Das CFZ Yearbook 2020 ist erschienen

Lesedauer: etwa 5 Minuten
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CFZ-Jahrbuch 2020

Bereits zum 18. Mal, und nach einer Pause von mehreren Jahren, veröffentlicht das englische „Centre für Fortean Zoology“ sein Jahrbuch, das „CFZ Yearbook 2020“. Das Centre ist nicht unumstritten und oft sehr selbstsicher in seinen Erklärungen, also war ich auf das Jahrbuch gespannt.

In seiner Einleitung distanziert sich Jon Downes von den Kryptozoologen, die „wie Irre“ Kryptiden suchen, unter anderem Flugsaurier oder Bigfoot in Großbritannien. Bei der Kryptozoologie gehe es um reale Wesen. Das Jahrbuch selbst zeigt sich offener, es hat – wie jede Anthologie – Beiträge unterschiedlichster Qualität. Ich versuche, den Inhalt der einzelnen Aufsätze zu beschrieben.


Die Themen

Yowies at Kempsey

Mike Hardcastle: Auf einem Grundstück in New South Wales, auf dem früher einmal den Hörensagen nach Yowies (der australische Bigfoot) gesehen wurden, findet der neue Besitzer abgeknickte Äste an toten Bäumen, und die Hunde heulen zuweilen. Ein Yowie wird nicht gesehen.

 

Black Dog Lore in German Speaking Countries

Schwarzer Hund

 

Loes Modderman: Eine Sammlung von Legenden, Sichtungen und Orten, die mit dem Schwarzen Hund, Welthund, Geisterhund, Butzendhund und Teufelshund in Verbindung stehen, und zwar aus dem deutschsprachigen Raum: Deutschland, Österreich, Schweiz, Schlesien, Luxemburg. Für eine erste Übersicht ist der Beitrag ganz brauchbar, aber vielleicht wäre weniger mehr gewesen. Auch hat der Autor manche Quellen offenbar falsch verstanden, wie in dem Satz „[He] was busy mowing at Mähen“ (S. 32) oder bringt die holländische Schreibweise der Ortsnamen: Niedersaksen, Silesie.

 

The Thing at the Doorstep. Monsters in Your Backyard

Richard Freeman: Es geht um Ungeheuer nahe bei urbanen Gebieten – Vampire in Friedhöfen, Werwölfe (die Hexham-Heads wieder einmal), Beobachtungen von Yowies, Bigfoot und Seeschlangen bei Großstädten. ohne Quellenangaben und als einfache Auflistung.

 

The Zuiyu Maru Carcass is Coming to get You!

Scott Mardis: Wenn ich Mardis richtig verstanden habe, will er beweisen, dass der verrottete Kadaver, den das japanische Fischerboot 1977 vor Neuseeland aus dem Wasser zog, ein Plesiosaurier war – das trotz der Elastoidin-Proben, die – wie er zugibt, einen Hai belegen. Anderseits: Wir haben kein lebendes Material vom Plesiosaurier, er könnte also ähnliche Ergebnisse aufweisen wie ein Hai. Mardis vergleicht den Kadaver mit fossilen Schädeln, der Zeichnung der Seeschlange der „Valhalla“, 1906, und den Fotos von Flosse (1972) und Kopf (1975) von Nessie, die selbst eingeschworene Nessie-Fans für eine Überinterpretation durch zu weit gehende Bildbearbeitung (Flosse) bzw. einen Baumstumpf (Kopf) halten.

 

Caught on the Hop by Phantom Kangaroos

Karl Shuker: Ein älterer, bislang unveröffentlichter Artikel von Shuker über Känguru-Sichtungen in Nordamerika (ca. 1984). Er unterscheidet entwichene Kängurus von vierbeinigen Kängurus und solchen, die aggressiv sind und Tiere reißen (Fehldeutungen oder unbekannte Spezies). Er mutmaßt, einige entlaufene Tiere könnten in einer Art beschleunigten Evolution zu eigenen Spezies werden, manchmal innerhalb weniger Jahrzehnte.

 

The Black Woodpecker

Schwarzspecht

 

Richard George: Der Beitrag dreht sich um Sichtungen des Schwarzspechts Dryocopus martius in Großbritannien, wo er eigentlich nicht heimisch ist. Es gibt zahllose Sichtungen, aber aus ausreichend Verwechslungsmöglichkeiten. Klassische Mikrokryptozoologie, seriös und fundiert.

 

Mystery Animals of Greater Manchester

Liz Bitakaramire und Richard Muirhead: Eine Zusammenstellung von OOP-Tieren, Monstern und zoologischen Kuriositäten (Kröten im Stein, Eier stehlende Ratten) aus dem Großraum Manchester – offenbar ein Auszug aus einem längeren Werk und voller interessanter Geschichten.

 

Leviathan and the ‚Wrong Whale‘

Carl Marshall: Ein zweigeteilter Artikel: In der ersten Hälfte identifiziert Marshall den biblischen Leviathan nicht – wie Heuvelmans – als „Many-finned-Seeschlange“, sondern als mythologisches Tier; in der zweiten Hälfte argumentiert er, dass die „many humped sea-serpent“ von Heuvelmans, wie evtl. auch der „super otter“, eine noch unentdeckte Art Bartenwal mit ungewöhnlichem Fressverhalten ist, die er – analog zum right whale (Nordkaper) – Wrong Whale tauft.

 

A Lake with Three – or More – Types of Monsters

Ulrich Magin: Hier geht es um die große Zahl früher im Traunsee in Österreich gemachten Sichtungen eines „Drachens“, einer Seejungfrau und eines Krakens.

 

A Directory of Dwarves

Colin Schneider: In Tabellenform hat der Autor Zwergenbeschreibungen aus aller Welt erfasst. Ein nützliches Instrument, allerdings – wie jede solcher weltweiten Übersichten, die alleine erstellt werden – fehlerbehaftet (so führt er einen deutschen Zwerg namens „Riesengebirge“ an).

 

The Bristol Crocodile

Bob Skinner: Der Beitrag des bekannten britischen Forteaners (bekannt von seinen Arbeiten über Kröten im Stein) beleuchtet drei Krokodilsichtungen bei Bristol. Sie hatten sich 2013 und 2014 jeweils in etwa sechs Monaten Abstand ereignet. Skinner betrachtet sie unter zahlreichen Gesichtspunkten – was meldeten die Zeugen? Wie verhielt sich die Polizei? Wie die Presse? Welche Deutungsmöglichkeiten gibt es?

 

Und dazu enthält der Band ein Register für die Nummern 1 bis 5 von Richard Muirheads immer wieder äußerst lesenswerten Magazin „Flying Snake“.


Zahlreiche neue Ansichten

Die einzelnen Kapitel sind natürlich von unterschiedlicher Qualität … Ganz besonders interessant finde ich die Beiträge von Shuker, Muirhead et. al, George und Skinner. Die Spekulationen über den Kadaver der Zuiyu Maru hätte ich nicht gebraucht – aber das ist ja das Schöne an Anthologien: Mal reibt man sich am Text, mal nickt man zufrieden, mal schüttelt man ungläubig den Kopf. Aber man erhält stets originelle Einsichten und ungewohnte Blickwinkel von Autoren, deren Arbeiten nicht das bloße Resultat von Zusammenstellungen aus Internet-Seiten ist.

 

Solche liebevoll gemachte, oft mit finanziellem Risiko erstellte Bücher, decken ab, was der kommerzielle Buchmarkt nicht liefern kann. Sie verdienen unsere ganze Unterstützung. Und im Fall des Jahrbuchs des CFZ finden sich auf jeden Fall Beiträge, die den Preis wirklich lohnen.


CFZ Yearbook 2020

 

Herausgeber: Jonathan Downes, Corinna Downes, Richard Muirhead

Verlag: cfz, 2020

ISBN: 1909488623, 9781909488625

272 Seiten

Preise können aufgrund fehlender Buchpreisbindung variieren

 

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