Einen schönen Sonntag wünsche ich dir!
Das bislang schönste Sommerwochenende des Jahres! Fantastisches Wetter und viele Vorhaben halten mich davon ab, heute lange auszuschweifen, weshalb das „Wort zum Sonntag“ heute auch etwas kürzer wird. Ich denke, ich komme dem einen oder anderen damit auch entgegen: Nutzt das schöne Wetter, macht mal wieder einen Ausflug oder eine Radtour! Aber: Meidet bitte die überlaufenen Strände von Nord- und Ostsee. So viele Menschen auf einem Haufen… Und dann auch noch die Ansteckungsgefahr durch Corona, die leider wieder ansteigt. Ich ziehe mich deshalb heute wohl einfach in den Frieden der Natur zurück, um etwas an meinen neuen Buchprojekten zu arbeiten.
Aktion „Bücher suchen ein Zuhause“ beendet
Alle Exemplare von „Die weißen Steine – Neue Alte Welt“, die ich noch in meinem privaten Bestand hatte, sind inzwischen vergriffen. Aber keine Bange: Erstens könnt ihr die Bücher immer noch beim Ehrlich Verlag bestellen, und zweitens wir es in Zukunft sicher noch weitere solcher Aktionen geben.
https://www.ehrlich-verlag.de/produkt/die-weissen-steine-band-2-blut-der-sonne/
Bild der Woche
Friedvolle Eintracht in Hell Creek: Ein Avisaurus macht rast auf dem Rücken eines Brachychampsa. Ob das Krokodil durch seinen dicken Panzer überhaupt merkt, dass es Besuch hat?

Paläo-News
Nach der aufregenden letzten Woche, in der eine Sensation die andere jagte, war es diese Woche etwas ruhiger. Trotzdem gab es schon die eine oder andere interessante Meldung:
Ältester Hinweis auf Stein-Werkzeuge in der Türkei entdeckt!
Dass unsere frühen Vorfahren Steine benutzten, um ihren Alltag zu bestreiten, ist lange bekannt. Die ältesten dieser Werkzeuge, die eindeutig zuvor von (Vor-)Menschenhand bearbeitet wurden, stammen aus Kenia und sind über 3 Millionen Jahre alt. Steinwerkzeuge geben Archäologen aber nicht nur Auskunft über die Lebensweise, sondern auch wichtige Hinweise über die Verbreitungswege unserer Vorfahren. Dort, wo Knochenfossilien fehlen, sind sie oft die einzigen Indizien, dass und wann dort einmal Menschen lebten.

Die bislang ältesten Steinwerkzeuge in der Türkei wurden nun von Forschern der Royal Holloway University von London am Fluss Gediz in Anatolien gefunden. Das Fundstück, eine sogenannte „Flocke“, ist wohl beim Anfertigen eines Werkzeugs als Abschlagstück entstanden, und wurde vor etwa 1,2 Millionen Jahren abgelagert, also vermutlich von einer Population des Homo erectus.
Der Fund bestätigt, was schon längere Zeit bloß vermutet werden konnte: nämlich dass auch in Kleinasien schon sehr früh Menschen lebten, als Homo erectus begann, neue Teile der Welt sich zu erschließen. Die Türkei war zu dieser Zeit sozusagen das „Sprungbrett“ zum Balkan und nach Osteuropa, die er spätestens vor 1,8 Millionen Jahren schon zum ersten Mal erreichte.
Grausiger Fund: Mordopfer aus der Eisenzeit gefunden
Beim Bau einer Hochgeschwindigkeits-Bahntrasse zwischen Birmingham und London wurden archäologische Überreste eines Dorfes entdeckt, dass über einen langen Zeitraum von vor etwa 2.000 bis 3.000 Jahren bewohnt war. Das Gelände wird nun archäologisch auf weitere Funde untersucht, wobei schon einige wertvolle Entdeckungen gemacht worden.
Ein besonders grausiger Fund trat nun bei Wellwick Farm, nahe Wendover zutage: dort stießen die Forscher auf ein Skelett eines Mannes, der vor etwa 2.500 eines gewaltsamen Todes starb. Offenbar hatte man den Mann aus der frühen Eisenzeit gefesselt, seine Hände unter dem Becken zusammengebunden und ihn dann in Bauchlage in einen Graben geworfen.
Das Skelett soll nun von Forensikern genauer untersucht werden, um die genauen Todesumstände zu ermitteln.
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Neue fossile Eule aus dem Eozän entdeckt: Primoptynx poliotauros
In der nordamerikanischen Willwood Formation entdeckten Forscher das nahezu vollständige Skelett einer Eule aus dem Eozän, also der Zeit etwa zehn Millionen Jahre nach dem Aussterben der Dinosaurier. Mit einem Alter von rund 55 Millionen Jahren gehört der Vogel, den die Forscher als Primoptynx poliotauros beschrieben, zu den ältesten bekannten Eulen überhaupt, und es das älteste, das so gut und so vollständig überliefert ist.
Primoptynx war allerdings anatomisch noch etwas anders gebaut als seine modernen Verwandten. Er benutzte offenbar noch seine Fußkrallen zum Überwältigen und Töten seiner Beute, war also ein Grifftöter, während moderne Eulen dafür ihren Schnabel verwenden und zu den Bisstötern zählen.
Artikel zum Weiterlesen (vielen Dank an die Autorin!)
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Neue Funde aus der Ischigualasto Formation: Der Ursprung der Dinosaurier
Die Entwicklungsgeschichte der Dinosaurier war lange Zeit ein großes Mysterium. Erst seit Ende des letzten Jahrtausends fällt nach und nach etwas Licht auf die komplexen Zusammenhänge, und kaum ein Ort demonstriert die frühen Anfange der Dinos besser als die Ischigualasto-Formation in der Provinz La Rioja, im Süden Argentiniens.

Bei Grabungen in den letzten Jahren traten neue Funde zutage, die belegen, dass der Ursprung aller Dinosaurier-Linien wohl tatsächlich im Süden Pangaeas, des damaligen Superkontinents, gelegen haben muss. Dort kamen schon Vertreter – oder zumindest frühe Verwandte – aller Großgruppen der Dinosaurier vor: Herrerasaurus gehört zur urtümlichen Linie der nach ihm benannten Herrerasaurier, der kleine Eoraptor steht den Theropoden nahe, Guaibasaurus könnte ein früher Sauropodomorph sein, und der nun in einer neuen Studie genauer betrachtete Pisanosaurus einer der ersten Ornithischier.

Die systematische Stellung von Pisanosaurus ist schon seit vier Jahrzehnten umstritten. Manche Forscher erkannten in ihm schon früh einen urtümlichen Ornithischier und damit einen gemeinsamen Urahnen aller Entenschnabelsaurier, Horndinosaurier und der gepanzerten Stego- und Ankylosaurier. Andere haben Pisanosaurus überhaupt nicht den Dinosauriern zugerechnet, sondern ihn zu deren Schwestergruppe, den Silesauriden gesteckt. Das nun neuunterschuchte Fossil rückt die Beweislage wieder näher in Richtung „basaler Ornithischier“. Doch ob dieser alte Streit jemals zum Erliegen kommt, bleibt abzusehen.
Neue Studie wirft Licht auf komplexe Phylogenie der Flugsaurier
Die Pterosaurier waren nicht nur die ersten Wirbeltiere, die aktiv zu fliegen lernten, sie waren auch die mit Abstand größten Wesen, die sich jemals in die Lüfte erhoben. Die größten Arten erreichten über 10 m Flügelspannweite, doch flogen sie nicht mit Federn so wie Vögel, sondern mithilfe einer Flugmembran, die sich zwischen ihrem Körper und dem extrem verlängerten vierten Finger aufspannte.

Die genauen Verwandtschaftsverhältnisse der Flugsaurier ist jedoch nach wie vor ein Rätsel in der Paläontologie. Die „klassische“ Systematik, die die Pterosaurier einst in „Kurzschwanzflugsaurier“ und „Langschwanzflugsaurier“ aufteilte, ist inzwischen überholt und verworfen. Seither bemühen sich die Paläontologen, anhand der morphologischen Merkmale genaueres über den Abstammungsweg der Pterosaurier herauszufinden.
Die neueste Abhandlung über diese interessanten Tiere von Matthew Baron erschien kürzlich bei PeerJ.
Es jagte und fraß Dinosaurier: Neue Art von Monster-Krokodil beschrieben!
Im Nordamerika der späten Kreidezeit, von vor etwa 80 bis 75 Millionen Jahren, stand an der Spitze der Nahrungskette – nein, nicht der Tyrannosaurus rex. Der lebte erst etwa zehn Millionen Jahre später. Vor seiner Zeit beherrschte die tropischen Sümpfe und Lagunen des nordamerikanischen Kontinents ein gewaltiges Krokodil: Deinosuchus. Mit einer Länge von über 10 Metern gehörte es zu den größten Krokodilen aller Zeiten.

Und es ernährte sich von Dinosauriern! Wie Bissmarken auf den Knochen von Hadrosauriern enthüllen, dürfte Deinosuchus ihnen genauso aufgelauert haben, wie es heutige Nilkrokodile mit ihren Opfern tun. Nur war dieses Spektakel damals wohl noch um einige Größenordnungen krasser.
Allerdings herrscht unter Wissenschaftler Streit, ob alle Deinosuchus-Fossilien zu einer einzigen Art gehören, oder ob es in dem weiten Verbreitungsgebiet mehrere Arten von ihm gab. Seine Fossilien wurden auf dem Gebiet beider damaligen Teilkontinente, zwischen denen damals ein Flachmeer lag, gefunden: Deinosuchus kam sowohl im Westen (Laramidia) und im Osten (Appalachia) vor.
In einer neuen Revision untersuchten Adam P. Cossette und Christopher A. Brochu die Fossilien dieses großen Krokodils und unterzogen die bisherigen Studien einer Revision. Da das Fossilmaterial des Holotyps, seinerzeit als Deinosuchus hatcheri sehr unvollständig ist, kann zwischen den drei bekannten Spezies (neben D. hatcheri auch D. riograndensis und D. rugosus) nicht differenziert werden. Um Klarheit zu schaffen, schlagen sie vor, D. riograndensis als Typusart festzulegen, da von ihm die meisten und vollständigsten Fossilien vorliegen. Das Material von D. rugosus besitzt keine diagnostischen Merkmale und ist daher als Nomen dubium einzustufen. Einige Exemplare, die zuvor D. rugosus zugeschrieben wurden, weisen jedoch sehr wohl eigene diagnostische Merkmale auf, und so konnten Cossette und Brochu hier erstmalig eine neue Art, D. schwimmeri beschreiben.
Herkunft weiterer Stonehenge-Steine geklärt
Schon vor einigen Jahren konnten Wissenschaftler durch geologisch-chemische Analysen feststellen, dass die kleineren „Bausteine“ aus einem Steinbruch in Wales nach Stonehenge gebracht wurden – aus der für damalige Maßstäbe ungeheuren Entfernung von ganzen 200 Kilometern! Die Herkunft der großen Megalithen, die den größten Teil des Steinkreises ausmachen, blieb lange Zeit ein Rätsel.

Doch eine neue archäologisch-geologische Untersuchung weist nun West Woods in Wiltshire als ihren Herkunftsort aus, und der liegt „nur“ etwas mehr als 20km entfernt. Wie die Menschen vor über 5.000 Jahren die viele Tonnen schweren Steine über so große Entfernungen befördern konnten, ist aber weiterhin ein Rätsel. Allerdings decken neue archäologische Funde immer mehr über die offenbar sehr gut organisierten und dynamischen Kulturen der Jungsteinzeit und Bronzezeit Großbritanniens auf. Man darf gespannt sein, was sich aus weiteren Forschungen noch ergeben wird!
Sexualparasitismus: ungewöhnliches Paarungsverhalten bei Anglerfischen
Die Tiefsee ist wohl der geheimnisvollste Lebensraum unseres Planeten. Unter hohem Druck und in einer Tiefe, in die kein Lichtstrahl der Sonne mehr vordringt, lebt trotz lebensfeindlicher Bedingungen eine genauso artenreiche wie bizarre Tierwelt.
Zu den bizarrsten Lebewesen dort gehören die Anglerfische, über die nun ein weiteres interessantes Detail bekannt wurde: wenn sich ein geschlechtsreifes Männchen und Weibchen in der ewigen Finsternis dort unten finden, heftet sich das Männchen ans Weibchen an und verschmilzt mit ihm. Über die Haut entsteht eine Verbindung, die das Männchen an den Blutkreislauf des Weibchens ankoppelt und es völlig abhängig von seiner Partnerin macht. Es frisst und atmet nur noch über sie – und würde sterben, wenn er von ihr gelöst würde.

Diese Form des Sexualparasitismus ist einzigartig im Tierreich und eine Anpassung an die extrem schwierigen Umstände, unter denen Anglerfische nach Fortpflanzungspartnern suchen müssen. So kann das Männchen seine Partnerin mehrfach befruchten und erspart ihr die Suche nach einem neuen Partner.
Möglich ist das allerdings nur durch eine extreme Modifikation des Immunsystems: Anglerfische besitzen quasi keins. Andernfalls würde der Körper des Weibchens das Männchen als Fremdkörper abstoßen. Sie wehren Krankheitskeime lediglich über Schleimhautsekrete ab, die sie vor Infektionen schützen.
Das war es schon für heute mit den Nachrichten aus der Urzeit!
Artikel der Woche
In meinem „Artikel der Woche“ nahm ich im Laufe meiner Reihe „Film vs. Wissenschaft“ die preisgekrönte Dinosaurier-Doku „Im Reich der Giganten“ aufs Korn und die erste Folge „Neues Blut“ auseinander. Wer wissen möchte, wie aktuell diese Dokumentation nach inzwischen schon 21 Jahren ist, seit sie das erste Mal im Fernsehen lief, der darf sich gerne meinen Beitrag auf Facebook Facebook durchlesen.
Ich wünsche dir nun noch einen schönen Sonntag, bleib gesund und bis zum nächsten Mal!
Liebe Grüße,
Markus Peter Kretschmer