Kryptozoologische Presseschau 09/2021

Lesedauer: etwa 10 Minuten
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Einen wunderschönen Sonntag, liebe Leserinnen und Leser,

 

und schon eine Warnung: Nicht überall, wo „Science“ drauf steht, ist auch „Science“ drin, und wenn, dann leider zu oft nur in homöopathischen Dosen.

 

In den letzten Wochen ging eine Illustration durchs Netz, die zwei gigantische Krokodile zeigt. Dazu war ein Schädel abgebildet, der im Vergleich zu einem Mann eine unglaubliche Größe hatte:

Vermeintliche Riesenkrokodile
Größenvergleich abstrus vergrößerter prähistorischer Crocodylier

 

Des Rätsels Lösung ist mal wieder so einfach we trivial. Der Schädel ist ein Modell eines Deinosuchus-Schädels, der für eine Folge von Nigel Marven’s Serie „Prehistoric Park“ angefertigt wurde. Er erscheint durch ein Spiel mit Perspektive und Weitwinkel-Objektiv deutlich größer, als er in Wirklichkeit ist.

Selbst man die Größe des Schädels relativ hoch ansetzt und auf 1,8 m schätzt, erscheinen die „Rekonstruktionen“ der lebenden Krokodile unverhältnismäßig groß: Die Schädel sind nahezu doppelt so lang, wie der 1,8 m goße Mensch, so dass die Crocodylier auf einmal eine groteske Größe bekommen.

Das Ganze wurde dann auch noch als „Science“ verkauft. Na danke.

 

Dennoch oder deswegen: Viel Spaß beim Lesen und bleibt gesund!

 

 

Eurer / Ihr

 

Tobias Möser

 

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Der Ur-Amazonas, ein Fluss aus der Wüste

Der Amazonas, längster Fluss der Welt, birgt ein erdgeschichtliches Geheimnis. Obwohl sich unzählige Forscher mit großangelegten Expeditionen aufmachten, seine Quellen zu suchen, blieb der Ursprung des Giganten lange unbekannt.

Der Paläontologe Gero Hillmer und der Biologe Sepp Friedhuber glauben jetzt, das Rätsel gelöst zu haben.

 

Ur-Amazonas – Fluss aus der Wüste ist im Jahr 2000 entstanden und auf Deutsch verfügbar. Das Video läuft 43 Minuten.

 

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Die Meldungen im Einzelnen:

20.000 oder 2,5 Milliarden? Wie viele Tyrannosaurier lebten auf der Erde?

 

Dinosaurierskelett in einem halbfertigen Museum
Tyrannosaurus rex „Scotty“ im T.rex Discovery Center in Eastend, Saskatchewan, Kanada

„2,5 Milliarden Tyrannosaurier“, titulierten einige Medien, könnten auf der Erde gelebt haben. Allerdings nicht gleichzeitig, sondern über einen Zeitraum von 2,5 Millionen Jahren verteilt. Wissenschaftler um Charles Marshall berechneten, dass im damaligen Nordamerika etwa 20.000 Tyrannosaurus rex-Exemplare gleichzeitig leben konnten. Da sie etwa 127.000 Generationen lang überlebten, bis ihnen der Chixulub-Event den Garaus machte, existierten insgesamt etwa 2,5 Milliarden von ihnen.

 

Diese Zahlen lassen einiges berechnen oder abschätzen. So wird die Populationsdichte auf „2 Tyrannosaurier in der Fläche von Washington D.C.“ geschätzt. Wer mit solchen Größenangaben nicht firm ist, kann auch mit „1 Tier pro 90 km²“ rechnen oder deutscher „1 Tyrannosaurus pro Sylt“ (stimmt nicht ganz, Sylt hat 99 km²). Dies bezieht sich aber nicht nur auf die ausgewachsenen Tiere, sondern auch auf Nestlinge und Jungtiere vor dem massiven Größenwachstum. Große Tyrannosaurier dürften danach Gebiete von mehreren 100 km² benötigt haben.

 

Soweit die Theorie. Die Forscher haben natürlich berücksichtigt, dass über den Stoffwechsel des bekanntesten Dinosauriers noch keine abschließenden Aussagen gemacht werden können. Je geringer der Energieverbrauch der Tiere war, um so höher waren die Populationen. Dies zeigt sich in einer extremen Spreizung der Annahmen: Hatten die Tiere einen Stoffwechsel mit der Aktivität und dem Energieumsatz moderner Vögel, gab es vielleicht nur 1300 von ihnen gleichzeitig. Hatten die Tiere einen Reptilienstoffwechsel, hätte es bis zu 328.000 gleichzeitig von ihnen geben können. Dies spreizt ihre Gesamtzahl zwischen 140 Millionen und 42 Milliarden – über 2,5 Milliarden Jahre.

 

Bisher sind die Überreste von weniger als 100 Individuen entdeckt worden. Dies lässt auch erkennen, wie unwahrscheinlich es ist, dass selbst so ein großes Tier wie T. rex fossil erhalten bleibt. Andererseits wurde auch nur ein verschwindend geringer Bruchteil der Schichten, in denen T. rex-Fossilien liegen könnten, untersucht.

 

Originalarbeit:
Marshall, C. et al: Absolute abundance and preservation rate of Tyrannosaurus rex. Science 372, 6539: 284-287. Doi: 10.1126/science.abc8300 


Was hat es mit dem Somerset-Monster auf sich?

Beide Fotos: Angela Maynard

Angela und Dan Mynard waren am 13. April mit ihrem Hund am Shelly Beach in Exmouth, Devon, England unterwegs, als sie auf den Schädel eines ihnen unbekannten Wesens trafen. Der schnell als Fischkopf erkennbare Schädel fiel vor allem durch lange, nadelspitze und nach hinten gebogene Zähne auf.

 

Der ungewöhnliche Strandfund bei Exmouth

Die Bestimmung der Facebookgruppe, „Monkfish“ = Seeteufel, wurde von der Somerset Live übernommen, ist jedoch sicher falsch. Nach übereinstimmender Meinung mehrerer Mitglieder des NfK handelt es sich um eine Dorschart. Die erste, unsichere Bestimmung seitens der Redaktion ging in Richtung Seelachs Pollachius pollachius. Torbent Lang hat dies korrigiert und vermutlich richtig auf den Seehecht Merluccius merluccius hingewiesen. Herzlichen Dank dafür!

 

Seehecht-Schädel
Schädel des Seehechtes Merluccius merluccius (Foto: Pavel Zuber)

 

Quelle: Somerset Live vom 14. April


Greenpeace kartiert die größte Seegraswiese der Welt

Seegras ist ein einzigartiger Lebensraum – und leider gefährdet, wie nahezu alle Lebensräume auf der Welt. Jetzt hat die Umweltschutzorganisation Greenpeace die größte, zusammenhängende Seegraswiese kartiert. Die Saya de Malha liegt 15 – 20 m unter dem Meeresspiegel im Indischen Ozean. Sie ist etwa so groß, wie die Schweiz.

 


 

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Der Magische Wald

Naturfilmer Bryan Maltais erkundete volle drei Monate einen geheimnisvollen Wald im Herzen Europas. Dabei beobachtete er den Wechsel der Jahreszeiten vom Ende des Winters bis zum Anbruch des Sommers. Er filmte das Leben faszinierender Wildtiere, insbesondere der heimischen Reptilien und Amphibien.
Unser Autor Markus Bühler hat ihn auf einem Teil seiner Expeditionen begleitet.

 

Der Magische Wald: Reptilien und Amphibien ist 2019 erschienen und im Amazon-Prime-Paket, zum Download oder auf Datenträger erhältlich.

 

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Nicht einmal 3% unserer Lebensräume sind noch intakt

Der Mensch hat enormen Einfluss auf alle Ökosysteme der Erde, das ist allgemein bekannt. Ein internationales Team von Wissenschaftlern unter Andrew Plumptre hat eine Studie in der Fachzeitschrift „Frontiers in Forests and Global Change“ veröffentlicht. Danach zeigen nur 2,9% aller Lebensräume keinen bekannten Artenverlust. Dazu gehören Teile des Kongobeckens, des Amazonas, der russischen Tundra und einige Wüstengegenden.

 

Sahara
Abgelegene Teile der Sahara gelten noch als ökologisch intakt.

 

Bisherige Studien basieren auf Methoden der Fernerkundung. Dabei wurden meist 20 bis 40% der Lebensräume als intakt eingestuft. Plumptre und Kollegen haben ergänzend zur Fernerkundung auch überprüft, ob Arten verschwunden oder so selten sind, dass sie ihre Rolle im Ökosystem nicht mehr ausfüllen können. So kommen sie auf die beängstigend niedrige Zahl.


Notruf ein Fall für die Kryptozoologie?

Im polnischen Krakau rief eine Frau den Tierschutzverein. Sie hatte im Baum vor ihrem Fenster ein mysteriöses, möglicherweise gefährliches Wesen entdeckt und hatte nun Angst. Das Tier sitze nun schon seit zwei Tagen im Fliederbaum. „Die Menschen öffnen ihre Fenster nicht, weil sie Angst haben, dass es in ihr Haus kommt“, sagte die verzweifelte Anruferin einer Pressemeldung zufolge. Sie vermutete einen Leguan.

 

Die Tierschützer erwarteten zunächst einen Greifvogel oder eine Eule und rückten an. Vor Ort stellte sich heraus, dass das „Tier“ weder Arme noch Beine hatte – es wurde dann als Croissant identifiziert.

 

Croissant am Frühstück
Ein Croissant ist ein Teil eines Genuss-Frühstücks. Aber wie ist es, von einem wilden Croissant beobachtet zu werden?

Neu beschrieben:

  • Caridina incolor: eine nahezu durchsichtige Süßwasser-Zwerggarnele aus der Guinzhou-Provinz in China. DOI: 10.3897/zookeys.1028.63822
  • Ummidia richmond, eine neu beschriebene Falltürspinne, die in verstreuten Mini-Populationen in und um Miami vorkommt und von einem Zoomitarbeiter entdeckt wurde. DOI: 10.3897/zookeys.1027.54888
  • Potamophylax coronavirus heißt eine Köcherfliegenart, die Forscher im Kosovo neu entdeckt haben. Die Wissenschaftler bemerkten die Art erst während der Pandemie-bedingten Quarantäne, daher der Name. DOI: https://doi.org/10.3897/BDJ.9.e64486
  • Characidium duplicatum und C. wangyapoik heißen zwei neu beschriebene Bodensalmler vom Guyana-Schild aus Südamerika. DOI10.1643/i2019299
  • Pristimantis sira ist eine eher unscheinbare Art der südamerikanischen Frösche mit direkter Entwicklung. Sie befindet sich in guter Gesellschaft, die Gattung Pristimantis hat nahezu 500 Arten. Diese stammt aus den amazonischen Anden.
    DOI10.3897/evolsyst.5.63674
  • Cyrtodactylus kulenensis heißt eine neue Gecko-Art aus einem isolierten Steinstein-Massiv im Nordosten Kambotschas. DOI: 10.11646/zootaxa.4949.2.3

Kurz gemeldet

Rezent im Meer

  • In der San Francisco-Bay sind Anfang April vier tote Wale an nur neun aufeinander folgenden Tagen entdeckt worden. Bei allen Tieren handelte es sich um Grauwale, die zur Zeit einen offenbar natürlichen Rückgang der Populationen mit zahlreichen Toten erleben.
    Wie es bei diesen vier individuellen Walen aussieht, ist noch unbekannt. Autopsieergebnisse liegen der Redaktion noch nicht vor.
  • Bei den Florida Keys ist ein weiblicher Kleinzahn-Sägefisch angeschwemmt worden. Das Tier maß 16 ft., das sind 4,87 m (plusminus 7,5 cm). Das Smithsonian Magazine weiß noch mehr.

Rezent an Land

  • In Nepal hat ein Tiger einen Elefantenreiter bei der Nashornzählung getötet. Der 31-jährige Mann wollte sein Tier in einer Pause füttern, als ein Tiger ohne Vorwarnung angriff.
    Nepal nimmt den Schutz seiner Wildtiere sehr ernst. Die Tigerpopulation hat sich in den letzten Jahren quasi verdoppelt (wir berichteten) und die Zahl der Nashörner ist zwischen 2011 und 2015 um 21 Prozent auf 645 Tiere gestiegen, jetzt ist eine weitere Zählung an der Reihe.
  • In Thailand hatte sich eine rund 3 m lange Königskobra einen besonders warmen Platz gesucht: Sie hatte sich im Motorraum eines Toyotas eingerichtet. Mehrere Mechaniker brauchten 5 h, um das (Auto von dem) Tier zu befreien. Verletzt wurde niemand, aber am Auto waren umfangreiche Schweißarbeiten nötig.
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Islands magische Tierwelt

Die Vulkaninsel im stürmischen Nordatlantik birgt einiges an Magischem. Neben dem Glauben der Isländer an Elfen und Feen ist es vor allem die Natur und Tierwelt, die uns magisch erscheint.

Die bildgewaltige Dokumentation von Jan Haft führt den Beobachter aus den Lüften über das Land bis in die Tiefen des Meeres. Moderne Kameratechniken lassen dabei nie gesehene Bilder entstehen.

 

Magisches Island ist 50 Minuten lang und 2020 erschienen. Es gibt sie bei Amazon Prime und auf unterschiedlichen Datenträgern oder zum Download.

 

 

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Aus Zoos und Museen

  • Aufgrund zu hoher Corona-Inzidenzen und dem Bundeslockdown werden Zoos und Museen morgen wieder schließen müssen.
  • Im Gelsenkirchener Zoo(m) lebt die Spornschildkröte Helmuth. Der 24jährige Heißsporn leidet unter einer Verletzung im Schultergelenk und kann nur sehr mühsam über den Boden ziehen. Nun hat eine Pferdeklinik aus dem Münsterland den 100 kg-Brocken im Computertomographiegerät untersucht und eine Verletzung im Schultergelenk festgestellt. Daher nimmt Helmuth eine Schonhaltung ein. Die Therapie war klar: Helmuth muss aus der Schonhaltung raus und sich viel bewegen. Doch wie? Die Lösung wurde auf einmal recht einfach: Helmuth darf sich auf ein Rollbrett legen und bewegt sich jetzt wie ein Skateboardfahrer durch Abstoßen mit den Beinen fort – nur etwas langsamer.
  • In Löffingen im Hochschwarzwald sind am 7. April bei Bauarbeiten 20 bis 25 Berberaffen aus dem Gehege eines Tierparkes ausgebüchst. Bisher konnten sie nicht wieder eingefangen werden.
  • In Bangkok hat sich ein bestimmt 2 m langer Bindenwaran in einen Supermarkt verirrt. Er kletterte auf ein Regal mit Milchpackungen, konnte aber dann doch durch Tierfänger aus dem Laden heraus begleitet werden.
    Bindenwarane sind in Bangkok nichts Ungewöhnliches und spielen als Schlangen- und Rattenfresser in der innerstädtischen Ökologie eine wichtige Rolle.

Zu guter Letzt:

Nicht ganz neu, aber ein wenig bekannter Einwanderer ist der Gelbe Drachenwels Tachysurus fulvidraco aus der Familie der Bagridae. In der Donau ist er sehr auffällig und bis er durch den Rhein-Main-Donaukanal gewandert ist, ist es nur eine Frage der Zeit.

 

 

 

 

2 Replies to “Kryptozoologische Presseschau 09/2021”

  1. Ich wage die Pollachius-Diagnose des Fischschädels mal in Frage zu stellen: Pollachius pollachius hat eher minimale Zähne, nichts so hervorstechendes, außerdem ist mir der Schädel etwas zu flach. Für wahrscheinlicher halte ich einen europäischen Seehecht (Merluccius merluccius), auch wenn dieser eigentlich nicht vor England vorkommt gibt es genug große Populationen vor Skandinavien, sodass ein verirrtes Exemplar realistisch wirkt.

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