Hat ein Bigfoot Rechte? Teil 2

Lesedauer: etwa 20 Minuten
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Mensch (und Bigfoot) im biologischen Sinne

Was ist nun eigentlich ein Mensch? Der Verfasser ist ein Mensch, der Leser wohl ebenso und selbst die garstige Nachbarin von Gegenüber ist ein Mensch. Wenn wir einen Menschen sehen, erkennen wir ihn auch.

Das ist eigentlich auch nicht sehr schwierig. Die Tatsache alleine, dass wir uns ohne weitere Zusätze bloß an Menschen bezeichnen, deutet das schon an. Homo, das lateinische Wort für den Menschen ist eine Gattungsbezeichnung. Der Homo sapiens kann es sich nur deswegen erlauben, sich ohne Weiteres mit seinem Gattungsnamen zu betiteln, weil die übrigen Menschenarten ausgestorben sind. Soweit ist jedenfalls der Stand der Forschung.

 

 

Daher auch brauchten sich Menschenrechtler wie Gesetzgeber bis jetzt auch nicht mit der Frage beschäftigen, welche Rechte den übrigen Menschenarten zugestanden hätten. Was soll auch ein keulenschwingender Höhlenmensch mit Menschenrechten anfangen?

 

Jeder von uns ist (mindestens) zwei (Arten)

Ganz so irrelevant ist die Frage aber dann doch nicht. Wir sind nämlich keine „reinen“ Homo sapiens. Präziser gesprochen stammt der moderne Mensch nicht von einer einzigen Art ab, sondern von mindestens zwei Arten.

 

Der europäisch-stämmige Mensch (d.h. z.B. auch weiße US-Amerikaner) sowie der asiatisch-stämmige Mensch stammt teilweise vom Neandertaler ab. Etwa zwei Prozent seiner Gene lassen sich eindeutig auf ihn zurückführen.

Inzwischen gilt die Annahme als widerlegt, nach der afrikanisch-stämmige Menschen nicht über Neandertaler-DNA verfügen. So war Joshua Akey von der Princeton-Universität an einer Studie beteiligt, die die Erbinformationen der Afrikaner aufschlüsseln sollte. Man kam zum Schluss, dass etwa 2/3 Prozent afrikanischer DNA auf den Neandertaler zurückzuführen sind.

 

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Humangenetik: Eine kurze Geschichte von jedem, der jemals gelebt hat

Wussten Sie, dass jeder von uns Karl den Großen zu seinen Vorfahren zählen kann? Dass Neandertaler mitnichten eine eigene Spezies sind, genetisch so etwas wie Rasse gar nicht existiert und die Rothaarigen allen Unkenrufen zum Trotz nicht aussterben werden?
Wo kommen wir her? Was ist der Mensch? Seit das Genom, der komplette Erbgut-Satz eines Menschen, hunderttausendfach entschlüsselt («sequenziert») worden ist, erobert die Genforschung immer weitere Felder. Das Neueste: Weil unserem Genom auch die Evolution unserer Spezies eingeschrieben ist, schreiben Genforscher jetzt an der Seite von Archäologen und Historikern auch Menschheitsgeschichte.

Altes Wissen wird revidiert

Sie haben dabei überraschende Erkenntnisse gewonnen. Und manches Wissen von gestern erweist sich als Mythos, zumal inzwischen auch das Genmaterial sehr alter Knochenfunde «zum Sprechen» gebracht werden kann.
Ein Science-Schmöker für jedermann, der sich für dieses neue Wissensfeld interessiert, zugleich gibt der Autor eine beiläufige Einführung für jedermann in die Vererbungslehre. 150 Jahre nach Darwin gibt Rutherford einen ausgezeichneten Überblick darüber, was wir inzwischen wissen können und auch darüber, was wir eben nicht wissen.

 

Eine kurze Geschichte von jedem, der jemals gelebt hat ist 2018 bei Rowohlt erschienen und hat satte 464 Seiten in deutscher Sprache.

 

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Dazu kommt bei Asiaten noch DNA des Denisova-Menschen. Ja nach der genauen geografischen Lage variiert der Anteil. Im Extremfall – bei Melanesiern nämlich – kann er bis zu sechs Prozent betragen.

Es existierten also Menschen-Arten, die mit dem modernen Menschen zumindest teilweise fortpflanzungsfähigen Nachwuchs zeugen konnten. Anderweitig ließen sich diese archaischen Anteile in der DNA des heutigen Menschen nicht erklären. Dementsprechend eng muss die Verwandtschaft der verschiedenen Menschenarten gewesen sein.

Wenn sich heute also etwa noch ein lebender Neandertaler finden ließe, würde dies sicherlich eine Debatte anstoßen. Von allen moralischen Überzeugungen abgesehen und rein biologisch betrachtet würde sich nämlich die Frage stellen: Ist seine Verwandtschaft mit dem modernen Menschen eng genug, um ihm alleine aufgrund dessen Menschenrechte zuzugestehen?

 

Wie eng die Verwandtschaft des hypothetischen Bigfoot mit dem modernen Menschen wäre, lässt sich freilich schwer vorhersagen. Wenn aber bereits ein Präzedenzfall wie etwa der existieren würde, würde dies die Argumente für Bigfoot-Rechte stärken.

 

Neandertaler
Schön ist er nicht, aber er fällt auch nicht wirklich auf: der Neandertaler (Foto im Neanderthal-Museum, Mettmann)

 

Bigfoot als Halbmensch – Die Theorien der Melba S. Ketchum

Für Aufsehen sorgte eine Studie, die die US-Amerikanerin Melba S. Ketchum 2013 in Zusammenarbeit mit einem über ganz Nordamerika verstreuten Team veröffentlichte. Darin wurde behauptet, dass man die Existenz des Bigfoot bewiesen habe.

 

Dass dieser Beweis nicht so eindeutig war, wie Ketchum et al. ankündigten, dürfte wohl naheliegend sein. Sonst hätten sich auch Medien (und Wissenschaftler!) außerhalb der kryptozoologischen Szene weitaus stärker damit befasst. Kurz gesagt: Die Studie wurde vielfach kritisiert. Die Hintergründe umfassend zu erläutern, würde allerdings zu stark vom eigentlichen Thema ablenken. Schließlich lautet in diesem Artikel die Frage nicht, ob der Bigfoot existiert. Stattdessen soll diskutiert werden, ob bzw. unter welchen Umständen dem Bigfoot Menschenrechte zustehen würden.

 

In einem früheren Abschnitt wurde erwähnt, dass der Mensch laut der UNESCO als eine einzige Art ohne Unterarten definiert ist. Zugleich wird aber auch anerkannt, dass es in der Vergangenheit zur Hybridisierung mit anderen Menschenarten gekommen ist. Deren rechtlicher Status ist irrelevant, da sie bereits ausgestorben sind. Den Nachkommen dieser menschlichen Hybride sollen aber gleiche Rechte zustehen, ungeachtet dessen, wie groß der Anteil einer ausgestorbenen Art an ihrer DNA ist.

Hier kommen nun Ketchum et al. ins Spiel. Sie hatten eine DNA-Analyse vornehmlich von Haaren, aber auch Blut, Speichel und Gewebe angeblicher Bigfoots durchgeführt. Dabei kamen sie zum Schluss, dass diese Proben DNA enthielten, die keiner bekannten Art zugeordnet werden konnten. Das wäre in Anbetracht der Tatsache, dass der Bigfoot noch nie wissenschaftlich beschrieben wurde, nicht weiter seltsam.

 

Die (angebliche) Sensation bestand aber vielmehr darin, dass sich andere Teile der Bigfoot-DNA ganz eindeutig einer bestimmten Art zuordnen ließen – dem Homo sapiens nämlich! Ketchum meinte sogar, genau bestimmen zu können, woher diese Menschen kamen: Aus dem Nahen Osten. Daraus schloss sie wiederum, dass diese menschlichen Vorfahren über die Bering-Straße nach Nordamerika eingewandert waren. Mit anderen Worten: Die indigene (menschliche) Bevölkerung Amerikas ist ein Vorfahr des Bigfoot!

 

 

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Bigfoot, Yeti, and the Last Neanderthal: A Geneticist’s Search for Modern Apemen

Dies ist „Das große Buch der Yetis“. Was der Leser hier bekommt, ist die Suche eines Weltklasse-Genetikers nach Beweisen für die Existenz von Big Foot, Yeti oder dem abscheulichen Schneemann. Unterwegs besucht Bryan Sykes Orte, an denen angeblich diese seltsamen Kreaturen gesichtet wurden, nimmt an Treffen von Kryptozoologen teil, erzählt die Geschichten berühmter Monsterjagd-Expeditionen und lässt mögliche Yeti-DNA durch sein hoch angesehenes Labor in Oxford laufen.

 

Sykes stellt uns die Spinner, Visionäre und Abenteurer vor, die in den letzten 100 Jahren an der Erforschung dieser möglichen wissenschaftlichen Sackgasse beteiligt waren. Sykes ist ein ernsthafter Wissenschaftler, der weiß, wie man eine Geschichte erzählt, und dies ist ein glaubwürdiger und ansprechender Bericht. Fast, aber nicht ganz menschlich üben der Yeti und seine Artgenossen aus wilden Regionen der Welt immer noch einen starken atavistischen Einfluss auf uns aus. Ist der Yeti nur ein Trugbild unserer Vorstellungskraft oder ein Überlebender unserer eigenen wilden Vorfahren? Oder ist es ein echtes Wesen? Dies ist das Geheimnis, das Bryan Sykes lüften wollte.

 

Bigfoot, Yeti and the last Neandethal… ist 2015 independent erschienen und hat als Taschenbuch 320 Seiten. Es ist in englischer Sprache geschrieben.

 

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Den anderen Vorfahren konnten Ketchum et al. nach eigenen Angaben nicht näher bestimmen. Es musste sich demnach um eine dritte Art handeln. Der Bigfoot war also ein Hybrid aus dem modernen Menschen und einem unbekannten Hominiden. Das Team hatte also sogar zwei Arten entdeckt.

Jedenfalls glaubten Ketchum et al. dies. Nicht bloß das wissenschaftliche Establishment, sondern auch etliche Kryptozoologen meldeten ihr Zweifel an – die prompt ignoriert wurden.

Angenommen, dass die Ergebnisse der Studie aber der Wahrheit entsprochen hätten, wäre Eines klar: Dem Bigfoot wären automatisch und alleine aufgrund seines biologischen Status Menschenrechte zuzugestehen. Die Unterzeichnerstaaten der „Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte“ könnten ein abweichendes Vorgehen nicht rechtfertigen.

Was aber wenn der Bigfoot nicht das Glück haben sollte, reichlich Gene des modernen Menschen in sich zu tragen? Automatisch würden ihm in diesem Fall ganz klar keine Menschenrechte zustehen.

 

Bering-Landbrücke
ungefährer Küstenverlauf um Beringia: hellbrün: nur bei maximaler Vereisung trocken, mittelgrün: bei mittlerer Vereisung trocken, braun: heutiges Land. Über diesen Weg wurde Amerika von Menschen kolonisiert, auch wenn neuere Forschungen zudem noch Nebenwege darstellen.

 

 

(Menschen-)Rechte aus philosophischer Perspektive

Alle Dokumente, die sich den Menschenrechten widmen, scheinen also bei einer biologischen Begründung zu bleiben. Diese ist die einfachste und in der Praxis sinnvollste Begründung. Sie ist allerdings nicht die logischste.

Diese Art der Begründung lässt unsere Rechte wie ein Naturgesetz wirken. Dem ist natürlich nicht so. Die Menschenrechte können theoretisch jederzeit erweitert, verringert, oder schlicht ignoriert werden – ganz im Gegensatz zu den Naturgesetzen.

 

Was also macht den Menschen so besonders, dass er so etwas wie Rechte verdient hat, die nicht von Natur aus vorkommen? Es ist eine geradezu blasphemische Frage, die mancherorts wohl eher durch einen empörten Aufschrei als durch eine sachliche Debatte beantwortet werden würde.

Der Ursprung und die Begründung des Rechts ist aber für die Frage nach den Rechten des Bigfoot sehr relevant. Wenn nämlich bekannt ist, wie und warum menschliches Recht entsteht, lassen sich Analogien zum Bigfoot ziehen. Sind ähnliche Umstände vorhanden, erscheint es sinnvoll, daraus auch ähnliche Schlüsse zu ziehen. Dem Hominiden würden also Menschen-, respektive Bigfootrechte zustehen.

 

Blick über Redwood-Wälder mit tiefhängenden Wolken
Die Redwood-Wälder an der US-Westküste gehören zu den prominentesten Bigfoot-Habitaten. Wären sie durch Bigfoot-Rechte geschützt?

 

Eine kurze Rechtfertigung der ausgewählten Philosophen

Die hier vorgestellten Ansätze stellen eine mehr oder weniger willkürliche Auswahl dar. Ihre Gemeinsamkeit besteht darin, dass sie Recht (aber nicht zwingend Gerechtigkeit) als nicht von Natur aus gegeben ansehen.

 

Nun mag es sein, dass tatsächlich ein höheres Recht besteht, als das menschgemachte. Wenn dem aber so ist, scheint seine menschliche Interpretation sehr uneinheitlich zu sein. Die diversen Religionen, sonstigen spirituellen Bewegen und auch Weltanschauungsgemeinschaften kommen hier nämlich zu sehr unterschiedlichen Schlüssen.

 

Für die persönliche Lebensgestaltung ist dies nicht weiter tragisch, da hier jedermann weitgehend eigene Verhaltensregeln aufstellen kann. Wenn es aber um universelle Rechte geht, müssen objektivere Begründungen gewählt werden. Insofern ist es nur sinnvoll, davon auszugehen, dass Recht kein Ur- oder Naturzustand ist. So kann ein Jeder die Begründung des Rechts zumindest logisch nachzuvollziehen, auch ohne sie zwingend zu teilen.

 

Anderweitig wäre die Debatte, ob dem Bigfoot Rechte zustehen, überflüssig. Ausdrücklich erwähnt dürfte er wohl in keinem noch so alten Gesetz werden. Es hinge also alles davon ab, ob das jeweilige Recht positiv oder negativ formuliert ist. Ist es positiv formuliert, stünden ihm keine Rechte zu, denn sein Anspruch wird nicht ausdrücklich erwähnt. Ist es negativ formuliert, stünden ihm Rechte zu, da diese nicht ausgeschlossen sind.

 

Damit aber zurück zum menschlichen Recht:

 

 

Thomas Hobbes: Für das Recht im Namen der Ordnung

Portrait von Thomas Hobbs
Thomas Hobbs, 1588 – 1679, englischer Philosoph, Staatstheoretiker und Mathematiker

Dass Recht sein muss, war für den britischen Philosophen Thomas Hobbes völlig klar. Dies zu begründen, war sein Anliegen. Dabei stützte sich Hobbes  – wohlgemerkt Mitte des 17. Jahrhunderts – aber nicht mehr auf göttliche Prinzipien. Vielmehr ging er davon aus, dass Recht ein zwingendes, aber menschliches Konstrukt ist.

 

Den Menschen sah er als von Natur aus eher triebhaft veranlagtes Wesen, das nach Selbsterhaltung einerseits und Glücklichsein andererseits strebt. Um diese Bedürfnisse zu befriedigen, bedient sich der Mensch im Naturzustand aller ihm zur Verfügung stehenden Möglichkeiten. Dies ist sein natürliches Recht, das aber nicht in einer Reihe von Regelungen, sondern in grenzenloser Freiheit besteht.

 

Das ist Hobbes zufolge aber nur eine ganz utopische Theorie. Völlige Freiheit ist bereits in demjenigen Moment ein Widerspruch, in dem mehrere Menschen sie für sich beanspruchen. Es entsteht nämlich ein Interessenskonflikt. So verhindern die Menschen untereinander das Erreichen ihres individuellen Glücklichseins. Zuletzt ist sogar die Selbsterhaltung bedroht, da die Menschen sich im dauernden Kriegszustand gegeneinander befinden. Es entsteht aus der grenzenlosen Freiheit heraus ein Zustand völliger Unfreiheit.

Wirklich glücklich kann der Mensch also nicht werden. Er kann aber zumindest versuchen, die dauernde Existenzbedrohung aus der Welt zu schaffen.

 

Zu diesem Zweck hat der Mensch Staaten erschaffen, von Hobbes auch als „Leviathan“ bezeichnet – ein Name, der zugleich auch Titel seines wohl bekanntesten Werkes ist. Diesen Leviathan beauftragt er, so Gesetze zu erschaffen und zu überwachen, dass diese dem Eigeninteresse des Menschen dienlich sind.

 

Dafür ist aber die Bereitschaft erforderlich, auf Rechte zu verzichten. Die Menschen, die einen Staat bilden sollen, schließen folglich einen Gesellschaftsvertrag ab. Die Menschen sind Vertragspartner, nicht aber der Staat, der ein bloßes Instrument zur Kontrolle des Vertrages ist. Solange dieses Instrument durchsetzungsfähig ist – also kein innerer oder äußerer Feind es zerstören kann – muss es beachtet werden. Der innere Feind ist dann übermächtig, wenn keine Mehrheit das Souverän, d.h. den Staat unterstützt.

 

Das Souverän sollte theoretisch im Interesse des Volkes dienen. Praktisch ist die Unterwerfung unter den Staat aber absolut, da er kein Teil des Gesellschaftsvertrages ist. So kann er auch nicht den Vertrag brechen oder Unrecht tun. Auch hat so die Minderheit, die das Souverän nicht in dieser Form gestalten wollte, keinerlei Rechte.

Trotzdem sah Hobbes diesen Zustand als den bestmöglichen an. Er bietet nämlich einen Ausweg aus der dauernden Ruhelosigkeit, die der Naturzustand mit sich bringt.

 

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Neandertal: Die Geschichte geht weiter

Im Sommer 1997 führten die Archäologen Dr. Ralf W. Schmitz und Dr. Jürgen Thissen vom Rheinischen Amt für Bodendenkmalpflege am Ufer der Düssel Sondagen durch mit dem Ziel, den Aushub der kleinen Feldhofer Grotte – jener Höhle, in der 1856 der Neandertaler entdeckt worden war – zu lokalisieren. Gestützt auf altes Kartenmaterial und die Ergebnisse von Sondagen aus dem Jahre 1984 gelang ihnen eine detektivische Glanzleistung.

Etwa 50 Meter von der alten Untersuchungsstelle entfernt konnten sie Reste lehmiger Höhlenfüllungen mit Besiedlungsspuren des eiszeitlichen Menschen entdecken. Dieser Aushub war von Steinbrucharbeitern 1856 vor der Sprengung der Kalkfelsen aus den Höhlen herausgeschaufelt und am Düsselufer aufgehäuft worden. Sprengschutt überdeckte die Abraumhaufen und hat sie so vor der endgültigen Zerstörung bewahrt. Neben Steinwerkzeugen und Faunenresten fanden die Ausgräber darin auch zahlreiche Fragmente von Menschenknochen. War die Wiederentdeckung der Fundstätte bereits eine Sensation, so erschien ein weiterer Fund geradezu unglaublich!

 

Neandertal: Die Geschichte geht weiter ist 2002 im Spektrum Akademischer Verlag erschienen und hat 346 Seiten. Es ist ein wissenschaftlicher Bericht, der sich mehr als spannender Krimi liest…

 

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Max Stirner: Gegen die Menschenrechte im Namen des Naturrechts

Max Stirner
Max Stirner, 1806 – 1856, deutscher Philosoph und Schriftsteller

Dass Menschen bereits sind, Teile ihres natürlichen Rechtes aufzugeben, meinte auch der deutsche Philosoph Max Stirner erkannt zu haben. In seinem (einzigen) Buch „Der Einzige und sein Eigentum“ aus dem Jahr 1844 verwirft er jedoch den Gedanken, dass das Recht gerechtfertigt werden kann.

 

Wie auch Hobbes geht Stirner davon aus, dass der Mensch von Natur aus zunächst einmal zu Allem berechtigt ist. Erst der Staat oder eine andere mächtige Kontrollinstanz wie eine Religionsgemeinschaft schaffen Gesetze.

 

Stets – so Stirner – werden diese Gesetze mit dem Wohl des Menschen begründet. Zuletzt war ins seiner Zeit auch immer öfter von sogenannten Menschenrechten die Rede gewesen. Stirner allerdings kritisierte, dass es unmöglich war, einem Menschen Rechte zu geben. Schließlich verfügt der Mensch von Natur aus ja schon über das Recht auf Alles.

Daraus schloss Stirner im Umkehrschluss, dass das Recht allgemein und die Menschenrechte im Besonderen in Wirklichkeit entrechtend auf den Menschen wirken. Schließlich nimmt der Staat dem einzelnen Menschen so Handlungsspielräume. Er kann nicht mehr völlig ungehindert seine Interessen vertreten.

Auch verwirft Stirner die Vorstellung, dass die Staatenbildung (und damit Entstehung des Rechts) eine allseitig rationale Entscheidung darstellt. Rational ist sie nur für die zukünftigen Organe des Staates, d.h. für die Mächtigen. Da sie durch die Allgemeinheit gebilligt werden, müssen sie sich ihr Recht auf Herrschaft nicht mehr nehmen. Vielmehr gibt man ihnen diese Herrschaft freiwillig. So können die Vertreter des Souveräns dann ungehindert ihrem Egoismus freien Lauf lassen.

 

Hierzu ein kurzer Einschub: Stirner vertrat ein einigermaßen seltsames Menschenbild, in dem Egoismus nicht gleich Egoismus ist: Er kritisierte, obwohl er als Anarchist gilt, nicht totale Machtausübung an sich. Einen anderen Menschen zur völligen Unterwerfung zu zwingen, konnte eine logische Folge der grenzenlosen, naturgegebenen Handlungsfreiheit sein. Er erwartete aber vom Unterworfenen, dass dieser umgehend den Sturz seines Herren planen sollte. Schließlich schränkte die Unterwerfung zugleich den naturgegebenen Zustand völliger Freiheit des Beherrschten ein. Seine ideale „Gesellschaft“ bestand also in einem unumschränkten Wettstreit des Egoismus.

 

Dem Untertanen oder Bürger – für Stirner war beides gleich – wirft der Philosoph vor, nur teilweise egoistisch zu handeln. Freilich erhofften sie sich durch die Abgabe von Teilen ihres Naturrechts, dass ihnen andere Rechte erhalten blieben. Stirner wollte aber nicht einsehen, dass sie diesen Verlust nicht als schmerzlich empfanden.

Als Ursache für diese seiner Ansicht nach unsinnige Haltung nannte Stirner Ideale. Ideale sind ihm zufolge entweder religiös bedingt oder stellen wie im Fall des Humanismus eine Ersatzreligion dar. Diese Ideale führen zur Überzeugung, dass das Recht nötig ist, um höhere Ziele zu erreichen, als das natürliche Recht auf Alles. Abschätzig bewertete Stirner dies als Jugendsünde, die von einer mangelnden Reife der meisten Menschen zeugt.

 

 

Immanuel Kant: Recht im Namen von Mensch und Gerechtigkeit

Immanuel Kant
Immanuel Kant, 1724 – 1804, deutscher Philosoph

„Handle nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, dass sie ein allgemeines Gesetz werde.“

Der kategorische Imperativ Immanuel Kants dürfte einer der wohl bekanntesten Sätze der deutschen Philosophie sein. Auch der Name Philosophen dürfte einer größeren Zahl der Leser ein Begriff sein, als etwa Hobbes und besonders Stirner.

Ganz unabhängig davon werden durch den kategorischen Imperativ hohe Ansprüche formuliert, die das (geschriebene) Gesetz tatsächlich überflüssig machen würden. Zwar ging Kant grundsätzlich von der Befähigung jedes Menschen aus, diesen Kategorischen Imperativ einzuhalten. Doch er war nicht naiv genug, zu glauben, dass auch Jedermann freiwillig dazu bereit wäre.

Für einen Philosophen, der auf den ersten Blick etwas vergeistigt klingen mag, ging Kant aber von einer sehr schlichten Grundannahme aus: Der Mensch ist demnach in vielerlei Hinsicht dem Tier ähnlich. Er kennt Lust und Unlust, wobei er das Erstere zu erreichen, das Letztere aber zu vermeiden versucht.

 

Es besteht aber auch ein besonders wesentlicher Unterschied zwischen Mensch und Tier: Der Mensch verfügt über Willkür. Mag dieses Wort heute auch einen sehr negativen Beigeschmack haben, fasst Kant es zunächst neutral auf: Willkür bedeutet nichts anderes, als die Fähigkeit, die Triebe zumindest zeitweise zur Erfüllung eines bestimmten Zweckes zu unterdrücken.

Dieser Zweck kann zunächst einmal darin bestehen, langfristig ein größere Lustempfinden zu erreichen. Lust ist dabei nicht (mehr) rein triebhaft oder gar sexuell zu verstehen. Vielmehr bedeutet „Lust“, einen zufriedenen Zustand als Ziel erreicht zu haben. Man denke etwa an einen Zahnarztbesuch, bei dem man kurzfristige Unannehmlichkeiten in Kauf nimmt, um langfristig schmerzfrei zu sein.

Daneben geht Kant aber auch davon aus, dass der Mensch rein aus seinen Werten heraus, also altruistisch handeln kann. Damit ist jede Handlung gemeint, die nicht unmittelbar einen Lustgewinn bedeutet oder sogar zum Verlust der Lust führt.

 

Zuletzt existieren laut Kant aber auch noch völlig abstrakte, aber allgemeingültige Prinzipien, wie etwa die Würde des Menschen. Diese sieht er als so grundlegend und gegeben an, dass sie nicht weiter begründet werden müssen. Diese Werte scheinen für ihn einen Teil dessen auszumachen, was allgemein als „Gerechtigkeit“ bezeichnet wird.

Aus diesen teils egoistisch, teils altruistisch bedingten Werten des Menschen leitet sich sein Streben nach Glücklichsein ab. Da nach Kant jeder Mensch nach Zufriedenheit strebt, will auch Niemand diesen Zustand verlieren.

 

Es existiert aber eben nicht bloß ein einziger Mensch auf dieser Welt. So ist es folglich nötig, sich davor abzusichern, dass die Anderen der Zufriedenheit im Wege stehen. Hier kommt der kategorische Imperativ ins Spiel: Wenn ein Jeder nach Zufriedenheit strebt und dieses Streben zum allgemeinen Prinzip (d.h. für alle Menschen) erhebt, müssen sich die Menschen gegenseitig beim Glücklichwerden behilflich sein.

 

So lassen sich dann also auch Gesetze ableiten: Die Menschen setzen gemeinsam ihre Willkür ein, um einen Zustand zu schaffen, den sie als befriedigend empfinden. Dies stellt wiederum eine moralische Rechtfertigung für den Staat und das Recht dar.

 

Statue der Justizia
Statue der Justizia an einem Hamburger Gericht

 

Fazit in Bezug auf Rechtfertigung und Entstehung des Rechts

Auch wenn Kant die Grundzüge des Menschen am eindeutigsten darstellte – Implizit sind die Grundannahmen zum Wesen des Menschen und der Entstehung des Rechts recht ähnlich:

Er ist der Grund, warum Gesetz und somit auch Menschenrechte bestehen können. Dabei ist er aber nicht bloß Untergebener, sondern zugleich auch Schöpfer des Rechts.

Dass Recht sein kann, erfordert wiederum die Fähigkeit zur Triebregulierung: Der Mensch ist unter bestimmten Umständen in der Lage, seine Wünsche zurückzustellen. Die Gründe hierfür sind unterschiedlich und dasselbe gilt auch für die Bewertung der Fähigkeit: Von reinem Egoismus (Hobbes) bis hin zu weitgehendem Altruismus (Kant) und von Bejahung der Triebregulierung (Hobbes, Kant) bis zur vehementen Ablehnung (Stirner).

 

 

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Die Entdeckung des Sasquatch

In der Entdeckung des Sasquatch überdenkt der Biologe John Bindernagel viel von dem herrschenden Wissen über den Sasquatch. Er illustriert Beweise, die der weitverbreiteten Wahrnehmung des Sasquatch als nur ein kulturelles Phänomen widerstehen – ein Mythos, Halluzination, imaginäres Wesen, falsch identifizierter Bär oder Hoax. Er erklärt, warum Kriterien wie Testabilität, Konsistenz, Vorhersagekraft und Einfachheit tatsächlich eine alternative Hypothese unterstützen: der Sasquatch als extante Materie unterstützen.

Die Entdeckung des Sasquatch bietet ein wichtiges Verständnis der Stärken und Schwächen der Wissenschaft, da es in der modernen Welt praktiziert wird… ein Buch, das ich glaube, seinen Platz neben den Werken von Thomas Kuhn und Michael Polanyi als dauerhaften Beitrag zur Wissenschaft einnehmen wird.“—David A. Walsh, Ph.D., Associate Professor von Professor von Psychology, Universität.

 

The Discovery of the Sasquatch ist 2012 bei Beachcomber Books in englischer Sprache als Taschenbuch erschienen.

 

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Am Grundprinzip des Rechts ändert das aber nichts: Eine Gruppe von Menschen schafft Normen, die dann durch alle Mitglieder dieser Gruppe zu befolgen sind. Es handelt sich also um eine Form abstrakten Denkens. Schließlich sind Normen nicht greifbar, wie es die Objekte reiner Triebbefriedigung sind.

Auch kann man die so entstandenen Ordnung nicht völlig mit der sozialen (Rang-)Ordnung vergleichen, wie sie im Tierreich vorherrscht. Die letztere entsteht mehr durch Versuch und Lohn oder Strafe für diesen Versuch, wird also konditioniert. Daneben findet auch noch ein Lernen durch Beobachtung statt; ein Tier kann also auch aus den Handlungen von Artgenossen lernen.

Das Alles trifft auch auf den Menschen zu. Es reicht aber nicht aus, um die Einhaltung komplexer Normen – wie etwa der Menschenrechte – begründen. Die meisten Menschen werden nie für einen (schweren, wie etwa menschenrechtswidrigen) Gesetzesverstoß bestraft. Sie müssen auch nicht sehen, wie ein anderer Mensch dafür bestraft wird, um selbst gesetzeskonform zu handeln. Ihnen kann sogar klar sein, dass ihre Bestrafung eher unwahrscheinlich wäre.

Das kann nicht anders, als durch Werte, begründet werden. Sie müssen nicht hochtrabend sein. Die vage Hoffnung, durch eigenes normenkonformes Verhalten auch das normenkonforme Verhalten Anderer auszulösen, genügt etwa schon. Diese Haltung wäre einerseits egoistisch, beruht aber andererseits auch auf der Annahme, dass der Andere über ein grundlegendes Verständnis (ausgleichender) Gerechtigkeit verfügt. Diese Gerechtigkeit, so behandelt zu werden, wie man andere behandelt, ist ein Wert. Sie ist nicht naturgegeben; nichts zwingt den Anderen per se, sein Gegenüber nicht zu übervorteilen.

 

Man kann also Zusammenfassen, dass für die Erschaffung bzw. das Verständnis von Recht ein hohes Maß an Intelligenz vonnöten ist. Diese äußert sich in einer Fähigkeit zu abstraktem Denken. Der Mensch verfügt über diese Eigenschaften.

Wenn auch der Bigfoot über diese Eigenschaften verfügen sollte, müsste man ihn als vernunftbegabt bezeichnen. Durch seine Wesensähnlichkeit zum Menschen könnte man dann rechtfertigen, dass diese Kreatur Menschenrechte erhalten soll.


Der erste Teil des Beitrages „Hat ein Bigfoot Rechte“ erschien am 2. März diesen Jahres.

Der dritte Teil des Beitrages wird am 30. März erscheinen.

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