Die Kongo-Hominiden des Charles Cordier 3/4: Der Kakundakari

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Kakundakari – der zwergwüchsige Halbmensch

 

Der Kikomba ist also mit aller Wahrscheinlichkeit nach mit einer bekannten Tierart gleichzusetzen. Nun gilt es, herauszufinden, ob dies auch auf den zweiten Hominid, den Kakundakari, zutrifft.

 

Auch „Kakundakari“ ist lediglich einer von vielen Namen, die in den verschiedenen, lokalen Dialekten dieselbe Kreatur beschreiben. Cordier verwendete diesen Namen wie zuvor auch schon den Namen „Kikomba“ weitaus häufiger, als die alternativen Bezeichnungen. Daher wird er auch in diesem Artikel genutzt.

 

Flussufer im Kongo
Reisen in Afrika heißt in abgelegenen Gebieten meist, das Boot zu benutzen

 

Mensch und Kakundakari – Original und Karikatur?

Cordier zeichnet ein etwas detaillierteres Bild vom Kakundakari, als vom Kikomba. Laut Forth taucht dieses Kryptid auch weitaus häufiger in den Erzählungen der Einheimischen auf, als der Kikomba. So braucht es nicht zu verwundern, dass dadurch auch mehr über sein Aussehen und Verhalten bekannt ist.

 

Klein, kräftig und verhältnismäßig schwach behaart: Der Kakundakari

Während der Kikomba stets als groß beschrieben wird, ist der Kakundakari nur als winzig zu bezeichnen: So erreicht er lediglich eine Körpergröße von 2-3 Fuß (0,6-0,9m). Damit dürfte er durchschnittlich allenfalls halb so groß sein, wie der Kikomba. Auch er geht stets aufrecht.

 

Drill
Einige Affen lassen sich mit „klein, kräftig, unvollständig behaart“ ganz gut beschreiben, vor allem Meerkatzenverwandte wie dieser Drill

 

Einer von Cordiers Zeugen gab an, Jahre zuvor ein solches Wesen getötet zu haben. Er konnte den Körper daher näher betrachten. Dieser Jäger gab an, dass die Körperbehaarung des Wesens sehr kurz und insgesamt eher spärlich ist. Weiterhin sei der Bauch bleich gewesen. Ob dies auf die Farbe der Haare oder eher der Haut anspielt, ist aus dem Bericht Cordiers nicht feststellbar.

 

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Ein Sammelwerk über Wildhominiden in der Sowietunion

1957 interessierte sich der sowjetische Historiker und Sozialwissenschaftler Boris Porshnev, inspiriert von den Berichten des Yeti im Himalaya, für die Möglichkeit ähnlicher Kreaturen im damals von der Sowjetunion kontrollierten Gebiet Europas und Asiens. Er erhielt von der Sowjetischen Akademie der Wissenschaften die Erlaubnis, eine Kommission zur Untersuchung der ganzen Frage des „Schneemanns“ einzusetzen. Nachdem er einen Artikel in der Prawda geschrieben hatte, erhielt er über tausend Berichte aus der ganzen Sowjetunion, die ein konsistentes Bild einer wilden Kreatur vermittelten, die näher mit dem Menschen verwandt ist als jede bekannte Art, die in Berggebieten in ganz Asien überlebt.

 

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Einer der Zeugen gab außerdem an, dass er einmal ein Junges gesehen habe, das „ganz weiß“ gewesen sei. Er teile dies den Ältesten mit, doch sie mussten bei ihrer Rückkehr feststellen, dass das Wesen bereits verschwunden war.

 

Einigkeit herrscht auch darüber, dass der Kakundakari seiner geringen Körpergröße zum Trotz äußerst kräftig ist. So soll er sogar in der Lage sein, einen Jugendlichen von 14 Jahren zu überwältigen und fortzutragen.

 

Bwindi-Region, ist sie die Heimat des Kakundakari?
Lebt in den Kongo-Regenwäldern tatsächlich ein kleiner, zweibeinig laufender Affe?

 

Ist der Kakundakari affig, menschlich, geisterhaft?

Seltsamerweise scheinen sich die Zeugen auf ein wesentliches Detail nicht einigen zu können: Das Gesicht sieht von Zeuge zu Zeuge unterschiedlich aus.

 

Einige Zeugen beschreiben es als sehr menschlich. Dabei erwähnen sie, dass die Gesichtszüge eines (wohl ausgewachsenen) Exemplars kindlich wirkten. Andere Zeugen waren sich dagegen sicher, dass der Kakundakari das Gesicht eines Affen habe. Nach Forth sind die Zähne allerdings stets dem Menschen ähnlicher, als dem Affen.

 

Mandrill
Trifft man im Dschungel unerwartet auf einen Mandrill, kann sein Gesicht stark irritieren

 

Cordier erwähnt in seinem Bericht, dass die Einheimischen den Kakundakari fürchten. So mache es bereits krank, dieses Wesen nur anzusehen. Einem Weißen davon zu berichten, rufe dagegen noch empfindlichere Übel hervor.

 

Der Tierfänger ging daher davon aus, dass der Kakundakari durch Aberglauben zu einer Art Geistwesen stilisiert wird. Dies führt er vor allen Dingen auf regelrechte Zauberkräfte wie plötzliches Verschwinden ohne erkennbaren Fluchtweg zurück, von denen manche Zeugen sprachen.

 

Nach Leloup ist die Identifikation als Geistwesen unter den Ureinwohnern aber keinesfalls allgemein. Einige sind der Ansicht, dass es sich um einen seltenen oder beinahe ausgestorbenen Affen unidentifizierter Art handle. Andere behaupten wiederum, dass der Kakundakari ein degenerierter oder „wilder“ Mensch sei.

 

Tukan
Tukan

 

Unvollständige Kulturtechniken

Was das Verhalten des Kryptids betrifft, herrscht dann wieder weitgehende Einigkeit:

 

Er tritt stets alleine, zu zweit oder zu dritt auf; in größeren Gruppen bewegt er sich nie. Die Wesen ernähren sich omnivor mit einem besonderen Fokus auf den Krabbenfang und das Sammeln wirbelloser Tiere. Dabei setzen sie teils primitive Werkzeuge bzw. Waffen ein. Vereinzelt wird auch davon berichtet, dass sie Behältnisse mit sich führen, um ihr Sammelgut leichter transportieren zu können.

 

Die Kakundakari errichten keine eigenen Behausungen. Stattdessen suchen sie nachts in Höhlen und teils auch hohlen Baumstämmen Unterschlupf. Dann gehen sie einer seltsamen Beschäftigung nach: Sie tragen Fallholz zusammen, als ob sie ein Lagerfeuer entzünden wollten. Laut den Einheimischen beherrschen sie aber nicht die Kunst die Feuermachens, wodurch ihre Bemühungen sinnlos sind.

 

Lagerfeuer
Lagerfeuer gelten als eine der ersten Kulturtechniken

 

Es gibt noch einige weitere Details, die den Kakundakari als eine Art „unvollständigen“ Menschen erscheinen lassen. So wird weder über Schmuck noch Bekleidung berichtet. Selbst nach westlichen Verhältnissen „nackte“ Völker sind nach ihrem eigenen Verständnis bekleidet – und wenn die Bekleidung nur aus einer dünnen Schnur besteht. Auch sollen die Kakundakari nicht in der Lage sein, zu sprechen.

 

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Der winzige Fußabdruck- Stammt er vom Kakundakari?

Den Berichten der Einheimischen fügt Cordier noch eine eigene Beobachtung hinzu. Zwar konnte er keinen Kakundakari entdecken, als ihm sein Führer eine Höhle zeigte, in der die Kreaturen angeblich regelmäßig schliefen. Aber er fand einen Fußabdruck:

 

Dieser war lediglich 12 cm lang und ähnelte grundsätzlich dem eines menschlichen Kindes. Der große Zeh war länger, als man es bei einem Menschen erwarten sollte. Dafür fand er insgesamt nur vier Zehenabdrücke. Der fünfte, kleine Zeh sei – dem Hörensagen nach – beim Kakundakari atrophisch und hinterlasse daher keine Abdrücke.

 

Nun stellt sich die Frage, warum wiederum keine Fotografie des Abdrucks vorhanden ist. Dieses Mal zerstörte nämlich kein plötzliches Gewitter die Beweise. Cordier aber schweigt zu den Gründen.

 

Der Fuß des Kakundakari?
Bei einigen Affenarten ist der Großzeh stark reduziert und drückt nicht in den Boden

 

Die blonde Affen-Frau: Ein früher Bericht über den Kakundakari?

 

Diverse Zeugen Cordiers nennen dieselbe Gelegenheit, bei der sie einen Kakundakari näher betrachten konnten: Angeblich wurde 1957 zeitweise ein Exemplar in Sokomukange gefangen gehalten. Dort konnten hunderte Einheimische und einige Dutzend Weiße das Wesen beobachten, ehe es kurz darauf schließlich entkam.

 

Guereza, Erklärung für den Kakundakari
Ist der Guereza die Erklärung für einen „blonden Affen“?

 

Wenn tatsächlich auch dutzende ausländische Zeugen unter den Einheimischen waren, muss es sich um sehr schweigsame Menschen gehandelt haben: Kein Einziger von ihnen hat seine Beobachtungen an die internationale Presse weitergegeben. Weder unter den Stichworten „wildman“ bzw. „homme sauvage“ noch „apeman“ bzw. „homme-singe“ in Verbindung mit dem Datum und der Örtlichkeit lassen sich Berichte auftreiben.

 

Selbst der Ort Sokomukange taucht lediglich in einem einzigen Bericht auf – nämlich im Bericht Cordiers. Sonst scheint er heute wie vom Erdboden verschluckt zu sein, da sich nicht eine einzige Erwähnung findet. Sehr bedeutend wird er also schon damals nicht gewesen sein, was die große Zahl an Zeugen unrealistisch erscheinen lässt.

 

Eine verschollene und eine erschossene Blondine

Nicht unbedingt realistischer, aber besser dokumentiert, ist dagegen ein Vorfall, von dem der San Francisco Examiner am 12.06.1929 berichtete:

 

Demnach erklärte ein deutscher Jäger in Kamerun, dass er zwei seltsame Affen erschossen habe. Einen davon beschrieb er nicht weiter. Der andere sei weiblichen Geschlechts gewesen, habe dunkle Haut gehabt – zugleich war es aber auch blond.

 

Man spekulierte, dass es sich um ein halb-menschliches Wesen handele, das durch einen Affen und die Ehefrau des dänischen Abenteurers Louis Bertelli gezeugt wurde. Der war 1915 auf einer Expedition in den französischen Kongo verschollen. Begleitet hatte ihn unter anderem seine Ehefrau – eine blonde Schwedin.  Als letzter gesicherter Aufenthaltsort Bertellis wird Léopoldville angegeben – damals die Hauptstadt von Belgisch-Kongo , heute unter dem Namen Kinshasa Hauptstadt der Demokratischen Republik Kongo.

 

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Ziel dieser Expedition war die Klärung einer für den Leser altbekannten Frage: Existieren im Kongo Wesen, die aufrecht gehenden Affen ähneln? Cordier wäre demnach nicht der erste Europäer, der derartiges berichtete. Bertellis Suchgebiet erstreckte sich über diejenige Region, in der die Flüsse Kongo und Ubano zusammenfließen.

 

Ein Dorf von Affen(menschen)?

Gestützt wurde die abenteuerliche These vom Mensch-Tier(mensch)-Hybrid durch die Erzählungen eines Afrikaners, der aus dem Kongo nach Kamerun geflohen war.

 

Der Mann gab an, das blonde Wesen bereits 1928 erstmals gesehen zu haben. Er hatte sich im Wald verirrt und war dabei auf eine seltsame Hütten-Siedlung getroffen, deren Bewohner keine Menschen zu sein schienen: Sie erinnerten den Zeugen weitaus mehr an Affen. Er näherte sich der Siedlung aber zunächst nicht, da die Männchen gut organisiert Wache hielten.

 

In solchen Dörfern lebt der Kakundakari sicher nicht

 

Dennoch blieb er weiterhin in der Nähe der Siedlung. Einen Grund dafür gibt der Mann nicht an.

 

Einige Nächte später konnte er jedenfalls das blonde Wesen beobachten, wie es aus einer Hütte kam und sich ihm näherte. Er wollte mit der Frau sprechen, doch sie verstand keine der Sprachen, in der der Zeuge Kontakt zu ihr aufnehmen wollte. Die Geräusche, die sie von sich gab, erinnerten wiederum den Mann an eine Mischung aus Affen-Lauten und menschlicher Sprache.

 

Schließlich nahm die Affenfrau die Hand des Zeugen und führte ihn an ein Grab. Dieses öffnete sie, um ihm menschliche Überreste zu zeigen, die aus Knochen und blonden Haaren bestanden. Er folgerte daraus, dass diese Überreste von einer Person stammen mussten, die der Affen-Frau sehr wichtig gewesen sein musste. Er meinte daher, dass er am Grab ihrer Mutter stand.

 

In diesem Moment wurden sie von den männlichen Affen(menschen?) gestört. Die Frau kehrte zu ihnen zurück und der Zeuge setzte seine Reise fort.

 

Ist der Kongo-Regenwald Heimat eines kleinen Menschenaffen, des Kakundakari

 

Wo war das noch gleich?

Die ganze Geschichte erscheint recht unrealistisch – wenn man daraus nicht Schlüsse zieht, die später noch kurz erläutert werden. Insbesondere ist nicht nachvollziehbar, wohin der Leichnam der Affen-(Halb)Menschen-Frau verschwunden sein soll. Es ist doch seltsam, dass immer im entscheidenden Moment Beweise auf unbekannte Art abhandenkommen…

 

Trotzdem enthält dieser Bericht eine wichtige Information: Zwar gibt es nur wenige Berichte über Kongo-Hominiden. Cordier und Leloup haben sie aber nicht einfach erfunden – sonst wäre nicht schon Jahrzehnte zuvor über diese Wesen berichtet worden.

 

Bertelli suchte im Gebiet zwischen den Flüssen Kongo und Ubano nach den Affenmenschen. Der Fluss Kongo findet sich auf Google Maps problemlos. Vom Fluss Ubano ist dagegen keine Spur vorhanden. Möglicherweise handelt es sich um einen lokalen Namen, der inzwischen nicht mehr verwendet wird – jedenfalls sind keine Informationen zu seiner Lage auffindbar.

 

Schreiseeadler
Schreiseeadler, eine der Stimmen Afrikas

 

Unklare Örtlichkeiten: Wo lebt der Kakundakari, wo wurde die blonde Frau erschossen?

Was dagegen bekannt ist: Die blonde Frau soll in Kamerun erschossen worden sein. Der San Francisco Examiner bringt sie aber mit einem Abenteurer in Verbindung, der im Kongo (der heutigen Republik Kongo, nicht der Demokratischen Republik Kongo) verschollen war. Die Annahme, dass die beiden Gebiete verhältnismäßig nahe zueinander liegen müssen, liegt daher nahe.

 

Kamerun grenzt im Osten an den Kongo. Höchstwahrscheinlich hat Bertelli also tendenziell im Westen der heutigen Republik Kongo nach den Hominiden gesucht.

 

Dies deckt sich aber nicht mit den Schilderungen Cordiers. Der behauptete, dass die Hominiden ausschließlich im Nordosten des Belgisch-Kongo (bzw. bei seiner letzten Expedition der Demokratischen Republik Kongo) vorkommen. Da die Grenze zwischen DR Kongo und Republik Kongo im Westen verläuft, wäre die Distanz extrem groß.

 

 

 

 


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