Es gibt keine Bären in Afrika – außer nördlich der Sahara, wohin sie aus Europa eingewandert sind. Dennoch erwähnt Captain Mayne-Reid 1862 in seinem Roman: „Meister Braun, oder, Die grosse Bärenjagd“ (Band 1. Leipzig: Chr. E. Kollmann, 1862, S. 35–37) mehre Meldungen aus den Gebieten südlich der Sahara und fragt:
„Giebt es in Afrika keine Bären?“
„‚Dies ist unter den naturwissenschaftlichen Schriftstellern ein streitiger Punkt und seit den Tagen des Plinius ein solcher gewesen. Bären werden allerdings erwähnt, als seien sie unter dem Namen numidische Bären in dem römischen Circus mit vorgekommen, und Herodot, Virgil, Juvenal und Martial sprechen alle in ihren Schriften von lybischen Bären. Plinius aber leugnet hartnäckig, daß es jemals dergleichen Thiere in Afrika gegeben habe, freilich aber darf nicht unerwähnt bleiben, daß er in gleicher Weise behauptet, es habe auf dem afrikanischen Continent niemals Ziegen, Hirsche und Wildschweine gegeben, und deshalb ist seine Angabe wegen des Nichtvorhandenseins der numidischen Bären durchaus keine glaubwürdige.
Seltsamerweise ist dieser Punkt jetzt eben noch so streitig wie in den Tagen des Plinius. Der englische Reisende Bruce erklärt ganz bestimmt, daß es in Afrika keine Bären gebe. Ein anderer Engländer, Namens Salt, welcher Abyssinien bereist, erwähnt gar nichts davon, während der Deutsche Ehrenberg sagt, er habe deren in den Gebirgen Abysiniens gesehen und auch im glücklichen Arabien davon gehört. Verschiedene französische und englische Reisende – Dapper, Shaw, Poncet und Poiret – geben Zeugniß in Bezug auf die Existenz von Bären in verschiedenen Theilen Afrika’s – in Nubien, Babur und Congo.

In den Atlasgebirgen zwischen Algier und Marokko sind die Bären, wie Poiret erzählt, ziemlich häufig, und dieser Schriftsteller führt sogar mehrere Einzelheiten in Bezug auf ihre Lebensweise an. Er sagt, sie seien außerordentlich wild und fleischfressend, und die Araber glauben, sie könnten in ihren Tatzen Steine aufheben und damit nach ihren Verfolgern werfen. Er erzählt, daß ein arabischer Jäger ihm die Haut eines dieser Bären brachte und ihm auch eine Wunde an einem Bein zeigte, die davon herrühren sollte, daß das Thier, während er es verfolgte, ihn mit einem Steine geworfen! Poiret bürgt jedoch natürlicherweise nicht für die Wahrheit dieses Steinwurfes, obschon er das Vorhandensein afrikanischer Bären zuversichtlich behauptet.‘
‚Was meint denn Papa dazu?‘ fragte Iwan.
‚Daß es Bären in Afrika giebt – vielleicht in allen gebirgigen Theilen Afrika’s – in den Gebirgen des Atlas und von Tetuan aber ganz bestimmt. In der That hat ein glaubwürdiger englischer Reisender die Frage außer Zweifel gesetzt, indem er eine nähere Beschreibung dieser afrikanischen Bären giebt.
Die Naturforscher glaubten, wenn es wirklich ein solches Thier in Afrika gäbe, so müsse es derselben Gattung angehören wie der syrische Bär, obschon aber die Bären, welche in den arabischen und abysinischen Gebirgen vorkommen, höchst wahrscheinlich dieser Gattung angehören, so unterscheiden sich doch die des Atlasgebirges augenscheinlich nicht blos von den syrischen Bären, sondern auch von allen andern bekannten Gattungen.
Einer, der bei Tetuan, ungefähr fünfundzwanzig englische Meilen von den Altlasgebirgen, erlegt ward, war ein Weibchen und von geringerer Größe als der amerikanische schwarze Bär. Er war ebenfalls schwarz, oder vielmehr schwarzbraun, und ohne eine weiße Zeichnung um die Schnauze herum; unter dem Bauche jedoch war der Pelz röhlichgelb. Das Haar war zottig und vier oder fünf Zoll lang, während Schnauze, Zehen und Klauen alle kürzer waren, als bei dem amerikanischen schwarzen Bären. Der Körper war ebenfalls kürzer und stärker. Der Engländer hatte auch etwas von der Lebensweise des Thieres gehört. Die Araber sagten, in der Nähe von Tetuan träfe man ihn selten; er nähre sich von Wurzeln, Eicheln und andern Früchten, sei aber ein schlechter Kletterer.
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Es wäre in der That sehr unwahrscheinlich‘ fuhr Alexis fort, ‚daß die großen Gebirgsketten des Atlas und Abysinien ohne diese Säugethiere sein sollten, während sie in beinahe allen andern Gebirgen der Erde anzutreffen find. Ueberdies darf man nicht vergessen, daß die Bären des Himalaya-Gebirges, der großen Anden von Amerika und die der ostindischen Inseln – ja sogar der Bär des Libanon-Gebirges – auch erst seit einigen Jahren der wissenschaftlichen Welt bekannt geworden sind.
… Unsere Instructionen beziehen sich blos auf jede den Naturkundigen bekannte Bärenart …
Warum sollte es daher in Afrika nicht eine, ja vielleicht mehr als eine Species geben, obschon civilisierte Völker noch unbekannt damit find?‘
‚Aber Du sagst ja, daß wir nicht nach Afrika gehen würden.‘
‚Nein, wir werden auch nicht hingehen. Unsere Instructionen beziehen sich blos auf jede den Naturkundigen bekannte Bärenart, und der afrikanische Bär gehört nicht unter diese Kategorie, da er bis jetzt noch von keinem Naturkundigen beschrieben worden ist. Aus diesem Grunde werden wir in Afrika nichts zu suchen haben.‘
‚Dann ist also doch wohl Nordamerika unsere nächste Station?‘
‚Nein, durchaus nicht. Du weißt doch, daß es auch einen südamerikanischen Bären giebt.‘
‚Ja, den Brillenbären, wie man ihn nennt.‘
‚Ganz richtig, den Ursus ornatus. Ich glaube, wir werden sogar zwei Gattungen in Südamerika finden, obschon auch dies ein streitiger Punkt ist.‘
‚Nun, Bruder, wenn dies nun der Fall wäre?‘
‚Nun, dann würden wir beide in den Anden von Chili und Peru finden. Aber nicht in den östlichen Theilen von Südamerika.‘“
Literatur:
Reid, Mayne: Meister Braun, oder, Die grosse Bärenjagd, Band 1; Kollmann, Chicago, 1862