Kryptozoologische Presseschau 16/2020

Liebe Leserinnen und Leser,

 

auch an diesem Montag haben wir für euch die kryptozoologische Presseschau. Ab heute sollen die Regelungen des Corona-Shutdowns gelockert werden. Ob das gut für die Menschen ist, sei dahin gestellt. Viele Regelungen könnten auch so ausgelegt werden, dass sich dreiste Leute gegenüber durchschnittlich rückslichtsvollen Mitbürgern einen Vorteil schaffen – wollen wir hoffen, dass das nicht so ist.
Die Nachrichten bleiben voll mit Corona, so dass für Kryptozoologisches wenig Platz ist. Hinzu kommt, dass die Leute zuhause bleiben und entsprechend weniger beobachten.

 

Den Tieren und der Natur im Ganzen tut der Shutdown gut. Für viele Tiere waren die wenigen Wochen shutdown eine kleine Chance, sich auszubreiten, wir hatten darüber in den letzten Wochen schon berichtet und diese Woche gibt es noch weiteres aus der Ecke: es bleibt spektaulär.
Diese Woche liegt, wie so oft, der Focus auf Beobachtungen von den britischen Inseln. Fragt mich bitte nicht, wieso das so ist.

Völlig unbeeindruckt von Corona sind die Zugvögel. Der Schwalbenzug ist in vollem Gange, die erste Irrgäste haben sich eingestellt – heiß ersehnt von den Vogelbeobachtern. Diese Woche gibt es hier zahlreiche Neumeldungen, wir bleiben dran. Besonders spannend finde ich die beiden Gleitaare, die sich an der Ems und an der Saar niedergelassen haben. Es wäre toll, könnten sich diese charismatischen Greifvögel hier etablieren.

 

Ab dieser Woche bekommen wir eine neue Rubrik dazu: Sonntags vormittags kommt unser Wort zum Sonntag von einem für uns neuen Autor. Lasst euch überraschen!

 

Viel Spaß beim Lesen und bleibt gesund!

 

Eurer / Ihr

 

Tobias Möser



Der Corona-Komplex

Die Meldungen aus dem Corona-Komplex gleichen sich von Woche zu Woche mehr. Durch die geringere menschliche Aktivität werden Wildtiere sichtbarer und dringen weiter in Städte und Parks vor. n-tv meldete, dass Meeresschildkröten dieses Jahr ein hervorragendes Jahr hätten. In der russischen Region Primorye konnte ein Autofahrer einen sibirischen Tiger filmen, der eine zweispurige Schnellstraße genutzt hat, um besser voran zu kommen. Und nein, er wurde nicht in den Tank… lassen wir das.

Schlafende Löwen auf der Straße
Schlafende Löwen, mitten auf der Straße. Foto:Richard Sowry

Das genaue Gegenteil passiert in Südafrika. Die BBC berichtet auch hier von Großkatzen auf den Straßen. Hier handelt es sich um die ortsüblichen Löwen, sie nutzen die Straße auch nicht zum vorankommen: Zahlreiche Bilder zeigen ein Löwenrudel, das eine Betonstraße im Krüger Nationalpark gemeinsam ein Nickerchen hält. Der Krüger Nationalpark ist seit dem 25. März geschlossen, der Parkangestellte Richard Sowry hat auf dem Weg zu einer Arbeitsstelle die „löwenbedingte Straßenblockade“ fotografiert.


Pumas im Yellowstone-Ökosystem mit Pest befallen

Ja, tatsächlich die Pest. Die Pest, die im Mittelalter und der frühen Neuzeit 1/3 der Bevölkerung Europas dahinraffte, der schwarze Tod, Yersinia pestis: Bei den Pumas der Greater Yellowstone Area tritt sie auf! Nach einem mysteriösen Pumasterben 2006 testeten Forscher 28 Pumas auf das Bakterium: etwa die Hälfte von ihnen hatte zwischen 2005 und 2014 mit dem Erreger Kontakt. Ebenso testeten vier von elf Todfunden positiv auf Y. pestis.

Gibt es Pumas in Dartmoore?
Schlafender Puma

Das ist eigentlich gar nicht so verwunderlich. Yersinia pestis kommt weltweit in den oberen Bodenschichten vor. Die westlichen Staaten der USA sind zudem für lokale Ausbrüche und unentdeckte Vorkommen bei den zahlreichen Hörnchen- und anderen Nagetierarten. Das große Beutespektrum der Pumas schließt auch diese mit ein, was den Infektionsweg erklärt.

 

Als Mensch an der Pest zu erkranken ist relativ unwahrscheinlich. Die WHO schätzt etwa 1000 bis 2000 Fälle jährlich, die meisten aus dem Kongo, Madagaskar und Peru. Mit Antibiotika, sofern sie verfügbar sind, ist die Krankheit leicht zu behandeln – wenn sie rechtzeitig identifiziert wurde.


Mögliches Wolfspaar oder Mini-Rudel am Niederrhein

Der WDR meldet am 13.04. eine Beobachtung eines Nutzers. Dieser sandte dem Sender ein angeblich am Karsamstag, 11.04. aufgenommenes Video zu, das zwei Wölfe bei dem Angriff auf eine Hirschkuh zeigt. Das LANUV bestätigte die Echtheit des Videos. Es bestätigte auch, dass es es sich bei einem der Tiere um die Wölfin Gloria handeln könnte, das zweite Tier könnte ein bisher nicht identifiziertes Männchen sein. Auch der Ort Schermbeck konnte bestätigt werden.

Das Video zeigt die beiden Wölfe beim Angriff auf eine Rothirschkuh, in Sichtweite eines Wohnhauses. Die Szene wurde per Handy gefilmt.

Ein Wolf liegt auf einer Baumwurzel
Der Wolf kommt, die Frage ist, wie die Gesellschaft mit ihm umgeht.

Die Wölfin Gloria war dieses Jahr bereits in den Schlagzeilen. Sie hatte mehrere Schafe aus schlecht gesicherten Herden gerissen. Der Weseler Landrat hält den Abschuss der Wölfin „unter den gegebenen Umständen nicht zu rechtfertigen“. Der Revierförster stellte indess fest, dass sich die Rothirsche zu größeren Herden zusammenfinden, die wesentlich mobiler sind. Er interpretiert das als Anzeichen, dass das Wolfspaar eher auf Wildtiere konzentriere.

 

Quelle: WDR am 13.04. und am 09.03.


Irland: Zahl der Delfinstrandungen verdreifacht

Das Irische Nachrichtenportal Herald.ie meldet Alarmierendes von den Stränden der Grünen Insel. Seit Beginn des Jahres sind mehr als 70 Delfine sterbend oder tot gestrandet. Bei den meisten handelt es sich um Gemeine Delfinde Delphinus delphis, und sie strandeten zwischen Januar und März. Die Irish Whale and Dolphin Group (IWDG) hat Dutzende Kadaver gesammelt, um sie am staatlichen Marine Institut zu untersuchen.

Gemeine Delfine beim Wellenreiten
Gemeine Delfine beim Wellenreiten

Mick O’Connell, der „Strandings Officer“ des IWDG hält die Analyse für wichtig, denn das Problem wächst seit 2011 ständig an. „Irgendetwas hat sich 2011 geändert und hält an. Wir erleben jetzt eine Rekordzahl von Strandungen. Es betrifft hauptsächlich eine Art und eine Jahreszeit. Irgendwas geht da vor und wir müssen es beobachten.“

 

Normalerweise stranden an irischen Stränden etwa 130 Wale und Delfine, im letzten Jahr sind 260 Tiere gestrandet, Gewöhnliche Delfine haben den Großteil des Zuwachses ausgemacht. In dreieinhalb Monaten seit Jahresbeginn 2020 sind 107 Tiere gestrandet, 59 davon Gewöhnliche Delfine, vier Streifendelfine, drei Große Tümmler und ein Risso’s Delfin. Bei elf Tieren ist die Identität unklar, entweder Gewöhnliche oder Streifendelfine. Weiterhin strandeten 20 größere Wale: 12 Langflossen-Grindwale, vier Schnabelwale, ein Zwerg- und ein Pottwal, sowie zwei nicht identifizierte Kadaver. Dazu kamen 13 Hafenschweinswale.

Quelle: Herald.ie


England: Tausende Käfer am Strand angespült

Mehrere britische Zeitungen meldeten am Dienstag, den 14. April eine unglaubliche Menge lebender und toter Käfer am Cayton Beach in der Nähe der nordenglischen Stadt Scarborogh. Sue Weatherill, die in der Nähe lebt, erzählte ‚Hull Live‘: „Ich war draußen und wollte meinen Sport machen. Ich ging am Strand englang und sah etwas, das wie kleine Saatkörner aussah.“

Die angeschwemmten Käfer, vermutlich Heide-Blattkäfer.

Das Scarborough and Burniston Coastguard Rescue Team vermutete am Dienstag, es handle sich um „European Chafer Beetles“, Rhizotrogus majalis. Sie kommen auf den britischen Inseln nicht vor, was einige Zeitungen eine Insekten-Invasion aus dem Festland befürchten ließ. Wir glauben, hier liegt eine Fehlidentifikation der Coastguard vor: Rhizotrogus majalis hat kurze, keulenförmige Antennen, die angeschwemmten Käfer statt dessen lange, gleichmäßig segmentierte Antennen.

 

Mitglieder des NfK haben die Tiere mit nicht 100%iger Sicherheit als Heide-Blattkäfer (Lochmaea suturalis) bestimmt. Diese Tierart kommt in den Heiden Nordenglands und der schottischen Lowlands regelmäßig vor und neigt in bestimmten Jahren zum massenartigen Ausbruch und Wanderungen. Eine solche könnte sich ereignet haben und wurde, für die Tiere fatal, von Winden auf die Nordsee heraus getragen.



Kurz gemeldet:

Rezent

  • Die BBC Somerset meldet zwei Hafenschweinswale, die 20 km in den Fluss The Parrett bei Bristol oder Glastonbury aufgestiegen sind und sich dort offenbar wohl fühlen.
  • Ebenfalls wohl fühlt sich ein Gemeiner Delfin in der Bucht von Eckernförde. Wie er dort hin gelangte und wieso es nur einer der sozialen Wale ist, ist unklar. Besonders abends springt er zur Freude der Fotografen meterhoch aus dem Wasser.
  • Wissenschaftler haben in der indischen Region Arunachal Pradesh eine bisher unbekannte Schlangenart entdeckt. Das aparte, hellgrün gezeichnete Tier heißt Trimeresurus salazar, inspiriert von Salazar Slytherin, Mitbegründer der fiktionalen Zaubererschule im Harry-Potter-Universum. Wer „Salazar’s Grubenotter“, so ein möglicher deutscher Name, sieht und die Harry-Potter-Romane kennt, kann der Auswahl des Namensgebers folgen.
  • Immer wieder sind die Glocken der evangelischen Kirche in Löwenhagen (bei Göttingen) ausgefallen. Niemand wusste sich zu erklären, wer den Stromschalter für die Läutanlage herunter drückte – bis Kirchenvorstand Roswitha Kamm einen Waschbären als Übeltäter entlarvte. Die Lösung war einfach: ein Drahtverhau um den Hebel verhindert, dass das Tier ihn in Zukunft einfach so umlegt.

Ausgestorben

  • Diese Woche keine Meldung.

Strandfunde

  • Bei Fairbourne in Gwynedd ist am Donnerstag, 16. April ein Sowerby’s Schnabelwal angetrieben. Das Tier zeigt auf den Fotos des CSIP keine äußeren Verletzungen, die über Abschürfungen durch die Strandung hinausgehen.
  • Bereits am Montag, 13.4. ist in Heacham in Norfolk ein Nordatlantischer Zwergwal gestrandet. Das Tier liegt am Oststrand der Bucht „The Wash“, direkt vor den teuersten Häusern der Stadt – und müffelt vor sich hin.
  • Am Freitag, 18.4. ist ein Pottwal der Population von Andenes / Norwegen auf die dortigen Felsen gespült worden. Woran das Männchen gestorben ist, wird sich herausstellen, die Whale Watcher von Sea Safari wollen Proben nehmen. Viel Spaß in Brandung und Felsen…
  • Am Dienstag, 14.4. ist auf Vancouver Island ein männlicher Grauwal angeschwemmt worden. Die Strandung erfolgte etwa 150 km südlich des Fundes eines jungen Buckelwals letzte Woche. Woran der Grauwal verendet ist, ist noch unbekannt.

Feld-Ornithologisches

Neu in der vergangenen Woche

  • Die Rauchschwalben sind inzwischen flächendeckend in Deutschland angekommen, die Mehlschwalben folgen. Der Einzug der Mauersegler hat am 12. April begonnen und am 19. seinen ersten Höhepunkt gefunden. Bisher sind die Segler vor allem entlang des Rheines zu finden.
  • Unbestätigt ist die Meldung eines Kanarengirlitz Serinus canaria bei Krautheim südlich von Bad Mergentheim, BaWü.
  • Bei Echzell in der Wetterau ist eine Blauflügelente im wahrsten Sinne des Wortes aufgetaucht. Sie schwimmt mit zahlreichen Knäkenten.
  • In Michelfeld bei Schwäbisch Hall hämmert ein Blutspecht an den Bäumen herum.
  • Vier Zitronenstelzen wurden diese Woche beobachtet. Am Mittwoch bei Erfurt, am Wochenende bei Königswartha bei Bauzen herum und in Trebbin, südlich von Berlin. Die Vierte hat sich in Friesoythe bei Oldenburg eingestellt.

Zwei Zitronenstelzen
Zitronenstelzen an einem Bachlauf. Foto: Imran Shah (CC 2.0)

  • Über dem Cottaer Spitzberg, im Elbsandsteingebirge zieht ein Adler, möglicherweise ein Zwergadler seine Kreise. Unter Umständen wurde er einige Tage später etwas nördlich bei Bannewitz beobachtet.
  • Bei Tornitz an der mittleren Elbe wurde am Mittwoch eine Rötelschwalbe (Cecropis daurica) beobachtet und fotografiert.
  • Neu ist auch ein Gleitaar bei Bad Bentheim im Emsland. Wir freuen uns auf Fotos.
  • Ebenfalls ein Gleitaar wurde in Rehlingen-Siersburg im Saarland beobachtet. Der Vogel ist ein vorjähriges Männchen.
  • In Essenbach bei Landshut hat sich ein Rotkopfwürger sehen lassen.
  • Ein Rallenreiher ist am Sonntag durch Sonthofen im Allgäu geflogen.
  • Ein Iberien-Zilpzalp (Phylloscopus ibericus) hat sich nach Bremen verflogen, scheint aber erst einmal dort zu bleiben und singt.

Die „immer noch da“-Meldungen:

  • Die Maskenschafstelze M. f. feldegg von der Bislicher Insel bei Wesel wurde am Freitag in Unna beobachtet.
  • Die Seidensänger bei Kranenburg an der niederländischen Grenze zwischen Kleve und Nijmegen bleiben vor Ort und singen weiter.
  • Der Scharlachsichler sichelt weiter bei Elsfleth durch die Liener Teiche.

Zu guter Letzt:

Der Hüttengärtner (Amblyornis inornata) ist eine Art aus der Familie der Laubenvögel (Ptilonorhynchidae) und kommt auf der Vogelkopf-Halbinsel in Neuguinea vor. Der schlicht gefärbte Vogel kompensiert seine Unscheinbarkeit mit dem Bau einer riesigen Balzlaube, die er mit unterschiedlichen Materialien schmückt – dabei ist er sehr ordentlich: