Medienmittwoch: „Rätsel und Mysterien der Eifel“

Vor einigen Jahren, als der Journalist und Autor Michael Preute unter seinem Pseudonym Jacques Berndorf die ersten Eifelkrimis veröffentlichte und dabei den Regionalkrimi quasi erfand, kam die Eifel als „kriminellste Landschaft Deutschlands“ in alle Munde. Doch das uralte Mittelgebirge zwischen Aachen und Köln, Trier und Koblenz hat so viel mehr zu bieten, als ein paar profane Verbrechen.

 

Eifelmoor im Nebel
Eine solche Landschaft kann gar nicht ohne Mythen und Legenden auskommen

 

Vulkanisch und mythisch

Wo selbst der nüchternste Urlauber Blasen aus vulkanischen Gasen bemerkt oder den welthöchsten Kaltwassergeysir beobachten kann, da tut sich auch sagenmäßig einiges. Doch nicht nur das Wasser spielt in der Eifel verrückt. Es gibt Orte, an denen die Schwerkraft aufgehoben scheint,  so dass…

 

Die Natur und ihre Geschichten

Zumal auch die Eifler seit jeher ein besonderes Völkchen darstellen. Obwohl die Landschaft wettermäßig alles andere als bevorzugt ist – so kann es ohne große Ankündigung im Mai noch schneien -, ist sie seit den Römern von zahlreichen Völkern erobert worden, immer mehr oder weniger friedlich. Jeder Eroberer hat seine Mythen, Sagen, Personifizierungen von Träumen und Ängsten in der Eifel gelassen. Die Eifler, die die Eroberer stoisch kommen und gehen sahen, übernahmen diese Erzählungen gern. Kein Land in Deutschland ist heute noch so wunder- und abergläubisch.

Hierzu gehören vorchristliche Spuren der Megalith-Kultur ebenso wie oberflächlich christianisierte Mythen um das Grabtuch Christi, Marienvisionen und zahlreiche lokale Erzählungen. Wer möchte, kann sie als übernatürlich ansehen, Poltergeister und Gespenster fühlen sich offenbar in der abwechslungsreichen Landschaft wohl. Aber auch Außerirdische haben offenbar den einen oder anderen Reiseführer gelesen und Eschweiler oder Trier besucht.

 

Obernburg bei Manderscheid in der Eifel
Auf der Burg Manderscheid soll es 1844 noch gespukt haben, bis Arbeiter bei einer Renovierung auf eine zugemauerte …

 

Das neue Buch von Ulrich Magin

Routiniert sammelt unser Autor Ulrich Magin alle diese Geschichten. Nichts geht ohne konkreten Nachweis oder zumindest alte Literaturquellen, seien es brüllende Maare, Eismeteoriten oder Katzendiebe. Überhaupt scheint die Eifel nahezu alle in Deutschland bekannten Naturphänomene zu zeigen und noch ein paar einzigartige Dinge mehr. Magin erzählt all die Geschichten und Geschichtchen, die dahinter stehen. Hier ist es beinahe schade um die nüchterne Aufmachung des Buches. Viele der Themen hätten beim Anblick der pittoresken Eifeldörfer, vielgestaltigen Wälder, nebeligen Moore und blühenden Wiesen noch gewinnen können – schließlich gehört eine anständige Sage zu einer Landschaft. Leider hätte das den Rahmen des schon sehr umfangreichen Buches vollends gesprengt.

 

Rätsel und Mysterien der Eifel
„Rätsel und Mysterien der Eifel“ von Ulrich Magin

 

Kryptozoologische Eifel

Der Kryptozoologie widmet Ulrich Magin ein ganzes Kapitel, aber eigentlich sogar noch mehr. Wo von Aalen an Land und Kröten im Stein die Rede ist, fallen auch Werwölfe nicht weiter auf. Sie sind in der Eifel so häufig, dass ein Schild mit der Beschriftung „Werwölfe – bitte nicht füttern“ kaum besondere Beachtung gefunden hätte.

 

Weitaus realeren Hintergrund haben Erzählungen zu schwarzen Hunden und auch zu den bekannten Eifelpanthern. Letztere schaffen es regelmäßig, oft im Hochsommer, in die Zeitungen. Wo früher oft „besonders große Wildkatzen“ für Sichtungen verantwortlich gemacht wurden, gibt es heute eine andere Erklärung: In den letzten Jahren wurde der Luchs im Naturpark Eifel wieder heimisch.

 

Natürlich muss in einer berg- und waldreichen Gegend auch ein Drache vorkommen. Da viele Phänomene, von Meteoren bis Kugelblitze auf Drachen zurückgeführt wurden, gibt es entsprechend zahlreiche Berichte. Die belgische Stadt Malmédy, direkt hinter der (heute kaum sichtbaren) Grenze trägt sogar einen Drachen im Wappen. Doch auch in anderen Orten sind Drachen bis heute präsent. In Kobern-Gondorf an der Mosel schmückt ein solches Untier den Tatzelwurm-Brunnen.

 

Schwarzer Hund schwarze Katze
Geheimnisvolle Hunde und Katzen sind vermutlich so alt, wie die Besiedlung der Eifel. Doch die Yetis ist relativ jung.

 

Moment… Yetis? Eifel-Yetis? Ich bringe den Namen Eifel-Yeti immer noch mit einem groß- und mit einem eindrucksvollen Bart zugewachsenen Mineraliensammler und -händler aus der Eifel in Verbindung. Der in der Szene immer noch als fachkundiger und freundlicher Mann bekannte Händler verstarb leider viel zu früh um die Jahrtausendwende.

Doch auch mehr oder weniger reale Yetis sollen in der Eifel aufgetaucht sein, in den späten 1950ern und verstärkt in den 1970ern, dann mit nur einem Auge! Filme in den 2000ern haben sich erwartungsgemäß als Fakes erwiesen.

 

Auch die zahlreichen Seen, nicht nur die Maare, sondern auch die Talsperren scheinen von Monstern – wenn nicht gerade zu wimmeln, so dann doch regelmäßig bevölkert zu sein. Krokodile stehen ebenso auf der Liste wie (möglicherweise doch nur eingebildete) Nessies  und natürlich jede Menge Seeschlangen.

 

Man liest sich fest

Wie das bei Buchrezensionen so ist: Man hat Spaß an dem Titel, freut sich auf die Inhalte und liest dennoch nur halb mit Genuss, schließlich muss man den ganzen Kram ja besprechen. Meist führt das dazu, dass man gegen den eigenen Willen doch wieder nur diagonal liest, Teile ausfallen lässt und sich hinterher auf einzelne Teile des Buches beschränkt. Auch wenn es nicht so sein sollte und es kaum ein Rezensent zugibt: Meist ist es so.

Nicht bei diesem Buch. Ich hatte eine digitale Version zur Verfügung, so dass ich am Schreibtisch lesen musste und mir der wirkliche Lesegenuss im bequemen Sessel verwehrt blieb. Trotzdem habe ich mich immer wieder festgelesen. Dies liegt in erster Linie an Ulrichs Formulierkunst, die einen unbemerkt und unversehens in den Text saugt. Die kleinen, schwarz-weißen Bilder illustrieren und untermalen das Beschriebene, so dass der Leser mehr als nur eine vage Vorstellung von den oft ungewöhnlichen Begebenheiten bekommt. .

 

Monschau in der Eifel
Die Stadt Monschau hält das Flüsschen Rur eng umarmt – kein Wunder, dass sich das Außerirdische öfter angesehen haben sollen. Es ist ja auch wirklich hübsch hier und wer weiß, wohin sie den hier hergestellten Senf mitgenommen haben?

 

Auf einer anderen Ebene fasziniert mich noch eine ganz andere Tatsache. Ulrich schafft es immer wieder, die flüssigen und wie erzählt wirkenden Texte mit Zitaten und Quellenangaben zu unterstreichen. Nichts ist zufällig oder unbegründbar, und doch liest sich der Text so flüssig wie ein Band aus Samt, das zwischen den Fingern hindurchrinnt.

 

Fazit:

Eine klare Empfehlung!

 

Nicht nur für das Buch selbst. Es istauch ein toller Grund, mal (am besten nach dem Lockdown und frisch geimpft) in die Eifel zu fahren und dort zumindest einige der zahlreichen beschriebenen Orte aufzusuchen. Die Eifel ist schließlich keineswegs abgelegen, sondern für mehr als 8 Millionen Deutsche innerhalb von 2 h mit Auto oder öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbar.

 

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Rätsel und Mysterien der Eifel von Ulrich Magin

Das Buch Rätsel und Mysterien der Eifel ist am 12. März 2021 im Eifelbildverlag erschienen und ist für ein Taschenbuch mit 308 Seiten ungewöhnlich umfangreich.

 

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Ein kleines, aber wohl notwendiges Manko ist, dass die zahlreichen Bilder nur schwarz-weiß gedruckt sind. Die meist qualitativ guten Fotos (über die Handskizzen schweigt des Rezensenten Höflichkeit) von oft beeindruckenden Landschaften und genauso hübschen Ortschaften verdienten eigentlich eine größere, farbige Darstellung. Leider würde das schnell den Rahmen des bezahl- und realisierbaren sprengen.

 

So bleibt dann doch nur die Aufforderung: erst nachlesen, dann hinfahren und ansehen! Übrigens: In der Eifel besteht immer die Chance, dass man dem Autor über den Weg läuft. Er geht dort gerne und regelmäßig wandern. Wer daraus eine Begegnung der dritten (oder schon vierten?) Art machen möchte, kann sich ein Herz fassen und ihn auf ein Kalt- oder Heißgetränk einladen. Aber Vorsicht: man kann sich wunderbar mit ihm unterhalten und so versumpfen!

 

 

 

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