22. August 1879
„Der Rivale der Seeschlange.“
Ein Reptil, neun Meter lang und wahrscheinlich fünfzig Jahre alt – Eine Geschichte, bei der sich fragt, ob westliche Zeitungsleser sie glauben sollen.
Eine kürzlich erschienene Ausgabe des Cincinnati Commercial berichtet von einer gewaltigen Schlange:
Erste Erzählung 1847
Im Jahre 1847 lösten eidesstattlich versicherte Erzählungen alter und als vertrauenswürdig geltender Einwohner im nördlichen Teil des County Clermont über eine Schlange enormer Größe im dortigen „Hartman’s Mühlenteich“ große Aufregung aus.
Dieses Gewässer liegt dreieinhalb Meilen oberhalb von Williamsburg an der Ostgabelung des Little Miami River. Die Aufregung breitete sich allmählich aus, und erregte schließlich die öffentliche Aufmerksamkeit im ganzen Land.
In Batavia wurde eine von Colonel Howard und Captain J.A. Penn angeführte „Schlangenjagd- Gruppe“ organisiert, mit der Zielsetzung, das Monster zu fangen. An einem festgelegten Tag und zu einer festgesetzten Zeit versammelte sich eine riesige Menschenmenge aus allen Teilen des County, bewaffnet mit Waffen, Heugabeln, Maismessern, Knüppeln und fast jeder anderen denkbaren Waffe, an Hartman’s Mühle, die durch das Wasser des Teichs betrieben wurde.

Der Mühlteich wird abgelassen
Nachdem die Anführer die Leute entlang der Seiten des Mühlenteichs organisiert und verteilt hatten, befahlen sie, den Damm zu öffnen, um das Wasserreservoir zu leeren. Das geschah wie befohlen, aber keine Schlange erschien. Unter einem hohen vorspringenden Felsvorsprung wurde jedoch eine Aushöhlung entdeckt, deren Ausmaß nicht zu bestimmen war, deren Öffnung jedoch so groß wie ein Schweinekopf war, und sich offenbar weit in den angrenzenden Hügel hinein erstreckte. Der Müller Hartman wollte die Öffnung seines Damms nicht bestehen lassen, es sei denn, die Schlangenjäger würden das Grundstück kaufen. Das lehnten diese aber ab, und da keine Anzeichen der Schlange entdeckt wurden, löste sich die Gruppe gegen Nacht auf und ging nach Hause. Die Öffnung im Damm wurde wieder geschlossen, das Wasser stieg wieder an und bedeckte wieder die Mündung der Höhle.
Eine Weile geschah nichts mehr, die Aufregung ließ allmählich nach, und wurde im folgenden Jahr nur durch gelegentliche Berichte über die große Schlange wiederbelebt, die noch immer dann und wann in dieser Nachbarschaft gesehen wurde. Herr Hartman war in dieser Folgezeit nicht in der Lage, viel mit seiner Mühle zu tun, da die Leute – selbst diejenigen, die sich ungläubig zur Existenz der Schlange bekannten – nicht mehr zur Mühle gingen, um ihr Korn mahlen zu lassen.
Die Sichtungen sorgten für so weitreichende Verunsicherung, dass Land in der Nachbarschaft der Mühle an Wert verlor. Und ein Lagertreffen, das in der Nähe stattgefunden hatte und an dem zuvor jährlich viele hunderte Menschen teilnahmen, fand nicht mehr statt, und wurde schließlich ganz aufgegeben. Die Lokalität schien allseits gemieden zu werden.
Bis gestern nun war seit einigen Jahren nichts mehr von der Hartman-Schlange gesehen oder gehört worden.
Eine Schlange, so dick wie ein Bierfass
Col. J.A. Penn reiste in eine der nördlichen städtischen Ansiedlungen, um vor Gericht an einer Klage teilzunehmen, und als er innerhalb einer halben Meile von demselben Mühlenteich die Straße entlangfuhr, sah er auf der Nordseite der Straße, ungefähr 100 m vor ihm, etwas auf dem Boden aus dem Feld auftauchen. Er trieb sein Pferd vorwärts und ritt innerhalb von fünfundzwanzig Metern um das Objekt herum.
Dabei stellte er fest, dass es sich um eine riesige Schlange handelte, die nicht weniger als neun Meter lang und so dick wie ein Bierfass war. Sie trug ihren Kopf in einer Höhe von ungefähr 1,5 m und bewegte sich mit einer Geschwindigkeit von etwa 16 Kilometern pro Stunde. Der Oberst alarmierte sofort die Nachbarschaft, und in kurzer Zeit nahmen fünfzig Männer zu Fuß, in leichten Kutschen und zu Pferd unterwegs die Verfolgung auf. Unter den Frauen und Kindern herrschte die größte Aufregung, die sich wie ein Präriefeuer in der Gegend ausbreitete.
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Große Aufregung in Batavia
Ein Telegramm von Williamsburg an die Batavianer brachte die Stadt in größte Aufregung und Verwirrung. Die Schlange bewegte sich nach Süden und würde wahrscheinlich nahe der Stadt vorbeikommen, wenn sie ihre Route nicht änderte. Ein jeder stellte sich mit jeder Art Waffe heraus, die er bekommen konnte. Die meisten Leute fuhren in Richtung Afton und fanden dort Colonel Penn, der sein erschöpftes Pferd gegen ein frisches tauschte.
Er war zwei- oder dreimal in Sichtweite der Schlange gekommen und hatte mit seinem Revolver darauf geschossen, aber ohne erkennbare Wirkung. Die Schlange war ungefähr eine Viertelstunde zuvor vorbei gekommen und direkt durch den Hof von Hiram Sweet gekommen, von wo sie einen zweijährigen Jungen, der im Hof schlief, entführte. Colonel Penn, verstärkt durch die Batavia-Brigade, darunter Colonel Hukch, Richter Dowdney, Napoleon Bonaparte Ross, Dale Cowen und Postmeister Jameson, nahmen mit frischer Feurigkeit die Verfolgung wieder auf.
Die Schlange zieht verheerend durch das Land
Die gestaltete sich leicht, da die Schlange die Zäune entlang der Schienen nieder drückte, wo immer sie sie überquerte, und ihre Spur über die frisch gepflügten Getreidefelder sah aus wie von einem riesigen Sägeblatt geschlagen. Auf seinem Weg löste das Ungeheuer die größte Bestürzung und Verwüstung aus. Ganze Arbeitsteams ergriffen die Flucht; das Vieh auf den Farmen wurde panisch und raste über Zäune und durch die Getreidefelder, wodurch der Gegenwert von Tausenden von Dollar zerstört wurde. Die Leute rannten zu Tode erschrocken in alle Richtungen davon. Schusswaffen wurden abgefeuert, um das riesige Reptil zu erschrecken. Es schien, als wäre plötzlich das Pandemonium der Hölle losgelassen worden, doch die Verfolger blieben dem Untier weiter auf der Spur.
Bald waren die Hügel des Ohio erreicht. Der Weg der Schlange führte durch die Gemeinde Monroe und den Big Indian Creek hinunter. Ein Teil des Weges durch die Gemeinde Monroe hielt er sich direkt an der öffentlichen Straße. Der alte Simmons fuhr mit Tom Nichols in seiner Kutsche, deren Pferd, als es die Schlange näher kommen sah, scheute, den leichten Buggy umwarf und die Insassen auf die Straße schleuderte. Bevor diese noch aufstehen und aus dem Weg gehen konnten, war die Schlange aber auch schon an ihnen vorbei. Sie schlug Nichols mit ihrem Schwanz dabei so stark auf den Oberschenkel, dass er herumwirbelte und sich beim Aufprall auf den Boden das Bein brach.
Von 1000 Menschen verfolgt
Colonel Penn war zu dieser Zeit nur eine halbe Meile entfernt. Zu dieser Zeit verfolgten, brüllten, schrien und traten mindestens 1.000 Personen nach der Art von Sitting Bull und seinen Kriegern auf. An jeder Besiedlung entlang der Verfolgungsroute schlossen sich weitere Rekruten dem Zug an. Die Schlange floh den Hügel zum Indian Creek hinunter. In kurzer Zeit war sie in Sichtweite des Ohio, und nur noch knapp dahinter befanden sich der tapfere Colonel Penn und seine tapferen Männer und lauten Anhänger.
Doch sie waren etwas zu langsam. Die Schlange stürzte sich in den Ohio und verschwand in seinen schmutzigen, schlammigen Wellen. Es wird angenommen, dass ihre Fluchtroute von diesem Punkt an einen Kurs flussabwärts nahm, denn Kapitän Morgan, dessen Boot am Abend aus Cincinnati kam, sagte, er habe drei Meilen unterhalb des New Richmond etwas gesehen, was er zunächst für einen großen Baumstamm hielt, der im Fluss schwamm. Welcher beim Näherkommen aber verschwand, so dass der Kapitän mit Zufriedenheit wusste, dass es sich hierbei um die große Schlange gehandelt haben musste. William Fitzpatrick und mehrere andere Bürger von New Richmond waren an Bord und bestätigten diese Aussage.
Es besteht kein Zweifel mehr, dass die Schlange von Clermont Realität war und dass sie bis zum Ohio River gejagt wurde. Für Hiram Sweet wurde eine Spendensammlung gemacht, dessen Zäune und Ernten vom Monster schwer verwüstet wurden, und der um den Verlust seines jüngsten Kindes trauerte.
Die Tatsache sei jetzt festgestellt: Die Schlange von Clermont war kein Humbug!

Ein Bauer rückte ihr mit Nitroglycerin zu Leibe
Wir hoffen, dass Anstrengungen unternommen werden, sie zu töten, da sie zweifellos oft in ihrem neuen Lebensraum zu sehen sein wird. Es ist jetzt ziemlich sicher, dass sich diese große Schlange in der Höhle unter dem Ufer des Baches, die 1847 bei der Jagd entdeckt wurde, versteckt hatte.
Ein Bauer, dem das Land dort gehört und der ein Wohnhaus errichtet hat und der beim Setzen eines Brunnens auf ein Kalksteinbett gestoßen war, rückte diesem Felsbett mit viel Nitroglycerin zu Leibe. Dieser Brunnen ist ungefähr 420 m von der Mündung der Höhle entfernt, und etwa 15 m tief. Es wird angenommen, dass das Sprengen des Brunnens in den Fels den Unterschlupf der Schlange zerstörte und sie, wahrscheinlich aufgrund der Nähe des Brunnens zur Höhle, oder vielleicht seiner tatsächlichen Verbindung damit, erschreckte und in die Flucht trieb.