Wilder Dienstag: Die grünen Juwelen des Kaiserstuhls

Lesedauer: etwa 8 Minuten
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Ein bisschen Toscana am Oberrhein

Der Kaiserstuhl mit seinen Smaragdeidechsen. Er war dereinst das Mekka meiner Kindheit. Von Vorteil ist, wenn beide Großeltern nur fünfzehn Minuten mit dem Auto von dem kleinen aber feinen Mittelgebirge vulkanischen Ursprungs entfernt leben, das mit kaum 500 Metern in Deutschlands wilden badischen Südwesten gegenüber dem Schwarzwald vor der Rheinebene thront. Der Blick über die grünen Weinterrassen erinnert an die chinesischen Reisfelder, die sandsteintönernen Dörfer in den Tälern an die Toscana Italiens. Hier liegt eine der wärmsten Regionen Deutschlands. Und das Klima weist einige regionale Besonderheiten auf. Diese begünstigen nicht nur den Weinanbau, sondern auch zahlreiche Tier-und Pflanzenarten, die man normalerweise mit dem mediterranen Lebensraum assoziiert.

Landschaft am Kaiserstuhl
Landschaft am Kaiserstuhl

Smaragdene Schätze der mediterranen Natur

Allen vor allen sind das die prachtvollen Smaragdeidechsen. Sie sind grösser als die „gewöhnlichen“ Zauneidechsen (eine Länge von 30 Zentimetern wird durchaus erreicht) und unterscheiden sich von diesen durch ihr frisches, fast leuchtendes Grün. Es gibt zwei Arten, die westliche (Lacerta bilineata) und östliche Smaragdeidechse (Lacerta viridis). Die Population am Kaiserstuhl rechnete man lange zu den östlichen Smaragdeidechsen. Doch neuere Studien ergaben, dass es sich bei ihnen um Vertreter der westlichen Smaragdeidechse handelt. (Siehe hierzu: Bühler, 2014).

Smaragdeidechse
Um welche der beiden Smaragd-Eidechsen-Arten es sich handelt, ist bei diesem Bild unklar, da es ein Stockfoto ohne Ortsangabe ist

Auch wenn Smaragdeidechsen in Deutschland insgesamt selten sind, kann man in Deutschland auch Vertreter der östlichen Smaragdeidechse finden. So zum Beispiel an den Donauhängen in Passau oder in den Niederlausitz (Nabu).

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Allgemein jedoch handelt es sich bei den deutschen Smaragdeidechsenpopulationen (neben dem Kaiserstuhl auch am Tuniberg, an der Mosel, oder eben in Passau) um „versprengte Ausläufer“ größerer, zusammenhängender Populationen der Nachbarländer oder gar Inselvorkommen (so wie an der Niederlausitz in Brandenburg), seien sie nun westliche oder östliche Vertreter (siehe hierzu: Nabu). Wärme ist dabei natürlich ein wichtiges Kriterium, doch auch Lebensraumstrukturen spielen eine entscheidende Rolle, denn sie müssen die Eiablage und Sonnenbäder begünstigen (siehe hierzu auch: Nabu).

Kapelle am Kaiserstuhl
Der Kaiserstuhl ist sicher eine der am stärksten von der Sonne verwöhnten Gegenden Deutschlands

Begegnungen mit grünen Exoten an badischen Weinbergen

Damals …

Im Kaiserstuhl sind diese Bedingungen durch das warme Klima, den weichen Lössboden und die zahlreichen Raine allesamt gegeben. Und so war es immer eine große Aufregung, diese großen, leuchtend-grünen Körper durch das hohe Gras huschen zu sehen. Immer hatte man den Eindruck, als wäre ihr Auftreten „flüchtiger“ als das der bekannten Zaun- oder Waldeidechsen. Und mit diesem Eindruck stehe ich nicht alleine.

Smaragdeidechse im Gras
Männliche Zauneidechse im Gras

Die „extrem hohe Fluchtdistanz“ haben auch andere Beobachter der Smaragdeidechsen am Kaiserstuhl bemerkt. (siehe hierzu: Bühler 2014). Es war daher besonders spannend, diesen Tieren in den „mediterranen“ Gefilden der kaiserlichen Weinberge nachzuspüren. Von Vogtsburg gibt es einen Smaragdeidechsenpfad, der durch die Weinberge führt (siehe hierzu: Bühler 2014). Doch als „Kind aus der Region“ ging man eher intuitiv an die Sache heran. Irgendwo an einer Strasse suchte man im Frühjahr und im Sommer die Raine ab. Und fast immer hatte man Glück – das laute Rascheln verriet die südlichen Grünlinge schnell. Und der Tag hatte sich mal wieder gelohnt.

Aktuell. Kirschblüte
Die Kirschblüte am Kaiserstuhl ist sehenswert

… und heute

Das war vor 28 Jahren. Doch wie sieht es heute aus? Die familiären Umstände wollten es, dass es mich diese Ostern wieder an die Region um den Kaiserstuhl verschlug. Zeit war auch da, und so wolle man „seine alten Plätze“ nochmal kontrollieren. Kalt wehte der Wind an diesem vierten April 2023. Die Sonne schien, doch wenig Hoffnung bestand auf eine Begegnung mit diesen spektakulären Reptilien. Zu kalt, zu früh, so das erste Urteil. So genoss man wenigstens das sonnige Wetter in der schönen Umgebung.

Libelloides coccajus, die Libellen-Schmetterlingshaft
Libelloides coccajus, die Libellen-Schmetterlingshaft. Auch sie profitieren von den warmen und trockenen Geröllfeldern des Kaiserstuhls

Expect the Unexpected!

Doch wie lautet bei der Pirsch immer die Devise?… Ach ja genau, „Expect the unexpected!“. Und dann, nur wenige hundert Meter oberhalb einer Rebstrasse, an einer wind- und wettergeschützten Stelle, bewegte sich vor meinen Füssen plötzlich etwas im Gras. Und siehe da! Eine junge Smaragdeidechse machte sich direkt vor meinen Augen aus dem Staub, Schutz in einer kleinen Steinhöhle suchend. Fast betäubt von unserem Glück rieben wir uns alle die Augen. Doch das Wichtigste war die Gewissheit: es hatte sich nichts verändert! Die Smaragdeidechsen ziehen nach wie vor durch die Gräser am Kaiserstuhl.

 

Und am Ende zeigte sie sich doch! Eine junge Smaragdeidechse, offenbar beim Geniessen der ersten frühlinglichen Sonnenstrahlen nach einem langen Winterschlaf. Das Foto schossen wir mit einer kleinen Digital-Kamera. Aber immerhin! Das leuchtende Grün ist darauf deutlich zu sehen.

 

Das ist ein schöner Umstand, und so soll es auch bleiben! Wir wollten daher die streng geschützte Art nicht weiter stören und verließen den Ort des Geschehens. Doch was für eine Freude, als sie uns dann abermals mit ihrem Auftritt beglückte! Skeptisch die Umgebung beäugend huschte sie von Stein zu Stein, hin- und wieder in eine Höhle eintauchend, dann wieder zwischen den Blättern erscheinend. Das leuchtende Grün grenzte soch dabei klar von dem steinigen und blättrigen Hintergrund ab. Ein wahrer Schatz der Natur, dem wir nun endgültig seine Ruhe lassen wollten, und so machten wir uns freudig aus dem Staub. Es war wirklich etwas ganz Besonderes, dieser jungen Smaragdeidechse beim Einfangen der ersten frühlinglichen Sonnenstrahlen zuzusehen.

Wilde Orchidee
Eine der vielen wilden Orchideen in diesem einzigartigen Lebensraum (Orchis pyramidalis?)

Die Natur am Kaiserstuhl bitte mit Achtsamkeit genießen!

Und so möge es auch bleiben. Ich bitte daher Jedem, der den Kaiserstuhl seiner tierischen „Exoten“ wegen zu recht besucht, ihnen mit den nötigen Vorkehrungen zu begegnen, damit die Beobachtungen die natürlichen Vorgänge nicht beeinflusst. Denn so garantiert man nicht nur ihr Fortbestehen, sondern hat auch die beste Garantie für die Beobachtung von naturnahem Verhalten. Dennoch kann ich Naturfreunden den Kaiserstuhl nur wärmstens empfehlen.

Übernachtungsmöglichkeiten in Form von Hotels und Pensionen gibt es im nah gelegenen Balingen und Riegel (zum Beispiel Gasthof- Hotel Kopf) genug, Cafés und Restaurants auch. Der Kaiserstuhl ist gut mit dem Auto zu erreichen. Doch finden sich auch Wanderpfade.

In einigen Orten, so zum Beispiel in Schelingen gibt es eine Karte am Straßenrand. Doch auch im Internet könnt ihr euch einen Überblick über die Pfade verschaffen.

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Die Burg des Zwergenkönigs

Die Sagen aus dem Rheinisch-Bergischen Grenzgebiet um Solingen und Leverkusen  berichten nicht selten von ungewöhnlichen, seltsamen, oft beunruhigenden Dingen, Gestalten oder Vorgängen. Sagenspezialist Ulrich Magin hat sie in der „Burg des Zwergenkönigs“ zusammengetragen. Ihre Protagonisten – die Erzähler und die ihn bedrohenden übernatürlichen Wesen werden den Leser mit ihren Heldentaten begeistern.

Die Burg des Zwergenkönigs ist im Mai 2023 im Sequoia Verlag als Paperback erschienen. Das Buch hat 136 reich illustrierte Seiten im Format 24 x 17 cm und kostet € 15,-

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Wanderpfade im Internet

Bienenfresser
Der Kaiserstuhl ist einer der wenigen Orte in Deutschland, die für ihre Bienenfresser bekannt sind.

 

Bienenfresser am Kaiserstuhl

Neben den Smaragdeidechsen ist der Kaisterstuhl übrigens auch ein Hotspot für Bienenfresser. Genauere Informationen findet ihr hier:

 

Mehr Informationen zur Fauna am Kaiserstuhl und Smaragdeidechsen im Bestiarium und beim Nabu

Ich bin übrigens nicht das einzige Netzwerkmitglied, das am Kaiserstuhl zwecks der Smaragdeidechsen zugange war. Auch Markus Bühler ist mit dem Kaiserstuhl vertraut und hat seine Naturerlebnisse in einem sehr informativen und lesenswerten Erfahrungsbericht auf seinem Blog veröffentlicht:

Und wer sich generell über die Smaragdeidechsen ein wenig informieren möchte, der kann die Website des Bundes für Naturschutz Deutschland (Nabu) besuchen:

2 Replies to “Wilder Dienstag: Die grünen Juwelen des Kaiserstuhls”

  1. Hallo,

    Bei Bild Nr 4 (Smaragdeidechse im Gras) handelt es sich in der Tat um eine männliche Zauneidechse (Lacerta agilis).
    Durch die in der Paarungszeit leuchtend grünen Flanken, durch weniger fachkundige, gerne mit Lacerta bilineata/viridis verwechselt.

    Mit freundlichen Grüßen,

    A.Speyer

  2. Lieber Herr Speyer,
    Vielen Dank für diesen Kommentar. Ich weiss, dass es sich bei Bild 4 um eine männliche Zauneidechse handelt. Doch habe ich beim Korrekturlesen diese Bildunterschrift übersehen und sie nicht korrigiert. Mein Fehler, sorry. Vielen Dank für diesen Hinweis – wir haben das natürlich umgehend korrigiert. Keine Frage, Bild 4 ist eine männliche Zauneidechse.

    Viele Grüsse und danke,
    Peter

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