Der Elfenbeinspecht Campephilus principalis ist der zweitgrößte Specht Nordamerikas. Nur der nahe verwandte Kaiserspecht Campephilus imperialis aus Mexiko ist etwas größer. Die Zahl der Sichtungen ist in der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts eingebrochen, was erwarten lässt, dass beide Arten ausgestorben sind. Dennoch gibt es auch aus den letzten Jahren immer wieder Einzelbeobachtungen. Dies hat den Elfenbeinspecht zu einer Ikone der „Südstaaten-Kryptozoologie“ werden lassen, ein Gegenstück zum nordwestlichen Sasquatch und mit zahlreichen Parallelen zum Beutelwolf.

Anmerkung des Autors:Ich habe im Juli bereits einen Artikel über den Elfenbeinsprecht geschrieben. Anlass war damals die Aufforderung des US Fish and Wildlife Service, sich zum Aussterben des Elfenbeinspechtes zu äußern. Unter anderem der „Naturlist“ Bobby Harrison meldete sich zu Wort, der 2020 mehrfach einen Elfenbeinspecht beobachtet und auch gefilmt hat. Dies machte Schlagzeilen, die auch nach Deutschland herüber schwappten.
Daher musste schnell ein Beitrag zur aktuellen Situation her. Jetzt, 4 Monate später hat der Artikel eine andere Aktualität. Es geht nicht mehr darum, die aktuelle Situation darzustellen, sondern ihn als 2. Ikone der US-Kryptozoologie nach dem Bigfoot/ Sasquatch vorzustellen. Durch die längere Zeit für Recherche war es auch möglich, Sekundär- und Tertiärquellen zu verfolgen, so dass hier ein umfassenderes Bild des Elfenbeinspechtes entsteht, als ich im Juli zeichnen konnte. |
Der Lebensraum des Elfenbeinspechtes
Aussterben durch Kahlschlag?
Die identitätsstiftende Bedeutung des Elfenbeinspechtes in der Südstaaten-Kryptozoologie
Was ist mit dem Elfenbeinspecht auf Kuba?
Doch nicht Ausgestorben? Elfenbeinspecht-Sichtungen nach 1944
Der fragliche Vorgang
Am 17. Oktober 2020 befand sich Bobby Harrison in einem Kanu auf einer „southern Waterway“ auf dem Weg zurück zu seinem Auto. Er sah einen großen Vogel, der vor ihm flog, die Richtung änderte und dann den Kanal hinunter und aus seiner Sichtweite flog.
Er sagt, er habe sofort gewusst, dass es sich bei dem Vogel um einen Elfenbeinspecht handelte.
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Die ausgestorbenen Vögel der WeltIn den zurückliegenden knapp 400 Jahren verschwanden 135 Vogelarten und -unterarten. Über viele davon besitzt die Wissenschaft kaum verlässliche Kenntnisse. Die Ursachen für das Aussterben dieser Formen lassen sich nahezu ausnahmslos auf das Wirken anthropogener Faktoren zurückführen. Die Weltbevölkerung wächst. In vielen Teilen der Erde engen wir parallel dazu die natürlichen Lebensräume von Tieren und Pflanzen ein. Zur Zeit sind etwa 400 Vogelarten und -unterarten in ihrer Existenz mehr oder weniger stark bedroht. Trotz der Erfolge, die mancherorts im speziellen Artenschutz erzielt worden sind, kann das Aussterben einiger Formen in absehbarer Zukunft nicht verhindert werden.
Die ausgestorbenen Vögel der Welt ist im Rahmen der „neue Brehm-Bücherei“ 1995 bei Spektrum Akademischer Verlag erschienen. Es ist nur antiquarisch erhältlich, für gebrauchte Exemplare zahlt man ab 50 € aufwärts.
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Harrison sucht seit mehr als 20 Jahren in den südlichen Sümpfen nach dieser Art. Es war eine Elfenbeinspecht-Sichtung, die er 2004 mit dem ehemaligen Redakteur von Living Bird, Tim Gallagher, hatte. Sie hat eine große Suche nach dem Vogel unter der Leitung des Cornell Lab of Ornithology ausgelöst. Die offiziellen Suchbemühungen endeten Anfang 2007. Harrison hat seitdem selbst weiter nach besseren Beweisen gesucht.
Der ElfenbeinspechtDieser große Specht war eine auffällige Erscheinung. Er lebte in den Sumpf-Urwäldern der US-Südstaaten, vor allem an den Nebenflüssen am Unterlauf des Mississippi. Der Vogel wurde mit ca. 47 bis 53 cm Länge etwas kleiner als der heimische Schwarzspecht. Der Elfenbeinspecht war ein spezialisierter Bewohner des „Bottomland Hardwood forest“ vor allem in Louisiana, Mississippi und Arkansas. Mit dem vermehrten Einschlag wertvoller Hartriegel und Sumpf-Zypressen sowie dem Trockenlegen der Sümpfe für die landwirtschaftliche Nutzung verschwand er. Neben dem kontrastreichen schwarz-weißem Gefieder zeichnet er sich durch eine rote, beim Weibchen schwarze Haube aus. Charakteristisch sind die Laute „double-knock“ und „kent call“.
![]() Nach dem „ersten Aussterben“
![]() Nach dem „zweiten Aussterben“
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Ein Beweis fürs Überleben?
Bessere Beweise hat Harrison bei der Begegnung im Oktober 2020 gewinnen können. Er nahm gerade mit einer Sony-Videokamera auf, als der Vogel in sein Sichtfeld kam. Die Sichtung dauerte 9,8 Sekunden. Wie Harrison selbst zugibt, ist das Video nicht von hoher Qualität. Weil es so schnell ging, konnte er zum Beispiel den Vogel nicht heranzoomen. Er hatte nie vor, das Video zu veröffentlichen, nutzte aber die Gelegenheit, „es ein paar Leuten vom U.S. Fish and Wildlife Service (FWS) zu zeigen. Sie waren davon beeindruckt und dachten, es sei vielleicht der beste Beweis, den sie gesehen hätten.“
Der Elfenbeinspecht galt bis September 2021 als „vom Aussterben bedroht“. Bei einer Überarbeitung der „Roten Liste“ versetzte ihn der FWS auf die Liste der ausgestorbenen Tiere. Das war der Zeitpunkt für Harrison, der Agentur das Video ‚offiziell‘ zu zeigen. Er sagt, das Video sei ein „Beweis“ für das Überleben des Vogels.

Das führte zu einem vorsichtigen Umdenken des FWS. Anfang Juli 2022 überführte man den Elfenbeinspecht für sechs Monate „provisorisch“ wieder auf die Liste der „vom Aussterben bedrohten“ Tierarten. Innerhalb von 30 Tagen nimmt der FWS Stellungnahmen hierzu entgegen. Doch das reichte nicht: „Angesichts erheblicher Meinungsverschiedenheiten unter Experten über den Status der Art verlängert der Dienst die Frist, um zusätzliche Zeit für die Überprüfung der Informationen zu haben“, heißt es in einer Pressemitteilung.

Bild für Bild-Identifikation: Basisarbeit der Kryptozoologie
Harrison erstellte eine PowerPoint-Präsentation, in der er mehrere einzelne Frames des Videos erklärt. Er vergleicht die Frames mit bekannten Farbmarkierungen des Elfenbeinspechtes und ähnlichen Tieren wie dem Helmspecht, der Spießente, der Schwarzbauch-Pfeifente, der Moschusente und anderer Arten übereinstimmen. Am 18. Juli präsentierte Harrison die PowerPoint-Präsentation FWS-Beamten, die sie der öffentlichen Aufzeichnung hinzufügten.
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Eine Entscheidung, wie der Elfenbeinspecht in Zukunft gelistet wird, ist noch nicht gefallen, das „Public Hearing“, die öffentliche Anhörung läuft noch. Ob bis Ende 2022 ein Ergebnis feststeht, ist unklar.
Quellen und Links
Medenhall, Matt: Video offered as evidence of Ivory-billed Woodpecker; birdWatching Daily.com am 19. Juli 2022
A.: Proposed Rule to Delist the Ivory-billed Woodpecker Public Meeting Presentation; Webseite des US Fish and Wildlife Service vom 26. Januar 2022
A.: FWS Focus: Ivory-billed Woodpecker; Webseite des US Fish and Wildlife Service
englischsprachige Wikipedia zum Ivory-billed Woodpecker