Neues vom Grönlandhai aus Cornwall

In unserer Presseschau vom 27. März diesen Jahres berichteten wir von einem Grönlandhai, der in Cornwall gestrandet war, von einer Spaziergängerin fotografiert wurde und schließlich wieder ins Meer gespült wurde. Das war aber nur der Anfang der Geschichte:

 

Ein Grönlandhai am Strand in Cornwall
Der Grönlandhai am Strand in Cornwall. Foto: Rosie Woodroffe

 

Der Grönlandhai, seine Strandung und was danach kam

  • 13. März: Ein Grönlandhai strandet nahe Newlyn Harbour in Cornwall, England. Professor Rosie Woodroffe von der Zoological Society of London konnte das Tier fotografieren, bevor es erneut ins Meer gespült wurde. Die BBC berichtete.
  • 15. März: Das Tier wird von einem Bootstouren-Anbieter geborgen und an Land gebracht.
  • 16. März: James Barnett, Veterinär-Pathologe vom Cornwall Marine Pathology Team untersucht den Hai für das Cetacean Strandings Investigation Programme (CSIP). Das Portal livescience.com zitiert ihn: „Der Hai könnte lebend gestrandet sein.“ und „Er hat offenbar einige Zeit nicht gefressen, der Magen war völlig leer.“ Barnett bemerkte auch, dass der Hai Anzeichen für eine Sepsis, eine Blutinfektion zeigte.
  • 8. April: Die Zoological Society of London (ZSL) publiziert die Untersuchungsergebnisse.

 

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Die Ergebnisse der Autopsie des Grönlandhais

Bei dem Grönlandhai (Somniosus microcephalus), der am 13. März in Cornwall strandete, handelt es sich um ein junges, weibliches Tier. Es wurde vermutlich etwa 100 Jahre alt und war 3,96 m lang. Es strandete am Sonntag, dem 13. März, vorübergehend kurz vor Newlyn Harbor und wurde später am Dienstag, dem 15. März, aus dem Meer in der Nähe geborgen. James Barnett, Pathologe vom Cornwall Marine Pathology Team (CMPT) hat eine Obduktion durchgeführt.

 

Der Grönlandhai bbei der Bergung
Der Grönlandhai bei der Bergung. Foto: Mermaid Pleasure Trips

 

Barnett beschreibt den Zustand des Tieres so: „Der Körper des Hais war in einem schlechten Zustand.  Es gab Anzeichen von Blutungen im Weichgewebe um die Brustflossen. Wir fanden lediglich Schlick in ihrem Magen. Dies deutet darauf hin, dass das Tier lebend gestrandet ist. Soweit uns bekannt, ist dies eine der ersten Obduktionen eines Grönlandhais hier im Vereinigten Königreich. Es ist der erste Bericht über Meningitis bei dieser Art.“

 

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Die Welt der Haie

Sie sind die erfolgreichste Gruppe von Räubern in der Erdgeschichte. Sie haben die Dinosaurier überlebt, und die Ozeane sind ihr Revier: Haie, die größten Jäger der Weltmeere.

 

Vom Grönlandhai, der unter dem arktischen Eis lebt, über den Epaulettenhai, der auf dem Meeresgrund laufen kann, bis zum legendären Weißen Hai – in einer atemberaubenden Bildsprache zeigen die BBC-Naturfilmer Unterwasseraufnahmen, die man so noch die gesehen hat, und portraitieren eindrucksvoll die faszinierenden Verhaltensweisen von über 30 verschiedenen Haiarten und Rochen. Dabei entdecken sie auch die verborgene Seite der Haie mit ihren komplexen Balzritualen, dem komplizierten sozialen Leben und der Aufzucht ihrer Jungen in dieser vierteiligen BBC-Serie.

 

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Weiter erklärte er: „Während der Obduktion sah das Gehirn leicht verfärbt und verstopft aus und die Flüssigkeit um das Gehirn herum war trüb. Dies ist ein deutlicher Hinweis auf eine Infektion. Eine mikroskopische Untersuchung des Gehirns (Histopathologie) bestätigt den Verdacht.“ In der Hirnflüssigkeit konnte er ein Bakterium der Gattung Pasteurella isolieren. Mutmaßlich war dieses Bakterium die Ursache der Meningitis.

Die Pathologen glauben, dass der Hai deswegen aus dem Tiefwasser aufstieg. Die Menigitis sei auch die Ursache für das Stranden und den Tod des Tieres.

 

Der Grönlandhai wird gesichert
Auf dem Weg vom Hafen ins Kühlhaus. Foto: Mermaid Pleasure Trips

 

Grönlandhaie

Grönlandhaie (Somniosus microcephalus) leben in den tiefen Gewässern der Arktis und des Nordatlantiks bis mindestens 2.647 Meter unter dem Meeresspiegel. Die Wissenschaft weiß sehr wenig über sie, so dass sie immer noch eine sehr mysteriöse Spezies bleiben. Mutmaßlich können einige Individuen ein Alter von 400 Jahren erreichen. Die Tiere sind wegen ihrer langsamen und kraftlos anmutenden Bewegungen auch als Schlafhaie bekannt (Wissenschaftlicher Name: Somniosus: Der Schläfer). Dennoch jagen die Tiere aktiv und erbeuten regelmäßig Robben und schwimmende Rentiere. Eskimos berichten von Angriffen auf Kajaks.

 

Große Exemplare können bis zu 7,4 m lang und 2,5 t schwer werden. Sie kommen in der Tiefsee der Nordpolarregion vor. In europäischen Gewässern sind sie bis Portugal, vor Amerika bis South Carolina bekannt.

 

Auf den Augen der Haie sitzen nahezu immer biolumineszierende Ruderfußkrebse der Art Ommatokita elongata. In welcher Beziehung sie zu dem Hai stehen, ist unbekannt, aber sie lassen ihn oft erblinden.

 

Grönlandhaie sind sehr langlebig, mutmaßlich können sie 400 Jahre alt werden. Laut Literatur werden sie einem Alter von etwa 150 Jahren und einer Länge von 4 m geschlechtsreif. Das vor Cornwall gestrandete Tier hat diese Länge bereits mit „nur“ etwa 100 Jahren erreicht. Zur Geschlechtsreife wurde hier noch nichts veröffentlicht.
Bisher kennt man 6 weitere Arten in der Gattung Somniosus.

 

Der Grönlandhai auf dem Untersuchungstisch
Der Hai auf dem Untersuchungstisch. Foto by Cornwall Marine Pathology Team

 

Rob Deaville, Projektleiter des CSIP sagte weiter: „Diese bedauerliche und außergewöhnliche Strandung hat es uns ermöglicht, einen Einblick in das Leben und den Tod einer Art zu erhalten, über die wir wenig wissen. Die Entdeckung, dass dieser Hai eine Meningitis hatte, ist wahrscheinlich eine Weltneuheit. Ihre Bedeutung davon in Bezug auf allgemeinere Stressfaktoren ist noch unbekannt. Letztendlich werden sogar Tiefseearten wie Grönlandhaie durch den menschlichen Druck auf den Ozean beeinflusst. Aber es gibt derzeit nicht genügend Beweise, um irgendwelche Zusammenhänge herzustellen.“

 

Strandungen in Großbritannien und Nordirland

Traditionell gehört jedes an der Küste des britischen Empires strandende Großtier, Wal, Robbe, Schildkröte, Hai oder großer Fisch der Krone. Früher wurde es in ihrem Namen zu Geld gemacht.

 

Seit Gründung des Cetacean Stranding Investigation Programme (CSIP) im Jahr 1990 wurden im Vereinigten Königreich Daten von über 17.000 gestrandeten Walen erfasst und fast 4.500 Autopsien durchgeführt, wodurch einer der weltweit größten Forschungsdatenbanken über Strandungen und Todesursachen entstanden ist.

 

Zahlreiche lokale Organisationen wie das Cornwall Marine Pathology Team (CMPT) unterstehen direkt oder indirekt dem CSIP und führen in seinem Auftrag Aufgaben vor Ort aus.

 

Eine Forschungsarbeit, die sich eingehender mit der Obduktion des Grönlandhais durch das Team befasst, wird zu gegebener Zeit veröffentlicht. Wir bleiben am Ball.

 


Quellen:

anonym: Greenland shark spotted stranded on Newlyn Harbour beach; auf https://www.bbc.com/news/uk-england-cornwall-60738193 am 14.03.2022

 

 

anonym: Stranded Greenland shark likely died from infection of the brain; auf https://www.zsl.org/science/news/stranded-greenland-shark-likely-died-from-infection-of-the-brain am 08.04.2022

 

 

Pester, P.: Super-rare Greenland shark that washed up on UK beach may be at least 100 years old; auf:https://www.livescience.com/rare-greenland-shark-uk-stranding am 16.03.2022

 

 

Wikipedia zum Thema Grönlandhai und Schlafhaie