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Das mediale Kryptiversum des Darren Naish

Vorgeschichte: Wie ich auf Darren Naish kam

Nie mehr Kryptozoologie! ..?..

Irgendwann im Sommer 2014. Jung und dumm glaubte ich damals noch, ohne die Kryptozoologie leben zu können. Ich war nicht mehr „up to date„, was in der deutschen Kryptozoologie-Community passierte. Mit Ausnahme von der ersten Live-Filmung eines Riesenkalmars durch Tsunemi Kubodera im Juli 2012, bekam ich die aktuelle Entwicklung nur noch begrenzt mit. Ich glaubte, diese Zeit ad acta gelegt zu haben.

 

Riesenkalmar
Riesenkalmar am Strand von Kommetjie (30 km nördlich vom Kap der Guten Hoffnung)

 

Aus den Augen, doch nicht aus dem Sinn

Doch dann sah ich bei Almería beim Schnorcheln meine erste Muräne. Nicht nur ihre Schönheit, die Farbenpracht und ihr allgemeines Erscheinungsbild beeindruckten mich zutiefst. Vor allem der Umstand, dass sie von einem Augenblick auf den anderen „verschwand“ (will sagen: sich versteckte) ließ meine alte, totgeglaubte Leidenschaft sofort wieder wach werden. Als wäre nichts gewesen, schaute ich mir wieder wie früher irgendwelche Dokumentationen zu etlichen kanadischen Seeungeheuern an. Und irgendwann dann kontaktierte ich Hans-Jörg Vogel.

 

Hans-Jörg, hilfsbereit, vernetzt und engagiert wie eh und je, nahm den „verlorenen Sohn“ sofort wieder in die Gemeinschaft auf. Wenig später war ich Mitglied bei der Facebook-Gruppe, in der seinerzeit einige Mitglieder des heutigen Netzwerks für Kryptozoologie sehr darauf bedacht waren, die aktuellen Ereignisse mit den Grenzen des biologisch Möglichen zu kontrastieren. Unbewusst wachten sie so darüber, dass die Diskussionen dort nicht in wilde Spekulationen über fantastische Monster ausarteten. So entwickelte sich auch eine private Konversation zu „Cadborosaurus willsi„, der angeblichen schlangenartigen Seekreatur von British Columbia. Dabei erfuhr ich von einer neuen, aber ganz konventionellen (und sehr logischen) Erklärung für die Überreste, die 1937 bei Naden Harbour in einem Pottwal-Magen gefunden wurden.

 

 

In diesem Zusammenhang fiel auch folgender Satz: „Das Problem ist, dass viele, die sich mit Kryptiden beschäftigen, keine Ahnung von Meerestieren haben und die, die Ahnung haben, sich damit nicht beschäftigen.“

So ist es meistens. Bestes Beispiel bin ich selbst. Für erstere Gruppe versteht sich. Doch zum Glück ist das nur meistens so, denn es gibt Ausnahmen. Und eine von ihnen ist Darren Naish.

 

Darren Naish
Darren Naish, 2016
Foto: Scyrene, CC-BY-SA 4.0

Wer ist Darren Naish?

Darren Naish ist Paläontologe, spezialisiert auf Wirbeltiere. Daneben ist er ein sehr umtriebiger Blogger, Organisator von Konferenzen, Zeichner (unter anderem von Dinosauriern), Podcaster, Buchautor, … und das Wichtigste, was hier interessiert: er beschäftigt sich darin auch regelmäßig mit Kryptozoologie.

Kryptozoologie aus verschiedenen Perspektiven

Zoologisch …

Und diese kommt in allen seinen Medien, die ich nun im Anschluss vorstellen werde, nicht zu kurz. Dabei argumentiert er sowohl von paläontologischer oder biologischer Seite aus. So diskutiert er die biologischen Bedingungen, die ein realer Bigfoot erfüllen müsste. Siehe hierzu: If Bigfoot were real –> https://blogs.scientificamerican.com/tetrapod-zoology/if-bigfoot-were-  

… und journalistisch

Doch betreibt Naish auch selbst durchaus kritische journalistische Recherche zu Fotos von Kryptiden. So zum Beispiel zum Foto einer gestreiften Kreatur aus Victoria, ein Klassiker der australischen Festlandkryptide. Hier fand er Indizien auf einen Schwindel: The Ozenkadnook Tiger Photo is a Hoax –> https://blogs.scientificamerican.com/tetrapod-zoology/the-ozenkadnook-tiger-photo-revealed-as-a-hoax/

 

Rilla Martin 1964
Das Rilla-Martin-Foto von 1964. Was immer es zeigt: ein Beutellöwe ist es nicht.

 

Doch der Reihe nach. Was gibt es alles von Darren Naish zu Lesen und zu hören?

Tetrapod Zoology – Blog

Fast schon ein „Klassiker“ ist der Blog Tetrapod Zoology (oder auch kurz: Tedzoo Blog). Hier berichtet Naish regelmäßig über paläontologische, zoologische und natürlich kryptozoologische Themen. Das Tedzoo-Projekt läuft seit 2006.

 

Mittlerweile ist die vierte und aktuellste Version online:

https://tetzoo.com/

 

Die Vorgängerversion, Tetrapod Zoology Version 3 bei Scientific American kann man immer noch einsehen:

https://www.scientificamerican.com/author/darren-naish/

 

Die alten Artikel von Tetrapod Zoology Version 1 gibt es mittlerweile als Buchform:

 

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Tetrapod Zoology Book One

Tetrapod Zoology Book One ist 2010 bei cfz erschienen und hat 316 Seiten in englischer Sprache. Es ist nur als Taschenbuch und nur noch antiquarisch erhältlich.

 

Mit dem Kauf über den Link unterstützt ihr den Betrieb dieser Website.

Einen Überblick über die Artikel der Tetrapod Zoology Version 2 findet ihr hier (allerdings sind die Inhalte nicht mehr aktiv)

https://scienceblogs.com/tetrapodzoology/2011/07/05/goodbye-tet-zoo-ver-2

Nicht nur Kryptozoologie

Nicht nur die kryptozoologischen Inhalte, sondern auch die paläontologischen und zoologischen Beiträge sind sehr zu empfehlen. Denn sie bringen den Laien schnell an die aktuellen akademischen Fachdiskussionen heran. Damit schlägt Tetrapod Zoology genau die Brücke, die man von einem wissenschaftsjournalistischen Blog erwartet.

Und wie gesagt: die Kryptozoologie kommt dabei nie zu kurz  (noch ein Beispiel gefällig?  –> https://tetzoo.com/blog/2019/4/27/sea-monster-sightings-and-the-plesiosaur-effect)

 

Ein Muss für jeden Kryptozoologen

Ein Muss für jeden, der sich von der Seite der Fakten her den kryptiden Phänomenen nähern will. Das soll nicht heißen, dass Naish einen allgemeinen Bash-Up mit der Kryptozoologie begeht. Viele Überraschungen erwarten einen bei dem, was er zu einzelnen Aspekten der Kryptozoologie zu sagen hat, wie man zum Beispiel an der Rezension zu Mike Williams und Rebecca Langs Buch zu den Australian Big Cats sehen kann. Siehe hier: https://blogs.scientificamerican.com/tetrapod-zoology/williams-and-langs-australian-big-cats/

Tetrapod Zoology Podcast

https://tetzoo.com/

 

Auf der aktuellen Seite des Tetrapod-Zoology-Blogs findet sich auch der Link zum Podcast, den Naish zusammen mit dem Künstler John Conway betreibt.

In den Beiträgen werden Neuigkeiten aus der Welt der Paläontologie und Zoologie vorgestellt und einzelne Inhalte dann konkreter diskutiert. Von prähistorischen Meereskrokodilen bis zu dem fragwürdigen Verhalten von Hundebesitzern an Biotopen ist alles dabei – stets präsentiert in einer unterhaltsamen, angenehmen und nie langweiligen Weise.

Leistenkrokodil
Das Leistenkrokodil war ursprünglich bis zur Südspitze Indiens beheimatet

 

Lange Gespräche, mit Höhen und Tiefen

Einziger Kritikpunkt ist vielleicht, dass der Podcast manchmal zu sehr in ein persönliches Gespräch abdriftet, bei dem man vergisst, dass viele Personen da draußen zuhören. Mich stört es jedenfalls immer, wenn in Radioprogrammen untereinander viel gelacht wird und darunter die Inhaltsvermittlung leidet. Das ist beim Tedzoo Podcast natürlich alles noch auf einer sehr geringen Stufe und daher auf keinen Fall ein Dealbreaker, aber eine Review der Präsentation würde dem Programm trotzdem gut tun. Auf der anderen Seite ist es gerade dieses Semiprofessionelle, vom “Hundertsten-ins-Tausende-Kommende”, was dem Podcast seinen ganz eigenen Charme verleiht und die Inhalte so reichhaltig macht…

… mit vielen Inhalten

Es mag am Ende dennoch Geschmacksache bleiben. Doch dabei bleibt klar: man geht bei keiner Sendung leer aus und lernt immer dazu. Und nicht nur im Bereich der Paläontologie oder Zoologie im engeren Sinne, sondern auch zu ökologischem Verhalten oder wissenschaftlichen Arbeiten im Allgemeinen.

 

 

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Ancient Sea Reptiles: Plesiosaurs, ichthyosaurs, mosasaurs and more

Während im Mesozoikum Dinosaurier an Land umherstreiften, beherrschten riesige fleischfressende Reptilien die Meere. Diese riesigen Unterwasserlebewesen haben die öffentliche Fantasie fasziniert, seit Mary Anning im frühen 19. Jahrhundert spektakuläre Reptilienskelette an der „Jurassic Coast“ von Dorset entdeckte.

Begleiten Sie den Paläontologen Darren Naish auf einer Tour zu diesen unglaublichen Tieren, von haiförmigen Ichthyosauriern und langhalsigen Plesiosauriern bis hin zu riesigen, räuberischen Mosasauriern.

Er enthüllt, wie sich diese Reptilien im Wasser bewegten, welche anatomischen Vorteile ihr Weichgewebe, ihre Haut und ihr Speck haben, wie ihre Kiefer auf Wasserbeute spezialisiert waren und welche Sinnesorgane es ihnen ermöglichten, unter Wasser zu sehen, zu riechen oder zu hören.

 

Ancient Sea Reptiles ist im Februar 2023 bei Smithsonian Books erschienen und hat 192 gebundene Seiten.

 

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Hunting Monsters: Cryptozoology and the Reality behind the myths

Und jetzt kommen wir zum Kronjuwel von Naish’s Kryptiversum. 2017 veröffentlichte er ein Buch zu den kryptozoologischen Klassikern. Alle kommen sie darin vor: Nessie, Champ, Bigfoot, Yeti, die Seeschlange …

Der Patterson-Gimlin-Film: „Almost certainly a hoax“

Patty
Zeigt der Patterson/ Gimlin Film einen Menschen im Kostüm?

 

Doch sollte man sich keine Illusionen machen. Naish ist nicht gewillt, den Kryptiden eine Existenz in der realen Welt zuzugestehen. Ein Kryptid nach dem Anderen wird konventionell weg-erklärt (mit einer Ausnahme, kein Spoiler). Naish konzentriert sich hierbei vor allem auf die physisch fassbaren Beweise. Doch dabei bleibt er immer fair. Beim Patterson-Gimlin-Film übernimmt er nicht die heute oft vorgetragene Position, dass der Film ein Schwindel sei. Das könne de facto nicht eindeutig nachgewiesen werden. Trotzdem. Der Film müsse „almost certainly a hoax“ sein, also „fast sicher eine Fälschung“. Denn Naish tötet Bigfoot auch ohne Rückruf auf eine Schwindelstory.

Das Problem: Patterson´s Filmszene fand sich schon ein Jahr vorher in einem Buch, das er selbst zu Sasquatch veröffentlicht hatte. Nur läuft die haarige Kreatur, die von dem bewaffneten Mann beobachtet wird, hier von rechts nach links anstatt von links nach rechts. Aber in ihrem Aussehen entspricht sie einer Zeichnung von Mort Künstler, die 1959 in einem Artikel von Ivan Sanderson veröffentlicht wurde. Diese zeigt wiederum ein Wesen, das William Roe 1955 gesehen haben will. Und Roes Sichtung war das erste Mal, in der Bigfoot überhaupt mit einem affenähnlichen Aussehen asoziiert wurde. Davor stand er nämlich für peripher lebende Mitglieder der First Nations.  (Naish, 2019, S. 128 – 130).

Mokele-Mbembe: überholtes Konzept vom Aussehen der Sauropoden

Auch bei anderen Kryptiden stossen wir auf diese verdächtigen Assoziationen, die auf einen menschlichen Ursprung der Legenden hindeuten. So spiegeln sich in Gestalten wie Mokele-Mbembe Vorstellungen vom Aussehen über Dinosaurier, wie sie im 19. oder gar dem 20. Jahrhundert gängig waren, aber nicht mehr dem heutigen Stand des Wissens entsprechen. (Naish, 2019, S. 165) Doch in ihrer mythologischen Inkarnation als kryptide Legenden wurden diese überkommenden Vorstellungen bis in die Gegenwart getragen.

 

Brontosaurus-Bild von Charles Knight 1897
Häufig enstpricht Mokele Mbembe dem Dinosaurierbild vergangener Zeiten, hier zwei Brontosaurier von Charles Knight, 1897

 

Creature Building vs. zoologische Fakten

Und das bringt uns zur Kernaussage des Buches: die kryptiden Erscheinungen halten den zoologischen Fakten nicht stand. Stattdessen sind das Resultat des Creature Buildings durch Autoren wie Bernard Heuvelmans oder eben Ivan Sanderon, also geistige Kreationen, welche die zoologische Realität hinter den Berichten ihren Vorstellungen anpassten. Wie ein roter Faden zieht sich die Erschaffung fiktiver Kreaturen durch die Ursprungsgeschichte kryptider Legenden. Hierbei wird übrigens auch die Arbeit der Mitglieder unseres Netzwerks zitiert. Ulrich Magins Kritik am System Heuvelmans unterstützt Naishs Argumentation genauso wie Markus Hemmlers dezidierte Untersuchung der Globster aus aller Welt, die lobende Erwähnung findet. (Ein Besuch auf Markus Hemmlers Blog lohnt sich immer: http://globsterblobsandmore.com/)

 

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Mesozoic Art: Dinosaurs and Other Ancient Animals in Art von Darren Naish

Mesozoic Art präsentiert zwanzig der besten Künstler auf diesem Gebiet, die ein breites Spektrum an Disziplinen repräsentieren, von traditioneller Malerei bis hin zu modernster digitaler Technologie. Einige stellen die Kunstwerke für neue wissenschaftliche Arbeiten zur Verfügung, die als Teil ihrer Präsentation vor der ganzen Welt hochwertige Paläokunst erfordern; Sie arbeiten auch für Unternehmen wie National Geographic und versorgen Museen auf der ganzen Welt mit Kunst, um ihre Ausstellungen zu illustrieren. Andere Künstler sind die neuen aufstrebenden Stars der Paläokunst in einem ständig wachsenden und sich immer weiter diversifizierenden Bereich.

 

Dinosaurs and other Ancient Animals in Art von Darren Naish und Steve White ist 2022 bei Bloomsbury Wildlife erschienen und hat als gebundenes Buch 208 Seiten.

 

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Von Spicer´s Nessie-Sichtung bis zu Sandra Mansis Champ-Foto

Wie gesagt: Naish geht sämtliche Klassiker der kryptozoologischen Begegnungen noch einmal durch. Wir reisen noch einmal mit dem Ehepaar Spicer an den Loch Ness zum Ort ihrer enigmatischen Sichtung im Jahr 1933 und begleiten Sandra Mansi 1977, als sie das berühmte Foto von „Champ“ macht. Naish findet für alles eine konventionelle Erklärung.

 

Selbst wenn der Autor Darren Naish heißt, eine weitere Meinung unter vielen, nicht mehr, so könnte man resümieren. Doch so einfach ist es nicht.

 

Nur eine weitere Meinung unter vielen?

Naish startet seine Argumentation von naturwissenschaftlicher Seite aus, um die Kryptiden dann als Produkt der menschlichen Phantasie zu identifizieren, die so nicht existieren können. Doch am Ende gelangen wir durch den zoologischen Faktenabgleich der kryptiden Phantomwesen an einen sozialwissenschaftlichen Standpunkt. Und das ist es, was Naish ́s Argumentation so stark macht.

 

eine ruhige Wasserfläche mit wenigen Wellen, in der Mitte ein Gegenstand unbestimmbarer Größe, aus dem ein langer Fortsatz in einem flachen Bogen nach oben geht und dort wie abgeknickt wirkt
Das als „Surgeon’s Picture“ bekannte Bild vom April 1934.

 

Nicht das Geringste an zoologischer Substanz

Naish, das merkt man beim Lesen seiner Blogeinträge, war sich anfangs selbst nicht immer so sicher, wie er sich zu den kryptozoologischen Sichtungen positionieren sollte. Manchmal erinnerten seine Schlussfolgerungen an den Erstsemester-Running-Gag – „Ich habe keine Lösung, aber ich bewundere das Problem“.

Diese Zweifel scheinen nun mit dem Buch 2017 ausgeräumt. Es sähe so aus, so heißt es darin mehr als einmal, als stecke nicht das Geringste an zoologischer Substanz hinter den klassischen Kryptiden. Stattdessen unternehmen wir eine Reise in die menschliche Phantasie, in sagenhaftes Wunschdenken, aber landen nicht bei einer unbekannten Art. Und das obwohl der Autor anfangs, selbst als „konventioneller Paläontologe“, durchaus offen auf diese Phänomene zugeht.

 

Screenshot aus dem Video
„Nicht das geringste an zoologischer Substanz“? Ein Bigfoot kreuzt einen Fluss in Michigan; Aufnahme: Eddie V.

 

 

Fazit: eine niederschmetternde Lektüre, auch für „Geläuterte“

Das Buch hat nur 240 Seiten. Doch der Inhalt ist schwer zu verdauen. Nach der Lektüre war ich doch sehr verwundert, wie hart mich Naish ́s finales Urteil über die Kryptiden-Stars getroffen hat. Ich hielt mich für „emanzipiert“ genug und glaubte, schon lange nicht mehr an Bigfoot, Yeti, Nessie oder Ogopogo zu glauben. Und natürlich schwang in der unerwarteten Katerstimmung auch der Groll mit, eventuell wertvolle Lebenszeit mit der Kryptozoologie verschwendet zu haben.

 

(Spoiler: das sehe ich heute definitiv nicht so!).

 

Doch in Wirklichkeit, so muss ich gestehen, habe ich mich selbst dabei ertappt, wie ich doch im tiefsten Inneren immer noch die Hoffnung hegte, an Nessie, Bigfoot oder Yeti könnte „etwas dran“ sein. Und Naish hatte diese Hoffnung in mir nun endgültig zunichtegemacht. Und das hat wehgetan. Ich fürchte, so wird es auch anderen Lesern so ergehen, selbst wenn sie, wie ich, sich rational schon längst von den Klassikern der traditionellen Kryptozoologie losgesagt haben.

Beutelwolf im Zoo London
Einer der Londoner Beutelwölfe. Ist die Beschäftigung mit Kryptozoologie wirklich verschwendete Lebenszeit?

 

Krypotzoologie heute?

Fest steht: die „klassische Kryptozoolgie“ ist out-of-date, wissenschaftlich überholt. Doch wie soll man als heutiger Kryptozoologe auf diese Phänomene zugehen?

Nötiger Abschied von der Methode der ersten Generation

Ich sitze hier an einem Schreibtisch weit entfernt von den Wäldern Kanadas, den Seen Schottlands oder den Hochebenen des Himalaya. Von hier aus maße ich mir nicht an, Bigfoot, Yeti oder gar Nessie wegzuerklären. Dennoch habe ich Naishs Ansatz zum Anlass genommen, mich von der Methode der Kryptozoologen der ersten Generation loszusagen. Damit meine ich vor allem das von Naish wundervoll dekonstruierte Creature Building, also das Projizieren von Artnamen mit Verbreitungsgebiet und Verwandtschaftsbeziehungen auf der alleinigen Basis von Sichtungsberichten ohne weitergehende physische Beweise.

 

… zumindest teilweise

Das heißt jedoch nicht, dass die vielen Berichte, die Heuvelmans und Co. zusammengetragen haben, heute nicht relevant sind. Diese Leute haben sehr viel Informationen gesammelt, mit der man heute immer noch arbeiten kann. Nur müssen eben die Schlussfolgerungen daraus von heute deswegen nicht dieselben sein. Generell sollte man daher anders auf diese Sichtungen zugehen.

 

… doch Ende ist nicht alle Tage …

Dann hätte die Kryptozoologie auch heute, selbst nach dem sauren Regen des zoologischen Faktenchecks, auch weiterhin eine Existenzberechtigung. Und diese befreiende Erkenntnis verdanke ich mitunter auch Darren Naish.

Links zu Naishs Post zur Kryptozoologie

Hier findet ihr eine Sammlung aller Posts, die Naish jemals zur Kryptozoologie auf Tetrapod Zoology Version 3 und 4 veröffentlicht hat (Stand: 31. Mai 2023)

 

Aufgrund des gewaltigen Umfanges der Linkliste zu „Das mediale Kryptiversum des Darren Naish“ steht diese hier zum Download bereit.


Anmerkung

Der Artikel von Ulrich Magin zum „System Heuvelmans“ , von dem weiter oben die Rede ist, wurde 1996 in der Fortean Times veröffentlicht:

 

Magin, U. (1996). „St George without a dragon: Bernard Heuvelmans and the sea serpent.“, Fortean Studies Volume 3. John Brown Publishing (London), pp. 223-234.