Das Geheimnis der aufrecht stehenden Mammut-Mumien

Das Mammut ist vielleicht das Sinnbild für die Tierwelt der letzten Eiszeit. Als dritte Hauptlinie der Elefanten neben dem afrikanischen Elefanten (Loxodonta) und dem indischen Elefanten (Elephas), durchstreiften die Mammuts die Kältesteppen Eurasiens und Nordamerikas.[1]

 

Mammut - Skelett
Replik eines Mammutskeletts im Tor zur Urzeit in Brügge in Schleswig-Holstein (Foto: André Kramer)

 

Mammut-Mumien sorgen immer wieder für Schlagzeilen

Zu den spektakulärsten Funden der eiszeitlichen Megafauna gehören sicherlich Wollhaarmammuts, die noch vollständig erhalten, zum Teil sogar noch voll behaart, aus den Permafrostböden Sibiriens oder, wie in einem ganz aktuellen Fall, Kanadas, geborgen wurden. Ein mumifiziertes Mammutkalb wurde im Juni 2022 im Permafrostboden von Yukon gefunden und sorgte weltweit für Schlagzeilen.[2]

 

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20 Säugetiere aus der Urzeit 

Vom Urpferdchen bis zum Mammut

20 Säugetiere aus der Urzeit werden im gleichnamigen Buch des Wiesbadener Wissenschaftsautors Ernst Probst in Wort und Bild vorgestellt. Der Reigen der ausgestorbenen Säuger beginnt mit dem Urpferdchen Hyracotherium, das kleiner als eine Hauskatze war. Er endet mit dem relativ kleinen Elefanten namens Mammut und mit dem Wollnashorn, von dem man einen Schädelfund im Mittelalter fälschlicherweise einem Drachen zuschrieb. Mehr oder minder Exoten waren das sechshörnige Ungeheuer von Uinta, das fehlgedeutete Schreckenstier, das Huftier Chalicotherium mit Krallenfüßen, der imposante Säbelzahntiger Machairodus (Schlachtmesserzahn) und der riesige Menschenaffe Gigantopithecus. Erstaunliches erfährt man über den Bärenhund Amphicyon (zweifelhafter Hund), den Höhlenbären als Raubtier, das Pflanzen fraß, und den Höhlenlöwen, der selten eine Höhle aufsuchte. Nicht minder spannend ist die Beschreibung des nashornartigen Paraceratherium, welches als größtes Landsäugetier aller Zeiten gilt, und des Beutellöwen Thylacoleo, der seine Beute erdolchte.

 

20 Tiere der Urzeit ist im September 2021 independently von Wissenschaftsautor Ernst Probst publiziert worden. Das alleine spricht schon für Qualität. Das Buch liegt als gebundenes Exemplar, Taschenbuch und fürs Kindle vor.

 

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Dieser spektakuläre Fall ist jedoch nur einer von vielen ähnlichen Funden. So wurde zum Beispiel 1977 die Eismumie “Dima“ im sibirischen Permafrost gefunden. Das Mammutkalb war so gut erhalten, dass die roten und weißen Blutkörperchen und sogar die Proteine im Gewebe, wodurch wichtige genetische Erkenntnisse zur Verwandtschaft des Mammuts mit den anderen Elefanten möglich wurden.[3]

 

Frostmumie "Dima", Mammut baby
Abguss der Mammutmumie „Dima“ bei einer Sonderausstellung im Helms-Museum in Hamburg-Harburg Anfang der 2000er (Foto: André Kramer)

 

 

Auch ausgewachsene Mammuts, erhalten mit Haut und Haar, werden seit mehr als 300 Jahren immer wieder entdeckt. Der älteste uns vorliegende Bericht von einem gefrorenen Mammut stammt hierbei aus dem Jahr 1692. Nikolaus Witzen berichtet über einen solchen Fund während seiner damaligen Sibirienreise.[4]

 

Fragwürdige Interpretationen

Für den Evolutionskritiker Hans-Joachim Zillmer, stellen die Funde von aufrechten und mumifizierten Mammuts ein Rätsel dar, das sich nur lösen lässt, wenn man einen globalen Kataklysmus annimmt, der die Tiere von einem Moment auf den anderen schockgefroren hat. Er schreibt hierzu:

 

 

„Da die Mammuts mit Haut und Haar in aufrechter Stellung, einschließlich dem  leicht verderblichen Futter im Magen, sowie andere Tiere, die normalerweise in wärmeren Gefilden leben, mit noch erhaltenen Fleischstücken gefunden wurden und immer noch werden, kommt als Erklärung nur ein urplötzlicher Tod in Frage. Ein langsames Einfrieren durch die Verschlechterung der Umweltbedingungen (Eiszeiten) kann unter Berücksichtigung dieser Umstände völlig ausgeschlossen werden.“[5]

 

 

Diese definitive Aussage gilt es zu prüfen. Es ergeben sich mehrere Behauptungen aus diesen wenigen Sätzen, die interessant sind. Der Umstand der erhaltenen Weichteile und vor allem des Futters wären ebenso ein Hinweis auf einen plötzlichen Tod und ein plötzliches Gefrieren, wie auch die Aufrechte Haltung der Tiere. Hinzu kommt die (unausgesprochene) Annahme, all diese Tiere seien gleichzeitig durch Veränderungen der Umweltbedingungen (Eiszeit) gestorben. Hierzu muss erwähnt werden, dass Zillmer die Annahme vertritt, dass es keine Eiszeiten gab und die Erdgeschichte nur wenige Jahrzehntausende zurückreicht. In seinem Weltbild starben alle Tiere der Fossilüberlieferung, vom Dinosaurier bis zum Mammut, gemeinsam bei einer erdumspannenden Katastrophe vor wenigen Jahrtausenden aus.

 

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Mammuts: Riesen der Eiszeit

Obschon vor Jahrtausenden ausgestorben, sind die Mammuts heute jedem ein Begriff. Nicht nur ihre Größe fasziniert, sondern auch die perfekt erhaltenen Exemplare, die man gefroren im Boden der Tundra fand. Dieses Buch bietet eine so umfassende wie anschauliche Darstellung, wie diese riesige Tierart entstand, sich verbreitete und ausstarb. Nach dem großen Erfolg der ersten Auflage von 1994 wurde das Buch nun sowohl im Layout als auch im Inhalt komplett überarbeitet und auf den neuesten Stand gebracht, wobei sowohl neue Funde wie auch die Fortschritte der Genetik eine wichtige Rolle spielen.

 

Mammuts: Riesen der Eiszeit ist eines der sehr seltenen deutschsprachigen Bücher, die sich mit der eiszeitlichen Megafauna befassen – obwohl Deutschland in vielerlei Hinsicht besonders interessant ist. Das Buch ist 2009 als gebundenes Buch erschienen und hat 192 Seiten.

 

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Aber wieso stehen einige Mammut-Mumien aufrecht?

Wissenschaftler interpretieren die Mammutfunde anders als Zillmer. Über das berühmte Berjosowka-Mammut zum Beispiel schreibt Sedlag:

 

 

„Die gelegentlich gefundenen unverdauten Nahrungsreste erklären sich wohl durch Unfalltod. Das dafür besonders bekannte, 1900 an der Beresowka (ein rechter Nebenfluß der Kolyma) gefundene Mammut hatte mehrere Knochenbrüche und war wohl sehr schnell den Verletzungen erlegen, die es sich beim Sturz in eine Erd- oder Eisspalte zugezogen hatte.“[6]

 

 

Auch Zillmer führt diesen Fall an und schließt aus den Umständen, dass bei diesem Tier mehrere Knochenbrüche vorlagen und sich noch Nahrungsreste im Maul befanden, dass eine große Kraft von oben auf das Tier eingewirkt haben muss, und zwar so plötzlich und schnell, dass das Futter weder ausgespuckt noch verschluckt wurde.[7]

 

 

 

Dieses berühmte Mammutexemplar befindet sich heute als Präparat in St. Petersburg und wird auf ein Alter von 35000 Jahren datiert. Das Becken, sein rechts Schulterblatt und mehrere Rippen sind gebrochen.[8] Dies alleine schließt schon eine reine Presskraft von oben aus und deutet darauf hin, dass die Verletzungen einseitig, zum Beispiel durch einen Sturz, verursacht sind. Der erigierte Penis des Tiers deutet auf einen Erstickungstod hin.[9] Neuere Studien deuten daraufhin, dass die Knochenbrüche erst später durch einen Erdrutsch verursacht wurden, bei denen das Tier bewegt wurde.[10] Gut möglich also, dass das Tier im Schlamm stecken blieb und versunken ist. Wir kommen auf diese Möglichkeit am Ende nochmal zurück.

 

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Mit Mammut nach Neandertal: Kinder spielen Steinzeit

Hanna und Philipp werden bei einem Museumsbesuch mit den Überresten eines Mammuts konfrontiert. Diese Begegnung regt sie zu vielfältigen Spielen und Fragen zur Steinzeit an. Die zahlreichen Spielvorschläge sind vielfältig von Kindern im Kindergarten, in der Grundschule und der Orientierungsstufe mit großer Begeisterung erprobt. Ob es um das Nähen einer Steinzeitweste oder um die Lammkeule im Steinzeitbackofen geht – Langeweile kommt bei diesen Spielen nicht auf. Zu jedem Kapitel gibt es eine allgemeine, sachliche Einführung, eine Vorlesegeschichte und viele Spielanleitungen. Vorschläge für die Gestaltung eines Steinzeit-Kindergeburtstages, eines Steinzeitwochenendendes sowie Ideen für längerfristige Steinzeitprojekte in KIGA und Schule zeigen, daß die Beschäftigung mit der Steinzeit nicht nur viel Spaß macht, sondern Anregungen für heutiges gesellschaftliches und ökologisches Handeln bietet. Lebendiger kann die Vermittlung von Geschichte nicht sein.

 

Mit Mammut nach Neandertal ist bereits 1995 als gebundenes Buch erschienen und wendet sich an Kinder zwischen 5 und 16 Jahren. Es hat 128 Seiten und ist sehr ansprechend illustriert.

 

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Langsames Aussterben der Mammuts

In Zillmers vereinfachter Darstellung wird der Anschein erweckt, die Mammute starben gleichzeitig aus und er behauptet hier eine weltweite Katastrophe als Ursache. Tatsächlich aber starben sie, ebenso wie große Teile der weiteren eiszeitlichen Megafauna, über einen längeren Zeitraum hinweg aus. Kopp vermutet, dass dieses Aussterben mit dem Zurückweichen der Steppenvegetation einherging, die sich heute noch in Nord- und Zentraljakutien anzutreffen ist.[11] Durch das Abschmelzen der Gletscher kam es hierbei auch zu einem Anstieg des weltweiten Meeresspiegels, was dazu führte, dass ehemals mit dem Festland verbundene Landmassen zu Inseln wurden.

Hier konnten sich Reliktpopulationen des Mammuts für viele Jahrtausende erhalten, als ihre Verwandten auf dem Festland lange nicht mehr existierten. Auf der Nordöstlich von Sibirien gelegenen Wrangelinsel starben die letzten Mammuts gegen 2000 v. Chr. aus, auf der St. Paul-Insel, Alaska gegen 3600 v. Chr.[12] Für letztere konnte eine Untersuchung aufzeigen, dass der Hauptfaktor, der das Aussterben begünstigte, vor allem an den knapper werdenden Trinkwasserzugängen gelegen hat.[13]

 

Selbst für die Eismumien gelten unterschiedliche Sterbezeiten. Datierungen zeigen, dass diese jeweils entweder älter als 35000 Jahre sind oder  zwischen 15500 und 11500 Jahre alt.[14] Möglicherweise herrschte in diesen Zeiten ein milderes Klima, das mehr flüssiges Wasser und Schlammströme möglich machte, was eine schnelle Sedimentation und Erhaltung der Mammuts und anderer Tiere ermöglichte.

 

Trockenmumien entstehen durch einen Entzug der Flüssigkeit aus dem Körper. Wassereis kann hier ein wichtiger Faktor sein, diese Flüssigkeit gebunden zu haben.

 

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Der Bildband Fotografie der National Geographic ist 2020 erschienen und hat 400 großformatige Seiten. Er ist als gebundenes Buch erhältlich.

 

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In Tundrenlandschaften können tödliche Fallen lauern

Derartige, wärmere Zeiten, sorgten dafür, dass gefährliche Todesfallen für die eiszeitliche Megafauna entstanden. Die Tundrenlandschaft am Rande der eisbedeckten Gebiete, die so genannten Periglazialgebiete, tauten in diesen Zeiten im Sommer weiter auf als in kälteren Zeiten. Durch die Bodenkontraktion entstanden vertikale Spalten von bis zu zehn Meter Tiefe, so genannte Eiskeile,[15]  die sich beim wechselseitigen Auftauen und einfrieren mit Lehm und Sand anfüllen. Stürzt ein Tier in eine solche Spalte oder bleibt im lehmigen Untergrund stecken, so kann es zur Trockenmumifizierung und somit Erhaltung des Körpers kommen.

 

Eiskeil
Ein „Eiskeil“, ein Schnitt durch einen Permafrostgraben, fast 2 m tief und mit Loess verfüllt. Foto: Thomas Jir

 

Wer sich trotzdem noch nicht vorstellen kann, dass Mammuts in einer Lebendhaltung einfach so versterben können und uns in genau dieser Position erhalten bleiben, dem sei noch folgende eigene Beobachtung aus dem Feld nähergebracht.

 

Eiskeil-Landschaft von oben
Boden, der jedes Jahr auftaut und wieder einfriert, bildet „Frostpolygone“, die Zonen dazwischen werden später als Eiskeile gefunden.

Eine moderne Beobachtung

In einem, für mich nahegelegenem Moor lebt ein großes Damwildrudel und so befand ich mich Ende Oktober 2020 hier während der Brunftzeit auf Fotopirsch. Während ich also durch das Moor schlich, stolperte ich plötzlich geradezu über zwei Geweihschaufeln direkt vor mir und erschrak zunächst. Ein grotesker Anblick stellte sich dann ein, als ich aus dem Wasser des Moors einen Damhirschkopf herausragen sah. Das Tier stand aufrecht, aus dem halb geöffneten Maul schauten noch Gräser heraus, auf denen das Tier rumgekaut hatte. Nur die vertrockneten Augen verrieten, dass dieser Hirsch nicht mehr am Leben war.

 

Damhirschkopf
Ein in einer Wasserspalte im Moor verendeter Damhirsch

 

Wie es in die tödliche Falle geriet, in der der Tier dann vermutlich erfror, das weiß ich nicht. Zulange in dem Wasser gestanden und dann so weit eingesunken, dass es sich nicht mehr befreien konnte? Von einem Rivalen hineingestoßen? Ich kann es nicht sagen. Aber, unter den Permafrostbedingungen Sibiriens, wäre dies ein potenzieller Fall für einen weit in der Zukunft liegenden Fund des Tieres gewesen. Ohne eine urplötzliche und globale Katastrophe annehmen zu müssen.

 

Damhirschkopf
In einem Moor in Schleswig-Holstein im Oktober 2020 verendeter Damhirsch, noch mit Gräsern im Maul (Fotos: André Kramer)

 


Quellen

Graham, Russel W.; Belmecheri, Soumaya; Choy, Kyungcheol et. Al.: Timing and causes of mid-Holocene mammoth extinction on St. Paul Island, Alaska. In: PNAS Vol. 113, no. 33 16.08.2016. Auf: www.pnas.org/cgi/doi/10.1073/pnas.1604903113 gesichtet am 03.07.2022

 

Halstead, L. B.: Spuren im Stein. Das Kosmosbuch der Paläontologie. Die Suche nach den Zeugnissen vergangenen Lebens. Stuttgart: Kosmos 1983

 

Kopp, Gerald: Evolution und Lücke. Fossilien – Schatten der Vergangenheit. Norderstedt: GRIN Verlag 2016

 

Lister, Adrian; Bahn, Paul: Mammuts. Riesen der Eiszeit. 2. Auflage. Ostfilden: Jan Thorbecke Verlag 2009

 

A.: Gefrorenes Baby-Mammut im kanadischen Yukon entdeckt. Auf: https://www.derstandard.at/story/2000136910030/gefrorenes-baby-mammut-im-kanadischen-yukon-entdeckt 26.06.2022, gesichtet am 27.06.2022

 

Rothe, Peter: Allgemeine Geologie. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft 2015

 

Sedlag, Ulrich: Vom Aussterben der Tiere. Leipzig, Jena, Berlin: Urania 1983

 

Steel, Rodney; Harvey, Anthony P. (Hrsg.): Lexikon der Vorzeit. Freiburg: Herder 1981

 

Zillmer, Hans-Joachim: Darwins Irrtum. Vorgeschichtliche Funde beweisen: Dinosaurier und Menschen lebten gemeinsam. 4. Auflage. München: Herbig 2001

 


Verweise

[1] Steel; Harvey 1981, S. 186

[2] o. A. 2022

[3] Halstead 1983, S. 43

[4] Lister; Bahn 2009, S. 51

[5] Zillmer 2001, S. 108

[6] Sedlag 1983, S. 37

[7] Zillmer 2001, S. 107

[8] Lister; Bahn 2009, S. 52

[9] ebd.

[10] ebd.

[11] Kopp 2016, S. 129

[12] Graham; Belmecheri; Choi et. Al. 2016, S. 9310

[13] a. a. O., S. 9313

[14] Lister; Bahn 2009, S. 51

[15] Rothe 2015, S. 112 f.