Neben Mottenmännern, Eulenmännern und Flugsauriern gibt es durchaus auch Beschreibungen von fliegenden Kryptiden, die sich zoologisch erklären lassen. Drei, vielleicht sogar vier, Beispiele will ich heute anführen.
George Washingtons Vögel
Den Anfang macht ein berühmter Augenzeuge, der spätere amerikanische Präsident George Washington. Er bereiste 1770 den Kanawha River, einen Zufluss des Ohio, wo ihm die Fülle an Vögeln auffiel, darunter „befanden sich auch einige, deren Größe sich zwischen der eines Schwans und einer Gans bewegte; und auch ihre Farbe lag zwischen der Farbe dieser beiden Spezies; sie waren dunkler als junge Schwäne und von eher brauner Farbe: der Ruf dieser Tiere war so ungewöhnlich wie der Vogel selbst, denn nie zuvor hörte ich einen ähnlichen Laut.“

Nach dem Historiker Roger G. Kennedy sind diese Vögel bis heute unidentifiziert, er mutmaßt, es könnten „möglicherweise Reiher“ gewesen sein. (Kennedy, S. 111)

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Feldführer der Vögel NordamerikasMit 1023 Arten, über 3000 handgezeichneten Aquarellen und mehr als 750 Verbreitungskarten lässt der Feldführer der Vögel Nordamerikas keinen Wunsch eines Birdwatchers offen. Im Gegenteil, die aktuelle, 7. Auflage hat die Marke von 2,75 Millionen Exemplaren überschritten.
Durch die wunderschönen zoologischen Zeichnungen ist dieses Buch nicht nur für den Natur-Urlaub in den USA oder Kanada toll, es lädt auch zum Schmökern zuhause ein. Der National Geographic Field Guide to the Birds of North America, 7th Edition hat 592 Seiten in englischer Sprache. Er ist im September 2017 erschienen.
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Francis Walsinghams Bericht aus Texas
Kennedy ist auch die Quelle für meinen zweiten, schon viel zweifelhafteren Bericht. Der englische Seemann David Ingram berichtete dem englischen Spionagechef der Königin Elizabeth I., Sir Francis Walsingham (1532–1590), er sei 1568 an der Golfküste der späteren USA ausgesetzt worden: „Dort stieß er angeblich auf Elefanten, Flamingos, Pinguine und Indianer, die walisische Wörter verwendeten, um die Tiere zu benennen.“

Der Bericht diente der Legitimation der englischen Kolonialisierung Nordamerikas (Elizabeth I. war walisischer Herkunft, und wenn die Indianer Waliser waren, bildeten sie naturgemäß ihre Untertanen!). Es mag jedoch ein reiner Lügenbericht gewesen sein. Wichtig allerdings ist festzuhalten, dass man in 16. Jahrhundert noch nichts von den antarktischen Pinguinen wusste – das walisische Wort Pengwyn (pen – Kopf, gwyn = weiß) bezeichnete den Riesenalk.
Aber Riesenalke im US-Bundesstaat Texas – sind dort ebenso außergewöhnlich wie Pinguine … oder Elefanten! (Kennedy, S. 295)
Über das Aussterben des Riesenalkes und Sichtungen nach dem „offiziellen Aussterben“ haben wir einen ausführlichen Bericht von Natale Guido Cincinnati (Red.).
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Illustriertes Lexikon der ausgestorbenen Vögel und Säugetiere
Was er auf Reisen und in zoologischen Gärten erlebt und beobachtet hatte, fasste er in einfühlsam und leidenschaftlich formulierten Geschichten zusammen, die er von den besten Tiermalern der Zeit illustrieren ließ. Doch in der evolutionsgeschichtlich kurzen Zeit von noch nicht einmal 150 Jahren sind zahlreiche Tierarten verschwunden, deren Lebensgewohnheiten Brehm noch beschrieben hatte. Dieses Buch stellt 196 inzwischen ausgestorbene Vögel und Säugetiere in den Worten Brehms und anderer zeitgenössischer Zoologen vor. Die klassischen Texte werden durch Informationen nach dem heutigen biologischen Kenntnisstand ergänzt. Jedes Tier wird mit einer eigens angefertigten Illustration vorgestellt. Zwei große Weltkarten geben eine Übersicht über die Verbreitung aller bekannten, seit 1500 ausgestorbenen Vögel und Säugetiere. Hanna Zeckau und Carsten Aermes „Brehms verlorenes Tierleben“.
Brehms verlorenes Tierleben: Illustriertes Lexikon der ausgestorbenen Vögel und Säugetiere hat 263 Seiten und ist 2007 bei Zweitausendeins erschienen. Es ist nur als gebundenes Buch erhältlich.
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Gewaltige Albatrosse?
Ähnlich zweifelhaft sind die Albatrosse, über die ein anonymer Reisejournalist 1904 berichtete. In „Sterne und Blumen: Blätter zur Belehrung und Unterhaltung“ beschreibt er am Sonntag, den 22. Mai 1904 eine Atlantikfahrt:
„An der Südküste von Amerika bemerkten wir gewaltige Vögel von 2 bis 8 Meter Flugweite.“
Das ist selbst für einen Albatros ein bisschen viel – aber vielleicht waren es ja auch Flugsaurier (oder hat der gute Mann etwas übertrieben)?

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Die Sehnsucht der AlbatrosseZwischen uns das Meer. San Francisco, 1904: Sarah ist ein gefeierter Opernstar, doch als sie ihre Stimme verliert, scheint ihre Karriere beendet. Um wieder zu sich zu finden, beschließt sie nach Hawaii zu reisen. Während eines Sturms passiert das Unvorstellbare: Ihr Schiff sinkt. In letzter Sekunde gelingt Sarah die Rettung, sie wird von einem Segelschiff aufgenommen, das auf dem Weg ins Eismeer ist, um dort Robben zu jagen. Plötzlich muss sich Sarah in der rauen Männerwelt, die auf dem Schiff herrscht, behaupten. Doch als sie glaubt, ihre Rolle gefunden zu haben, stößt sie auf ein Geheimnis aus der Vergangenheit … Eine Frau, die nur für die Musik lebt. Ein Mann, der ohne das Meer nicht leben kann. Und eine Reise, auf der beide an ihre Grenzen kommen.
Die Sehnsucht der Albatrosse: Historischer Roman (Die Saga der Albatrosse, Band 1) hat 432 Seiten und ist 2018 im Aufbau-Verlag erschienen. Es ist als Taschenbuch, für den Kindle und als Hörbuch-Download erhältlich.
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Mein letztes Beispiel ist theoretisch berühmt, tatsächlich aber fast unbekannt. In allen Büchern zum Owlman/Eulenmann in Cornwall kann man lesen, dass er zum ersten Mal 1926 auftauchte. Sicherlich haben sich nur wenige, so wie ich, aufgemacht, um die ursprüngliche Quelle zu finden. Hier ist sie.
Die Zeitung „Cornish Echo“ berichtete am 4. Juni 1926 in der sechsten Spalte auf Seite 6:
„Jungen von fremden Vögeln angegriffen
Unangenehmes Erlebnis in der Nähe von Porthtowan – Als sie am Sonntagabend [d.h. 30. Mai] eine Straße entlanggingen, wurden zwei Burschen auf dem halben Wege zwischen Mount Hawke und Porthtowan auf etwas aufmerksam, das oben auf dem Abraum einer Mine flatterte. Der jüngere der Jungens erkletterte den Hang, um herauszufinden, was es war, und als er einen großen, anscheinend toten Vogel antraf, untersuchte er ihn. Der Junge wurde augenblicklich angegriffen und rannte zu seinem Bruder zurück, der es gerade noch schaffte, seinen Mantel über den Vogel zu werfen, um Verletzungen zu verhindern. Der Vogel entkam jedoch aus dem Mantel und griff den älteren Jungen an, der sich mit einem Stock wehrte und schließlich den Vogel erschlug, jedoch nicht ohne einen schweren Biss in die Hand zu erhalten.

Der Vogel maß 6 Fuß 3 Zoll [1,90 m] in der Länge. Er hatte einen kräftigen, spitzen Schnabel von 6 Zoll Länge [15 cm], kurze Beine, Füße mit Schwimmhäuten mit grünen und gelben Streifen und einen entenförmigen Körper. Das Gefieder war cremefarben, auf dem Rücken und auch auf den oberen Flügeldecken braun gesprenkelt, die Flügelspitzen waren schwarz. Der Vogel wies eine schwere Wunde unter dem rechten Flügel auf, die ihm zweifellos große Schmerzen bereitet und ihn aggressiv gemacht haben muss. Das Tier war in einem sehr schlechten Zustand und wurde wegen der schnellen Verwesung bald begraben. Viele Dorfbewohner sahen den Vogel, aber keiner wusste seinen Namen.“ (1)
Was war das für ein Tier?
Ein heutiger Ornithologe könnte das Tier vielleicht benennen. Mit der Länge ist sicher nicht eine Körperlänge gemeint (dann wäre das Tier zu phantastisch, um geglaubt zu werden), sondern eher die Flügelspannbreite. In dieser Größe kommen nur wenige Spezies in Frage, etwa Albatros und Pelikan, auf die die Beschreibung allerdings nicht passt. Der Riesensturmvogel (Macronectes giganteus) hat ein gesprenkeltes Gefieder, wird bis zu 80 cm lang mit einer Spannbreite von fast 2 m, lebt aber in der Antarktis – weit weg von Cornwall. Handelte es sich um einen verirrten Geier? Dem stehen die sicherlich diagnostisch relevanten Schwimmvogelfüße entgegen – deren Beschreibung als „mit grünen und gelben Streifen“ eigentlich Hinweis genug auf die Art sein müssten (ich finde aber keinen Seevogel mit geringelten Füßen). Ein Eulenmann jedoch, das muss ebenfalls deutlich gesagt werden, war er nicht.
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Vögel: Eine fotografische Liebeserklärung in PortraitsIn seinem neuen Meisterwerk widmet sich der vielfach preisgekrönte Tierfotograf Tim Flach (Equus, In Gefahr, Ganz Nah, Hunde) der Welt der Vögel. Seine Tierporträts erwecken die gesamte Komplexität des Tierreichs zum Leben; die Arbeiten im Grenzbereich von Fotografie, Kunst und Wissenschaft zeigen das Verhalten sowie die Eigenheiten der Tiere in ungesehenem Detailreichtum. Durch seine Bilder gelingt es auch, eine verlorene Verbindung mit der Natur wiederherzustellen. Wissenschaftlich begleitet wird der prachtvolle wie farbenfrohe Band von Richard Prum, Evolutionsornithologe und Professor an der Yale University.
Vögel: Eine fotografische Liebeserklärung in Porträts. Foto-Bildband Vögel der Welt ist ein hochwertiger Premium-Bildband nicht nur für Vogelliebhaber und Hobby-Ornithologen. Er ist im Oktober 2021 bei Knesebeck erschienen und hat 335 Seiten. Ein Click/ Blick ins Buch lohnt sich!
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Foto:
Quellen:
Kennedy, Roger G.: Die vergessenen Vorfahren. München: Droemer Knaur 1996
Anmerkung 1: Hier kommt der Bericht im Original:
„Boys attacked by strange birds – Unpleasant Experience near Porthtowan – While proceeding along a road on Sunday [i.e. 30 May] evening, midway between Mount Hawke and Porthtowan, two lads had their attention drawn to something fluttering on top of a mine burrow. The younger boy ascended the burrow to ascertain what it was, and on finding a large bird, appearantly dead, proceeded to examine it. This boy was instantly attacked, and ran back to his brother, who just managed to throw his coat over the bird to prevent any injuries being done. The bird, however, escaped from the coat and attacked the elder boy, who defended himself with a stick, and eventually killed the bird, but not before he had received a severe bite on the hand.
That bird measured 6 ft 3 in in length. It had a powerful pointed beak 6 in in length, short legs, full webbed feet striped with green and yellow, and a duck shaped body. The plumage was of cream colour, tingled with brown on the back, and also on the upper wing-coverts, the tips of the wing being black. Teh bird had a severe wound under the right wing, which, no doubt, had caused it much pain, and must have infuriated it. The creature was in a very poor condition, and, owing to rapid decay, was soon buried. Many villagers saw the bird, but none were able to name it.“
Könnte es sich beim Vogel in Cornwall um einen jungen Basstölpel gehandelt haben? Junge, noch nicht ausgefärbte Basstölpel sind auf der Oberseite tatsächlich braun gesprenkelt (siehe z. B. https://de.wikipedia.org/wiki/Basstölpel#/media/Datei:Northern-Gannet-10.jpg ). Die grünen und gelben Streifen an den Füßen passen zwar nicht, aber vielleicht wurde das ja falsch wiedergegeben und bezog sich eigentlich auf den Schnabel. Dazu würde auch der spitze Schnabel passen, bei Albatrossen und Sturmvögeln ist dieser ja an der Spitze gekrümmt. Laut dem Cornwall Wlíldlife Trust ( https://www.cornwallwildlifetrust.org.uk/wildlife-explorer/birds/seabirds/northern-gannet ) ist dieser dort nur auf dem Durchzug zu sehen, Brutkolonien scheint es in Cornwall keine zu geben.