‚Das Gift, das sich in meine Adern schlich, ich weiß, ich werde es in mir tragen bis zu meinem Tod. Ein Schrecknis, eine Freundschaft, ein Mysterium; und dazu die Last des Gewissens, ja, des Gewissens.‘
1417. Der Étang de Vaccarès ist ein flacher salziger Strandsee in der Camargue, einem wilden, von Seen durchsetzter Landstrich von erschreckender Schönheit. Dem Volksglauben nach lebt am Ufer des Étang de Vaccarès seit Jahrhunderten ein Ungeheuer.
Der Gardian (Viehhirte) Jacques Roubaud, der dort ein karges, einsames Dasein führt, entdeckt auf einem seiner Ausritte unbekannte Hufspuren. Sie waren dünner und länger mit unregelmäßigen Schritten. In den Folgetagen tauchte die Spur immer wieder auf und entfachte die Neugier des Gardian. Nun wollte er unbedingt wissen, von welchem unbekannten Tier diese Fährte stammte und verfolgte sie über Stunden hinweg, ohne den Verursacher ausmachen zu können. Doch eines Tages gelang es ihm, das Wesen im Schilf zu überraschen. Seine Angst war groß, als er erkannte, dass der Kopf des Tieres ein menschliches Antlitz trug. Pures Entsetzen kam in ihm auf, als das Wesen begann, zu ihm zu sprechen. Der Gardian wusste nicht mehr, ob es real war, was er da sah oder ob er träumte.
Eine seltsame Verbundenheit entwickelt sich zwischen den beiden, voller Barmherzigkeit und Entsetzen, Wissensdrang und Gottesfurcht.
Buch der Kontraste, wie die Landschaft, aus der es stammt!
Das mittelalterliche Christentum und der heidnisch-ländliche Mythos der Antike ringen miteinander inmitten einer ungezähmten Natur um Macht und Einfluss auf die Herzen der Menschen. Ein Märchen im Schnittpunkt zur Moderne, das in lyrischer Prosa vom Ende der Mythen erzählt.

La Bèstio dóu Vacarés gilt als die Meistererzählung des provenzalischen Dichters Joseph d’Arbaud (1874-1950), verfasst in seiner Muttersprache Provençal und für die zweisprachige Pariser Erstausgabe 1926 von ihm selbst ins Französische übertragen (La bête du Vaccarès).
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Das Tier vom VaccarèsAuf Grundlage der Legende des Etang de Vaccarès hat der Autor seine Erzählung als handschriftliche Notizen eines Gardian – eines Viehhüters – aus dem 15. Jahrhundert verfasst. Diese Erzählung gilt als eines der Meisterwerke von d’Arbaud, der als Regionaldichter und -erzähler in Frankreich lange ignoriert wurde, da er in der Sprache der Camargue schrieb. Erst mit der Besinnung auf die Regionen steigt sein Ansehen und seine Werke werden übersetzt.
Das Tier vom Vaccarès ist nicht einfach zu bekommen. Es ist als 112seitiges Taschenbuch 2008 beim Waldgut Verlag erschienen und verlagsseitig vergriffen. Einzelne Händler haben neue Exemplare, für die erstaunliche Preise verlangt – und bezahlt werden. Gute antiquarische Exemplare hingegen gibt es für unter 10 €.
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Der Autor Joseph d’Arbaud

Joseph d’Arbaud wurde 1874 in eine großbürgerliche Familie mit adeligem Anspruch geboren. Zunächst besuchte er eine jesuitische Schule in Avignon und studierte dann Jura in Aix-en-Provence. Dort traf er das erste Mal mit jungen Schriftstellern zusammen, darunter Joachim Gasquet. Im Jahr 1900 zog es ihn in die Camargue, vor allem, um „das Gefühl der Erhabenheit, das diese kargen Regionen ausstrahlen, auf eigene Faust zu erleben.“
Seine Wahlheimat musste er 1905 bereits wieder verlassen, um sich im Schweizer Wallis einer Tuberkulose-Behandlung zu unterziehen. Hier schrieb er einen Großteil seines Werkes nieder.
Nachdem er sich erholt hatte, zog es ihn wieder nach Aix und nach Meyrargues. Hier gab er ab 1919 die regionale, literarische Zeitschrift „Le Feu“ heraus. 1946 heiratete er Yvonne Recours aus Barjols. Vier Jahre später, 1950 starb er in Barjols, wo er auch beerdigt liegt.