Mönchsgeier sind nach Bartgeiern die größten Greifvögel Europas. Sie kommen aktuell in Europa nur noch in Spanien vor, Wiederansiedlungsprojekte in Frankreich und im Norden Mallorcas laufen. Die Tiere werden durch ein Schutzprojekt engmaschig überwacht. Wie die meisten Geier suchen auch Mönchsgeier große Gebiete im Gleitflug nach Aas ab.
Brínzola auf Abwegen

Der Mönchsgeier Brínzola ist im Jahr 2016 geschlüpft. Das junge Weibchen* musste wegen Herzproblemen und Unterernährung in einer Pflegestation des El Proyecto Monachus aufgepäppelt werden. Die Pflegestation liegt in der Sierra de la Demanda, ca. 50 km östlich von Burgos, Spanien. Am 7. Oktober 2018 wurde er zusammen mit seinem Artgenossen Batman in der Nähe der Station im nordspanischen Burgos (Sierra de la Demanda) ausgewildert.
1. Station: Frankreich
Die „Europareise“ von Brínzola begann am 20. April 2019. Der Mönchsgeier zog aus seinem üblichen Revier in Zentralspanien nach Norden an die baskische Atlantikküste und dann entlang des Pyrenäennordkammes nach Osten ans Mittelmeer. Abgesehen von einem Ausflug in die Pinienwänder der Gascogne zog der Vogel weiter nach Norden. Er folgte dabei offenbar immer den Hängen der Mittelgebirge.
2. Station: Belgien
Nachdem Brínzola praktisch ohne Pause Frankreich durchquerte, hatte sie am 9. Mai Belgien erreicht. Seine Ankunft war eine kleine Sensation für die dortigen Ornithologen – schliesslich handelte es sich erst um den zweiten Nachweis eines Mönchsgeiers in Belgien. Mehr als 200 Fotografen aus dem ganzen Land waren angereist, um einen Schnappschuss von dem Exoten zu ergattern. Auch die Medien haben sich eingehend mit dem „Ausreisser“ befasst.
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3. Station: Deutschland .. und nicht allein
Nach einem kurzen Überflug von Holland erreichte Brínzola am 10. Mai den deutschen Luftraum. Von dort erreichte das Proyecto Monachus die Nachricht von einem weiteren, unmarkierten Mönchsgeier. War Brínzolas Aufenthalt in Belgien schon eine kleine Sensation, so war der Nachweis zweier Mönchsgeier in Deutschland nicht weniger ungewöhnlich. Seit 2007 ist hier allerdings der eine oder andere durchreisende Mönchsgeier registriert worden. Das Proyecto Monachus hat nicht ausgeschlossen, dass beide Exemplare mit den starken Winden aus dem Süden nach Mitteleuropa gereist sind. Ob sich das besenderte Weibchen* Brínzola, das verpaart in einem geeigneten Revier in seinem ursprünglichen Auswilderungsgebiet gelebt hat, nur wegen der Winde auf die lange Reise begeben hat, ist allerdings noch unklar.
Hans Pohlmann von der niederländischen Vulture Conservation Foundation kollaboriert mit dem spanischen Proyecto Monachus. Er war eigens nach Deutschland gereist, um das Tier zu überwachen. Es war ihm möglich, auch einige Bilder zu machen: Brínzola befand sich in gutem Zustand und konnte seine Reise somit auch ohne Probleme nach Norden fortsetzen. Der zweite Mönchsgeier befand sich zu dem Zeitpunkt weiterhin in Deutschland.
Am 12. Mai erreichte Brínzola schliesslich Norddeutschland, nachdem sie diagonal durch Deutschland geflogen ist. Dort übernahmen Arne Torkler die Überwachung des Geiers und informierte das Proyecto Monachus. An denselben Tag konnte er zusammen mit anderen Ornithologen das Tier beobachten, wie es sich an den Resten eines Hirsches stärkte. Es schien auch weiterhin in guter Verfassung zu sein, da keine Schwierigkeiten beim Fliegen festzustellen waren. So war es auch nicht weiter verwunderlich, dass der Vogel noch am selben Tag seine Reise fortsetzte und in nur 5 Stunden 250 Kilometer zurücklegte.

4. Station: Dänemark
Am 14. Mai war Brínzola nach Dänemark übergesegelt und hatte dabei 50 Kilometer des Fehmarnbelts (zwischen der deutschen Insel Fehmarn und dem dänischen Lolland in der westlichen Ostsee) überquert.
Laut den Daten des Senders befand sich Brínzola kurzzeitig nur 3 Meter über dem Meeresspiegel,- wäre also (sofern fehlerhafte Datenübertragung auszuschliessen ist), fast in das Meer gestürzt. Von Deutschland war Brínzola in 299 Metern Höhe über dem Meeresspiegel gestartet – in 19 Kilometern von der deutschen Entfernung befand er sich nur 3 Meter über dem Meeresspiegel – es muss eine enorme Anstrengung gekostet haben, wieder nach oben zu kommen. Schliesslich konnte Brínzola von aufsteigender Luft profitieren und auf 433 Meter Höhe aufsteigen.
Nachdem das Weibchen die Meerenge hinter sich gelassen hatte, flog es direkt weiter nach Astrup, das 40 Kilometer hinter der dänischen Grenze liegt. Den Ort dieses Zwischenstopps hat sie inzwischen verlassen. Das spanische Proyecto Monachus wird aber auf seiner Facebook-Seite die Interessierten weiterhin auf dem Laufenden halten.
Wir bemühen uns, regelmäßige Updates zu bringen.
* Die Angaben, um welches Geschlecht es sich bei Brìnzola handelt, sind widersprüchlich. Das Proyecto Monachus stellte Brínzola auf der eigenen Website als „Macho“, also Männchen vor. Bei den Facebook-Einträgen ist hingegen von „hembra“, also Weibchen die Rede. Wir hatten Kontakt mit der Leitung des Proyecto aufgenommen. Sie versichert, dass Brínzola ein Weibchen ist und hat den Fehler auf der Webseite bereits korrigieren lassen. Damit ist das „sie“ aktuell.
Sonstiges:

Im Nationalpark Monfragüe haben Vogelkundler beobachtet, dass Gänsegeier die jahrelang von Mönchsgeiern besetzten Nester beziehen und somit die großen, schwarzen Vögel verdrängen.
Die häufigeren Gänsegeier sieht man in den letzten Jahren regelmäßiger im mitteleuropäischen Flachland. 2006 zogen das erste Mal seit langem Trupps über Deutschland. Vogelbeobachter hatten damals 164 Tiere gezählt, davon 57 in Mecklenburg-Vorpommern. Im Jahr 2007 flogen mindestens 67 Tiere nach Deutschland und 171 in die Schweiz. In den folgenden Jahren fanden immer wieder kleinere Einflüge nach Deutschland statt. Die Gründe hierfür werden kontrovers diskutiert, so könnte die Zunahme der Bestände in Südwest-Europa und den Alpen ein Grund sein. Als weiteren Grund sehen Tierschützer eine veränderte Praxis bei der Entsorgung von toten Tieren in Spanien.
Links:
Website des Proyecto Monachus
Facebook-Account des Proyecto Monachus
VRT Flandern News vom 10. Mai 2019 (deutsch)