Kryptozoologische Presseschau 02/2021

Lesedauer: etwa 19 Minuten
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Liebe Leserinnen und Leser,

 

Die erste Jahresplanung des Netzwerkes für Kryptozoologie (NfK) ist online. Aufgrund der noch nicht absehbaren Entwicklung der Corona-Pandemie können wir nur absichtsweise planen und noch keine fixen Termine rausgeben. Hier ist nachzulesen, was wann stattfinden soll.

 

Viele Kurzmeldungen gibt es diese Woche. Wir konnten einiges sammeln, das der Meldung wert ist, aber für eine Langmeldung dann doch zu wenig. Anderes ist unter dem Radar durchgeflutscht, so wie die Schlange, deren Natternhemd man zu Silvester in einem Wohnhaus in Bochum fand. Die Suche wurde nun erfolglos aufgegeben, die Schlange hat sich nicht gemeldet, auch in Mehl und an den Klebestreifen waren keine Spuren zu finden. Ein mulmiges Gefühl bleibt.

 

Eines der Hauptthemen diese Woche sind mal wieder die Wale. Kaum haben wir uns nach der Entdeckung einer unbekannten Schnabelwalart vor Niederkalifornien im Dezember „erholt“, kommt die Erstbeschreibung einer weiteren Wal-Art auf den Tisch. Und was für ein Wal: Balaenoptera ricei misst mal eben 12 m und mehr. Aus gut informierten Kreisen hat die Redaktion erfahren, dass weitere Wal-„Formen“ in den Meeren nur darauf warten, als eigene Arten beschrieben zu werden. Wir bleiben am Ball.

 

Ähnlich spannend ist die Abstammung des Dire-Wolfs. Bei dem massigen Caniden ist man bisher wie selbstverständlich davon ausgegangen, dass er aus der selben Linie stammt wie der Grauwolf Canis lupus. Jetzt sagt die molekulare Uhr etwas völlig anderes und sogar die Stellung in der Gattung Canis ist für dirus nicht mehr sicher.

 

Mit dem Titelbild, einem nahezu weißen Elch, haben wir ein echtes Kryptid in der Presseschau. Seit langem sind sie gerüchteweise bekannt, es gab auch schon Fotos, aber so, wie der Nikon-Markenbotschaftler und Nat-Geo-Fotograf Roger Brendhagen ihn auf den Chip gebrannt hat… Da bekommt man richtig Lust auf Urlaub im norwegisch-schwedischen Grenzland. Trotz der Mücken…

 

In diesem Sinne: Viel Spaß beim Lesen und bleibt gesund – anders wär‘ nämlich schlecht!

 

Eurer / Ihr

 

Tobias Möser


Die Meldungen im Einzelnen:

Die Zahl der Schweinswale in den deutschen Meeren nimmt ab

Hafen-Schweinswal
Hafen-Schweinswale sind die kleinsten und häufigsten Wale in Nord- und Ostsee

Die Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover hat eine Studie veröffentlicht, nach der zwischen 2006 und 2019 die Zahl der Schweinswale jährlich um 1,8% gefallen ist. Mitautorin der Studie Anita Gilles sagte gegenüber dem Nachrichtenportal n-tv: „Der Trend, den wir hier sehen, ist besorgniserregend.“ Die Gründe hierfür müssten näher erforscht werden, in Frage kommen Effekte aus Schifffahrt, Fischerei sowie Bau und Betrieb von Offshore-Windparks.  „Wahrscheinlich ist es eine Mischung aus verschiedenen Ursachen und kumulativen Effekten“, so Gilles weiter.

 

Möglicherweise sinkt die Population der Schweinswale aber auch ausgerechnet aufgrund der Erfolge des Naturschutzes. Deutschlands kleinster Wal steht nämlich regelmäßig auf dem Speiseplan von Deutschlands größtem Raubtier: der Kegelrobbe. Und deren Bestände haben in den letzten Jahren ausgerechnet dort stark zugenommen, wo die größten Rückgänge der Schweinswal-Population gemessen werden.

 

pdf der Studie zum Download


Und direkt dazu die nächste Meldung:

Geburtenrekord bei den Kegelrobben auf Helgoland

Kegelrobben auf Düne bei Helgoland
Kegelrobben am Strand von Düne, der Nachbarinsel von Helgoland

Helgoland meldet einen weiteren Rekord. Nachdem die Zahl der Geburten von Deutschlands größtem Raubtier stetig zunahm, haben sie in diesem Jahr auch wieder einen Rekord geschafft. Bisher (Stand 6.1.2021) wurden auf der Nebeninsel Düne 652 Jungtiere geboren. Der Verein Jordsand, der den Kegelrobbenbestand betreut, meldet damit 119 Geburten (18,25% mehr als im Vorjahr). Die Zahl des letzten Winters wurde bereits am 8. Dezember 2020 eingeholt.

Mittlerweile hat sich die Lage beruhigt „Viele Jungtiere sind bereits abgestillt und im Fellwechsel“ meldet Jordsand weiter.

 

Obwohl wegen der Corona-Situation wenig Besucher auf der Insel waren, wollte man Besucher und Robben trennen. Damit die Menschen weiterhin spazieren gehen konnten, hat man den Panoramaweg am Nordstrand der Düne erweitert. Am Südstrand gebe es Fotobuchten, die aber fast die ganze Zeit exklusiv von den Inselbewohnern selber genutzt wurden.


Dutzende Arten 2020 ausgestorben

Das Internetportal The Relevator listet am 6.1. 21 zahlreiche Arten auf, die im vergangenen Jahr ausgestorben sind. Unter anderem der Smooth Handfish und der Nias-Beo Gracula robusta. Von der letzten Art leben noch einige Tiere in Gefangenschaft, meist bei asiatischen „Vogelliebhabern“, die jedoch kaum Zuchterfolge erzielen.

 

ausgestorben: Der Chinesische Schwertstör
Ein Präparat des Chinesischen Schwerstörs im Museum in Wuhan. (Foto: Alneth, adaptiert durch TM, CC 4.0)

 

Bei anderen Arten ist der genaue Zeitpunkt des Aussterbens nicht bekannt, sie wurden zuletzt vor Jahrzehnten nachgewiesen und bei mehreren Suchexpeditionen nicht wieder gefunden. Andere Arten verschwanden, weil ihr Lebensraum verschwand. Vor allem Amphibien sind dem Chytrid-Pilz zum Opfer gefallen, auf den Philippinen ist ein Artenschwarm aus 17 Karpfenfischen der Gattung Barbodes als ausgestorben erklärt worden. Sie waren Endemiten im Lanao-See, dessen Ökosystem durch Überfischung, Einsetzen räuberischer Exoten, Düngerfracht und Dynamitfischerei gestört ist. Die meisten der Arten verschwanden bereits zwischen 1964 und 1980.

 

Bemerkenswert ist auch, dass viele „Ein-Exemplar-Arten“ im vergangenen Jahr zu den Ausgestorbenen zählten. Von diesen Arten ist nur ein einziges Tier oder Teile davon in zoologischen Sammlungen zu finden, u.a. die Lord-Howe-Insel-Fledermaus oder die italienische Gottesanbeterin Ameles fasciipennis. Ungewöhnlich auch, dass die Haiart Carcharhinus obsolerus aufgeführt ist. Sie ist nur von drei Jungtieren von 1934 bekannt, wurde erst 2019 beschrieben und quasi sofort als ausgestorben erklärt.

 

Wer den ganzen Beitrag nachlesen möchte: hier isser.


Weißer Elch in Norwegen

Weißer Elch Brendhagen
Weißer Elch mit Piebaldismus-Allel. Foto: Roger Brendhagen

Wildlife-Fotograf Roger Brendhagen hat an der schwedisch-norwegischen Grenze in Värmland einen weißen Elch fotografiert. Dieses Tier ist kein Albino, sondern trägt eine Mutation, die zum  Piebaldismus führt. Diese Mutation tritt auch bei Menschen auf und sorgt hier u.a. für eine weiße oder graue Stirnlocke.

 

Neben den beeindruckenden Bildern, die man in seinem Beitrag bei mymodernmet.com sehen kann, ist der mythologische Aspekt bemerkenswert. Piebaldismus wird, anders als Albinismus, autosomal dominant vererbt. Das bedeutet 50% aller Nachkommen eines Symptomträgers tragen dieses Symptom ebenfalls. Möglicherweise ist der Piebaldismus also eine Erklärung für Mythen von einer Population weißer Elche in Värmland (wenn sie in Norwegen erzählt wird, sind die weißen Elche fast nur auf der schwedischen Seite, wird sie in Schweden erzählt, kommen sie vor allem in Norwegen vor).

 

Weiße Elche wurden in dieser Region schon länger beobachtet, mindestens seit 2014. Die Mythenbildung deutet jedoch darauf hin, dass die Mutation älter ist. Unter den Jägern (Elchjagd ist vor allem in Schweden weit verbreitet) gibt es die ungeschriebene Vereinbarung, weiße Elche nicht zu schießen. Dies könnte zur Ausbreitung des Piebald-Allels führen.


Neues vom Dire-Wolf

Der Dire-Wolf hat es für ein ausgestorbenes Tier weit gebracht. Von den Teergruben in La Brea (wo zahlreiche Fossilien gefunden wurden) nach Hollywood ist es zwar geographisch nicht weit*, aber nicht jeder Fund schafft es in gleich mehrere Fantasy-Buchreihen, Spiele und Serien.

Canis dirus-Darstellung im Naturkundemuseum Karlsruhe (Foto: Ghedoghedo)

Eine neue Studie dieser großen Hundeartigen deckt auf, dass sie gar nicht so eng mit den heute in Nordamerika und vielen anderen Teilen der Welt lebenden Grauwölfen verwandt sind. Sie stellen viel mehr die letzte Art einer Linie der Hundeartigen dar, die sich in Nordamerika entwickelt hat.

Insgesamt 49 Wissenschaftler um Laurent Franz von der LMU München haben fünf Genome aus Fossilien von Dire-Wölfen im Alter zwischen 50.000 und 13.000 Jahren sequenziert. Dabei stellten sie fest, dass Grauwölfe und Dire-Wölfe den letzten gemeinsamen Vorfahren vor 5,7 Millionen Jahren hatten. Die starke Ähnlichkeit zwischen den beiden Arten ist ein Fall konvergenter Evolution. Zwei nicht nahe verwandte Arten haben aufgrund einer ähnlichen Lebensweise ähnliche Anpassungen – oder sogar Erscheinungsbilder – entwickelt (vgl.: Wolf <-> Beutelwolf).

 

Quelle: Perri, A.R., Mitchell, K.J., Mouton, A. et al. Dire wolves were the last of an ancient New World canid lineage. Nature (2021). https://doi.org/10.1038/s41586-020-03082-x

 

Markus Kretschmer wird sich nächste Woche sicher tiefergehend mit der Materie auseinandersetzen.

 

*Von La Brea zu den Paramount Studios sind es etwa 4 km Luftlinie, zum Hollywood Walk of Fame knapp 5 km. Das schafft ein Dire-Wolf spielend in einer halben Stunde. Mit dem Taxi braucht man zu normalen Zeiten vermutlich länger.


Zwerg-Giraffen in der Wildnis beobachtet

Die NY-Times beschreibt sie so: „Als hätte jemand einen Giraffenhals- und Kopf auf ein Pferd montiert“. Das trifft die Nubische Giraffe, die Michael Brown und Kollegen von der Giraffe Conservation Foundation bereits 2015 in Uganda entdeckten, ziemlich gut. Der ausgewachsene Bulle ist nur 9 ft. 4 inch hoch, also etwa 2,85 m. Er trägt den Spitznamen „Gimli“. Gimli lebt im Murchison Falls National Park, wo Giraffen relativ gut vor Wilderern geschützt sind.

verzwergte Giraffen
A) Giraffe mit normalem Körperbau b) Gimli, 2,85 m C) Nigel, 2,59 m. Fotos: Michael Brown und Emma Wells/Giraffe Conservation Foundation

Nur drei Jahre später fanden Mitarbeiter einer Farm in Zentralnamibia ebenfalls eine verzwergte Giraffe. Die Angola-Giraffe erreicht nur etwa 2,59 m Höhe. Auch dieses Tier, Nigel, leidet unter Zwergwuchs.

 

Wie der Zwergwuchs der Giraffe genau zustande kommt, ist unklar. Ursächlich könnten unterschiedliche Stoffwechselstörungen sein, selten auch Chromosomenanomalien wie ein Äquivalent zum Down- oder Turner-Syndrom. Oft tritt Zwergwuchs im Zusammenhang mit Inzucht auf. Die Population, zu der Gimli gehört, schrumpfte in den 1980ern auf 78 Tiere zusammen, hat sich aber erholt. Jetzt ist sie mehr als 1500 Tiere stark, aber mutmaßlich genetisch verarmt.

Bei Menschen und Haus- bzw. Nutztieren kommt Zwergwuchs gelegentlich vor, bei einigen Tieren wird er sogar gezielt gezüchtet. Zwergwüchsige Wildtiere sind selten überlebensfähig. Insbesondere bei Giraffen, deren „Spezialität“ gerade ihre Größe ist, wirkt es seltsam, dass zwergwüchsige Tiere überleben. Eines wird allerdings Gimli und Nigel verwehrt bleiben: die Paarung mit einem Weibchen ist de facto unmöglich „so lange sie keinen Hocker haben“, scherzt David O’Connor von der IUCN Giraffe and Okapi Specialist Group.

 

Gimli wurde das letzte Mal im März 2017 beobachtet, Nigel bei einer Wildtierzählung im Juli 2020. Allerdings dürfte es kürzeren Giraffen leichter fallen, sich vor Menschen zu verstecken.

 

Die NY-Times berichtete. Danke an Dr. Joerg Hensiek für die Meldung über die Mailingliste.


Weddell-Robben nutzen auch Ultraschall

Die Gewässer unter dem antarktischen Eis sind oft mit seltsamen, außerirdisch wirkenden Geräuschen angefüllt. Die meisten davon werden von Krabbenfresser-Robben und Weddell-Robben erzeugt. Nun haben Wissenschaftler um Paul Cziko der Universität von Oregon im McMurdo Sound in der Antarktis auch Ultraschallrufe dokumentiert. Sie stammen von den Weddell-Robben.

 

 

 

„Die Rufe der Wedellrobben erzeugen einen fast unglaublichen, überweltlichen Klangteppich unter dem Eis“, schildert Paul Cziko. „Es klingt wirklich, als wäre man mitten in einer Weltraumschlacht im Film Star Wars – mit Laserkanonen und allem.“ Seit Beginn der Aufzeichnungen wurden schon 34 verschiedene Rufe und Laute dieser Robben identifiziert. Dazu gehören Pfiffe, Triller und Tschirpen, deren Frequenzen von 20 bis knapp 50 Kilohertz reichen. Die Obertöne einiger Vokalisationen erreichten sogar 200 Kilohertz. „Es ist wirklich überraschend, dass Wissenschaftler diesen Teil der Robben-Kommunikation bislang komplett überhört haben“, sagt Cziko.

 

Möglicherweise weichen die Robben in den Ultraschall-Bereich aus, weil die für Menschen hörbaren Bereiche bereits durch andere Arten „besetzt“ sind, sie wechseln quasi den Funkkanal. Eine andere Möglichkeit ist die Echoortung. Sie wurde bisher für Robben stets verneint. Andererseits müssen sich die Tiere in der langen, dunklen Polarnacht unter dem sich ständig verändernden Eis zurechtfinden – und jagen.


Wahl zum Vogel des Jahres

Ein Schwarzbrauen-Albatros im Flug
Den Mollymauk kann ich hier problemlos posten. Da er nicht zur Wahl steht, ist er „neutral“.

„Dieses Jahr ist alles anders“, das hört man öfters. Auch der „Vogel des Jahres“ wird dieses Jahr das erste Mal über eine online-Abstimmung gewählt, an der jeder teilnehmen kann. Eine -wie auch immer geartete- Interessengruppe hat sich der Stadttaube als „Vogel des Jahres“ angenommen und mit einem Haufen PR dafür gesorgt, dass diese Tiere an Platz 1 der Wahlliste stehen.

 

Wer an Platz 2 bis 10 steht, ist auf der Webseite des NABU zu finden. Dort kann morgen auch direkt gewählt werden. Meine Stimme bekommt… nee, das wird nicht verraten.

 

Wahlseite des NABU

 


Taube fliegt aus den USA nach Australien – oder doch nicht?

Auf bisher ungeklärte Weise ist eine Taube von Alabama in den USA nach Melbourne in Australien gelangt. Die Pressemeldung spricht zudem von einem Ring am Bein, der auf vorherige Teilnahmen an Flugwettbewerben hindeute.

Felstaube
Taube (Symbolfoto)

Der Finder, Kevin Celli-Bird, konnte schließlich anhand dieses Ringes das Tier identifizieren. Die Taube nahm an einem Rennen teil, das am 29.10.2020 im US-Bundesstaat Oregon gestartet wurde und hätte „nur“ bis Montgomery in Alabama fliegen müssen (ca. 3000 bis 3500 km). Statt dessen ging sie verloren und tauchte am 26.12. im Garten von Celli-Bird in Melbourne, Australien wieder auf.

 

Die Taube hat an 59 Tagen mindestens 13.000 km zurückgelegt. Das sind durchschnittlich etwa 220 km am Tag – für eine Brieftaube eigentlich keine Herausforderung. Üblicherweise erreichen diese Tiere Reisegeschwindigkeiten von 80 km/h und mehr. Allerdings ist zwischen Oregon und Australien der Pazifik, der nicht viele Landemöglichkeiten bietet. Es ist gut möglich, dass sie die Strecke zumindest teilweise auf einem Schiff zurückgelegt hat.

 

Die Einfuhr von Tieren nach Australien ist alles andere als einfach. Entsprechend reagiert auch das australische Landwirtschaftsministerium. Die Taube sei „nicht gesetzeskonform für den Import vorbereitet worden.“ erklärte eine Sprecherin. Aus Angst vor der Einfuhr von Tierseuchen will man den Vogel jetzt einschläfern.
Der Besitzer der Taube hat sich noch nicht gemeldet. Er könnte den Prozess möglicherweise stoppen.

 

Einen Tag nach dieser Meldung kam eine weitere Meldung über die Presseportale. Der Ring sei möglicherweise nur dem amerikanischen Ring nachempfunden. Eins ist sicher: man weiß es nicht!


Einzigartige Schutzmaßnahme für den Yang-Tse Schweinswal

China hat eine drastische Schutzmaßnahme für den Yang-Tze Glattschweinswal (Neophocaena asiaeorientalis asiaeorientalis) beschlossen. Von dieser Unterart leben noch etwa 1000 Tiere, weniger als vom großen Panda. Einst bewohnten sie die unteren etwa 1600 km des Yang-Tze. Zahlreiche Staudämme, starker Bootsverkehr und aggressive Fischerei machten ihnen das Leben schwer. Der Baiji, ein Süßwasserdelfin und der beeindruckende Yang-Tze-Schaufelstör sind 2007 bzw. 2020 ausgestorben. Diesen Weg soll der kleine Wal nicht gehen.

Yang-Tse
So ruhig liegt der Yang-Tse nur selten.

Daher verhängt China ab dem 1.1.2021 ein komplettes Fischereiverbot für 332 Schutzgebiete am Yang-Tze, allen seiner Nebenflüsse und deren Seen – künstliche Gewässer ausgenommen. Da China selten etwas halbherzig macht, wurden bereits 3900 illegale Fischerboote eingezogen und 45.000 Stück Fischereiequipment zerstört. 110.000 Fischerboote wurden „delizensiert“ und dürfen nicht mehr ablegen.

 

Eine Kontrolle der größtenteils illegalen Fischerei im Fluss ist sinnvoll, aber sie ist nicht der Hauptgrund für den drohenden Zusammenbruch des Fluss-Ökosystems. Hier dürften die zahllosen Dämme eine wesentlich größere Rolle spielen.


Neu beschrieben:

Coeliccia natgeo
Coeliccia natgeo, Bild aus der Erstbeschreibung von Phan Toan.

Kurz gemeldet

  • Fachleute des Rückversicherers Munich Re haben ermittelt, dass Naturkatastrophen im letzten Jahr (2020) Schäden von 210 Milliarden US$ (etwa 170 Milliarden €) verursacht haben. 2019 lag die Summe bei 166 Milliarden US$. Wie hoch der Anteil an menschengemachten Katastrophen wie Überschwemmungen wegen falschem Niederschlagsmanagement oder vermehrten Stürmen aufgrund der Erwärmung der Erdatmosphäre ist, ist nicht bekannt.

Ausgestorben

  • Auf einer Höhle in Sulawesi haben Forscher die vermutlich älteste Tierdarstellung der Welt gefunden. Sie stellt ein Schwein dar. Von zwei oder drei weiteren Schweinedarstellungen sind noch Teile erhalten. Vermutlich haben die Künstler das Sulawesi-Pustelschwein (Sus celebensis) im wahrsten Sinne des Wortes verewigt.
    Die Endecker haben Proben von Kalkkristallen genommen und über eine Uran-Isotopenanalyse das Alter bestimmt: mindestens 45.500 Jahre! Quelle: Scinexx

Rezent im Süßwasser

  • Ein bisher unbekannter hat einem Florida-Manati den Schriftzug „Trump“ in die Rückenhaut geritzt. Das Tier mit dieser Verunstaltung wurde am vergangenen Wochenende entdeckt, das US-Zentrum für biologische Vielfalt hat eine Belohnung auf die Ergreifung des Tierquälers ausgesetzt.
  • Forscher des Smithsonian‘ Museum haben in Brasilien Zitteraale beobachten können, die in Gruppen jagen. In einem kleinen See des Rio Iriri konnte David de Santana beobachten, wie die großen Jäger Schwärme von Salmlern zu „Baitballs“ zusammentrieben. Dabei kooperierten Gruppen von bis zu zehn Individuen, die sich in kleinere Jagdtrupps aufteilten. Quelle: https://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1002/ece3.7121

Rezent im Meer

  • Am beliebten Waihi Beach auf der Nordinsel Neuseelands ist am 7.1. eine Frau bei einem mutmaßlichen Haiangriff ums Leben gekommen. Haiangriffe sind in Neuseeland extrem selten, zwischen 1852 und 2013 wurden laut „New Zealand Herald“ nur zwölf tödliche Attacken registriert. Welche Haiart für den Angriff verantwortlich ist, ist unklar. Der Haiexperte Riley Elliott sagte der Zeitung, dass im letzten Sommer junge und heranwachsende Weiße Haie in der Gegend waren.
Ein Wolf liegt auf einer Baumwurzel
Der Wolf kommt, die Frage ist, wie die Gesellschaft mit ihm umgeht.

Rezent an Land

  • Am Samstag, den 2. Januar wurde auf dem Recyclingpark Kastendieck, in Bassum (15 km südlich von Bremen) eine Möwe beobachtet, die wie eine melanistische Silbermöwe wirkt.
    Ein Foto gibt es bei ornitho.de
  • Ein Schäfer hat in einem Prozess um freilebende Wölfe in NRW eine erste Niederlage hinnehmen müssen. Er hatte in einem Eilantrag den Abschuss der Matriarchin „Gloria“ gefordert. Das Gericht lehnte den Antrag am 6.1. ab. Es lasse sich nicht ausschließen, dass die Wölfin bis zur gerichtlichen Entscheidung weitere Schafe des Schäfers reißt und „Gloria“ weitere Welpen bekommt, allerdings seien die „zu befürchtenden Nachteile nicht derart schwerwiegend, dass der Erlass einer einstweiligen Anordnung geboten sei.“, so die Begründung des Gerichtes. Eine mündliche Verhandlung ist für das 2. Quartal 2021 anberaumt.
    Die Wölfin Gloria ist seit mindestens 2018 im Kreis Wesel beheimatet und hat in den letzten drei Jahren je etwa 20mal auf Weidetiere übergegriffen. Quelle: WDR
  • Die Raben am Tower werden weniger. „Unser geliebter Rabe Merlina ist seit mehreren Wochen nicht am Tower gesehen worden, und ihre anhaltende Abwesenheit lässt uns annehmen, dass sie traurigerweise gestorben ist“, teilte das Team des Tower of London auf Twitter mit.
    Die Raben am Tower gelten als Omen für das britische Empire. Verschwinden sie, wird das Empire fallen, so die Sage. Um dies zu vermeiden, betreibt Großbritannien nicht nur eine der modernsten Armeen der Welt, sondern pflegt zur Sicherheit immer mindestens sechs Raben im Tower. Nach dem Verschwinden von Merlina sind es derzeit sieben. Das Empire ist also trotz Brexit und Corona nicht in Gefahr.
  • Schlangen verfügen über eine fünfte, bisher unbekannte Art der Fortbewegung. Neben Kriechen, Schlängeln, Seitenwinden und Ziehharmonika-Bewegung haben zumindest die Braunen Nachtbaumnattern (Bogia irregularis) noch eine weitere Bewegung im Repertoire. Diese Schlange nutzt die „Lasso-Bewegung“, um an der Außenseite dicker, glatter Rohre hochklettern zu können. Dabei umspannt die Schlange die gesamte Röhre, verschlingt den vorderen und hinteren Körper miteinander, spannt die Muskulatur an und ruckelt sich Stück für Stück nach oben. Allerdings ist die neu entdeckte Art der Fortbewegung sehr anstrengend und mit etwa vier Millimeter pro Sekunde sehr langsam.

Strandfunde (Britische Inseln)

  • Auf Sanday, einer der Orkney-Inseln ist ein Orca gestrandet. Einheimische haben das Jungtier am 4.1. in der Bay of Newark near Tres Ness gefunden und gemeldet. Die British Divers Marine Life Rescue (etwa Lebensrettung für Meerestiere durch britische Taucher) konnte schnelle Hilfe vor Ort organisieren. Sie konnten das Tier mit Hilfe vieler Hände in eine aufrechte Position bringen. Mit steigender Flut begann es, Schwimmbewegungen zu machen und schließlich wegzuschwimmen. Nachdem es in den Wellen einige Male umgeworfen wurde, erreichte das 3,4 m lange Tier offenes Wasser und entfernte sich vom Strand. Die Fachleute sind sicher, dass der Orca alleine klar kommt.
    Dies gilt als die erste erfolgreiche Rettung eines gestrandeten Schwertwals auf den Britischen Inseln.
  • Auch von den britischen Inseln, allerdings vom anderen Ende aus Exmouth stammt eine weitere Fundmeldung. Auch am 4.1. wurde hier ein Meeraal (Conger conger) angeschwemmt. Eine genaue Maßangabe fehlt, die Polizei nannte den Fund „impressive“. Das beigefügte Twitter-Foto lässt auf eine Länge von ungefähr 1,5 m schließen. Genau wurde der Fund nicht vermessen.
    Meeraale erreichen im männlichen Geschlecht Längen bis knapp 1 m, die Weibchen werden oft 2 m, in seltenen Fällen fast 3 m lang. Sie haben dann über 100 kg Gewicht.
  • Ein teilweise verwester Pottwal ist am 5.1. in Norfolk auf einen Wellenbrecher gespült worden. Möglicherweise gehört der Kadaver zu einer Gruppe Pottwale, die an Weihnachten in Norfolk gestrandet waren, verendeten und teilweise wieder ins Meer gespült wurden.
  • Am 9.1. wurde von Westray, Orkney ein gestrandeter, toter Schwertwal gemeldet. Erste Befürchtungen, es könne sich um das wenige Tage zuvor auf Sanday gerettete Tier handeln, bestätigten sich nicht. Der Kadaver war wesentlich stärker verwest als bei einem frischtoten Tier erwartet wurde. Dazu kommt, dass der Wal nur 2,5 m maß. Das Tier zeigt Verletzungen, die durch Seile oder Netze entstanden sein könnten.

Strandfunde (Rest der Welt)

  • In Australien, am Peppermint Grove Beach, Bunbury, 175 km südlich von Perth, sind am 5. Januar vier Camperdown-Schnabelwal (Mesoplodon grayi) gestrandet. Drei von ihnen konnten mit Hilfe von Freiwilligen ins offene Meer zurückkehren, ein Tier musste eingeschläfert werden.
  • Am 7.1. ist ein Pottwal an der niederländischen Insel Vlieland (nach Texel die 2. der friesischen Wattenmeerinseln) lebend gestrandet. Fachleute rechnen nicht damit, dass das Tier überlebt.
    Zahlreiche Beobachter glauben, die Wale sind Teil einer Schule junger Männchen, die sich auf dem Weg von Norwegen in den Nordatlantik verirrt hat. Dies passiert regelmäßig, in diesem Winter sind mindestens 14 Pottwale gestrandet, 13 davon in England.

Außerirdisches

  • Forscher der RWTH Aachen entwickeln einen Tauchroboter. Daran ist erst einmal nichts besonderes. Aber dieser Roboter soll sich durch die massiven Eisschichten auf dem Jupitermond Europa schmelzen und in den Ozeanen darunter tauchen können. Dort soll er sich mittels akustischer Sensoren selbstständig orientieren, ständig Proben sammeln und auswerten.
    Noch gibt es keinen Starttermin für eine Mission zum Jupitermond, so lange darf der tauchende Teil der Sonde in einer Aachener Schwimmhalle üben.

Aus Zoos und Museen

  • Die Corona-Pandemie und der damit verbundene Lockdown koste die Zoos Millionen. Die Zoos lebten derzeit von ihren Rücklagen, sagte der Sprecher des Duisburger Zoos, Christian Schreiner. Die Kosten liefen weiter, man könne die Tiere ja nicht in Kurzarbeit schicken. Die staatliche Hilfe ist auf 800.000 € pro Zoo gedeckelt.
  • Der Grüne Zoo Wuppertal hat die beinahe fertige Aralandia vorgestellt. Diese Großraum-Freiflugvoliere bietet mehreren Großpapagei-Arten Platz. Unter anderem will man hier mit mehreren Tieren einer Art die Paarbildung erleichtern. Wenn sich Paare gefunden haben, kann mit ihnen im nicht zugänglichen Bereich gezüchtet werden, oder sie gelangen in andere Zoos.
    Ein Video vom Rundgang ist unten zu sehen.

Zu guter Letzt:

Die Zoofreunde Wuppertal führen durch die neue Aralandia:

 

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