Orang Mawas 4/7 – Fußabdrücke

Teil 3 des Beitrags zum Orang Mawas erschien am 28. Januar

Fußabdrücke von einem Kroko-Bären-Affen(menschen)?

Wenn sonstige Indizien für die Existenz des Orang Mawas – abgesehen von Augenzeugenberichten – auch selten sind, werden Fußabdrücke doch des Öfteren gefunden. Nun ist natürlich interessant, inwieweit sich diese untereinander ähneln. Auch, ob sie eine Ähnlichkeit zu den Fußabdrücken von in Malaysia bekannten Arten aufweisen, sollte untersucht werden.

 

Alle bisher gesicherten Abdrücke lassen sich im Rahmen eines solchen Artikels natürlich noch nicht einmal oberflächlich auswerten. Daher werden lediglich zwei davon als Stichprobe ausgewählt. Diese sollen im Folgenden näher beschrieben und untersucht werden. Dazu sei noch angemerkt, dass dem Verfasser lediglich Fotografien der Abdrücke bzw. Abgüsse vorliegen, nicht aber die Originale.

 

Der Abdruck vom „Bodenriesen“

Bildquelle: Loren Coleman’s Blog: http://www.cryptozoonews.com/johor-307/

 

Der erste der beiden Abrücke wurde 2007 fotografiert. Fundort war die Region „Kampung Baru Kepis“ in (relativer) Nähe der Stadt Kuala Pilah im malaysischen Bundesstaat Johor. Die benannte Region liegt im Südwesten der Halbinsel.

 

Harold Stevens, der bereits 1971 Fußabdrücke des Kryptids gefunden hatte, machte den amerikanischen Kryptozoologen Loren Coleman auf einen Artikel im Online-Nachrichten-Magazin „The Star“ aufmerksam. Dort wurden mehrere Fotos von einigen der insgesamt etwa 200 (!) aufgefundenen Fußabdrücke veröffentlicht.

 

Die Fußabdrücke zeichnen sich klar im Schlamm ab. Sie wirken insgesamt stark menschenähnlich, was hauptsächlich auf fünf eng aneinander liegenden Zehen zurückzuführen ist. Ganz und gar nicht menschenähnlich ist dagegen die Größe: Zwar werden keine Angaben in messbaren Längeneinheiten gemacht. Immerhin existiert aber eine Fotografie in der ein – der Beinbehaarung nach zu urteilen – erwachsener Mann seinen Fuß neben den Abdruck stellt. Kurzum, diese Fußstapfen könnte der Herr nicht ausfüllen: Sie sind länger, vor allem aber auch deutlich bereiter, als die Füße des Mannes.

 

Stevens fühlte sich durch die Fotografien wohl an seinen eigenen Fund von 1971 erinnert. Soweit sich dies anhand des Covers der 8/71 Ausgabe des Pulp-Magazins „Argosy“ beurteilen lässt, sind sich die beiden Abdrücke tatsächlich ähnlich. Der von Stevens fotografierte Abdruck wirkt zwar noch einmal etwas breiter, was aber auch durch die Perspektive erklärt werden kann.

 

Während der weiteren Besprechung soll dieser Fund als Abdruck vom „Bodenriesen“ bezeichnet werden.

 

Der Abdruck vom „Kletterriesen“


Anders verhält es sich mit dem zweiten Fußabdruck: Dieser wurde im Januar des Jahres 2006 durch ein internationales Team – hauptsächlich aus Singapur und Malaysia – gesichert. Fundort war wiederum der Bundesstaat Johor, genauer der Wald „Bukit Lantang“. Wo dieser genau liegt, ist allerdings von Europa aus nicht auszumachen. Gibt man diesen Namen, etwa bei „Google Maps“ ein, erhält man stattdessen das Suchergebnis für „Bukit Bintang“. Diese Örtlichkeit ist wiederum ein Stadtviertel der Hauptstadt Kuala Lumpur und liegt somit eindeutig nicht in einem Wald.

 

Der hier durch Abgießen gesicherte Fußabdruck ähnelt dem ein Jahr später fotografierten Abdruck jedenfalls nicht im Geringsten. Bereits die Position der Zehen ist eine andere: Einer von ihnen scheint sich seitlich am Fuß des Urhebers zu befinden. Er liegt in einer ähnlichen Position, wie der Daumen eines Menschen – oder eben wie der große (Greif-)Zeh bei einem Affen.

 

Zu diesem Abdruck sind auch die genauen Längenmaße bekannt: Er misst 45 cm. Welches Wesen auch immer diesen Abdruck hinterlassen hat: Dem Namen „Bigfoot“ würde es alle Ehre machen. Zur besseren Unterscheidung vom „Bodenriesen“ soll der Urheber dieses Abdrucks als „Kletterriese“ bezeichnet werden.

 

Es kann nur Einen geben….

Hintergrund dieser Namensgebung ist natürlich die Stellung der Zehen. Ist einer der Zehen opponierbar – also wie ein Daumen einsetzbar – deutet dies auf ein kletterndes Lebewesen hin. Das ist beim Abdruck vom „Kletterriesen“ der Fall. Dass der Orang Mawas klettert, wird in Augenzeugenberichten nicht erwähnt. Dass er, wenn er sich auf dem Boden laufend fortbewegt, nach Ästen über seinem Kopf greift, vermuten die Zeugen aufgrund von abgebrochenen Zweigen allerdings schon.

Beim „Bodenriesen“ ist die Stellung der Zehen dagegen ähnlich, wie etwa beim Menschen. Der wiederum ist von Natur aus ein Bodenbewohner, der sich darüber hinaus noch auf zwei Beinen fortbewegt. Diese Art der Fortbewegung wird in Augenzeugenberichten auch dem Orang Mawas zugeschrieben.

Klar ist jedenfalls schon jetzt, dass höchstens einer von beiden Abdrücken tatsächlich vom Orang Mawas stammen kann. Die anatomischen Unterschiede, die sich anhand der Abdrücke ausmachen lassen, sind schlicht zu groß. Nun gilt es natürlich herauszufinden, welcher von beiden wahrscheinlicher einer unbekannten Art zuzuordnen ist.

 

Dadurch kommt man auch der Lösung für eine andere Frage ein Stück weit näher: Angenommen der Orang Mawas existiert – ist er dann eher affenähnlich oder menschenähnlich?

 

Zu diesem Zweck gilt es natürlich, alle glaubwürdigen, konservativen Ansätze soweit wie möglich auszuschließen.

 

Ist der Orang Mawas ein kleiner Bär mit großen Füßen?

Zunächst also zum Fußabdruck vom „Bodenriesen“: Wie eingangs erwähnt, ähnelt er sehr stark dem eines Menschen. Er ist fünfzehig und leicht in die Länge gezogen. Von einem Menschen stammt er aller Wahrscheinlichkeit nach trotzdem nicht. Eine solche Person müsste schon rekordverdächtig große Füße haben – oder aber der Mann im Foto hat rekordverdächtig kleine Füße…

 

Wie der Verfasser bereits bei einer Recherche zum Orang Pendek herausfand, existiert allerdings noch eine weitere Ordnung von Tieren, deren Fußabdrücke denen eines Menschen ähneln: die Bären.

Malaienbär
Der Malaienbär Helarctos malayanus ist der kleinste der Großbären.

Zumindest im Süden Malaysias ist lediglich der Malaienbär heimisch. Der wiederum zeichnet sich unter anderem durch seine Körperlänge von nicht über 1,5 m aus. Damit stellt er die kleinste Großbärenart dar. Dementsprechend ist auch die Größe ihrer Tatzen nicht gerade beeindruckend.

 

Sehr wohl beeindruckend sind dagegen die langen Krallen, die die Tiere etwa nutzen, um auf Bäume zu klettern. Hier tut sich eine weitere Ungereimtheit auf: Der Fußabdruck des „Bodenriesen“ ist sichtbar tief in den lehmigen Boden eingesunken. Wäre aber ein Malaienbär Urheber dieses Abdrucks, müssten so auch Krallenspuren erkennbar sein. Das ist auf keinem der verfügbaren Bilder der Fall.

Die einheimische Bärenart kann also schon einmal ausgeschlossen werden.

 

Spuren eines amerikanischen Schwarzbären, sie ähneln nicht dem Orang Mawas
Fußspuren eines amerikanischen Schwarzbären im Schlick. (Foto: Matt Goff)

Grün und „tiefergelegt“?

Nun soll noch einem weiteren Hinweis nachgegangen werden. Ein Beobachter glaubt, im Abdruck vom „Bodenriesen“ die Fussform eines Krokodils erkennen zu können.

Ganz abwegig ist der Gedanke nicht: In Malaysia leben tatsächlich Salzwasser-Krokodile (Crocodylus porosus). Eine größere Population dieser Tiere lebt zwar nur im Staat Kuala Lumpur, aber auch in weiter südlich gelegenen Gebieten sollen sie gelegentlich vorkommen. Rein geografisch betrachtet ist es also durchaus möglich, dass sich ein Exemplar nach Johor verirrt und dort Fußabdrücke hinterlassen hat.

Krokodil unter Wasser
Unter Wasser sieht man deutlich die kräftigen Hinterbeine und die Schwimmhäute der Krokodile

Die Größe der Abdrücke könnte auch übereinstimmen: Das Salzwasserkrokodil erreicht eine Länge von bis zu 5 Metern. Dementsprechend sind auch ihre Füße beeindruckend groß (wenn auch nicht so beeindruckend wie das geöffnete Maul eines solchen Tieres.)

 

Was die Form der Füße betrifft, muss man differenzieren: Die Vorderfüße wirken schon auch den ersten Blick reptilienartig. Bei den Hinterfüßen (oder besser gesagt: ihren Abdrücken) ist das nicht sofort ersichtlich. Sie sind stärker in die Länge gezogen, sodass ein menschen- oder zumindest affenähnlicher Eindruck der Abdrücke entstehen kann. Dazu kommt, dass ein sehr weicher Boden die eigentliche Form der Füße verfälschen kann.

 

Ein Detail lässt den Verfasser aber an dieser Hypothese zweifeln: Krokodile haben an den Hinterfüßen nur jeweils vier Zehen. Die Abdrücke des „Bodenriesen“ weisen dagegen fünf Vertiefungen am Ende des Fußes auf, die man als Zehen interpretieren kann.

 

Ist der „Kletterriese“ ein Orang-Utan…?

Auf den ersten Blick wirkt der Fußabdruck vom „Kletterriesen“ ganz eindeutig affenähnlich. Nur stellt sich nun die Frage, was für ein riesiger Affe einen solchen Fußabdruck hinterlassen haben soll…

Orang Utan mit Kind
Orang Utan mit Kind

 

Der größte Affen Asiens sind die drei Orang-Utan-Arten: Sumatra-Orang-Utan, Borneo-Orang-Utan und Tapanuli-Orang-Utan. Zwei davon sind auf der Insel Sumatra heimisch, eine weitere lebt auf der Insel Borneo. Auf dem asiatischen Festland, zu dem schließlich auch die malaysische Halbinsel gehört, sind sie dagegen schon lange ausgestorben.

 

Nun gibt es auch in Malaysia Zoos. Eventuell existieren darüber hinaus auch Privathaltungen, aus denen ein solches Tier ausbrechen könnte. Ist also möglicherweise ein ausgebrochener Menschenaffe verantwortlich für die Abdrücke vom „Kletterriesen“?

 

Auch das ist eher unwahrscheinlich. Wer Abgüsse vom Fuß eines Orang-Utans sucht, wird auf der Webseite des amerikanischen Naturkundehändlers „Bone Clones Inc.“ fündig. Dort wird die Länge eines solchen Abgusses vom männlichen Orang-Utan (der ja in der Regel größer ist, als die Weibchen) mit knapp über 30 cm angegeben. Der Fußabdruck vom „Kletterriesen“ ist dagegen mit 45 cm noch einmal um die Hälfte länger.

 

Dazu kommt noch ein weiterer Faktor: Der Abguss von „Bone Clones“ stammt nicht von einem Fußabdruck, sondern direkt vom Fuß des Tieres. Die Zehen sind weder vollständig durchgestreckt, noch vollständig angewinkelt. Beim Laufen winkeln Orang-Utans dagegen ihre Zehen vollständig an, d.h. sie befinden sich bis auf das erste Zehenglied unter der Fußsohle des Tieres. Der Fußabdruck des „Orang-Utan-Models“ wäre damit also eher kürzer als 30 cm.

Orang Utan von hinten, ist er der Orang Mawas?
Orang Utan (Pongo pygmaeus) im kalyischen Sarawak-Nationalpark auf Borneo. Deutlich sichtbar die Form des Fußes (Foto: Thomas Quine CC 2.0)

Der Fußabdruck des Kletterriesen wiederum zeigt – wenn man von einem (Menschen-)Affen als Urheber ausgeht – klar die angewinkelte Zehenhaltung. Wäre das nicht so, müsste das Tier die reinsten Stummelzehen haben. Diese wären beim Klettern hinderlich, was im Widerspruch zur Position des großen Zehs steht.

 

Die Fußabdrücke des größten Affen Asiens sind also bereits zu klein, um mit denen des „Kletterriesen“ übereinzustimmen. Man kann daher die kleineren Affenarten des Kontinents in dieser Hinsicht getrost vernachlässigen.

 

… oder eher groß und grau?

Wie bereits der Fußabdruck des „Bodenriesen“ lässt auch der des „Kletterriesen“ den Betrachter zunächst ratlos zurück.

 

Vielfach wird dabei aber nicht bedacht, dass ein Fußabdruck wie der des Kletterriesen nicht zwingend ein Fußabdruck sein muss. Stattdessen kann er auch aus zwei ineinander gesetzten Fußabdrücken bestehen. Ein solcher „Kombi-Abdruck“ kommt zustande, wenn entweder ein Tier mit den Hinterfüßen in die Spuren seiner Vorderfüße tritt, oder einfach denselben Weg wählt, wie ein zweites Tier.

 

Aus den Recherchen zum Orang Pendek ist dem Verfasser bereits bekannt, dass Tapire aufgrund ihrer ungewöhnlichen Fußform sehr interessante Abdrücke hinterlassen: Tritt ein solches Tier mit den Hinterfüßen in Abdrücke der Vorderfüße, kann das Ergebnis als annähernd affenartig beschrieben werden.

 

Der Abdruck des „Kletterriesen“ ist allerdings sehr groß, sodass auch ein entsprechend großes Tier in die eigenen Fußabdrücke getreten sein muss.

 

Das allergrößte Tier Südostasiens ist natürlich der Asiatische Elefant. Wenn man Bilder von den Fußabdrücken dieses Tieres sucht, fallen von Anfang an zwei Dinge auf: Zum einen ist der Fußabdruck annähernd tellerförmig und zum anderen sind die Abdrücke der Zehen so kurz, dass man sie teils nur mit Mühe erkennen kann. Die erstere Erkenntnis wäre noch kein Problem, da ein leicht versetztes Auftreten schon zu einer Spur führen könnte, die eben nicht tellerförmig ist. Beim „Kletterriesen“ sind die Zehen allerdings deutlich erkennbar und stehen relativ weit auseinander. Dieser Effekt sollte beim Elefanten nicht vorkommen.

Asiatische Elefanten im Zoo
Asiatische Elefanten im Zoo, deutlich sieht man die Form der Füße

Daher muss man sich vielleicht mit einem etwas kleineren Tier zufriedengeben: einem Nashorn.

 

Ein Nashorn? Wo gibt’s denn sowas?

Zu dieser Theorie gibt es eine gute und eine schlechte Nachricht. Die gute Nachricht lautet: Es gibt Nashörner in Asien. Die schlechte Nachricht lautet: Sie sind auf der malaysischen Halbinsel wohl ausgestorben.

 

Aus geografischer Sicht käme lediglich ein Sumatra-Nashorn in Frage. Von dieser Art leben nach konservativen Schätzungen noch einige Dutzend Exemplare auf Borneo. Auch auf Sumatra wurde noch 2016 ein Fußabdruck gefunden, der einem Sumatra-Nashorn zugeordnet wurde. Das deutet auf das Überleben von mindestens einem weiteren Exemplar hin.

Begum, ein Sumatra-Nashorn
Begum, ein Sumatra-Nashorn, in den 1880ern im Zoo London

Auf der malaysischen Halbinsel wurde dagegen zuletzt 2007 ein Exemplar gesichtet. Seitdem gibt es keine Hinweise mehr auf das Überleben dieser Art auf dem asiatischen Festland.

 

Der Abdruck vom „Kletterriesen“ wurde 2006 gesichert. Das bedeutet, dass zu diesem Zeitpunkt zumindest noch ein Sumatra-Nashorn durch die malaysischen Wälder streifte. Der Fundort des „Kletterriesen“-Abdrucks ist bekannt. Die malaysische Zeitung „The Star“, die über die Sichtung des Nashorns 2007 berichtete, gibt dagegen keinen Sichtungsort an. Möglicherweise handelte es sich dabei um eine Vorsichtsmaßnahme, um Wilderer fernzuhalten.

 

Sehr wahrscheinlich ist die Theorie, dass der Fußabdruck von einem Nashorn stammen könnte, also nicht. Unmöglich ist sie aber auch nicht und soll deswegen kurz weiterverfolgt werden.

 

Das Nashorn als „Kletterriese“ – ein Experiment

Das Sumatra-Nashorn weist jedenfalls die weit auseinandergespreizten Zehen auf, die auch am Abguss zu erkennen sind. Nun muss nur noch eine Möglichkeit gefunden werden, wie zwei Füße mit jeweils drei Zehen übereinander gelagert einen fünfzehigen Fußabdruck ergeben können.

 

Zu diesem Zweck wird ein Experiment wiederholt, das bereits zur Identifizierung eines vermeintlichen Orang-Pendek-Fußabdruck genutzt wurde. Dabei wird der Umriss des Abdrucks eines Vorder- und eines Hinterfußes auf Papier übertragen. Die Vorlage in Form eines Fotos findet sich im Internet. Der einzige Unterschied besteht darin, dass dieses Mal der Abdruck eines Sumatra-Nashorns und nicht der eines Tapirs verwendet wird.

Fußabdrücke
Vergleich unterschiedlicher Formen ineinander tretender Abdrücke von Tapiren – und dem Orang Pendek Abdruck

Nun gilt es die Fußabdrücke in verschiedenen Varianten anzuordnen. Dabei ist lediglich zu beachten, dass ein solcher „Kombi-Abdruck“ auch realistisch sein sollte. Eine Anordnung der Füße im 90-Grad-Winkel wäre also eher unwahrscheinlich. Die Ergebnisse der einzelnen Versuche werden abfotografiert.

 

Eine Variante dieser kombinierten Abdrücke sieht dem Abguss auf den ersten Blick tatsächlich ähnlich: Dafür muss der Hinterfuß leicht linksseitig des Vorderfußes platziert werden. Der rechte Zeh des Hinterfußes verschmilzt im Abdruck dadurch mit dem Vorderfuß. Es bleiben also noch fünf sichtbare Zehen übrig. Deren Anordnung erinnert grob an diejenige, die auch der Abguss aufweist.

 

Nashorn-Fußabdrücke als Beispiel für den Orang Mawas
Das selbe Experiment mit Fußabdrücken vom Nashorn

 

Dabei ergibt sich allerdings ein Problem: Fußballen und Zehen des „Kletterriesen“-Abgusses lassen sich durch das Verschmelzen der beiden Nashorn-Abdrücke gut nachstellen. Es fehlt allerdings die „Ferse“ des Kryptiden-Abdruckes. Er ist insgesamt länger, als er breit ist. Beim im Versuch nachgestellten Abdruck trifft das umgekehrte Verhältnis zu.

 

Wenn es sich bei der Ferse um einen weiteren Fußabdruck handeln sollte, müssten eigentlich seitlich die Zehen zu sehen sein. Die einzige andere Möglichkeit bestünde noch darin, dass ein weiteres  (Huf-)Tier genauso in den kombinierten Abdruck des Nashorns getreten ist, dass ein „Dreier-Abdruck“ entsteht. Sehr wahrscheinlich ist dieses Szenario nicht.

 

Es ist also sehr zweifelhaft, dass der Abdruck des Kletterriesen in Wirklichkeit von einem Sumatra-Nashorn stammt.

 

Vielleicht dieses Mal ein Krokodil?

Während der Arbeiten mit den Nashornabdrücken kam der Gedanke auf, dieses kleine Experiment nochmals mit Abdrücken eines Krokodils zu wiederholen.

 

Zuvor wurde bereits etabliert, dass lediglich der Vorderfuß eines (Salzwasser-)Krokodils über fünf Zehen verfügt, trotzdem der Hinterfuß sonst eher menschenähnlich wirkt. Nun hat auch der Fußabdruck des „Kletterriesen“ fünf Zehen und sieht doch nicht reptilienartig aus. Was aber, wenn es sich dabei wiederum um einen verschmolzenen Fußabdruck handelt?

 

Fußabdrücke Krokodrillo
Das selbe Experiment mit Fußabdrücken eines Krokodils

 

Die Methode ist dieselbe, wie zuvor genannt: Zwei Abdrücke werden aus Papier ausgeschnitten und anschließend übereinander gelegt. Zur besseren Sichtbarkeit liegt im Foto der Abdruck des Vorderfußes auf dem des Hinterfußes. In der Realität sollte es sich normalerweise eher umgekehrt verhalten: Der Hinterfuß tritt in den Abdruck des Vorderfußes.

 

Der Johor-Fußabdruck des Orang Mawas
Und noch einmal der Fußabdruck aus Johor zum Vergleich.

 

Wie man an einer der Kombinationsmöglichkeiten gut erkennen kann, besteht schon eine gewisse Ähnlichkeit zwischen den beiden Abdrücken: Im Modell kann man die insgesamt neun Zehen von Vorder- und Hinterfuß zu fünf (teilweise recht dicken) Zehen verschmelzen. Auch die Position der „Ferse“ (tatsächlich ein Teil des Hinterfußes) stimmt annähernd überein. Mit Fantasie könnte man also annehmen, dass der „Kletterriese“ in Wirklichkeit ein Krokodil war.

 

Allerdings tut sich ein neues Problem auf: Krokodile treten allenfalls dann in ihre eigenen Spuren, wenn sie dieselbe Strecke zweifach zurücklegen. Der Verfasser hat auf der Suche nach Vergleichsmaterial einige Krokodilspuren gesehen. In keiner davon ist das Tier in die eigenen Abdrücke getreten. Die Füße setzten immer versetzt voneinander auf.

 

Verbreitung Salzwasserkrokodil
Ungefähre heutige Verbreitung des Salzwasser-Krokodils. Hierbei sollte beachtet werden, dass gerade Männchen hochmobil sind und viele hundert Kilometer wandern können.
Roter Pfeil: Johor

 

Im Zweifelsfall müsste man also eher annehmen, dass ein weiteres Krokodil in die bereits vorhandenen Spuren getreten ist. Ausschließen kann man diese Möglichkeit nicht. Wie wahrscheinlich sie ist, wo Johor eigentlich nicht zum Hauptverbreitungsgebiet des Salzwasserkrokodils gehört, sei dahingestellt.

 

Fazit zu den Fußabdrücken des Orang Mawas

Die beiden vorliegenden Abdrücke sind jedenfalls faszinierend. Allenfalls der des „Kletterriesen“ lässt sich annähernd mit den Abdrücken eines malaysischen Tieres identifizieren. Was den Bodenriesen betrifft, sind die Identifikationsversuche dagegen völlig fehlgeschlagen.

 

Man kann natürlich niemals ausschließen, dass ein Betrug vorliegt oder sich jemand bewusst einen Scherz erlaubt hat. Die Folgefrage müsste dann aber lauten: Warum? Das „große Geld“ lässt sich durch eine solche Fälschung nicht verdienen, denn dafür ist der Orang Mawas im Gegensatz zum Bigfoot zu unbekannt. Auch stellt sich noch die Frage, warum offenbar ausschließlich die Einwohner von Johor unbedarften Touristen Streiche spielen wollen.

 

Klar bleibt nur, was am Anfang klar war: Die beiden Abdrücke stammen nicht von demselben Wesen.

 


 

Teil 5 des Beitrags zum Orang Mawas wird am Donnerstag, den 18. Februar hier erscheinen.