Freitagnacht-Kryptos: „Ein seltsames Tier“

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Aus der Zeitung „Mineral Point Tribune“ vom 21. April 1887

Ein seltsames Tier

Ein Korrespondent der Philadelphia Times in Hammonton, New Jersey, schreibt:

Peter Roletter lebt drei Meilen unterhalb der Stadt an der Eisenbahnlinie zwischen Camden und Atlantic City. Während eines Jagdausflugs gelang es ihm gestern nach einem harten Kampf ein Tier zu fangen. In der Erscheinung vereint es angeblich Merkmale des Nashorns, des Stachelschweins und des verwilderten Schweins von South Jersey.

 

Peter Roletter ist ein junger Mann, und Aufseher über die drei Meilen südlich in Da Costa gelegene Farm seines Vaters. In der Gegend ist er auch bekannt als Pete Relette. Manchmal wird Pete der schweren Arbeit mit Schaufel und Hacke, dem schwerfälligen Handpflug oder der Axt müde. Dann nimmt er seine Waffe und taucht mit seinen Hunden in die Einsamkeit der jersey’schen Wälder ein. Immer auf der Suche nach Wild. Für Pete spielt es dabei keine Rolle, ob gerade Jagdsaison ist oder nicht. Denn einmal im Schatten des Waldes, würde es Wild- und Gesetzeshüter überfordern, sich ihm auch nur auf Sichtweite zu nähern.

Hier in den Wäldern Jerseys soll es ein seltsames Tier geben
In den Wäldern New Jersey’s will Pete Roletter sein seltsames Tier niedergerungen haben.

Gestern Morgen bei Sonnenaufgang schüttelte er auf diese Art wieder einmal die Sorgen und Pflichten der väterlichen Farm ab. Mit seinen Hunden und seiner Waffe suchte er Erholung bei seiner Lieblingsbeschäftigung. Gegen Mittag überquerte er die May ’s Landing- Straße ungefähr acht oder neun Meilen südöstlich von hier. Von dort machte er sich auf den Weg nach Injuntown. Um dorthin zu gelangen, musste er ein niedriger gelegenes, hügeliges Land mit Straucheichen und Unterholz durchqueren, Injuntown Hills genannt. Hier in den Sandhügeln begegnete Pete seinem seltsamen wilden Tier.

Ein seltsames Tier, wie ein Schwein, aber doch anders

Als Pete bereits eine Weile in den Hügeln war, erregte ein eigenartiges Geräusch seine Neugier. Es klang einerseits wie das Grunzen eines Schweins, andererseits aber seltsam und anders als das Grunzen eines Schweins . Pete intensivierte seine Suche weiter und entdeckte das Tier bald darauf. Das dicke Unterholz ließ ihn die Kreatur zunächst tatsächlich für ein Schwein halten. So legte er seine Waffe ab und nahm eine Spule Seil aus einer Tasche seines Jagdmantels. Sein Plan war, das vermutlich entlaufene Schwein einzufangen und zuhause zu behalten, bis der Besitzer sich meldete.

Wie groß aber war Petes Überraschung, als er näher kam und das Tier sich umdrehte und ihn fixierte. Er erkannte, dass das kein Schwein war, drehte sich um und lief nach seiner Waffe. Das Tier verfolgte ihn hart auf den Fersen. Doch die Kreatur war schneller zu Fuß als Pete. Sie holte ihn lange vorher ein, und es kam zu einem lebhaften Kampf.

 

Pete wurde zu Fall gebracht und zu Boden geworfen. Was folgte, war eine undefinierbare Vermengung aus seltsamem wildem Tier und verängstigtem Menschen, die sich knackend durch die Büsche wälzte. Mit übermenschlicher Anstrengung konnte Pete aber schließlich das Tier von sich werfen und wieder auf die Füße kommen. Er schnappte sich einen Knüppel und schaffte es, das Tier mit einem gezielten Hieb von seinen Füßen zu holen. Schnell stellte er ihm einen Fuß auf den Hals, fixierte es so, und band seine Füße zusammen. Auf diese Weise war das Tier außer Gefecht gesetzt.

Größer als ein Schwein und mit langen Stacheln

Das Tier war etwas größer als das gewöhnliche verwilderte Schwein dieser Gegend. Der Körper, die Füße und die Nase waren von gleicher Form wie die normaler Schweine. Statt Haaren oder Borsten hatte es lange, scharfe Stacheln. Diese unterschieden sich von den Stacheln des normalen Stachelschweins (des amerikanischen Baumstachlers oder Urson, Anm. d. Übers.) dadurch, dass die Spitzen mit Widerhaken versehen waren. Die Nase war der einzige Teil des Tierkopfes, der der Schweinefamilie ähnelte. Die Augen und die Form des restlichen Kopfes ähnelten hingegen allgemein stärker dem Nashorn. Zu welchem Eindruck ein großes, gemein aussehendes Horn über der Nase der Kreatur beitrug. Und dem Tier das Aussehen einer Kombination aus Nashorn, Stachelschwein und Hausschwein verlieh.

Herr Roletter selbst trug im Kampf mit dem Tier starke Blessuren davon. An Gesicht und Körper durch die Stacheln verursachte ernste Kratzwunden. Daneben an einer Hand eine starke Bisswunde, ebenso wie das Horn der Kreatur eine hässliche Wunde auf seiner Stirn hinterließ.

 

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