Einen schönen Sonntag wünsche ich dir!
Endlich Wochenende! Nach einer anstrengenden Woche komme ich nun endlich einmal zur Ruhe. Da ich bald ein neues Projekt an einem Museum beginnen werde und dafür noch einige Formalia zu klären hatte, kam ich diese Woche kaum zur Ruhe. Der ganze Stress ist mir sogar etwas auf den Magen geschlagen.
Heute geht es mir aber schon etwas besser, aber beim Blick in den Fernseher wird mir gleich schon wieder schlecht. Wieder eine Egoisten-Versammlung von Kurzdenkern, die nicht geschnallt haben, dass die Corona-Regeln uns allen auf den Senkel gehen, aber dass sie verdammt nochmal notwendig sind. Über 6.000 Menschen sterben täglich weltweit an dieser schlimmen Seuche. Das sind pro Tag fast doppelt so viele, wie beim Anschlag auf das World Trade Center gestorben sind. Insgesamt sind bislang fast 900.000 Menschen dem Virus erlegen, also mehr als dreimal so viele wie der Tsunami-Katastrophe in Südostasien 2004. Die bislang größte Katastrophe unseres Jahrtausends zieht weiter ihre Kreise, und noch ist leider kein Ende, aber dafür vielleicht sogar jede Menge neue Anfänge in Sicht.
Keine öffentlichen Lesungen und Dino-Treffen mehr im Jahr 2020
Aus diesem Grund wird es dieses Jahr keine Lesungen und Dinotreffen mehr geben, wie ich traurigerweise heute schon ankündigen muss. Ich möchte es nicht verantworten, da sich bei meinen Veranstaltungen regelmäßig Menschen aus allen möglichen Teilen Deutschland, auch aus Österreich und der Schweiz zusammenkommen. Um die Ausbreitung des Virus einzuschränken, muss auch ich mich einschränken. Und ich bin tatsächlich lieber ein Teil der Lösung als des Problems. Es bleibt nur die Hoffnung, dass sich das Virus irgendwann abschwächt, oder dass neue Heilmittel oder endlich der lang ersehnte Impfstoff ihre Wirkung zeigen.
Bild der Woche
Noch ein fantastisches Bild von den Blue Rhino Studios: Diesmal mit einem nebelverhangenen Flussufer, wie immer aus Hell Creek. Welche Tiere könnt ihr darauf entdecken?
Paläo-News
Sofort geht es los mit den Nachrichten aus der Urzeit! Diese Woche waren wieder einige interessante Entdeckungen dabei, die in der Fachpresse veröffentlicht wurden:
Frühe Biber bauten keine Dämme!
Abgesehen von dem Menschen gibt es noch ein Tier, das wie kaum ein anderes seine Umwelt umformt und dabei tiefgreifende Veränderungen seines Ökosystems herbeiführt, um die Bedingungen dort seinen Bedürfnissen anzupassen: der Biber. Die großen Nager sind dafür bekannt, Bäume zu fällen, Damme zu bauen, Flüsse aufzustauen und dabei ganze Landschaften zu überfluten.
Wissenschaftler eines internationalen Forschungsteams fanden nun allerdings heraus, dass sie das noch gar nicht so lange machen: Biber der vier Millionen Jahre alten Gattung Dipoides haben offenbar Bäume allein zu Nahrungszwecken gefällt. Das verrieten den Forschern Isotopenanalysen von Holzfossilien mit eindeutigen Nagespuren, die von den Ur-Bibern angeknabbert wurden. Die chemische Signatur ist dabei eindeutig: zum Dammbau wurden die Zweige definitiv nicht eingesetzt.
Noch ältere Fossilien zeigen, dass die Vorfahren der Biber bereits seit rund 20 Millionen Jahre Bäume fällen und Holz zernagen. Aber es als Bau- und Werkstoff einzusetzen, trauen sie sich offenbar erst seit dem Pleistozän. Was zu dieser radikalen Verhaltensänderung führte, muss aber noch weiter erforscht werden.
Vielen Dank an GeoHorizon für den interessanten Artikel!
Spektakulärer Fund: Faultier-Knochen mit Angriffsspuren eines gigantischen Krokodils entdeckt!
Es war wohl kein guter Tag für das Riesenfaultier, das vor etwa 13 Millionen Jahren an einen Fluss in Peru kam, um dort zu trinken. Dort lautete ein Krokodil, dass sich das Faultier schnappte und in die Tiefe zerrte.
Der Knochen des Faultiers wurde von Wissenschaftlern nun gefunden, zusammen mit 46 Bissmarken, die der Angreifer auf ihnen hinterließ. Bei dem Angreifer handelte es sich nach Analyse der Bissmuster um einen Purussaurus, offenbar noch ein verhältnismäßig junges Exemplar. Ausgewachsen hätte dieser Gigant, der zu den größten Krokodilen der Erdgeschichte zählte und eng mit den heutigen Kaimanen verwandt war, mehr als 10m Länge und eine doppelt so hohe Beißkraft wie jedes heute noch lebende Krokodil gehabt. Schon das Jungtier biss mit einer derartigen Gewalt zu, dass seine Zähne den massiven Knochen des Faultiers komplett perforierten. Seine Zähne waren größer als eine menschliche Hand.
Die Las Pebas Formation gab schon häufiger Fossilien einer interessanten Paläo-Fauna frei, doch diese Momentaufnahme eines Angriffs gehört definitiv zu den spektakulärsten Funden jener Zeit.
Bildquellen: CNN
Neue Studie: sind „Silesauriden“ der Ursprung der Vogelbecken-Dinosaurier?
Triceratops, Stegosaurus, Parasaurolophus… Viele der bekanntesten Dinosaurier stammen aus der so erfolgreichen wie auch vielseitigen Gruppe der Ornithischier, auch „Vogelbecken-Dinosaurier“ genannt. Schon vor über 150 Jahren ordnete der englische Paläontologe Harry G. Seeley die Dinosaurier zwei großen Gruppen zu, die er hinsichtlichs des Baus ihrer Beckenknochen unterschied. Die andere große Gruppe sind die Saurischier (Echsenbecken-Dinosaurier), zu denen sowohl die fleischfressenden Theropoden als auch die langhalsigen Sauropoden gehören.
Doch ob diese Systematik so ganz richtig ist, ist seit einigen Jahren schon umstritten. Besonders an der Basis der Dinosaurier wird seitdem heftig herumgeschoben. Dabei steht vor allem die Frage voran: was ist eigentlich (schon) ein Dinosaurier, was aber (noch) nicht?

Eine dieser umstrittenen Gruppen, die Silesauriden, ist nun Gegenstand einer aktuellen Studie, bei der die Forscher die Morphologie der frühen Dino-Verwandten untersuchten. Sie fanden dabei heraus, dass diese zuvor als „Schwestergruppe“ zu den Dinosauriern bekannte Tiergruppe erstens nicht monophyletisch sind, also gar keine verwandtschaftliche Einheit bildeten, und zweitens doch den Vogelbecken-Dinosauriern näherstehen als diese wiederum allen anderen Dinosauriern. Folglich werden viele Arten nun als basale Dinosaurier geführt, einige sogar als die urtümlichsten Vorfahren der Vogelbecken-Dinosaurier.
Bildquelle und Link zur Studie
Paläontologin findet Dinosaurier – beim Joggen!
Sport ist auch für Paläontologen wichtig. Umso besser, wenn man bei der täglichen Fitness auch den Fund seines Lebens machen kann: so erging es Elsa Panciroli, als sie auf der schottischen Isle of Eigg eine abendliche Jogging-Runde drehte und auf dem Rückweg zu ihrem Forschungscamp war.

Beim Laufen fielen der geschulten Fossilienexpertin einige Strukturen im Fels auf, die sich als die Knochen eines Stegosauriers entpuppten, der dort – genau wie Panciroli – einst joggen war, nur etwa 166 Millionen Jahre früher. Erst Anfang des Jahres waren auf der nahegelegenen Isle of Skye Fußspuren von Stegosauriden gefunden worden. Nun scheint auch ihr Urheber identifiziert worden zu sein.

Die fossilen Knochen wurden inzwischen geborgen und ins National Museum of Edinburgh gebracht, wo sie ausgestellt und natürlich weiter untersucht werden. Da beim vorhandenen Material noch keine diagnostischen Merkmale festgestellt werden konnten, konnte der schottische Stegosaurier noch keiner bekannten Art zugeordnet werden. Weitere Forschungen werden zeigen, ob er eventuell noch einen eigenen Namen bekommt, worauf Panciroli und ihr Kollege und Co-Autor Steve Brusatte in ihrem Paper aber erstmal verzichtet haben.

Baby-Sauropoden schlüpften mit Hilfe eines „Nasenhöckers“
Sauropoden waren mit Abstand die gewaltigen Tiere, die jemals auf der Erde liefen. Doch wie jedes Tier fingen diese Giganten, von denen einige Arten eine Lange von über 35 m, ein Gewicht von mehr als 70 Tonnen und die Höhe eines sechsstöckigen Hochhauses erreichen konnten, auch mal ganz klein an: selbst die größten Arten legten Eier, die kaum größer waren als ein Fußball. Das kleine Wesen im Innern kam mit einem Gewicht von unter 2 kg zur Welt.
Doch wie genau befreite sich ein Baby-Sauropode aus seinem Ei? Die exzellent erhaltenen Eier aus Auca Mahuevo in Argentinien, die bereits vor 25 dort freigelegt wurden, haben Forscher nun auf ein neues „Feature“ aufmerksam gemacht. Wissenschaftler der Universität von Uppsala in Schweden vermaßen und rekonstruierten zum ersten Mal den Schädel eines bislang unbestimmten Titanosaurier- Schlüpflings und erstellten mit 3D-Technologie ein perfektes Abbild seines kleinen Köpfchens.
Dabei stellten die Forscher eine erstaunliche Kopfform mit einer interessanten Struktur fest: ganz ähnlich des Eizahns bei heutigen Hühnern besaßen der klein Titanosaurier einen spitz zulaufenden Höcker knapp über der winzigen Schnauze. So war es für ihn möglich, die Eierschale beim Schlüpfen von Innen heraus zu durchstoßen und sich aus ihr zu befreien.
Bildquelle und Link zur Studie:
6,1°C kälter als heute: Forscher bestimmen Durchschnittstemperatur während der letzten Kaltzeit
Wissenschaftler der Universität von Arizona haben nun mithilfe neuer Forschungsmethoden die Jahresdurchschnittstemperatur während des letzten Kälte-Tiefpunkts des Weichsel-Würm-Glazials vor etwa 20.000 Jahren bestimmt. Dabei verglichen sie die Proben aus verschiedenen Teilen der Welt und werteten sie mit Blick auf vier verschiedene geochemische Anzeiger aus. Aus dem Verhältnis von Magnesium zu Calcium in fossilem Plankton, dem Gehalt verschiedener Kohlenwasserstoff oder bestimmter Sauerstoff-Isotope konnten sie relativ genau die durchschnittlichen Temperaturen an diesen Orten bestimmen.

Interessant dabei: entlang der Beringstraße war es damals verhältnismäßig mild. Die Gletscher ließen einige Korridore offen, durch die der Weg nach Amerika frei war – ein wichtiger Anhaltspunkt zur Erforschung der Besiedlungsgeschichte des Doppelkontinents.
Auch für den Blick auf aktuelle Problematiken wie den Klimawandel und die Rolle von CO2 und anderer Klimagase zieht die Studie neue Horizonte. Im Mittel steige die Weltdurchschnittstemperatur bei jeder Verdoppelung des CO2-Spiegels um ganze 3,4° C an. Heute liegt der CO2-Pegel mit mehr als 410 ppm schon mehr als doppelt so hoch wie vor 20.000 Jahren und steigt weiter. Die Auswirkungen auf das Klima der Zukunft könnten demnach fatal sein.
Natürliche Selektion: Neandertaler-Gene schadeten Hybriden!
Die moderne Genforschung kam in den letzten Jahren zu einigen erstaunlichen Ergebnissen: dass sich unsere Vorfahren mit anderen Frühmenschen vermischten, gilt inzwischen als sicher, denn alle Menschen nördlich der Sahara tragen noch heute Gensequenzen in ihrem Erbgut, die sie von Neandertalern, Denisova-Menschen und noch einigen anderen Menschenpopulationen geerbt haben.
Bei Europäern liegt der Anteil der Neandertaler-Gene zum Beispiel zwischen 2 und 6%.

Eine interessante Frage ist: wieso ist dieser Anteil aber so niedrig? Statistisch gesehen müsste sich der Erbanteil der anderen Frühmenschen erheblich deutlicher in unserem Genom niederschlagen, als es tatsächlich der Fall ist, so Forscher der Stanford University.
Sie wiesen in ihrer Studie nach, dass eine bestimmte Klasse von Erbgutsequenzen, die Enhancer, deutlich weniger Neandertaler-DNS enthalten als erwartet. Enhancer sind Erbgutabschnitte, die beeinflussen, wie oft die codierten Gene abgelesen werden.
Zu erklären ist das dadurch, dass es bei der Vermischung oft zu Merkmal-Ausprägungen kam, die sich nicht immer nur als nützlich für ihre Träger erwiesen. Besonders gründlich ausselektiert worden sind offenbar die alten Gensequenzen beim Aufbau des Hirngewebes, aber auch bestimmte Variationen beim Bau der Muskulatur.
Obwohl in früheren Studien zwar erwiesen wurde, dass bestimmte Neandertaler-Gene die Fruchtbarkeit von Frauen erhöhten und das Risiko für Fehlgeburten minimieren, gab es trotzdem wohl einige Nachteile, die sich bei den Hybriden als negativ oder sogar lebensbedrohlich erwiesen. So wurden die archaischen Genvariationen nach und nach von der natürlichen Selektion ausgesiebt.
Alter Dino, neu beschrieben: Scelidosaurus harrisonii
Zu den ersten gefundenen und beschriebenen Dinosauriern überhaupt gehört Scelidosaurus harrisonii, der bereits im Jahre 1858 vom berühmten Anatom (und Namensgeber der „Dinosaurier“) Richard Owen beschrieben wurde. Owen verfasste seinerzeit allerdings ein eher kurzes und wenig sorgfältiges Paper, und das, obwohl das Holotyp-Exemplar sehr gut erhalten und nahezu vollständig war.

Mehr als 160 Jahre später machte sich nun Cambridge-Professor David Norman erneut daran, das Fossil genauer zu untersuchen. Drei ganze Jahre schenkte er dem Dinosaurier, der in der Zeit des frühen Jura vor etwa 193 Millionen Jahren in England lebte, seine Aufmerksamkeit, und beschrieb ihn in einer umfangreichen Arbeit neu. Norman stellte dabei auch viele bislang unbekannte Merkmale fest: so besaß Scelidosaurus Hörner am Hinterkopf. Der Bau des Skeletts weist außerdem darauf hin, dass er wohl doch kein basaler Thyreophore war, also noch der gemeinsamen Vorfahrenlinie der späteren Stegosaurier und Ankylosaurier entstammte, sondern bereits abgeleitet war und nunmehr als frühester bekannter Ankylosaurier gelten kann.
Lystrosaurier aus der Antarktis hielten Winterschlaf!
Während der frühen Trias, in der Zeit von vor etwa 245 Millionen Jahren, bildeten alle Kontinente noch eine einzige, zusammenhängende Landmasse namens Pangaea. Die Welt hatte gerade erst das schlimmste Massenaussterben aller Zeiten hinter sich, und die Tiere begannen sich gerade erst von dieser Katastrophe zu erholen. Noch vor dem Erscheinen der ersten Dinosaurier gehörten die säugetierähnlichen Therapsiden wie Lystrosaurier zu den erfolgreichsten Tieren ihrer Zeit, die über große Teile der Welt verbreitet waren.

Um sich an verschiedene Lebensräume anzupassen, setzten Lystrosaurier in verschiedenen Teilen der Welt aber wohl auf unterschiedliche Überlebensstrategien, wie Forscher der Harvard University und der University of Washington nun gemeinsam herausfanden. Sie schnitten die Stoßzähne von Tieren, die in Südafrika gefunden wurden, und verglichen sie mit ihren Vettern von Antarktika, das auch schon damals südlich des Polarkreises lag.

Während die Stoßzähne der Tiere aus den gemäßigten Breiten ein kontinuierliches Muster aus Wachstum und Abnutzung zeigten, wiesen die Tiere aus Antarktika dicke, engmaschige Ringe auf, die auf eine verringerte Dentin-Produktion hinweisen, die jedes Jahr wieder auftrat. Das gleiche Muster findet sich heute bei Säugetieren, die den Winter im Kälteschlaf verbringen und dabei ihren Stoffwechsel auf ein Minimum herunterfahren.
In den dunklen Monaten der Polarnacht, in welcher die Pflanzenfresser kaum Nahrung fanden und bitterkalten Temperaturen ausgesetzt waren, zogen sich also wahrscheinlich bereits die Lystrosaurier zurück, um den Winter zu verschlafen.
Artikel der Woche
Der Artikel der Woche setzte meine Reihe „Film vs. Wissenschaft“ fort und damit auch mein Special über die berühmte BBC-Doku „Im Reich der Giganten“, die 1999 zum ersten Mal ausgestrahlt wurde. Wieviel an der Doku mit dem Wissensstand von heute tatsächlich geändert werden müsste, und wie sehr sich besonders die Folge „Eine grausame See“ dann von ihrem Original unterscheiden würde, lest ihr hier.
Vielen Dank für Deine Aufmerksamkeit, viele Grüße aus Kiel und einen schönen Sonntag!
Markus Kretschmer