Medienmittwoch: Die verlorenen Arten

Große Expeditionen in die Sammlungen naturkundlicher Museen

 

In den naturkundlichen Sammlungen der Welt liegen wertvolle Schätze verborgen, unzählige Exemplare noch unbekannter Arten. Auf seiner abenteuerlichen Reise durch die Bestände zeigt Christopher Kemp, wie unerlässlich ihr Erhalt und ihre Erforschung sind – für unser Verständnis der Artenvielfalt, der Ökosysteme und für den Artenschutz.

 

 

Jedes Jahr finden und beschreiben Wissenschaftler bis zu 18 000 „neue“ biologische Arten, die in den Sammlungen naturkundlicher Museen lagern, aber bislang noch keinen oder einen falschen Namen haben – z.B. den winzigen, lungenlosen Salamander der Gattung Thorius oder den Olinguito (siehe unten) , einen puscheligen Kleinbär aus den Anden, oder Darwins Kurzflügelkäfer, der 180 Jahre lang unerkannt und falsch zugeordnet in einer Schublade des Naturhistorischen Museums London lag.

 

Wissenschaftliche Käfersammlung
Wissenschaftliche Sammlungen sind kein Selbstzweck, sondern ein Speicher von Wissen

 

So manche Art ist ausgestorben, bevor man sie entdeckt

Jede dieser Arten musste erst aus den Archiven hervorgeholt und bestimmt werden, damit wir von ihrer Existenz erfuhren. Wie wichtig das ist, zeigt dieses Buch.
Erst wenn wir wissen, dass es eine Art gibt, können wir überhaupt anfangen, sie zu erforschen, unsere Kenntnisse über die Prozesse ihrer Evolution zu vertiefen und die vielschichtigen Ökosysteme zu verstehen, in denen die Arten vorkommen. Und nur so können wir die Artenvielfalt schützen und das Artensterben eindämmen. Tragischerweise liegt manch ein Exemplar lange unerkannt in den Archiven. Es kann sein, dass seine Art bereits ausgestorben ist, ehe sie erkannt und beschrieben wird. Christopher Kemps abenteuerliche Entdeckungsreise durch die kostbaren Sammlungen ist ein überzeugendes Plädoyer für ihren Erhalt.

 

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Die verlorenen Arten

Die verlorenen Arten – Große Expeditionen in die Sammlungen naturkundlicher Museen ist im Februar 2019 bei Antje Kunstmann erschienen. Es ist als 280-seitiges gebundenes Buch oder für den Kindle erhältlich, jeweils in deutscher Sprache.

Mit dem Kauf über den Link unterstützt ihr den Betrieb dieser Website.

 

Nachtrag: Der Olinguito

Olinguito
Der Olinguito oder Anden-Makibär. Abbildung aus der Zookeys

Beim Olinguito handelt es sich um den Anden-Makibär (Bassaricyon neblina). Das Tier gehört zu den Kleinbären und ist nahe mit dem Makibär (Bassaricyon alleni) verwandt, unterscheidet sich genetisch von ihm und ist mit 32 bis 40 cm Kopf-Rumpf-Länge etwas kleiner. Sein Fell ist dichter und lebhafter gefärbt und der Schwanz nicht geringelt.

Er lebt in den Wolken- und Nebelwäldern in den nördlichen Anden, in 1500 bis 2700 m Höhe, und damit höher als die anderen Makibär-Arten. Sie sind nachtaktiv, bewohnen Bäume und ernähren sich omnivor.

 

Eigentlich waren die Tiere lange bekannt, man hielt aber für eine Variante des Makibären. 1923 wurden die ersten Exemplare für Museumssammlungen gefangen, aber erst 2006 genauer untersucht. Kristofer Helgen entdeckte, dass einige aus Kolumbien stammende, vermeintliche Makibären kleiner waren und einen anderen Schädelbau aufwiesen. Der Schädel war kleiner und anders geformt, zudem war das Fell dieser Tiere dichter. Im gleichen Jahr konnte er in der kolumbianischen Provinz Cotopaxi weitere Exemplare der Art fangen.

 

Im Nachhinein wurde bekannt, dass ein Weibchen namens Ringerl im Zoo von Washington D.C. lebte, zu dieser Art gehörte. Ringerl war zuvor in Louisville, Tuscon und Salt Lake City mit Makibärmännchen zusammengehalten worden, wurde aber trotz mehrfacher Paarungen nicht trächtig.
Offenbar gibt es eine wirksame Fortpflanzungsbarriere zwischen den Arten.

 

Taxonomisch hatte das natürlich auch seine Konsequenzen. Im 2009 erschienenen Handbook of the Mammals of the World wurde die Art bereits als Bassaricyon spec. vorgestellt. Die Erstbeschreibung konnte Kristofer Helgen nach einer genetischen Analyse 2013 veröffentlichen. Der Olinguito war damit die erste neu beschriebene Raubtierart der westlichen Hemisphäre seit 35 Jahren.

 

Wer Interesse daran hat, wie so eine Erstbeschreibung aufgebaut ist. kann es in der Zookeys nachlesen, aus der auch das Foto stammt.