer unbeweglichen Regierungsbürokratie entgegen und muss dabei auch noch um das Überleben seiner eigenen Tiere in seinem Naturschutzreservat in Südafrika kämpfen, das von einer schrecklichen Dürre heimgesucht wird.
Ein mutiger Kreuzzug, der sich wie ein Safari-Abenteuer, eine Geschichtsstunde und eine Warnung an die Menschheit liest.

 

Das letzte Nashorn: Was ich von einer aussterbenden Tierart über das Leben lernte ist 2020 im mvg Verlag erschienen und hat als Taschenbuch 384 Seiten. Eine e-book-Ausgabe ist ebenfalls verfügbar.

 

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Deutschland

Deutschland erreichte Vespa velutina 2014, als ein Nest in Büchelberg in Rheinland-Pfalz gefunden wurde. Im gleichen Jahr entdeckte man die Art in Waghäusel (Nordbaden). Auch in Deutschland breitet sich Vespa velutina schnell aus.

 

Karte vom Projekt velutina, velutina.de

Erstnachweise laut Tagesspiegel:

  • Baden-Württemberg (seit 2014)
    • Erste Sichtung in Waghäusel bei Karlsruhe*
    • Großraum Karlsruhe*
    • Kreis Waldshut***
    • bei Pforzheim*
    • bei Tübingen*
  • Hamburg (2019)*
    • Sichtung in Hamburg-Billbrook (Bestand erfolgreich bekämpft)
  • Hessen (seit 2019)*
    • Erste Sichtung in Lorsch in Südhessen
  • Nordrhein-Westfalen (seit 2022)****
    • Kreis Viersen
    • Kreis Heinsberg
    • Köln
    • Düsseldorf
    • Duisburg
  • Rheinland-Pfalz (seit 2014)
    • Erste Sichtung in Büchelberg, Kreis Germersheim**
    • Nahe Ludwigshafen*

Quellen hierfür: *Nabu; ** DPA, ***INPN, ****LANUV

 

Laut Tagesspiegel konnte der Bestand in Hamburg erfolgreich bekämpft werden, auch in Berlin und Brandenburg gibt es nach Stand vom 13.06. keine Nester. In den östlichen Bundesländern ist die Art eher selten, auch in Vorpommern scheint sie (noch) völlig zu fehlen.

Von einer tatsächlichen Verbreitung kann bisher nur ganz im Westen Deutschlands gesprochen werden. Dennoch ist davon auszugehen, dass die Vespa velutina spätestens in den 2040er Jahren bis an die Oder-Neisse-Grenze vorgedrungen ist. Die Witterung scheint im Norden und Osten Deutschlands die Grenze des für die Art erträglichen zu erreichen, möglicherweise kann sie sich nur an wärmeren Orten und im Flachland etablieren, ähnlich wie in anderen europäischen Ländern.

 

Vespa velutina
Vespa velutina, die Asiatische Gelbfuss-Hornisse

 

Schweiz

Ende April 2017 fingen Forscher die erste fortpflanzungsfähige Königin von Vespa velutina in Fregiécourt, Kanton Jura. Das erste Nest entdeckte man im Dezember 2019 in Mont-sur-Rolle im Kanton Waadt. Einzelfunde aus Ludiano (Tessin), Genf und Münchenstein (Basel-Land) deuten auf versteckte Vorkommen hin.
Um das Nest in Münchenstein zu finden, hat man zwei Arbeiterinnen mit Minisendern ausgestattet.

 

Österreich

Bisher gibt es noch keine Sichtungen in Österreich. Im Grenzgebiet zwischen Österreich und Ungarn wurde bei Mosonmagyaróvár (bei Frauenkirchen) mindestens ein Tier nachgewiesen. Verborgene Populationen auf österreichischer Seite sind also möglich.

Das Portal https://www.vespa-velutina.at bietet eine sehr informative, interaktive Karte an, die von Meldungen aus unterschiedlichen Sichtungsportalen gefüttert wird. Die dortige Ausgabe ist weitaus differenzierter als die meisten Karten, die man im Netz findet.

 

Luxemburg

Der Erstnachweis in Luxemburg erfolgte 2020. Insbesondere im Süden des Landes gibt es regelmäßig Sichtungen.

 

Belgien

Der Norden Belgiens und die Küstenregion ist mehr oder weniger flächendeckend besiedelt.

 

Niederlande

Auch aus dem Süden der Niederlande gibt es nahezu flächendeckend Sichtungen, jedoch bei weitem nicht so dicht, wie in Belgien. Nördlich des Rheines dünnen die gemeldeten Bestände deutlich aus.

 

Großbritannien und Irland

2016 wurde das erste Nest bei Rayleigh in Essex gefunden. Ein Nest bei Tetbury in Gloucestershire wurde am 19. September zerstört. Zwei Einzelindividuen wurden bei Bath und Lower Langfort in Somerset gefangen.
Im gleichen Jahr erreichte die Art die Kanalinsel Jersey.

2017 zerstörten Fachleute ein Nest in Woolacombe, Devon

2018 nahmen sowohl gemeldete Einzelfunde, wie auch zerstörte Nester zu. Der Schwerpunkt der Sichtungen liegt im Süden von England.

2019 gab es weniger Sichtungen

2020 meldete die Regierung die Zerstörung eines einzelnen Nestes in Gosport, Hampshire

2021 wurden im Oktober in Portsmouth und in Ascot (Berkshire) je ein Nest zerstört. Am 25. April wurde ein „lebendes, aber sterbendes“ Individuum in Dublin entdeckt. Das National Biodiversity Data Centre aus Waterford, Irland hält es für möglich, dass das Tier aus einer Nachbarregion gekommen ist.

2022 wurde ein Nest zerstört und ein Einzelindividuum gefangen. Dachte man, man habe die Invasion erfolgreich bekämpft, zeigte das Folgejahr das Gegenteil.

2023 explodierten die Meldungen, bisher meldete die Regierung 59 zerstörte Nester. Der Verbreitungsschwerpunkt lag in der Grafschaft Kent und den angrenzenden Grafschaften im Südosten Englands (Stand 4.10.2023)

 

Die Herkunft der Tiere

DNA-Studien belegen, dass alle invasiven Tiere, egal ob auf Tsushima in Japan, in Busan (Südkorea), Frankreich oder Jersey aus ostchinesischen Populationen stammen. Da im Osten Chinas viele große Handelshäfen liegen, belegt dies die Annahme, dass Vespa velutina über den Warenverkehr und die Hochseeschifffahrt verbreitet wurde.
Die Populationen aus Südkorea und Tsushima in Japan haben einen gemeinsamen Ursprung, während die Tiere auf Jersey auf französische Wurzeln haben.

 

Alle europäischen Tiere scheinen von einer einzigen befruchteten Königin zu stammen. Wie sich dies in Zukunft auswirkt, ist offen. Möglich ist, dass die geringe biologische Diversität Probleme mit sich bringt, die aktuell noch nicht greifbar sind.


Weiterführende Links:

Projekt velutina aus Deutschland – Ein sehr aktuelles Projekt mit Blick auf den Artenschutz

 

Vespa velutina aus Österreich – Ein Projekt von imker.at

 

Portal „Asiatische Hornisse Vespa vetulina in Nordrhein-Westfalen“ – eins der größten Webprojekte, trotz deutlichem Regionalbezug. Da auch dieses Projekt aus der Imkerecke kommt, könnten die Warnungen etwas überzogen sein.

 


Literatur:

Biodiversity-Ireland

 

Cheng YN, Wen P, Dong SH, Tan K, Nieh JC. Poison and alarm: the Asian hornet Vespa velutina uses sting venom volatiles as an alarm pheromone. J Exp Biol. 2017 Feb 15;220(Pt 4):645-651. doi: 10.1242/jeb.148783. Epub 2016 Dec 6. PMID: 27923877.

 

Distribution, spread, and impact of the invasive hornet Vespa velutina in South Korea
J. Asia Pac. Entomol. (2012), 473 – 477, https://doi.org/10.1016/j.aspen.2011.11.004

 

https://www.gov.uk/government/publications/asian-hornet-uk-sightings/asian-hornet-sightings-recorded-since-2016#confirmed-sightings-6

 

Kim, MJ., Bak, S. & Jung, C. Modeling abundance and risk impact of Vespa velutina nigrithorax (Hymenoptera: Vespidae) in Korea: application of a species abundance model. Sci Rep 13, 13616 (2023). https://doi.org/10.1038/s41598-023-40016-9

 

Monceau, K., Bonnard, O. & Thiéry, D. Vespa velutina: a new invasive predator of honeybees in Europe. J Pest Sci 87, 1–16 (2014). https://doi.org/10.1007/s10340-013-0537-3

 

https://www.nies.go.jp/biodiversity/invasive/DB/detail/60550e.html

 

O’Shea-Wheller, T.A., Curtis, R.J., Kennedy, P.J. et al. Quantifying the impact of an invasive Hornet on Bombus terrestris Colonies. Commun Biol 6, 990 (2023). https://doi.org/10.1038/s42003-023-05329-5

 

Robinet, C., C. Suppo, and E. Darrouzet. 2016. „Rapid spread of the invasive yellow-legged hornet in France: The role of human-mediated dispersal and the effects of control measures.“ Journal of Applied Ecology 54: 205–215.

 

Rome, Q. et al. Not just honeybees: Predatory habits of Vespa velutina (Hymenoptera: Vespidae) in France. Int. J. Entomol. 57, 1–11. https://doi.org/10.1080/00379271.2020.1867005 (2021).

 

Anmerkung der Redaktion:

Unsere EDV ist nach der Malware-Attacke immer noch nicht wieder hergestellt. Daher kam der Artikel heute ziemlich spät und noch nicht vollständig grafisch bearbeitet. Ich plane, im Laufe der nächsten Tage mindestens eine weitere Grafik hinzuzufügen.

 

Für die zunächst unvollständige Veröffentlichung bitte ich um Entschuldigung.

 




Drei Jahre danach: Granadas Panther. Ein Denkmal für einen „historischen Moment“

Oder:

„We want to believe“, “porque nos conviene“

Ausgangslage: Spaniens schwieriger Sommer 2020

Herbst 2020. Granada. Spanien hat einen harten Sommer hinter sich. Hohe Corona-Zahlen, viele Tote und eine Ausgangssperre, die zu den härtesten der Welt gehört. Es ist ein konstantes Auf- und ab, als wäre das Alltagsleben ein Wellenzwischen zwischen Pandemie einerseits und wirtschaftlicher Bedenken andererseits. Arbeitslosigkeit, Unsicherheit darüber, wie es die nächsten Monate weitergeht. Und dann darf man trotzdem nicht einfach rausgehen und sein Leben in den Griff nehmen. Jeden Tag Meldungen in den Nachrichten über „Brotes de Corona“, das „Sprießen neuer Infektionszentren“. Spanien ist gesundheitlich bedroht, wirtschaftlich angeschlagen und vor allem nervlich am Ende.

 

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Fauna Iberica

Wer in Spanien wandert, wird einer reichen Fauna begegnen. Viele der Tiere sind endemisch, das heißt, sie kommen nur gerade in Spanien vor. Die große Anzahl der hier abgebildeten und beschriebenen Arten sind aber auch in Deutschland, Österreich und der Schweiz zu beobachten. Während vieler Jahre hat der Autor eine beachtliche Anzahl an Tieren bei seinen Wanderungen in Spanien beobachtet und mit seiner Kamera festgehalten. Daraus wurde ein wunderbares Werk mit über hundertfünfzig Insekten, davon alleine 100 Schmetterlingen, mit über 20 Spinnen, 40 Amphibien und Reptilien, hundertdreißig Vögel und einigen Säugetieren. Zu jedem Tier sind kurze Texte, Beschreibungen, oder interessante Informationen dazu geführt. Außerdem alle wissenschaftlichen, deutschen, spanischen und englischen Namen. Alle Abbildungen (über 650) sind vom Autor in freier Natur in Spanien aufgenommen worden. Wer also an der Küste, im Hinterland, oder den Bergen in Spanien unterwegs ist, wird seine Freude an diesem Buch haben.

 

Fauna Iberica ist 2019 independent als Book on Demand erschienen. Die Taschenbuchausgabe hat satte 388 Seiten im Format 21 x 15.cm. Auch eine ebbok-Auflage ist erhältlich.

 

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Granadas schwarzer Panther: eine willkommene Ablenkung

Und da kommt der Panther von Granada gerade recht. Eine Woche, vom 11. September bis zum 18. September 2020 hält die „Pantera negra“ dem Land den Atem an. In einem kleinen Dorf namens Ventas de Huelma, nicht weit von Granada, wollen dessen Bewohner wiederholt einen schwarzen Panther zu Gesicht bekommen. Bald gibt es Fotos, manche zeigen nur einen schwarzen Punkt, andere eindeutig einen schwarzen Katzenartigen. Wir berichteten.

 

Panthersuche mit Helikopter: Überregionale mediale Aufmerksamkeit

Die Sepronas, die für Umweltfragen zuständige Behörde der Guardia Civil machen sich mit einem Helikopter auf, um das Tier zu suchen. In WhatsApp-Gruppen wird eifrig diskutiert. Der Panther ist Tagesgespräch. Auch größere Medien wie die Zeitung El Páis oder publikumslastige Kabarettsendungen wie El Intermedio scheuen nicht davor, über den Panther zu berichten.

Schwarzer Panther
Dieses Bild veröffentlichte die „Ideal“ am 14. September 2020

 

Des Rätsels Lösung: Schwarze Katze ja. Panther nein.

Dann, nach einer Woche, ist der Spuk vorbei. Ein Naturfotograf macht sich in die Gegend auf und präsentiert am 17. September 2020 ein Foto von einer großen schwarzen Hauskatze. Ein großes Exemplar, ja, aber nichts Ungewöhnliches. Und damit ist die Geschichte des Panthers von Granada fürs Erste besiegelt.

 

Ist das der Panther
Ist das der Panther? Das Foto soll am 12.09. entstanden sein. Veröffentlicht hat es der Diario Sur.

 

 

Denkt man.

 

 

Doch die Bewohner des kleinen Dorfs Ventas de Huelma haben die Episode nicht vergessen. „Dieses sonderbare Ereignis hat auf nationaler Ebene so große Wellen geschlagen und deswegen wollen wir es verewigen, damit es für immer in unserer Erinnerung bleibt“ (GranadaHoy vom 30. September 2021), heißt es aus dem Rathaus.

 

Gesagt, getan.

 

 

Ventas de Huelma. Denkmal mit Anspruch eines „historischen Moments“

 

Am 1. Oktober 2021 wird im Ortszentrum ein Denkmal der legendären schwarzen Großkatze errichtet. Es gibt eine große Party, bei Schnittchen vom Rosa Panther, Live-Musik, und Hüpfburgen werden Zeichnungen vom Panther angeboten (GranadaHoy vom 30. September 2021). So steht eine lebensgroße Skulptur aus Glasfaser seit diesem Tag im Zentrum von Venta de Huelma, schön ersichtlich auch von der nahen Durchfahrtsstraße aus. Realisiert wurde sie vom Estudio Arancos aus Ciudad Real, das diesen Auftrag gerne entgegennimmt und dem Rathaus einen Freundschaftspreis macht.

Schwarzer Panther?
Diese Ausschnittsvergrößerung zeigte der Diario Sur am 16. September.

 

Eine Herzensentscheidung ohne touristische Interessen …

„Wir wollten diese Skulptur in Auftrag geben, weil die Suche nach dem Panther etwas Historisches für unser Dorf war, denn wir waren eine Woche im nationalen Blickfeld. Und wir machen das nicht wegen touristischen Interessen, sondern weil wir uns im Herzen daran erinnern”, so Luis Miguel Ortiz, Bürgermeister von Ventas de Huelma.  (Ideal vom 27. September 2021)

… doch mit willkommenen touristischen Effekten

Trotzdem ist der Panther ein beliebtes Touristenobjekt geworden. Ein glücklicher Umstand, dass Ventas de Huelma ein Referenzpunkt auf vielen Fahrradrouten ist. So häufen sich am Wochenende eben doch viele Personen in Ventas de Huelma, um sich ein Selfie mit der legendären Katze zu machen.

 

Ich gebe zu, auch ich habe beim Erblicken des Panthers aus dem Rückspiegel meine Ausfahrt aus dem Kreisverkehr zu diesem Zweck gewechselt. Und in den Bars und Restaurants wurde laut dem ABC im Jahre 2021 auch immer fleißig gefragt, wo denn die Statue des Panthers ist. Tatsächlich kommt das Merchandising von Granadas Panther nicht zu kurz. „Schlüsselanhänger werden gerade angefertigt“, so der Bürgermeister. Die Katze soll sogar helfen, Solidaritätsfonds einzutreiben, zum Beispiel um La Palma zu unterstützen, das im Herbst 2021 von einem schrecklichen Vulkanausbruch heimgesucht wurde. (ABC vom 13.10.2021).

Ventas de Huelma, 2017
Ventas de Huelma, 2017, noch vor Corona – und dem Panther. CC-BY-SA 4.0 by Yslander

 

Ventas de Huelma und sein Panther – eine neue semantische Einheit …

Hat man da dann noch Interesse, den legendären Panther zur gewöhnlichen Hauskatze zu degradieren? „Wir wissen sehr wohl, einen Panther von einer Katze zu unterscheiden“, zeigt der Bürgermeister auf. In den Bars wurde 2021 wohl immer noch darüber diskutiert. Was jedenfalls klar ist, so resümiert ein Artikel der spanischen Zeitung ABC, der Panther und Ventas de Huelma gehen seitdem eine semantische Verknüpfung ein, egal, was letzten Endes dahinter steckte. „Das Eine ist nicht mehr ohne das Andere denkbar, zumindest am Hauptplatz des Dorfes“.

 

Ventas de Huelma und sein Panther – von nun an eine semantische Einheit

… mit ihren mythologischen Nachwirkungen

Wir haben also eine neue kryptide Legende im Süden Spaniens. Und klar ist, dass die lokalen Entscheider und wohl auch die Mehrheit der Bewohner kein Interesse daran haben, dass der Panther langfristig als das durchgeht, was er zur an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit war, eine gewöhnliche schwarze Hauskatze. Mit der Legende lebt es sich einfach besser.

 

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Afrikas große Katzen: Gepard, Löwe, Leopard

Kaum ein Geschöpf fasziniert den Menschen so sehr wie die großen Katzen ­Afrikas. Löwen streifen in Rudeln durch das hohe Gras der Savanne, Leoparden ­lauern im dichten Unterholz, Geparde überraschen ihre Beutetiere mit blitzschnellen Spurts. Aber die Raubtiere haben noch eine andere Seite: Bei der Aufzucht ihrer Jungen zeigen sie sich erstaunlich verspielt und fürsorglich. Fritz Pölking, einer der renommiertesten deutschen Naturfotografen, hat den Großkatzen einen guten Teil seines Schaffens gewidmet. Jahrzehnte lang ist er durch die Savannen des östlichen und südlichen Afrika gereist, hat einzelne Tiere Generationen lang begleitet und ­fotografiert. Seine Bilder beeindrucken durch große Nähe und ungewöhnliche ­Intensität.

 

 

Afrikas große Katzen: Gepard, Löwe, Leopard ist 2008 bei B. Tecklenborg erschienen und hat 52 großformatige Seiten. Es ist mit etwas Glück neu, mit Sicherheit aber gebraucht erhältlich.

 

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Remember September 2020:

Trügerische Gewissheit in allen Kreisen

Und so sahen es in der denkwürdigen Woche zwischen dem 11. und dem 17. September auch die meisten Spanier. Und zumindest alle Leute, mit denen ich in dieser Zeit über das Ereignis gesprochen habe. In meinem Freundes- und Bekanntenkreis finden sich Personen mit psychologischer, pädagogischer und soziologischer Ausbildung. Nicht eine kritische Stimme kam aus ihren Reihen, in der WhatsApp-Gruppe diskutierte man darüber, stattdessen einen geplanten Ausflug in die Berge wegen der vermeintlichen Gefahr an dem Wochenende abzusagen. Doch richtig amüsant wird es erst, wenn Bekannte der Guardia Civil erzählen, wie Kollegen auf Basis der vermeintlichen „Beweise“ ganz heiß darauf waren, in das Dorf zu fahren und nach dem Panther zu fahnden.

 

Live dabei und mittendrin: Geburt einer kryptiden Legende

Es war das erste  – und bisher einzige Mal, das ich so einen Hype, der sich wohl bei der Geburt eines jeden fiktiven Kryptiden einstellt, in meinem eigenen persönlichen Umfeld miterleben durfte. Blind und aufgeregt bestimmte der Panther die Gespräche der Bevölkerung, von Kritik keine Spur. Es war für mich bis jetzt einzigartig. Und ich kann mir gut vorstellen, wie die Debatten in anderen Schlüsselmomenten der kryptzoologischen Folklore abgelaufen sind. So zum Beispiel bei Nessie in den 1930er Jahren oder beim Chupacabras in den 90ern. In Granada 2020 war jedenfalls klar: Die Leuten wollten diesen Panther. Und dementsprechend groß war auch die Enttäuschung, als dieser sich als Hauskatze herausstellte. Und (wie soll es anders sein?) so mancher akzeptiert diese Erklärung eben auch nicht, sondern stellt eine Verbindung zu früheren Großkatzensichtungen aus Almería her. ..

 

Granadas Panther 2020: Fazit

Lange ist es her, als ich in meinen schwärmerischen Jugendjahren auf einer eigenen Kryptozoologie-Seite den Stoff der britischen Alien Big Cat- Saga aufbereitete. Schön geordnet nach Beast und Moor. Seitdem habe ich mich nicht mehr aktiv mit diesem Phänomen beschäftigt und rutschte in die zweite Reihe eines passiven Mitlesers zurück. Will sagen: Ich fühle mich nicht berechtigt, über die britischen Großkatzensichtungen ein finales Statement abzugeben. Doch wenn ich mich in Zukunft noch einmal mit den englischen Alien Big Cats auseinandersetzen sollte, so werde ich meine Erfahrungen aus Granada nach England mitnehmen. Und diese sind: Es wird mich nicht beeindrucken, wenn:

 

  1. ein großes Aufgebot der Sicherheitskräfte nach einem vermeintlichen Panther fahndet.
  2. Die Mitglieder derselben Sicherheitskräfte von der Echtheit des Panthers ausgehen, ja, sogar einige von ihnen den Panther selbst gesehen haben wollen.
  3. Expertenaussagen mit akademischer Qualifikation (darunter auch sozialwissenschaftlich-kritischer Schulung) die Existenz der Großkatze bejahen.
  4. Leute aus der Bevölkerung beteuern, den Unterschied zwischen einem Panther und einer gewöhnlichen Katze zu kennen.

 

Und diese Erfahrungen würde ich auch jedem, der sich gegenwärtig mit den englischen Alien Big Cats eingehender beschäftigt, mit auf den Weg geben.


Zum Weiterlesen

ABC Sevilla vom 13.10 2021:https://sevilla.abc.es/andalucia/granada/sevi-ventas-huelma-levanta-estatua-falsa-pantera-atemorizo-pueblo-verano-2020-202110131236_noticia.html (letzter Abrufam 27. Mai 2023)

El Ideal vom 27. September 2021: https://www.ideal.es/granada/provincia-granada/ventas-huelma-recordara-pantera-20210927171259-nt.html

Granada Hoy vom 30. September 2021: https://www.granadahoy.com/provincia/pantera-Vuelve-Ventas-Huelma-Granada-escultura-fiesta_0_1615640566.html




Die Sumpfkatze von Hayling Island

Das Netzwerk für Kryptozoologie hat bereits häufig über exotische Raubkatzen berichtet, die in Regionen gesichtet wurden, in denen sie kein natürliches Vorkommen haben. Besonders auf den britischen Inseln haben so genannte Alien Big Cats oder British Big Cats eine lange Tradition. Sehr häufig handelt es sich um reine Augenzeugenberichte ohne handfeste Beweise für die tatsächliche Existenz eines solchen Tieres.

 

 

Eine der wenigen Ausnahmen stellt ein besonderes Exponat in der südenglischen Küstenstadt Havant dar. Im dortigen Spring Arts & Heritage Center, eine Art Gemeindehaus mit einer kleinen musealen Ausstellung zu stadtgeschichtlichen Aspekten, steht auch das Präparat einer mittelgroßen Raubkatze, die man im englischen gemeinen Sprachgebrauch auch als Swamp- oder Jungle cat bezeichnet. In Deutschland sprechen wir von der Rohrkatze oder dem Sumpfluchs (Felis chaus).

 

Präparat der Rohrkatze von Hayling Island
Eine Rohrkatze im Spring Arts & Heritage Center in Havant, Großbritannien (Foto: André Kramer)

 

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Märchen von den Britischen Inseln

Seit alters werden die Britischen Inseln von Feen und Kobolden, Riesen und Magiern, Helden und Dämonen bevölkert. Zahlreich sind die Sagen und Legenden, die sich um sie ranken, unzählig die mythischen Orte, an denen sie einst wirkten – und nach manch Einheimischen noch heute anzutreffen sind.

 

Diese einzigartige dreibändige Auswahl im Schmuck-Schuber enthält die schönsten und spannendsten Märchen aus England, Irland und Schottland. Sie hat 992 Seiten und ist 2019 auf Deutsch im Anaconda-Verlag erschienen.

 

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Diese Tiere leben in den Feuchtgebieten Südostasiens bis nach Oberägypten und erreichen bei bis zu 12 Kilogramm Körpergewicht Schulterhöhen von bis zu 50 Zentimetern. Die deutsche Bezeichnung Sumpfluchs leitet sich davon ab, dass auch diese Kleinkatze über kleine Haarpinsel an den Ohren verfügt.

 

Hayling Jungle Cat, die Rohrkatze von Hayling
Ein anderes Bild der Hayling-Island Jungle Cat. Foto: Geni CC-BY-SA 40

Wie aber kommt dieses Tier in eine kleine Museumausstellung zur Stadtgeschichte nach Südengland?

Am 26.07.1988 wurde die Rohrkatze auf der wenige Kilometer südlich von Havant liegenden (und bei Ebbe zugänglichen) Hayling Island von einem Auto überfahren wurde und von dem Zoodirektor John Knowles als Felis chaus identifiziert (Schuker 1989, S. 65). Nach dem Tod des Tieres sei es jedoch, so weiß das Hinweisschild im Museum zu berichten, über lange Jahren hinweg zu weiteren Sichtungsberichten in der Region gekommen, die naheliegen, dass es sich nicht um ein Einzeltier gehandelt hat. Wie Rohrkatzen nach Hayling Island gekommen sein können, konnte nie geklärt werden. Mutmaßen lässt sich natürlich, dass es sich um Gefangenschaftsflüchtlinge handelte.

 

Rohrkatze in Indien
Eine Rohrkatze in den indischen Sundarbans (Foto: Soumyajit Nandy CC-BY-SA 4.0)

 

 

Die Rohrkatze (Felix chaus)

Rohrkatze in Indien
EIne weitere Rohrkatze, in einem trockeneren Habitat (Foto: Davidraju CC-BY-SA 4.0)

Wie bereits oben beschrieben, ist die Rohrkatze (Felix chaus) eine asiatische Katze. Sie kommt in drei Unterarten vom Nil im Westen bis Vietnam im Osten vor. Die größte Unterart lebt im Westen, in Ägypten, dem Zweistromland, den feuchteren Gebieten des Irans, im Kaukasus und Hindukusch, sogar in Anatolien. Kater dieser Unterart erreichen im Durchschnitt 10 kg und eine Kopf-Rumpf-Länge von 70 cm. Hauskatzen erreichen im Durchschnitt 4 kg und 50 cm Kopf-Rumpf-Länge.

 

Rohrkatzen sind sehr anpassungsfähig und leben in einer Vielzahl von Habitaten. Offenbar bevorzugen sie Wälder und Gebüsche in Wassernähe. Dabei nutzen sie gerne auch Sekundärlebensräume wie Fischteichanlagen und Bewässerungsfeldbaugebiete. Rohrkatzen leben vor allem von vergleichsweise kleinen Beutetieren. Hauptsächlich fressen sie kleine Säugetiere, bei Gelegenheit auch Vögel, Schildkröten, Schlangen, Echsen und Fische.

 

Die Hayling-Rohrkatze ist nicht die einzige Rohrkatze, die in Großbritannien nachgewiesen wurde. Nach ihr hat man ein Exemplar in Ludlow, Shropshire (an der Grenze zu Wales), gefunden, das offenbar an den Spätfolgen eines Autounfalls verstorben ist. Die Dermoplastik der Ludlow-Rohrkatze ist in Besitz des Kryptozoologen Dr. Karls Shuker.
Zudem entstand 1992 ein leidlich gutes Foto in Durham, im Nordosten Englands.




Freitagnacht-Kryptos: Löwen-Safari in Pforzheim

19-Jährige will nahe Unterreichenbach eine Raubkatze gesehen haben

Pforzheim (pol/the) – Die tierischen Meldungen häuften sich am gestrigen Freitag. Nach den morgendlichen Rindern auf der Bundesstraße 35 […] kam’s nur kurze Zeit später noch besser: Eine 19-Jährige hatte zwischen Dillweißenstein und Unterreichenbach einen Löwen entdeckt. In freier Wildbahn.

 

Pforzheim
Pforzheim

 

Man kann sich den Dialog lebhaft vorstellen: „Hier ist eben ein Löwe über die Straße gelaufen“, ruft die junge Frau aufgeregt ins Telefon. „Wie war das…? Wiederholen Sie bitte!“, lautet die ungläubige Reaktion des bedauernswerten Beamten. „Ich sag’s doch: Ein Löwe!“, bekräftigt die Frau, „und glauben Sie mir: Ich bin nicht meschugge.“ – „Also ein Löwe, ich hab‘ Sie da doch richtig verstanden?“, fragt der Polizist vorsichtshalber nochmal nach. Bis er schließlich, nach einer weiteren energischen Bekräftigung mit einem leichten Kopfschütteln Großalarm auslöst.

 

Detailliert überliefert ist dieses Zwiegespräch vom Freitagmorgen natürlich nicht, aber so oder so ähnlich könnte es zumindest gewesen sein. Jedenfalls behauptete die 19-Jährige kurz nach 10 Uhr steif und fest, eben habe in der Beremstraße, rund 300 Meter vor Unterreichenbach, eine Löwin den Weg überquert. Nach Beobachtungen der Spaziergängerin, die nach eigenem Bekunden nur etwa zehn Meter von der Raubkatze entfernt war, soll es sich um ein Jungtier handeln.

Eine groß angelegte Suchaktion

Nun ist die Nachricht zwar einigermaßen ungewöhnlich, aber möglich ist immerhin alles. Also löst die Polizei eine groß angelegte Suchaktion mit 13 Streifenwagen, ein Teil von der benachbarten Polizeidirektion Calw, aus. Gleichzeitig wurden alle in Frage kommenden Unterkünfte für Tiere abgeklappert, ob nicht irgendwo ein Löwe abhanden gekommen ist. Antwort negativ. Auch auf einen Zirkus in der Nähe gab es keine Hinweise. Vorsorglich wurden jedoch die benachbarten Polizeidirektionen Böblingen und Calw informiert, falls das mysteriöse Tier zwischenzeitlich in deren Revier überwechseln sollte.

 

Löwe in der Natur
Löwe – Dieses Bild ist nicht einmal in der Nähe von Pforzheim entstanden.

 

Die aufwändige Safari an Pforzheims Stadtrand blieb letztendlich ohne Erfolg. So wurde gegen 12.45 Uhr die Suche erst einmal abgeblasen, ohne dass ein Löwe oder eine Löwin ins Netz gegangen wäre. Auch bis Redaktionsschluss dieser lokalen Berichterstattung ergaben sich keine neuen Hinweise auf das Wildtier.

Sollte also die dubiose Großkatze womöglich, doch nur ein ausgewachsener Stubentiger gewesen sein? Die 19-Jährige wird das energisch dementieren.“

 

(Löwen-Safari in Pforzheim. 2006. Pforzheimer Zeitung).




Der Berliner Löwe, die Folgemeldung

Dies ist die Folgemeldung zum gestrigen Live-Blog und Analyse

Der "Berliner Löwe"
Ein Screenshot aus dem Twitter-Video von Nico M.

Zunächst die Timeline

Donnerstag, 20.07.2023, nach Redaktionsschluss

  • In der Nacht glaubt irgendjemand, Löwengebrüll gehört zu haben. Die Polizei twittert:
    „Unsere Kollegen sind dem zusammen mit einem Veterinärmediziner und dem Stadtjäger nachgegangen. Auch mit Hilfe einer Drohne konnten die Hinweise nicht bestätigt werden“.
    Anm. d. Red.: Falls es sich tatsächlich um eine Löwin handelt, würde diese nicht brüllen.
  • 23:42 Uhr: Die Polizei meldet, dass die „Maßnahmen im Wald“ unterbrochen wurden. Beamte bleiben vor Ort im Einsatz, dazu gibt die Polizei die Warnung heraus:
    „Bitte meiden Sie die südlichen Waldgebiete Berlins über die Stadtgrenze hinaus.“

Löwe in der Natur
Löwe in der Natur – Dieses Bild ist nicht einmal in der Nähe von Berlin entstanden.

Freitag, 21.07.2023, am Vormittag

  • 6:50 Uhr: Die Suche wird intensiviert. Neben 120 ausgeruhten Polizistinnen und Polizisten kommen auch professionelle Tierspurensucher zum Einsatz. Ab 7 Uhr soll der Wald im Hundeauslaufgebiet fortgesetzt werden.
    Bei der nächtlichen Suche wurden hauptsächlich technische Hilfsmittel wie Nachtsichtgeräte und Drohnen eingesetzt. „Wir beobachten die Wälder, wir gehen aber nicht mehr in sie hinein“, sagte ein Sprecher der Polizei der dpa in der Nacht.
  • 8:30 Uhr: Der Wildtierexperte der Berliner Senatsumweltverwaltung Derk Ehlert sagte dem RBB-Inforadio, dass er auf dem Video nur zwei Wildschweine erkenne.
    „Ich glaube aber natürlich den Zeugen, den Kollegen von der Polizei in Berlin, die ein derartiges Tier auch real gesehen haben“, ergänzt er. „Grundsätzlich kann ein Löwe nicht einfach weg sein, auch so eine Löwin nicht. Sie hinterlässt Spuren“, und weiter: „Es ist schon sehr auffällig, dass an der Stelle, wo das Tier gesehen und gefilmt wurde, nicht mal ein Trittsiegel zu sehen ist.“
  • 10:00 Uhr: Die Polizei überprüft die Halter von Löwen in Brandenburg. Das Landesamt für Umwelt teilte der Polizei und den Medien mit, dass im Land 23 Löwen aus drei Zirkusunternehmen, zwei Zoos und einer privaten Haltung gemeldet sind.
    Anm. d. Red.: Dies deckt sich nur teilweise mit früheren Meldungen. Dort wurde gesagt, dass kein Zirkus in Deutschland mehr Löwen hält. Ebenso haben wir drei Zoos in Brandenburg mit Löwen identifiziert.
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Der Löwenflüsterer: Mein Leben unter den Großkatzen Afrikas

‚Der Tierverhaltensforscher Kevin Richardson hat eine so enge Beziehung zu Großkatzen, dass er die Nacht an sie geschmiegt verbringen kann, ohne die geringste Furcht vor einem Angriff zu haben … Er ist mit diesen Tieren, deren Zähne mühelos durch dicken Stahl beißen können, so instinktiv im Einklang, dass Mutterhyänen ihm sogar erlauben, ihre neugeborenen Jungen zu halten, ohne ihnen zu Hilfe zu springen.‘

Glenys Roberts, Daily Mail In diesem Werk erzählt der berühmte Löwenflüsterer Kevin Richardson über sein Leben und wie er zu der innigen Beziehung zu Löwen, Hyänen und weiteren Wildtieren kam.  Ein ungewöhnliches Buch, dass einen tiefen Einblick in die Seele dieser Tiere gibt und viele Vorstellungen über Raubkatzen in Frage stellt.

 

Der Löwenflüsterer ist 2013 bei Narayana erschienen und hat als gebundenes Buch 280 Seiten im Format 16 x 24 cm.

 

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    Die ersten Trittbrettfahrer und die Analyse von Darren Naish
  • 10:10 Uhr: Die Hinweise auf Löwengebrüll haben sich als Scherz herausgestellt. Jugendliche hatten dies von einem Handy über einen Lautsprecher abgespielt.
  • 11:17 Uhr: Die WAZ zitiert Darren Naish: „In diesem Fall ist der Löwe auf jeden Fall kein Löwe“, erklärt der Forscher in seinem Blog „Tetrapod Zoology“.
  • 11:21 Uhr: Sichtung am Panzerdenkmal in Kleinmachnow. Eine Reporterin von RTL berichtet, dass die Polizei dorthin auf dem Weg sei und eine angespannte Stimmung herrsche.
  • 11:45 Uhr: Es gibt das Gerücht, dass auf Berliner Gebiet „etwas gefunden“ worden sei. Auf Nachfrage verneint dies einer der Löwenjäger. Er reist wieder ab.
  • 12:06 Uhr: Die Stadt Kleinmachnow hat die für das Wochenende geplanten Open-Air-Veranstaltungen nach innen verlegt. Betroffen sind der Kinosommer und ein Konzert. Sie finden nun im Rathaussaal statt.

 

Puma als Beispiel für den Nicht-Berliner Löwe
Puma mit deutlich sichtbarer Hinterhand als Beispiel für eine große Katze

Freitag, 21.07.2023, am Mittag – Die Katze ist aus dem Sack!

 

  • 12:00 Uhr: Die Polizei ist wieder im normalen Dienst. Videoanalysen haben gezeigt, dass es sich bei dem „Berliner Löwen“ auf dem Video um ein Wildschwein handelte.
  • Dem entsprechend veröffentlichte die Gemeinde Kleinmachnow auch, dass sich eine erneute Sichtung als falsch erwiesen hat: „Es wurde aber eine sehr entspannte Bache mit Ferkeln dort aufgeschreckt.“
  • 13:00 Uhr: Kleinmachnows Bürgermeister Michael Grubert spricht zur Presse. Er präsentiert Ergebnisse der Software Cybertracker und zitiert zwei weitere Bildauswertungen:
    „Der Schluss geht dahin, dass zwei unabhängige Koryphäen auf dem Gebiet gesagt haben, dass es sich nicht um eine Löwin oder ein Wildtier handelt, sondern es gibt Anhaltspunkte, dass das Tier auf dem Bild gen Wildschwein tendiert.“ Dabei stellt er klar: „Es gibt keinen ernstzunehmenden Hinweis auf ein anderes Tier außer Wildschwein.“
  • Grubert zeigt Bilder, auf denen er das Verhalten des Schwanzes und die Haltung des Rückens auf dem Video mit einer Katze und einem Wildschwein vergleicht. Dabei nutzt er (zufällig?) das selbe Puma-Bild wie wir in unserer Analyse.
    Er erklärt, dass es deswegen „keine akute Gefährdungslage“ gebe. Die Polizei bleibe aufmerksam, aber der Einsatz geht auf das gewohnte, wachsame Niveau zurück.
  • Grubert verweist auf Kot- und Haarproben, die „augenscheinlich nicht von einem Wildtier“ sind. Es gebe keine Bestätigung, dass der Berliner Löwe überhaupt existiert. „Alle sagen: Es handelt sich nicht um eine Löwin. Eine Hand würde ich aufs Feuer legen“, so Grubert weiter.
    (Anm. d. Red.: Wenn es ein Löwe gewesen wäre, stammte er aus privater Handlung, möglicherweise generationenlanger Gehegehaltung und Hands-on-Pflege. Ein Wildschwein dagegen läuft frei herum. Was ist da das „Wildtier“?)
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Räuber und Beute

Bei diesem Buch handelt es sich um eine populärwissenschaftliche Abhandlung über Jäger und ihre Beute im Tierreich; mit Kapiteln wie – Fressen und gefressen werden – Hungrige Raubtiere auf Beutesuche – Die verlockenden Strategien der Raubtiere – Wie Raubtiere ihre Beute finden – Vorbereitungen zum Angriff – usw.;

 

Räuber und Beute ist 1985 bei Urania in Jena und Leipzig erschienen, hat 152 gebundene Seiten mit 157 überwiegend farbigen Abbildungen von Gerd Ohnesorge. Es ist nur noch antiquarisch erhältlich, für gute Exemplare zahlt man etwa 20 bis 25 €.

 

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  • Gleichzeitig verteidigt Grubert die Arbeit der Polizei: „Es ist etwas Ungewöhnliches gesehen worden. Wir reden nicht von einem Fake. (…) Es gab um 5 Uhr morgens irgendwas, das war da. Ich war überrascht, wie hell das Wildschwein war. Das war hellgrau. Und ich habe schon einige Wildschweine gesehen. Das hat gerechtfertigt, dass wir das machen. Stellen Sie sich vor, dass es andersherum wäre.“
  • 14:40 Uhr: Nur eine Formalie, aber eine deutliche: Die Behörden heben die Warnung vor einer „freilaufenden Raubkatze“ auf. Damit ist der Berliner Löwe offiziell nicht existent.

Der „Berliner Löwe“, Freitag, 21.07.2023, am Nachmittag

  • Spätestens seit der 13-Uhr Pressekonferenz wird das Netz mit Häme überschüttet. Mems zum Berliner Löwen schießen wie Pilze aus dem Boden.

MGM mit Wildschwein
Nicht jeder Löwe ist ein Wildschwein, oder?

Wie fängt man den Berliner Löwe
Wie fängt man eine Löwin? Netzfund ohne Urheberangabe

  • Das Institut für Tierpathologie in Berlin untersucht Haare, die an einem Baum gesammelt wurden und vom gesuchten Tier stammen sollen. „Anhand dieser Haare werden wir ziemlich sicher rausbekommen, was das für ein Tier war, welches die Haare dort hinterlassen hat“, sagte der Institutsdirektor Achim Gruber der Deutschen-Presse-Agentur.
  • 14:00 Uhr: Grubert sagt: „Nach allem menschlichen Ermessen gehen wir davon aus, dass es keine Löwin ist.“ Der Focus schreibt hierzu: “Es habe mit Hilfe einer Organisation einen Vergleich der Videoaufnahmen mit dem Körperbau einer Löwin gegeben. Zwei Experten hätten dann unabhängig voneinander gesagt, dass auf dem Handyvideo keine Löwin zu sehen sei. Zum Beispiel habe der Verlauf des Rückens des im Video abgebildeten Tieres Erkenntnisse dazu gebracht.“

    „Es gibt nicht einen Hinweis, der zu irgendeiner Annahme geführt hat, es könnte sich um eine Löwin handeln oder eine Wildkatze, eine große“, schließt Grubert den Fall ab.

Erste Bilanz der Berliner Polizei

  • 16:35 Uhr: Die Berliner Polizei zieht Bilanz. Im Schnitt waren rund 200 Polizisten an dem Einsatz durchgehend beteiligt. Neben Drohnen waren auch Spürhunde und Hubschrauber beteiligt. Berlins Polizeisprecherin Beate Ostertag antwortete auf die Frage nach den Kosten:
    „Es gab Hinweise auf eine akute Gefahrenlage“, sagte Ostertag. Die Polizei sei „im Rahmen des gesetzlichen Auftrages zur Gefahrenabwehr“ und in Amtshilfe für das Bezirksamt Steglitz-Zehlendorf aktiv gewesen.

Der Berliner Löwe
Die Katze bzw. die Sau ist aus dem Sack: Der Berliner Löwe ist ein Wildschwein

  • 16:45 Uhr: Auch das angeblich gerissen Wildschwein ist nicht auffindbar. Die Pressesprecherin der Gemeinde Kleinmachnow sagte zu Focus-online: „Die Nachricht über das gerissene Wildschwein geht auf Berichte zurück, dass das Tier, das, wie sich nun herausstellt, fälschlicherweise keine Löwin ist, angeblich einem anderen Tier nachgelaufen sein soll, bevor es im Busch verschwand.“ Es gibt keine Hinweise auf gerissenes Wild.
  • Kot- und Haarproben sind am Freitagmorgen ins Leibniz-Institut nach Berlin gegangen. Die Analyse hiervon soll Samstagvormittag vorliegen.
  • Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) meldet sich zu Wort. Der Bundesvorsitzende Jochen Kopelke sagte: „Es ist völlig klar, dass die Polizei Hilfe leistet, wenn es zu einer gefährlichen Situation aufgrund eines entflohenen Wildtieres kommt.“
  • 19:32 Uhr: Der Urheber des Videoclips, der die ganze Aktion ausgelöst hat, meldet sich zu Wort. Der 19-jährige Nico M. aus Kleinmachnow sagt gegenüber t-online, dass er sich nicht vorstellen könne, ein Wildschwein statt einer Löwin gefilmt zu haben.

Weitere Meldungen hat der Freitag nicht zu bieten.

 

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Geparde in der Savanne

„Die majestätischen Geparden, die schnellsten Landtiere der Welt, ziehen uns mit ihrem atemberaubenden Anblick in ihren Bann. Doch wie leben sie in ihrer natürlichen Umgebung, der afrikanischen Savanne? In ‚Geparden in der Savanne‘ nimmt uns der Autor mit auf eine fesselnde Reise in die Lebensräume und den Lebensstil dieser eleganten Jäger. Wir erfahren, wie Geparden in der Savanne jagen, kommunizieren und sozial interagieren. Wir beobachten ihre Beziehungen zueinander, ihre Familienstrukturen und ihr Überleben in einer rauen Umgebung.

Diese Reise in die Welt der Geparden wird Tierliebhaber und Abenteurer gleichermaßen begeistern. ‚Geparden in der Savanne‘ ist ein einzigartiges und faszinierendes Buch, das man nicht aus der Hand legen möchte.“

 

Geparde in der Savanne ist im März 2023 bei Jaltas Books in deutscher Sprache erschienen. Es liegt im Din A5-Format vor.

 

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Samstag, 22.07.2023 am Morgen

Hierarchisch höher gestellte Leute (die „Großkopferten“), die abgewartet hatten, wie sich die Situation entwickelt, kriechen nun aus ihren Löchern und beginnen mit der politischen Aufarbeitung des „Berliner Löwen“.
Natürlich wissen sie hinterher alle, wie man sich hätte verhalten sollen.

  • Der Brandenburger Innenminister Michael Stübgen stellt sich hinter die Polizei. Er hält die Maßnahmen für erforderlich, fährt sie aber jetzt zurück.
    „Nachdem alle Suchmaßnahmen keine weiteren Hinweise auf eine Löwin erbracht haben, können wir verantworten, den Kräfte-Ansatz jetzt anzupassen“, sagte Stübgen dem Focus. „Wir bleiben aber vorerst mit einer verstärkten Polizeipräsenz vor Ort und sind für die Bürger jederzeit ansprechbar.“

Berliner Polizei
Berliner Polizei (Symbolfoto)

  • Der Vize-Chef der Deutschen Polizeigewerkschaft, Heiko Teggarz gab der Bild-Zeitung ein Interview, in dem er pointiert die Kosten kritisiert: „Bei diesem Einsatz handelt es sich zweifelsfrei um die teuerste Safari, die es in Deutschlands Wäldern je gegeben hat.“ Er fordert: „Man hätte SOFORT Forensiker beauftragen müssen, die erkennen, ob das eine Großkatze oder ein Wildschwein ist.“
    (Anm. d. Red.: Eine einfache Bildanalyse hätte gereicht. Ob ein Forensiker sich so gut mit Wildschweinen und Löwen auskennt, können wir nicht beurteilen.)
  • Bei den Kosten der Aktion stehen auf einmal € 220.000,- im Raum. Wichtiger ist jedoch, dass viele Berliner und Brandenburger Polizisten deswegen weitere Überstunden machen mussten, die sie vermutlich kaum abfeiern können.
  • Die Analyse der Kot- und Haarproben verzögert sich. Das Ergebnis soll am Montag veröffentlicht werden.



Aktuell: Löwe bei Berlin gesichtet – Liveblog mit Analyse

de Es geht durch alle Medien: Nach Zeugenaussagen wurde ein Löwe bei Berlin gesichtet, wie er ein Wildschwein jagt.

 

Die Behörden warnen, sogar über die WarnApp NINA. Die Bewohner der umliegenden Gebiete sollen nach Möglichkeit zuhause bleiben.

 

In den nächsten Minuten erscheint hier ein Live-Blog, der im Laufe des Tages und ggf. der nächsten Tage immer wieder aktualisiert wird. Wir bemühen uns, das Material zu sammeln, was die Medien zur Verfügung stellen und euch umfassend zu informieren.


Die Ausgangslage:

Donnerstag, 20.07.2023 – 0:58

Die Behörden warnen über die Warn-App NINA vor einer freilaufenden Raubkatze im Gebiet Kleinmachnow, Stahnsdorf und Teltow, im Süden von Berlin.

 

Als Handlungsempfehlung wird unter anderem herausgegeben, das betroffene Gebiet zu meiden, im Haus zu bleiben und Haus- und Nutztiere nicht raus zu lassen.

 

Diese Meldung wird um 4:26 Uhr aktualisiert, ohne dass wesentliche Informationen ergänzt werden.

 

 

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Löwen im Eiszeitalter

Raubkatzen aus Europa, Asien und Amerika stehen im Mittelpunkt des Taschenbuches „Löwen im Eiszeitalter“ des Wiesbadener Wissenschaftsautors Ernst Probst. Es beginnt mit dem riesigen Mosbacher Löwen (Panthera leo fossilis), der durch etwa 600.000 Jahre alte Funden aus dem ehemaligen Dorf Mosbach bei Wiesbaden in Hessen benannt ist.
Dieser Mosbacher Löwe gilt mit einer Gesamtlänge von bis zu 3,60 Metern als der größte Löwe aller Zeiten in Deutschland und Europa. Von dieser imposanten Raubkatze stammt der Europäische Höhlenlöwe (Panthera leo spelaea) ab, der im Eiszeitalter vor etwa 300.000 bis 10.000 Jahren in Europa lebte.

Noch größer als der Mosbacher Löwe und der Europäische Höhlenlöwe war der Amerikanische Höhlenlöwe (Panthera leo atrox) aus dem Eiszeitalter vor etwa 100.000 bis 10.000 Jahren. Er wird ebenso vorgestellt wie der vor etwa 40.000 bis 10.000 Jahren existierende Ostsibirische Höhlenlöwe (Panthera leo vereshchagini), den man auch Beringia-Höhlenlöwe nennt.

Weitere Kapitel befassen sich mit Höhlenlöwen in der Kunst der Eiszeit, Löwenfunden in Deutschland, Österreich und der Schweiz, eiszeitlichen Raubkatzen in Deutschland und Löwen der Gegenwart.

 

Löwen im Eiszeitalter von Autor Hans Probst ist 2015 beim Diplomica Verlag als Taschenbuch veröffentlicht worden und hat 332 Seiten. Es stellt eine bemerkenswerte Monographie der Löwen vergangener Zeiten dar.

 

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Das betroffene Gebiet:

 

Der Düppeler Forst, der erste Sichtungsort, liegt zwischen Potsdam im Westen und Stahnsdorf bzw. Kleinmachnow im Osten. Weitere Sichtungen erfolgten offenbar östlich davon.


Wie es weiter ging:

Donnerstag, 20.07.2023, In der Nacht

  • Die Polizei warnt vor einem „freilaufenden, gefährlichen Wildtier“, möglicherweise eine Löwin.
  • Die Berliner Feuerwehr warnt vor „vermutlich einer Löwin“.
  • Polizeisprecher Daniel Kiep sagte dem rbb:

    „Gegen Mitternacht kam bei uns die Meldung rein, die wir uns alle nicht vorstellen konnten. Da haben zwei Passanten ein Tier gesehen, das einem anderen nachrennt. Das eine war ein Wildschwein und das andere war offensichtlich eine Raubkatze, eine Löwin. Die beiden Herren haben auch ein Handyvideo aufgenommen und auch erfahrene Polizisten mussten bestätigen, es handelt sich wahrscheinlich um eine Löwin.“

     

  • kurz nach Mitternacht: Der Nutzer @lqzze1 dreht ein kurzes Video, das mutmaßlich die entlaufene Großkatze zeigt. Es wurde offenbar aus einem Auto aufgenommen, im Richard-Strauss-Weg in Kleinmachnow.

 

Löwe bei Berlin gesichtet
Ein Screenshot aus dem Twitter-Video von @lqzze1

 

  • 2:12 Uhr: Das Video erscheint bei Twitter.
  • bis 6:00 Uhr: Mehrere Beobachter melden weitere Sichtungen des mutmaßlichen Löwen aus den Orten Kleinmachnow, Teltow und Stahnsdorf.
  • 6:07 Uhr: Die Polizei erweitert das Suchgebiet im Süden Berlins weiter nach Osten. Nun sind auch die Ortsteile Zehlendorf, Steglitz, Marienfelde und Tempelhof bis an den Rand des Flughafens BER eingeschlossen.
  • 6:25 Uhr: Bei t-online bestätigt ein Polizeisprecher, dass die Polizei davon ausgeht, dass tatsächlich eine Löwin beobachtet wurde.
  • 7:23 Uhr: Die Polizei meldet: „Das Tier wurde noch NICHT gefunden!“. Wer das Tier sieht, soll den Notruf 110 wählen.
  • 7:53 Uhr: Die Bild-Zeitung zitiert den Tierarzt Fred Willizkat mit den Worten
    „Löwen sind nicht hungrig, aber unberechenbar. Ein Löwe kann auf alles losgehen, was er nicht kennt und was ihm Angst macht.“ Jeder Leser hier möge diese Aussage selbst bewerten.

 

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Löwen

faszinierende Schwarz-Weiß Impressionen

Ein Bildband, der die majestätische Schönheit von Löwen in einer ganz neuen Betrachtungsweise innerhalb einer intensiven und kreativen Kontrastwelt aufzeigt.

Durch die Schwarz-Weiß Optik und dem Zusammenspiel von Licht und Schatten werden die besonderen Merkmale dieser wunderschönen Tiere noch mehr hervorgehoben.

In diesem Bildband kommt man den Löwen durch die ausdrucksstarke Darstellung zwar nicht im wahrsten Sinne, aber dennoch vor allem emotional nahe wie nie.

 

Löwen“ zeigt auf 200 Seiten mehr als 140 ausdrucksstarke Schwarz-Weiß-Fotos der faszinierenden Großkatzen. Das Buch ist 2022 independent publiziert worden und nur als Hardcover erhältlich.

 

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Donnerstag, 20.7.2023, morgens

  • 9:00 Uhr: Die Gemeinde Kleinmachnow reagiert auf die Suche nach der Löwin, hält aber beispielsweise die Kitas offen, jedoch deren Türen und Fenster geschlossen. Die Kinder dürfen nicht raus, Erwachsene sollen es nicht. Den Markthändlern empfiehlt die Gemeinde, die Stände nicht aufzubauen. Das Rathaus bleibt offen.
  • 9:22 Uhr: Eine Sprecherin des Landkreises Potsdam-Mittelmark bestätigt, dass eine Tierärztin und zwei Jäger mit Jagdgewehren vor Ort sind. Erst wenn man das Tier findet und einige Zeit beobachten kann, können die Leute vor Ort entscheiden, ob eine Betäubung möglich ist.
  • 9:30 Uhr: Die ersten kritischen Stimmen werden laut.
    Zirkusbesitzer Michel Rogall (Zirkus Rogall) hält das Tier auf dem Video nicht für einen Löwen. Er glaubt, es handele sich um einen kaukasischen Bärenhund.
  • Mehrere Experten melden sich zu Wort, unter anderem zoologische Leiter und Raubtierkuratoren von Zoos, eine ehemalige Dompteurin und ein Löwenexperte von Senckenberg. Allgemein ist die Meinung, dass die Bilder des Videos zu schlecht sind, um sicher einen Löwen zu identifizieren.
  • 11:30 Uhr: Die Polizei setzt zur Suche nach der Löwin Drohnen ein. Der Sprecher der Polizeidirektion Brandenburg-West, Daniel Keip sagte dem Focus, dass die Polizei derzeit Sichtungen überprüft und mehrere Waldstücke absucht. Dabei kann es zu kurzfristigen Absperrungen auch in der Nähe von Wohngebieten kommen.
  • 11:35 Uhr: Der Bürgermeister von Kleinmachnow, Michael Grubert, tritt vor die Presse. Er ruft die Bürger auf, zuhause zu bleiben: „Ich würde nicht joggen“, gab er ein Beispiel. Auch Kinder sollten nicht mit dem Rad rausfahren, generell gehe er aber davon aus, dass keine direkte Gefahr herrsche und die Polizei die Lage im Griff habe. Nach seinen Informationen soll die mutmaßliche Löwin nach Möglichkeit betäubt werden, nur im äußersten Notfall soll geschossen werden.

 

Welche Gefahr geht von einem Löwen aus?

Welche tatsächliche Gefahr von einem ausgebrochenen Löwen ausgeht, ist schwer einzuschätzen. Er ist ein sehr großes Raubtier und physisch jedem Menschen überlegen. Daher ist die Frage nicht, was er verursachen kann, sondern was der Löwe will.

Sein Gehege ist jedem Zoo-Löwen intensiv bekannt. Er kennt jeden Quadratzentimeter, weiß, welche Geräusche und Gerüche von außen herein kommen, weiß, welches Geräusch was bedeutet. Und er ist diese Sicherheit gewöhnt. Entkommt so ein Tier, gelangt es in unbekannte Umgebung. Ein freilebendes Tier wäre dies gewohnt, für ein Zootier ist neues Land großer Stress. Daher ist davon auszugehen, dass ein Zoo-Löwe in einer solchen Situation zunächst versucht, in bekanntes Terrain zurück zu kehren. Klappt das nicht, wird er einen Rückzugsort suchen und in der Folge das Gebiet darum erkunden. Fehlt ein solcher Rückzugsort, kann ein Löwe weit wandern. Er wird Störungen wie den Kontakt mit Menschen vermeiden. Sollte sich das nicht vermeiden lassen, wird er aggressiv reagieren.
Eine aggressive Reaktion heißt hier, dass der Löwe zunächst droht: Zähnefletschen, Fauchen, ähnlich wie bei einer ängstlichen (Haus-) Katze. Reicht das nicht, wird er auffällig und laut auf den Menschen zulaufen und mit den Vorderpfoten auf den Boden schlagen wird. In der Regel bleibt es bei Scheinangriffen, die aber auch schon heftige Verletzungen verursachen können.

Mensch ist keine Beute

Es ist eher unwahrscheinlich, dass ein Zoo-Löwe einen erwachsenen Menschen als Beute annehmen würde. Es gibt im Umfeld wesentlich einfacher zu erbeutende Tiere, von unseren Wildtieren bis zum Haushund und natürlich Nutztiere wie Schafe und Ziegen.
Leider ist zu erwarten, dass Kinder ebenfalls zu den „einfacher zu erbeutenden“ Lebewesen gehören. Daher ist es sicher nicht verkehrt, die Kinder nicht auf die Straße zu lassen.

 

Donnerstag, 20.07.2023 – Pressekonferenz

Die Gemeinde Kleinmachnow hat um 13 Uhr zu einer Pressekonferenz geladen. Dabei wurde folgendes bekannt:

  • Ein Polizeibeamter hat den Löwen in der Nacht gesehen, nachdem das Video aufgenommen wurde.
  • An der Stelle der Aufnahme des Videos haben Polizisten und Amtsveterinäre keine Blutspuren gefunden. Es habe zwar eine Spurenlage gegeben, teilt die Brandenburgische Polizeidirektion West mit, ein Wildschwein sei allerdings nicht gefunden worden. Es gibt auch keine Berichte über (weitere) Risse.
  • Der Löwe wurde nordöstlich von Kleinmachnow zuletzt gesehen. Dort suchen die Behörden weiter mit Wärmebildkameras.
  • Bis 13 Uhr ist die Löwin nicht erneut gesichtet worden.
  • Es gibt keine Informationen, woher der Löwe stammen könnte.
  • Auf Nachfrage wurde bestätigt, dass weder die Stadt Berlin noch das Land Brandenburg Löwen zur Bekämpfung der Wildschwein-Populationen einsetzen. (!!!)

Donnerstag, 20.07.2023 – am Nachmittag

  • 13:39 Uhr: Die Polizei meldet eine weitere Sichtung. Das Tier wurde erneut im Süden der Stadt in der Nähe der Grenze nach Brandenburg gesichtet.
  • 14:30 Uhr: Die Polizei und das Veterinäramt prüfen in Kleinmachnow weitere Sichtungsmeldungen aus der Bevölkerung.
  • 15:30 Uhr: Auch die nächste Meldung kommt von der Polizei. Sie sucht nach dem Tier im Nordwesten von Stahnsdorf, zwischen der Stadtautobahn A 115, dem Stolperweg und dem Staatsforst Dreilinden.
    „Wir haben inzwischen weit mehr als eine Hundertschaft der Polizei und Spezialkräfte vor Ort im Einsatz“, sagte der Polizeisprecher Daniel Keip gegenüber dem Focus.
  • 16:00 Uhr: Die NfK-Redaktion findet das Video bei Youtube auf dem Account der Bild-Zeitung. Nun liegen Originaldaten vor, die Analyse läuft.
  • 16:13 Uhr: Laut WAZ meldet die Polizei, dass sich das Tier auch in Zehlendorf befinden könnte. Später wird öffentlich, dass sich die Meldung auf den Waldfriedhof dort bezieht.
  • 16:25 Uhr: Die Polizei bittet die Bevölkerung um Mithilfe: „Wenn Sie wissen, wo das Wildtier gehalten oder sich vor dem aktuellen ‚Ausflug‘ in die Brandenburger und Berliner Natur befand, dann melden Sie sich bitte auf der nächsten Polizeidienststelle oder wählen den Notruf“, twittert ein Sprecher.
  • 16:45 Uhr: rbb meldet, dass zwei Feuerwehrleute das Tier in Kleinmachnow gesehen haben. Unklar ist, ob eine gemeinsame oder zwei getrennte Sichtungen stattgefunden haben.
  • 17:44 Uhr: Die Polizei twittert, dass die Suche im Umkreis des Waldfriedhofes Zehlendorf beendet ist: „Die Gegend wurde abgesucht. Es fanden sich keine Hinweise oder Spuren, dass das Tier sich dort tatsächlich befunden hat.“

Donnerstag, 20.07.2023 – Am Abend:

  • 19:00 Uhr: Die Polizei meldet zwei Einzelsichtungen und eine weitere bestätigte Sichtung im Laufe des Tages. Vermutlich sind darunter auch die Sichtungen, die oben unter 16:45 Uhr aufgeführt sind.
  • 19:30 Uhr: Ein Polizist sagt einem Reporter von Focus online: „Die Löwin wurde nur ein paar hundert Meter vor uns Richtung Norden erneut gesehen.“ Der Reporter steht nach eigenen Angaben in der Nähe eines Eckhauses am „Hundeauslaufgebiet Düppel“. Dieses Gebiet ist nur etwa 800 bis 1000 m von der Stelle entfernt, an der der Film gedreht wurde. Beide Punkte verbindet eine geschlossene Bewaldung, die nur durch Nebenstraßen und Fußwege unterbrochen wird.
  • Mittlerweile hat tragen viele Polizisten Maschinenpistolen. Die üblichen Polizeipistolen (Walther P6 für die Berliner Polizei sowie SIG Sauer P228 für deren Brandenburger Kollegen und für beide SFP9) verschießen einzelne Patronen des Kalibers 9 x 19 mm und sind damit wenig geeignet, einen Löwen zu stoppen.
  • 20:15 Uhr Der Rundfunk Berlin-Brandenburg rbb bringt ein Special mit dem Titel „Wilde Nummer – Löwenjagd in Berlin und Brandenburg“. Die Sendung soll etwa 15 Minuten dauern, der Rest des Programmes verschiebt sich entsprechend.
  • 20:29 Uhr Die WAZ meldet eine erneute Sichtung im Grenzgebiet zwischen Berlin und Brandenburg, ohne spezifischer zu werden.
  • 21:30 Uhr: Der Kronprinzessinnenweg entlang der A115 im Grunewald ist für die Suche und wegen möglicher Gefahr für Radfahrer und Fußgänger gesperrt.
  • 21:30 Uhr: Die Berliner Polizei meldet, dass aktuell 220 Beamte im Süden der Hauptstadt im Einsatz sind. Der Einsatz wurde für die Nacht heruntergefahren. Gleichzeitig werden vermehrt Nachtsichtgeräte und Nachtsichtdrohnen genutzt. Aktuell konzentriert sich der Einsatz auf Zehlendorf, wo die möglichen Sichtungen lokalisiert sind. „Wir werden so lange im Einsatz sein, bis das Tier gefunden ist“, sagte die Sprecherin der Berliner Polizei, Ostertag.
  • 21:45 Uhr: Redaktionsschluss beim Netzwerk für Kryptozoologie. Wir melden uns morgen früh wieder, falls nachts nichts Bedeutsames passiert. Sollte das der Fall sein, schickt mir bitte eine WhatsApp-Nachricht.

 

Warum die Polizei von einer Löwin ausgeht

Auch wenn sich die Hinweise verdichten, dass es sich nicht um eine Großkatze handelt, muss die Polizei bei so etwas vom „schlimmsten anzunehmenden Fall“ ausgehen. Sollte sich hinterher herausstellen, dass es sich nicht um einen Löwen oder Puma gehandelt hat, war der Einsatz unnötig und niemand wurde gefährdet.

 

Geht die Polizei andersrum davon aus „och, da ist nix, da hat jemand eine Hauskatze durch den Boden einer Schnapsflasche gesehen“ und da rennt tatsächlich ein Löwe rum und jemand kommt zu Schaden, ist das eine Katastrophe – gerade im Sommerloch.


Erste Hintergründe

  • Bisher (Donnerstag, 20.07.2023, 12:00 Uhr) hat noch niemand eine entwichene Großkatze gemeldet.
  • Laut Zirkusdirektor Michel Rogall hält kein Zirkus in Deutschland Löwen oder Tiger. Über Pumas in Zoohaltung ist dem NfK nichts bekannt. Diese Tiere wurden im Vergleich zu Löwen und Tigern selten als Zirkustiere gehalten.
  • Privathaltungen von Löwen, Tigern, Pumas und anderen Großkatzen sind extrem selten. Sie unterliegen hohen Auflagen, die nicht nur Gehegegröße und -gestaltung, Ausbruchsicherheit und Qualifikation der Halter angehen, sondern erfordern auch regelmäßige Kontrollen durch das Veterinäramt und Konzepte zur Tierbeschäftigung und -gesundheit. In vielen Bundesländern, so auch in Berlin sind private Haltungen dieser Tiere pauschal verboten.
  • Im Süden Berlins gibt es keinen Zoo, Tier- oder Wildpark, der Großkatzen hält. Der Zoologische Garten und der Tierpark Friedrichsfelde sind die nächsten Institutionen, die Löwen halten. In beiden Institutionen fehlt kein Löwe, zudem gibt es Konzepte zur Warnung der Bevölkerung, wenn ein solches Tier ausbricht.
  • In der Nähe der Sichtungsorte (bisher ist ja nur der Düppeler Forst bekannt), gibt es mehrere kleinere Tierhaltungen. Bis auf den Tierpark Luckenwalde hält niemand von denen größere Katzen. In Luckenwalde lebt ein Luchs-Paar.
  • Der Focus meldet unter Berufung auf das Landesumweltamt Brandenburg, dass im Bundesland 23 Löwen gemeldet sind, das schließt Zoos, Zirkusse und Privathaltungen ein. Nur drei Zoos in Brandenburg halten Löwen: Sieversdorf-Hohenofen, Eberswalde und Müncheberg. Über die genaue Zahl der Löwen in diesen Zoos konnte ich auf die Schnelle nichts herausfinden, es sind jedoch in der Summe mindestens sechs, vermutlich nicht mehr als neun Tiere. Dies bedeutet im Umkehrschluss, dass mindestens 14 Löwen in Brandenburg in privater Hand gehalten werden.

Lang ersehnt: Unsere Analyse

Eine Analyse des nur wenige Sekunden langen Videos ist erstaunlich einfach. Das Tier steht nahezu rechtwinkelig zur Kamera und wird nur halb von Gebüsch verdeckt. Andere kryptozoologische Medien sind da deutlich schlechter.

Ein echter Größenvergleich ist nicht möglich. Es gibt keine Markierung im gefilmten Bereich, die eine solche ermöglicht. Wie üblich ist auch niemand nach dem Filmen hingegangen und hat die Stelle bei Tageslicht noch einmal untersucht.

 

Ich arbeite hier mit zwei Screenshots des Videos, um auf zwei anatomische Merkmale aufmerksam zu machen, die deutlich gegen einen Löwen sprechen. Da auf den Standbildern deutlich weniger zu erkennen ist, als auf dem Video, empfehle ich dringend, sich den Clip noch einmal anzusehen:

 

Hier sind nur die ersten 14 Sekunden interessant, der Rest ist „drumherum“.

 

Los geht’s:

Auf dem Video ist die Länge des Schwanzes gut erkennbar, denn das Tier bewegt ihn deutlich sichtbar. Er endet irgendwo auf der Höhe der Oberschenkel, maximal geht er bis zum Knie (B). Löwenschwänze reichen jedoch mindestens bis zum Boden.
Da der Schwanz des Video-Tieres in einer dunklen Quaste endet, kann es auch kein – wie auch immer – verkürzter Löwenschwanz sein. Löwenschwänze haben auch eine Quaste, aber mindestens 50 cm weiter hinten / unten.

Ein ähnliches Tier mit kurzem Schwanz ist der europäische Luchs.

 

Beispielbild für einen Löwen mit sichtbarem Schwanz:

 

 

Hier ist bereits rot die Rückenlinie eines Löwen markiert. Typisch für Großkatzen ist die zwischen Schultern und Hüfte durchhängende Linie. Diese zeigt sich auch dann, wenn das Tier mit den Vorderbeinen herunter geht, hier am Beispiel eines Pumas.

 

Selbst eine kauernde Großkatze zeigt einen konkaven Rücken, nur in wenigen Situationen macht sie eine Art Katzenbuckel. Diesen macht das Tier sehr deutlich, sogar in der Bewegung, wie dieses Bild zeigt:

 

Ein Löwe oder ein Puma sind damit bereits ausgeschlossen. Es gibt Stimmen, nach denen es sich um einen Hund oder Wolf, einen Hirsch oder ein Wildschwein handeln soll.

Einige Mitglieder des Netzwerkes meinen unisono, dass es sich um eines der berühmten Berliner Stadt-Wildschweine gehandelt hat. Eine längere Diskussion mit Markus Bühler hat mich davon überzeugt: Die Schwanzlänge passt. Die „Löwin“ zeigt die schnellen, etwas linkisch wirkenden Bewegungen eines Schweines, nicht die geschmeidigen Aktionen einer Katze. Die Farbe entspricht dem Sommerfell eines Wildschweins sehr gut, ebenso der Rundrücken.

 

Wildschwein im Sommerfell
Wildschwein im Sommerfell

 

Darren Naish vom Blog Tetzoo ist der gleichen Meinung. In seinem Beitrag hat er eine positive Identifikation durchgeführt: Link zu Tetzoo


Weiterführende Links: