Wort zum Sonntag – 20.03.2022

Lesedauer: etwa 23 Minuten
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Hallo und einen schönen Sonntag (20.03.2022) wünsche ich dir!

 

Der Frühling ist da! Heute sind Tag und Nacht exakt gleich lang, was für viele Völker auf der Welt ein Grund zum Feiern ist. Die Wintersonnenwende läutet die helle Jahreszeit ein. Auch ich werde heute deshalb ein bisschen Feiern: im Iran, woher meine Freundin stammt, wird heute aus diesem Grund Nouruz zelebriert, das persische Neujahr. Es ist für die Menschen im Iran ein Fest, bei der die Sorgen und Nöte aus dem alten Jahr verabschiedet und das neue mit den besten Hoffnungen und voller Freude begrüßt wird. Ich bin sehr gespannt, diese für mich völlig neue Tradition kennenzulernen. Und ein bisschen gute Hoffnung können wir derzeit wahrscheinlich alle gebrauchen. Bislang war „unser“ Jahr 2020 ja nicht besonders fröhlich, angesichts von Naturkatastrophen, Seuchen und nun auch noch einem Krieg, mitten in Europa.

 

Im iranischen Kalender beginnt heute übrigens erst das Jahr 1401. Mal schauen, was es für uns bereithält. Ich hoffe natürlich auf ein schnellstmögliches Ende des Krieges in der Ukraine und auch endlich auf ein Ende dieser furchtbaren Pandemie, die uns nun bereits seit mehr als zwei Jahren beutelt.


Terminkalender

In meinem persönlichen Veranstaltungskalender (der ist allerdings noch als 2022 datiert!) gibt es natürlich auch schon viele Termine, auf die ich mich schon sehr freue. Hier eine kurze Übersicht, was ich in den nächsten Monaten so geplant habe:

 

09.04.2022     Dino-Treffen im Neandertal-Museum Mettmann

 

10.04.2022     Dino-Treffen im Geologisch-Paläontologischen Museum Münster

 

23.04.2022     Gemeinsame Fossiliensuche in der Kiesgrube Dohrn / Eggers in Negenharrie

 

27.05.2022     Dino-Treffen in der paläontologischen Sammlung Tübingen

 

28.05.2022     Gemeinsame Fossiliensuche auf den Erddeponien in Baden-Württemberg

 

28.05.2022     (Im Anschluss:) Dino-Treffen im Urwelt-Museum Hauff in Holzmaden

 

29.05.2022     Dino-Treffen im Museum für Naturkunde Karlsruhe

 

05.06.2022     Dino-Treffen im Dinosaurierpark Münchehagen

 

25.06.2022     Gemeinsame Fossiliensuche in der Kiesgrube Dohrn / Eggers in Negenharrie

 

Der Juli 2022 soll ein reiner Schreibmonat werden. In meinen Sommerferien werde ich alles geben, um den dritten Teil von Die Weißen Steine fertigzuschreiben. Es wird also keine weiteren Veranstaltungen geben, da ich mich voll und ganz auf diese Arbeit konzentrieren werde.

 

ACHTUNG!   Die für den 26.03.2022 geplante Gemeinsame Fossiliensuche in der Kiesgrube Dohrn / Eggers in Negenharrie muss leider aus organisatorischen Gründen ausfallen. Der Termin überschneidet sich leider mit einem Urzeit-Kurs am Tor zur Urzeit, den wir aufgrund der Corona-Situation dorthin verlegen mussten. Ab Ende April werden die gemeinsamen Fossiliensuchen aber höchstwahrscheinlich wieder stattfinden.

 

Für August 2022 ist am Museum übrigens auch wieder eine öffentliche Lesung geplant, den genauen Termin gebe ich demnächst noch bekannt. Und es wird demnächst bestimmt auch wieder mal einen Podcast geben. Der Veranstaltungskalender wird also bald mit noch einigen weiteren schönen Terminen ergänzt werden – und sobald ich mit meinem Roman fertig bin, hoffentlich auch mit vielen weiteren Dino-Treffen, gemeinsamen Fossiliensuchen, Lesungen und anderen Aktionen.


Neues Kinderbuch

Viele fleißige Hände verpassen dem neuen Kinderbuch gerade den letzten Feinschliff. Die meisten Kapitel sind schon lektoriert. Auch das Cover ist schon (fast) fertig. In den kommenden Tagen wird das Buch dann noch gesetzt und finalisiert. E-Book, Taschenbuch und auch die hochwertige Hardcover-Ausgabe werden dann auf jeden Fall noch vor Ostern bestell- und lieferbar sein. Kennst du vielleicht ein urzeitbegeistertes Kind im Alter zwischen 3 und 9 Jahren? Dann solltest du dir auf jeden Fall schon mal den Titel auf die Merkliste schreiben. Der steht nämlich schon fest: Traumreise für Kinder in die Zeit der Dinosaurier!

 

Die Illustrationen im Buch, wie auch dieser junge Orodromaeus, stammen wieder von unserem großartigen Paläo-Künstler Brian Murphy (Wootusart).

Wie schon im letzten Kinderbuch findest du darin viele interessante und liebevoll illustrierte Geschichten, die sich perfekt zum Vorlesen eignen. Kinder kommen mit ihnen zur Ruhe, werden in Achtsamkeit gefördert und können dabei auch so einiges über die Welt der Dinosaurier und anderer Urzeit-Kreaturen lernen. Nicht nur deshalb handelt es sich um perfekte Gutenachtgeschichten, die für die kleinen Dino-Experten zu ihrem wichtigsten Abendritual werden können!


Bild der Woche

Ein junger Tyrannosaurus vertreibt ein Dakotaraptor-Pärchen von einem Edmontosaurus-Kadaver und demonstriert eindrucksvoll, wer hier am Fluss den Ton angibt. Die beiden kleineren Raubsaurier machen deshalb besser schnell, dass sie wegkommen. Im Hintergrund wird die Szene von vielen weiteren Bewohnern der Hell Creek Formation beobachtet.

 

Das Bild stammt von Raul Martín.


Paläo-News

Es geht munter weiter mit den Paläo-News. Ich konnte aber inzwischen etwas aufholen und habe viele der interessanten Meldungen, die sich bei mir schon stapelten, endlich als Artikel abgefasst. Aber ich habe immer noch einigen Stoff auf meinem Schreibtisch liegen, der unbedingt noch verarbeitet werden muss. Ihr könnt euch also auch nächste Woche wieder auf viele tolle Urzeit-Nachrichten freuen. Heute gibt es aber erst einmal die Artikelzusammenfassung der letzten beiden Wochen:

 

Highlight Paläo-News

Neue prähistorische Vögel in China entdeckt

Ungefähr 130km vom westlichsten Ausläufer der Chinesischen Mauer entfernt fanden Paläontologen Relikte einer ganz anderen Welt. Jingmai K. O’Connor vom Field Museum of Natural History in Chicago (USA) und ihr Team beschreiben in ihrer neuen Studie sechs Exemplare, bestehend aus Schädelresten und damit verbundenen Halswirbeln, die bei Changma in der frühkreidezeitlichen Xiagou-Formation in der nordwestlichen Provinz Gansu, China, gefunden wurden. Die Untersuchung der Exemplare gestaltete sich wegen des oft schlechten Zustands der Fossilien oft schwierig, trotzdem konnten die Forscher drei verschiedene Taxa bestimmen, die durch Unterschiede in ihren Zähnen identifiziert wurden.

 

Die artenreiche Vogel-Fauna der Xiagou-Formation, hier illustriert von Cindy Joli, Julio F. G. Lorenzo & René D. Rodríguez.

Ein Exemplar ist zahnlos, ein anderes hat scharfe, eng beieinander liegende, relativ hochkronige und pflockartige Zähne, und ein drittes wiederum stumpfe, relativ niedrigkronige Zähne in einer gemeinsamen Schnabelrille. Eine derartige Morphologie bei erwachsenen Vögeln ist typisch für einen Vertreter der Hesperornithiformes berichtet wurde. Das hochkronige Exemplar gehört wohl zur Spezies Gansus yumenensis, zeigt aber auch Ähnlichkeiten mit dem eng verwandten Iteravis huchzermeyeri.

 

Die beiden anderen Exemplare gelten aber als neue Taxa. Die Forscher nannten sie Meemannavis ductrix und Brevidentavis zhangi. Sie bestätigen, dass das prähistorische Changma vor 120 Ma von ornithuromorphen Vögeln dominiert wurde. Die Funde tragen außerdem zu einem besseren Verständnis der kreidezeitlichen Avifauna bei.


Megalodon: War der Riesenhai infolge der Bergmannschen Regel nur in kalten Gewässern ein Gigant?

Otodus megalodon ist ein riesiger Hai aus dem Miozän und Pliozän und für seine gigantischen Zähne bekannt. Er erreichte möglicherweise eine Gesamtlänge von 18–20 m. Kenshu Shimada von der DePaul University in Chicago (USA) und sein Team untersuchten für eine neue Studie die zuvor vorgeschlagenen Körpergrößentrends und die Theorie, dass er in tropischen Gewässern seine Kinderstuben hatte. Dazu verglichen sie die in den betreffenden Gebieten gefundenen Zähne und setzten sie in Relation zu den prähistorischen Meerestemperaturen.

 

Dabei zeigte sich, dass die Zähne von O. megalodon in kühleren Gewässern im Durchschnitt signifikant größer waren als solche in wärmerem Wasser. Dieses Muster könnte auf die Bergmannsche Regel zurückzuführen sein: Tiere, die ihre eigene Körperwärme erzeugen können, sind in höheren Breiten meist größer als ihre Verwandten in Tropennähe. Die Forscher könnten hier also den ersten stichhaltigen Nachweis für die Bergmannsche Regel bei Haien erbracht haben: Der Großwuchs spart aufgrund der im Verhältnis zum Volumen geringeren Körperoberfläche eine Menge Energie ein. Megalodon dürfte also zumindest mesotherm gewesen sein, wie auch andere Makrelenhaie.

 

Otodus megalodon. Rekonstruktion von Markus Bühler.

Es ist allerdings immer noch wahrscheinlich, dass O. megalodon tropische Kinderstuben genutzt hat. Diese könnten basierend auf der Körpergröße aber eher temperaturabhängige Trends als die abgeleitete Fortpflanzungsstrategie widerspiegeln. Wenn dies der Fall ist, ist es wahrscheinlich, dass wohl nicht alle Populationen von O. megalodon gleichermaßen zu gigantischen Größen heranwuchsen, und nur einige wenige, nämlich die in den kühleren Gewässern lebenden die 18–20 m erreichen konnten. Ihre tropischen und subtropischen Artgenossen blieben dagegen meist kleiner.


Woodwardopterus freemanorum: Riesiger Süßwasser-Seeskorpion überlebte bis zum Massenaussterben am Ende des Perm

Markus J. Poschmann von der Abteilung Erdgeschichte der Direktion Landesarchäologie in Koblenz und sein australischer Kollege Andrew Rozefelds vom Queensland Museum in Brisbane beschreiben in ihrer neuen Arbeit ein großes, unvollständiges Fossil-Fragment eines großen Arthropoden aus dem spätpermischen Kaloola-Member, das in den Kohlemimen vom Baralaba im Bowen Basin in Queensland gefunden wurde. Das Fossil wird der Gruppe der Seeskorpione (Eurypteriden) zugeordnet.

 

Es ist zwischen 254–252 Ma alt und stammt demnach aus dem späten Perm, also aus der Zeit während des großen Massenaussterbens, bei dem die großen Seeskorpione endgültig ausstarben. Das Tier war über einen Meter lang, lebte allerdings wohl im Süßwasser, wahrscheinlich in einer Flusslandschaft. Aufgrund einzigartiger Oberflächenornamente konnten die Forscher das Fossil als einen bisher unbekannten und wahrscheinlich jüngsten Mykteropoiden beschreiben, der nun den Namen Woodwardopterus freemanorum tragen wird.

 

Woodwardopterus freemanorum in einer Rekonstruktion von Alison Douglas.

Es handelt sich um eine bedeutende Entdeckung, die zeigt, dass in den südlichen hohen Breiten von Gondwana bis zum Aussterben am Ende des Perms noch große räuberische Eurypteriden existierten. Doch welche ökologischen Faktoren begünstigten das Überleben dieser Süßwasser-Eurypteriden im späten Paläozoikum? Weitere Forschungen sind nötig, um dieses Geheimnis zu lüften.


Hiawatha-Impaktkrater entstand kurz nach dem Ende der Ära der Dinosaurier

Die etwa 31 km breite Struktur, die sich unterhalb des Hiawatha-Gletschers im Nordwesten Grönlands befindet, wurde schon vor längerer Zeit als Impaktkrater identifiziert. Erst lange nach Entstehung des Grönlandeisschilds, während des Pleistozäns, sei dieser entstanden, so ging man bislang noch aus. Der Einschlag wurde sogar als Ursache des Temperatureinbruchs während der späten Dryas vor etwa 10.000 Jahren in Erwägung gezogen, einer letzten Kaltphase während des zu Ende gehenden Pleistozäns.

 

Um die Struktur zu datieren, führten Gavin G. Kenny vom Naturhistoriska Riskmuseet in Stockholm (Schweden) und sein Team im Rahmen ihrer Studie eine radiometrische Analyse (40Ar/39Ar sowie U-Pb) an Zirkonen durch, die von glaziofluvialen Kieselsteinen aus Impaktschmelzgestein des Hiawatha-Gletschers gewonnen wurden. Die Analyse enthüllte Verblüffendes: der Krater ist nämlich deutlich älter als gedacht!

 

Die Daten weisen auf eine Entstehungszeit während des späten Paläozäns, vor etwa 58 Ma hin. Offenbar schlug nur relativ kurze Zeit nach der Katastrophe von Chicxulub am Ende der Kreidezeit wieder ein größerer Himmelskörper auf der Erde ein. Folglich ist die Hiawatha-Impaktstruktur weit vor der pleistozänen Vergletscherung entstanden und hat weder mit dem Paläozän-Eozän-Thermalmaximum noch mit dem Flutbasaltvulkanismus in Ostgrönland etwas zu tun. Sie entstand jedoch ziemlich gleichzeitig mit dem paläozänen Kohlenstoffmaximum. Ob der Einschlag mit dem rasanten Anstieg von atmosphärischem CO2 und dem extrem heißen Klima am Ende des Paläozäns zusammenhängt oder gar eine der Hauptursachen dafür war, muss in weiteren Forschungen noch geklärt werden.


Dzharaonyx eski: Neuer Alvarezsaurier aus Usbekistan

Alexander O. Averianov von der Russischen Wissenschaftsakademie in St. Petersburg (Russland) und sein deutsch-amerikanischer Kollege Hans-Dieter Sues vom Smithsonian Institution in Washington D.C. (USA) beschreiben in ihrer neuen Arbeit einen neuen, kleinen Theropoden aus der usbekischen Bissekty-Formation. Schon in den letzten Jahren wurden aus dieser interessanten Fossillagerstätte mehrere bemerkenswerte Dinosaurier beschrieben, wie der Titanosaurier Dzharatitanis, der Carcharodontosaurier Ulughbegsaurus und der Tyrannosaurier Timurlengia.

 

Diese Tiere lebten an einem markanten Wendepunkt in der Erdgeschichte: in der frühen Oberkreide verschwanden einige der bislang dominierenden Dinosauriergruppen infolge eines sich über mehrere Jahrmillionen hinziehenden Massenaussterbens und wurden durch modernere Dinosaurier ersetzt.

 

Dzharaonyx eski in einer Rekonstruktion von Cisiopurple.

Der neue Dinosaurier gehört zur Gruppe der Alvarezsauriden und wurde Dzharaonyx eski („Kralle von Dzharakuduk“) genannt, nach der Fundstelle. Seine Überreste beinhalten eine Vielzahl von dissoziierten, aber gut erhaltenen Knochen, die Ähnlichkeiten zu seinen Verwandten Patagonykus und Mononykus aufweisen. Dzharaonyx gehörte wie sie zu der Unterfamilie der Parvicursorinae und ist ihr bislang ältester bekannter Vertreter. Er lebte vor 91 Ma und wurde nur etwa 60cm lang.


Hutchemys walkerorum: neuentdeckte Weichschildkröte überlebte Massenaussterben der Dinosaurier

Die Plastomeninae sind eine Gruppe ausgestorbener Schildkröten, die kürzlich einer erheblichen Überarbeitung unterzogen wurden. Einige ihrer Gattungen haben sogar das Massensterben am Ende der Kreidezeit überlebt. Dazu gehörte auch die Gattung Hutchemys, von der nun eine neue Art beschrieben wurde. Steven E. Jasinski vom State Museum of Pennsylvania in Harrisburg (USA) und seine Kollegen stellen sie als Hutchemys walkerorum in ihrer neuen Arbeit erstmalig vor.

 

Die gut erhaltenen Fossilien dieser Weichschildkröte stammen aus Oberkreide von North Dakota, aus der berühmten Hell Creek Formation. Von anderen Hutchemys-Arten unterscheidet sie sich durch mehrere Merkmale, einschließlich Aspekte des Nackens, der Rippen und der Panzerverengung. Die neue Art stellt die zweite aus der Kreidezeit bekannte Hutchemys-Art dar und stellt möglicherweise einen direkten Vorfahren zu der späteren H. tetanetron dar. Auch mit den Gattungen Gilmoremeys lancensis und Helopanoplia aparta besteht eine enge Verwandtschaft. Hell Creek war vor 66 Ma mit seinen vielen Flussläufen, Bruchwäldern und Schwemmebenen ein wahres Schildkrötenparadies.

 

Hutchemys in der Hell Creek Formation. Rekonstruktion von Sergey Krasovskiy.

Die Vorfahren von Hutchemys walkerorum, die Trionychiden, entstanden wahrscheinlich in Asien während der mittleren bis späten Unterkreide. In Nordamerika entwickelten sie sich dann zu den nur dort vorkommenden Plastomeninen. Sie waren im Maastrichtium bis zum Paläozän auf ihrem Höhepunkt ihrer Diversität, wie der neue Fund auch bestätigt. Der Einschlag eines riesigen Meteoriten konnte ihren Erfolg lediglich bremsen. Erst im Eozän starb ihre Linie endgültig aus.


Canis lupus: moderner Wolf erreichte Europa früher als bislang angenommen

Dawid A. Iurino von der Sapienza Università di Roma (Italien) und seine Kollegen beschreiben in einer neuen Arbeit einen fragmentarischen Schädel eines großen Raubtiers, dass bei Erarbeiten nahe der italienischen Hauptstadt Rom, bei Ponte Galeria, in Ablagerungsschichten aus dem mittleren Pleistozän gefunden wurde. Die Probe hat ein Alter von über 400.000 Jahren und stellt einen der wenigen bekannten mittelpleistozänen Überreste eines wolfsähnlichen Caniden dar.

 

Doch war dieses Tier wirklich schon ein Wolf? Das Fossil fällt genau in den Zeitrahmen, in dem der entwicklungsgeschichtliche Übergang vom Mosbacher Wolf (Canis mosbachensis) zum modernen Wolf (Canis lupus) stattfand. Somit stellt der Fund einen bedeutenden Schlüsselmoment dar, um die Ausbreitung des heutigen Wolfs in Europa zu verstehen.

 

CT-basierte Methoden ermöglichen die Untersuchung der äußeren und inneren Schädelanatomie (Gehirn und Stirnhöhlen) und den Vergleich zwischen dem fossilen und modernen Caniden. Den morphologischen und biometrischen Ergebnissen nach kann das Fossil von Ponte Galeria tatsächlich einem ausgewachsenen Canis lupus zugeordnet werden. Es stellt damit das erste zuverlässig belegte Vorkommen dieses Taxons in Europa dar. Die Biochronologie der europäischen Wölfe muss damit überarbeitet werden. Offenbar gelangten ihre Vorfahren schon früher als angenommen aus Nordamerika kommend auf die Appenin-Halbinsel.


Genforscher bezweifeln die Möglichkeit zur Wiederbelebung ausgestorbener Arten

Spätestens seit Steven Spielbergs „Jurassic Park“ (1993) fasziniert die „Wiederbelebung“ ausgestorbener Spezies die Öffentlichkeit wie auch die Forschung. Nicht nur Sensationsgier, sondern auch der Schutz bestehender Ökosysteme treibt die Forscher an, Tiere wie Mammuts und Wollnashörner, aber auch etliche kleinere ausgestorbene Tiere wieder neu zu erschaffen. In der Wissenschaft werden dabei drei Hauptmethoden als mögliche Wege zur „wahren“ De-Extinktion diskutiert: Rückzüchtung, Klonen und Genmanipulation.

 

In „Jurassic Park“ werden Dinosaurier aus dem fossilen Erbgut geklont, das Wissenschaftler im Magen eines in Bernstein konservierten Moskitos gefunden haben. Dies ist allerdings nur Science Fiction.

Bei ersterer Form wird ein eng Verwandtes Tier zu einer Variante gezüchtet, die der ausgestorbenen stark ähnelt. Beim Klonen wird mit dem Erbgut der ausgestorbenen Art eine eng verwandte, noch existierende Art in vitro befruchtet. Beim letzten Ansatz werden die Stammzellen einer rezenten mit dem Erbgut der ausgestorbenen Art genetisch modifiziert. Bei ersterer Form entsteht aber eigentlich kein ausgestorbenes Tier, sondern nur eine neue Zuchtform. Die zweite Form erweist sich aufgrund des Mangels an vollständigen Genomen ausgestorbener Tiere und fehlender Wirtstiere als extrem schwierig. Der letztere Ansatz wäre jedoch höchstwahrscheinlich schon auf die größte Anzahl ausgestorbener Arten anwendbar.

 

Die ausgestorbene Weihnachtsinsel-Ratte (Rattus macleari) in einer Rekonstruktion von Joseph Smith.

„Jurassic Park“ ist offenbar niemals wirklich zu realisieren

Doch auch hier gibt es offenbar bisher unvorhergesehene Probleme. Jianqing Lin von der Shantou University (China) und sein Team untersuchen diese Methode am Modell der ausgestorbenen Weihnachtsinsel-Ratte (Rattus macleari), die zwischen 1898 und 1908 ausstarb. Ihre Analysen zeigen, dass selbst das bei der Manipulation der eng verwandten Wanderratte (Rattus norvegicus) Komplikationen auftreten, sodass fast 5 % der Genomsequenz nicht wiederherstellbar sind. 1.661 Gene sind zu weniger als 90 % vollständig wiederherzustellen. 26 weitere fehlen ganz. Auch wenn die De-Extinktionsforscher wahrscheinlich schon extrem nah an einem Erfolg wähnen, sind sie also offenbar tatsächlich noch meilenweit davon entfernt – selbst bei einer Ratte. Von Mammuts und Wollnashörnern ganz zu schweigen.


Neue Studie zu Torosaurus: ist der Horndinosaurier eine gültige Gattung?

Der Ceratopsier (Horndinosaurier) Torosaurus hat eine interessante Forschungsgeschichte. Sowohl über seine geografische Verbreitung als auch über seine Taxonomie (Verwandtschaft), ja sogar über seine Gültigkeit als eigene Gattung wird noch immer heftig diskutiert. Einige Forscher argumentierten, dass Torosaurus einfach ein erwachsener Triceratops ist.

 

Das nördlichste gefundene Material von Torosaurus aus Ablagerungen des oberen Maastrichtiums in Kanada wird von manchen Experten infrage gestellt. Diese Fossilien bestehen lediglich aus ein paar Nackenschildern. Jordan C Mallon von der Carleton University in Ottawa (Kanada) und sein Team haben sich diese Fossilien noch einmal genauer angesehen und in ihrer neuesten Arbeit analysiert. Dabei stellten sie fest, dass es doch am plausibelsten dem Torosaurus-Morph zuzuschreiben ist. Zum ersten Mal wendeten sie auch osteohistologische Proben auf weiteres Knochenmaterial an, das mit einem der Schädel verbunden war. Die Analyse legt nahe, dass dieses Tier zum Zeitpunkt seines Todes noch nicht ausgewachsen war. Dieser Befund, zusätzlich zu anderen hier vorgestellten Überlegungen, führt die Forscher zu dem Schluss, dass Torosaurus doch eine gültige Gattung ist.

Torosaurus in „Die Weißen Steine“

Triceratops Männchen

In meinem Roman Die Weißen Steine ist der Torosaurus-Morph ein Triceratops-Männchen: die Tiere machen dort beim Heranwachsen eine starke Wandlung durch, bei der sich die imposanten Nackenschilde stark in die Länge ziehen. Die der Weibchen bleiben dagegen verhältnismäßig kurz. Diese Überlegung ist allerdings bislang nicht durch fossile Belege gestützt.


Qianzhousaurus sinensis: Studie über die Schädelanatomie von „Pinocchio Rex“

Die Tyrannosauriden standen während der späten Oberkreide an der Spitze der Nahrungskette aller Land-Ökosysteme in Nordamerika und Asien. Die meisten Tyrannosauriden wie der berühmte Tyrannosaurus rex hatten breite Schnauzen, dicke Zähne und mächtige Kiefermuskeln, die hohe Bisskräfte erzeugen konnten. Doch die robusten Tyrannosaurinen koexistierten in Asien auch mit einer morphologisch unterschiedlichen Gruppe langschnäuziger Verwandter, den Alioraminen. Qianzhousaurus sinensis, scherzhaft wegen seiner langen Schnauze auch „Pinocchio Rex“ genannt, stammt aus dem Maastrichtium von Ganzhou (China) und ist der größte bisher entdeckte Alioramine. Seine Erstbeschreibung aus 2014 fiel jedoch ziemlich knapp aus.

 

William Foster von der University of Edinburgh und sein Team präsentieren in ihrer neuen Arbeit eine detaillierte osteologische Beschreibung des Holotyps und untersuchten dazu den Schädel und Unterkiefer von Qianzhousaurus. Sie identifizierten dabei mehrere neue autapomorphe Merkmale der Gattung und neue Synapomorphien, die die Alioraminen Qianzhousaurus, Alioramus altai und Alioramus remotus als Klade vereinen.

 

Qianzhousaurus in einer Rekonstruktion von Chuang Zhao.

Weiterhin konnten die Forscher zeigen, dass ein Großteil der Variationen unter den Alioraminen-Arten mit Wachstumstrends bei anderen Tyrannosauriden übereinstimmen. A. altai, A. remotus und Qianzhousaurus stellen unterschiedliche ontogenetische Stadien (Altersgrade) dar. Der holotypische Schädel von Qianzhousaurus ist demnach der Reifegrad eines ausgewachsenen Alioraminen. Die Forscher meinen außerdem, dass die Schädelmorphologie von Qianzhousaurus auf einen viel schwächeren Biss hinweist als bei den Tyrannosaurinen. Dies deutet darauf hin, dass sie auch unterschiedliche Beute bevorzugten.


Fußabdruck auf Koprolithen entdeckt: trat ein prähistorisches Krokodil in seinen eigenen Haufen?

Ein wirklich seltenes Ichnofossil: Kazim Halaçlar von der Chinese Academy of Sciences in Beijing (China) und seine Kollegen berichten in ihrer neuesten Arbeit über einen Krokodil-Koprolithen (fossiler Krokodil-Kot), in dem ein gut erhaltener Fußabdruck verewigt wurde, offenbar ebenfalls von einem Krokodil. Es ist heute natürlich nicht mehr zu sagen, ob das Krokodil, das auf dem Gebiet einer heutigen Kohlemine in Na Duong, in der Provinz Lang Son im Norden Vietnams während des Eozäns lebte, in sein eigenes Häufchen getreten ist, oder in die Hinterlassenschaften eines Artgenossen.

 

Ein Krokodil, das in einen Kothaufen trat: Illustration rechts von Chung-Tat Cheung.

Koprolithen sind von dieser Fundstelle jedenfalls keine Seltenheit. Das rätselhafte Exemplar mit einer Länge von 4 cm wurde unter mehr als 100 Koprolithen in der Kohlemine entdeckt. Fast alle Koprolithen stammten von Krokodilen, was auf die Existenz einer alten Seeumgebung hindeutet. Auch der Vergleich mit heutigen Krokodilspuren konnte eine Panzerechse als Verursacher bestätigen, das wahrscheinlich etwa 2m lang war. Der Abdruck und der Koprolith sind etwa 33 Ma alt.


Cascocauda rong: neuer anurognathider Flugsaurier aus China

Die Anurognathiden sind eine Gruppe von niedlichen, nicht-pterodactyloiden Flugsauriern. Sie zeichnen sich durch einen einzigartigen Körperbau aus, mit winzigen Körpern, rundlichen Köpfen und großen Augen, die nahelegen, dass viele von ihnen nachtaktive Insektenfresser waren. Fossilien von erwachsenen, aber auch von jugendlichen Exemplaren sind bekannt, deren Flügelspannweite zwischen 0,24 und 1 m liegt.

 

Aufgrund der morphologischen Veränderungen, die diese Tiere im Laufe ihres Lebens durchliefen, gibt es unter Forschern häufig Diskussionen über die Gültigkeit verschiedener Taxa. Es könnte sich bei manchen eigenständig benannten Arten auch um verschiedene Altersstadien ein und derselben Spezies handeln. Zixiao Yang von der Nanjing University (China) und sein Team führten deshalb eine allometrische Analyse an 13 fossilen Exemplaren von Anurognathiden Exemplaren durch. Ihre Ergebnisse zeigen, dass alle Anurognathiden ähnliche Wachstumskurve haben und dass nur eine kleine Zahl von Merkmalen sich darin signifikant verändert. So konnten sie eines der Fossilien als neue Art erkennen, die sie als Cascocauda rong („flauschiger alter Schwanz“) benennen. Schon 2018 fanden Forscher es bei Grabungen in der chinesischen Tiaojishan Formation. Cascocauda lebte vor etwa 163 Ma während des frühen Oberjura.

 

Cascocauda in einer Rekonstruktion von Gabriel Ugeto.

Die phylogenetische Analyse stützt die Vermutung, dass die Anurognathiden die Schwestergruppe der Breviquartossa waren und im Laufe ihrer Evolutionsgeschichte ihren Schwanz deutlich verkürzten und ein „jugendliches“ Erscheinungsbild auch als Erwachsene beizubehalten. So entwickelten sie einen extrem geschickten Flugstil, der es ihnen ermöglichte, auch winzige, schnelle Fluginsekten zu fangen.


Yuxisaurus kopchicki: früher Thyreophore aus China

Die frühe Evolutionsgeschichte der Thyreophora (gepanzerte Dinosaurier) ist nach wie vor nur wenig erforscht. Der Fossilienbericht, insbesondere aus der relevanten Zeit des frühen und mittleren Jura, ist nämlich wie auch bei vielen anderen Dinosauriern nur sehr lückenhaft. Doch nach und nach bringen neue Entdeckungen Licht ins Dunkel, wie nun von Xi Yao von der Yunnan University (China). Zusammen mit seinem Team beschreibt er in einer neuen Arbeit die Fossilien eines Thyreophoren aus der Fengjiahe-Formation in der Provinz Yunnan beschreiben konnte, der 2021 ebendort entdeckt wurde.

 

Die Fossilien bilden ein Teilskelett mit Schädel-, Hüft- und Gliedmaßenknochen. Außerdem sind mehrere Osteoderme, also gepanzerte Hautelemente überliefert. Die einzigartigen Merkmale wiesen das Tier als einen neuen, frühen Vertreter der Ankylosaurier und wahrscheinliches Schwestertaxon des in Deutschland gefundenen Emausaurus aus. Es könnte aber auch ein noch basaler, gleichermaßen mit Stegosauriern und Ankylosauriern verwandter Thyreophore sein.

 

Yuxisaurus kopchicki in einer Rekonstruktion von Cisiopurple.

Der neubeschriebene Yuxisaurus kopchicki, benannt nach dem Fundort bei Yuxi und dem Biologen John J. Kopchick, lebte vor etwa 190 Ma im Unterjura und war wohl nur etwas mehr als 2m lang. Er wäre damit der früheste bekannte Panzersaurier Asiens. Seine Entdeckung bestätigt die schnelle geografische Ausbreitung und Diversifizierung der Gruppe nach ihrem ersten Auftreten im frühen Unterjura. Sein schwerer Körperbau und seine charakteristische Rüstung deuten auch auf eine zuvor nicht erkannte morphologische Vielfalt zu Beginn der Geschichte der Thyreophoren hin.


Syllipsimopodi bideni: ausgestorbener Vampirtintentenfisch nach US-Präsident benannt

Christopher Whalen von der Yale University in New Haven und sein Kollege Neil Landman vom American Museum of Natural History in New York (USA) beschreiben in ihrer neuesten Arbeit einen außergewöhnlich gut erhaltenen Vampirtintentenfisch aus dem Karbon, der vor 328 Ma in der Periode des Karbon lebte. Syllipsimopodi bideni soll das Tier nun heißen. Der Artname bezieht sich auf den derzeitigen US-Präsidenten Joe Biden. Die Namenswahl ist allerdings nicht als Kritik auf die blutsaugende Steuerpolitik zu verstehen. Die Vampirtintenfische tragen ihren Namen ja auch nicht, weil sie sich von Blut ernähren, sondern weil die sich zwischen ihren Fangarmen aufspannende Hautmembran an den Umhang von Graf Dracula erinnert. Sie fressen bevorzugt die Überreste verstorbener Meeresbewohner. Die Namenswahl in Bezug auf Biden war ein Ausdruck der Hoffnung der Forscher, weil sie von den Plänen des US-Präsidenten, den Klimawandel anzugehen, und wissenschaftliche Forschung zu fördern, sehr angetan waren.

 

Das Fossil Bear Gulch Lagerstätte von Montana (USA) gefunden und zeichnet sich durch zehn robuste Arme, die zweireihige Saugnapfreihen tragen, aus. Es ist der bislang einzige bekannte Vampyropode, der noch zehn Arme hat – wie wahrscheinlich noch seine frühen Vorfahren. Syllipsimopodi bideni ist außerdem auch der älteste bekannte Vertreter der Kronengruppe der Vampyropoden und verlegt die bislang belegte Entstehungszeit dieser Tiere um mehr als 80 Ma nach hinten. Seine Entdeckung bestätigt damit auch die Schätzungen der molekularen Uhr.

 

Syllipsimopodi bideni  in einer Rekonstruktion von Christopher Whalen.

Anhand einer Bayes’schen Phylogenie fossiler neocoleoider Kopffüßer konnten die Forscher zeigen, dass Syllipsimopodi bideni der am frühesten divergierende bekannte Vampyropode ist. Dies stellt die gängige Hypothese, dass Vampyropoden von einem phragmoteuthischen Belemnoiden aus der Trias abstammen, stark in Frage. Bereits im Karbon hatten Vampyropoden offensichtlich bereits ihren gekammerten Phragmokonus und das ursprüngliche Rostrum verloren – Merkmale, die die Belemnoiden und viele noch vorhandene zehnarmige Tintenfisch (Decabrachia) beibehalten haben.


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Das war es für heute mit den Nachrichten aus der Urzeit! Ich wünsche dir noch einen schönen Sonntag. Komm gut in den Frühling, genieße, soweit möglich, das schöne Wetter! Und lasst uns alle hoffen, dass die helle Jahreszeit endlich etwas mehr Freude in unser Leben bringt. Und für die Menschen in der Ukraine wünsche ich mir, dass sie trotz des furchtbaren Traumas, dass ein skrupelloser Despot in ihr Leben gerissen hat, ihren Glauben an die Demokratie, an Freiheit und an baldigen Frieden nicht verlieren. Haltet durch!

 

Liebe Grüße

Dein Markus Peter Kretschmer

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