Wort zum Sonntag – 22.05.2022

Lesedauer: etwa 17 Minuten
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Hallo und einen schönen Sonntag (22.05.2022) wünsche ich dir!

Nach der ersten Hitzewelle dieses Jahr gönnt sich der Frühsommer seit einigen Tagen eine Pause. In einigen Teilen Deutschlands haben die Unwetter beträchtlichen Schaden angerichtet und sogar einige Menschenleben gefordert. Bei mir hier im Norden ist es bislang verhältnismäßig ruhig geblieben. Hoffen wir, dass das Wetter nächste Woche hält. Denn da will ich wieder mal in die Kiesgrube zum Fossiliensammeln – und du darfst mich gerne begleiten!

 

In der Kiesgrube Dohrn / Eggers in Negenharrie begeben wir uns auf die Suche nach Donnerkeilen, Seeigeln und anderen Schätzen aus der Urzeit. Viele der dort zu findenden Fossilien stammen gar nicht aus den Norddeutschen Landen, sondern aus Skandinavien. Sie wurden durch die Gletscher der Eiszeit über viele hundert Kilometer mitgetragen und bei uns in Schleswig-Holstein abgelagert. Unter der fachkundigen Leitung von Dipl.-Geologe Dr. Gerald Kopp vom Museum „Tor zur Urzeit“ in Brügge bei Bordesholm können kleine und große Fossilien-Freunde ihr Glück und ihre Geduld auf die Probe stellen.


Veranstaltungskalender

Außerdem habe ich diesen Sommer noch einiges mehr auf dem Programm! Die Dino-Treffen in Baden-Württemberg, die eigentlich mal fürs nächste Wochenende geplant waren, mussten zwar leider ausfallen. Leider muss wegen anderer persönlicher Termine auch das geplante Dino-Treffen in Münchehagen zunächst einmal verschoben werden. Aber aufgeschoben ist nicht aufgehoben: schon im Juli werde ich das Programm nachholen. Und dann habe ich auch eine große Überraschung! Worum es geht? Kann ich heute noch nicht verraten. Für mich geht dann aber ein alter Kindertraum tatsächlich in Erfüllung, und ich lasse meine Leser selbstverständlich daran teilhaben.

Hier mein aktueller Veranstaltungskalender:

28.05.2022     Gemeinsame Fossiliensuche in der Kiesgrube Dohrn / Eggers in Negenharrie

25.06.2022     Gemeinsame Fossiliensuche in der Kiesgrube Dohrn / Eggers in Negenharrie

09.07.2022     Gemeinsame Fossiliensuche auf den Erddeponien in Baden-Württemberg

09.07.2022     (Im Anschluss:) Dino-Treffen im Urwelt-Museum Hauff in Holzmaden

10.07.2022     Dino-Treffen in der paläontologischen Sammlung Tübingen

27.08.2022     Lesung aus meiner Romanreihe „Die Weißen Steine“ im Museum Tor zur Urzeit

Der August 2022 soll sonst ein reiner Schreibmonat werden. In meinen Sommerferien werde ich alles geben, um den dritten Teil von Die Weißen Steine fertigzuschreiben. Es wird also keine weiteren Veranstaltungen geben, da ich mich voll und ganz auf diese Arbeit konzentrieren werde. Es wird aber demnächst bestimmt auch wieder mal einen Podcast geben.

Der Veranstaltungskalender wird also bald mit noch einigen weiteren schönen Terminen ergänzt werden – und sobald ich mit meinem Roman fertig bin, hoffentlich auch mit vielen weiteren Dino-Treffen, gemeinsamen Fossiliensuchen, Lesungen und anderen Aktionen.


Neue Serie

Zusammen mit Michael Kubi, mit dem ich schon beim Video zu der Katastrophe von Chicxulub zusammengearbeitet habe, entsteht außerdem gerade eine neue Beitragsreihe namens Film vs. Wissenschaft. Darin werden wir bekannte Dinosaurier- und Urzeitfilme, aber auch Dokumentationen gnadenlos auseinandernehmen und überprüfen, ob sie den Status wissenschaftliche Authentizität auch heute noch beanspruchen können.

 

Unser erstes Ziel ist die Jurassic-Filmreihe, die ja dieses Jahr mit Jurassic World – Ein neues Zeitalter fortgesetzt bzw. abgeschlossen wird. Bevor der Streifen im Kino erscheint, werden noch alle bisherigen Teile gründlich durchleuchtet. Zwei Faktencheck-Beiträge sind schon erschienen, der nächste kommt schon morgen – auch wieder als Video. Schau unbedingt mal rein!

1) Jurassic Park: Kann man Dinosaurier klonen?

2) Jurassic Park (1993)

 


Bild der Woche

Der riesige Ammonit Parapuzosia macht sich über den Kadaver eines kleinen Mosasaurus her. Der schier gewaltige Verwandte der heutigen Tintenfische konnte einen Gehäusedurchmesser von über 170cm erreichen und war damit in etwa so groß wie ein Traktorreifen.

 

Bildquelle: Mark Witton.


Paläo-News

In den letzten zwei Wochen haben mich wieder viele interessante Nachrichtenmeldungen aus der Urzeit erreicht. Neue Dinosaurier waren diesmal zwar wieder nicht mit dabei, aber trotzdem fehlt von einem Sommerloch bislang jede Spur. Macht aber nichts, es ist ja erst Ende Mai.

 

Highlight Paläo-News


Tessellatia bonapartei: Neuentdeckter Cynodont gibt neue Einblicke in die Evolutionsgeschichte der Vorfahren der Säugetiere

Die Probainognathia sind eine abgeleitete Linie der Cynodonten, die auch die Säugetiere als ihre Kronengruppe umfassen. Probainognathen sind vor allem aus Ablagerungen aus dem Karnium (Obertrias) von Argentinien bekannt. Aus dem darauffolgenden Zeitalter, dem Norium (vor 228 bis 208 Ma) ist aber nur eine einzige Art bekannt.

 

L.C. Gaetano vom Instituto de Estudios Andinos “Don Pablo Groeber” in Buenos Aires (Argentinien) und seine Kollegen beschreiben in ihrer neuen Studie eine weitere: Tessellatia bonapartei. Die Fossilien, ein teilweise erhaltener Schädel mit Unterkiefer, wurden in der Los Colorados Formation entdeckt, unweit der Fundstätte, wo auch einige der ältesten bekannten Dinosaurier gefunden worden. Die Forscher führten an dem Schädel eine detaillierte Neutronen- und Röntgenmikrotomographie durch, wobei sie einige einzigartige Merkmale feststellen konnten.

 

Rekonstruktionen des Schädels von Tessellatia bonapartei. Bildquelle rechts: Juan Cristobal Sotomayor/Zenger

Bei ihrer Analyse konnten Gaetano und seine Kollegen die größte phylogenetische Datenmatrix von Nichtsäugetier-Cynodonten anlegen. Die etwa rattengroße Tessellatia und ihr Schwestertaxon, der brasilianische Therioherpeton cargnini, werden darin als Probainognathen bestätigt, die eng mit den Vorfahren der Säugetiere verwandt sind. Die Daten weisen weiterhin darauf hin, dass Probainognathia und die Vorfahren der Säugetiere aus dem südwestlichen Gondwana (im brasilianischen Paraná-Becken) stammen, das während der Trias ein wichtiges Diversifikationszentrum war. In dieser damals feuchtheißen, tropischen Umgebung entwickelten sich wahrscheinlich auch die ersten Dinosaurier, Krokodile und Schildkröten.

Menschen verschwanden zusammen mit den Eiszeit-Riesen aus dem östlichen Mitteleuropa

Um zu verstehen, wie das gegenwärtige Artensterben abläuft, und herauszufinden, wie wir es vielleicht noch aufhalten oder zumindest verlangsamen können, blicken Forscher der verschiedensten biologischen Disziplinen auch auf andere, längst vergangene Aussterbe-Ereignisse. Besonders die Veränderungen der Umwelt, aber auch der menschlichen Bevölkerung während der letzten Eiszeit liefert Einblicke in die Ursachen des Aussterbens von Mega- und Mikrofauna.

 

Enikő Katalin Magyari von der Eötvös Loránd University in Budapest und ihr Team untersuchten in einer neuen Studie Höhlensedimentprofile, die mit der C14-Methode datiert wurden, und einen großen Satz von Säugetierknochen. Diese verglichen die Forscher wiederum mit Veränderungen in der gesamten Megafauna-Population Mitteleuropas, koprophilen Pilzen, dem Epigravettien-Populationsrückgang, quantitativen Klimamodellen, abgeleitetem Pollen- und Pflanzen-Makrofossil-Klima sowie Biom-Rekonstruktionen.

 

Die Megafauna Mitteleuropas während des späten Pleistozäns. Bildquelle: Mauricio Anton.

Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Populationsgröße großer Pflanzenfresser in dem Gebiet vor 17.700 Jahren abnahm. Infolge eines wärmer und feuchter werdenden Klimas verschwand die Steppe zusehends, dort breiteten sich nun Wäler aus. Die Daten aus den Höhlensedimenten zeigen u.a. den gleichzeitigen Rückgang verschiedener eiszeitlicher Großtiere wie Mammuts, aber auch von Nagetieren, wie der schmalköpfigen Wühlmaus und des Lemmings. An ihre Stelle traten nun andere Nager, die eher an Steppen und Waldgebiete angepasst waren. Und der Wandel betraf sogar den Menschen: In Ostmitteleuropa verschwanden sie nur wenig später ebenfalls plötzlich, vor etwa 15.200 Jahren.


Cretodus crassidens: der größte fleischfressende Hai der Kreidezeit?

Skelettfossilien von mesozoischen Haien, die ja zu den Knorpelfischen gehören, sind ausgesprochen selten. Jakopo Amalfitano von der Cambridge University und sein Team untersuchten in ihrer aktuellen Studie aber ein sehr gut erhaltenes Skelett, das im Nordosten Italiens gefunden wurde. Es stammt aus dem Zeitalter des Turoniums, ist etwa 90 Ma alt und gehört zur Art Cretodus crassidens, die vermutlich die größte Cretodus-Art war – und wie sich in der Studie herausstellte, vielleicht sogar der größte fleischfressende Hai des Mesozoikums.

 

Die Altersschätzung aus der Wirbelbandzählung legt nahe, dass das Exemplar zum Zeitpunkt seines Todes mindestens 23 Jahre alt und schon mindestens 6,5m lang war – also länger als ein heutiger weißer Hai. Wachstumsmodelle legen für die Art aber nahe, dass sie wenigstens 64 Jahre alt werden konnte. In diesem Alter hätte Cretodus crassidens Modellrechnungen zufolge 9m oder sogar 11m erreichen können, was schon nahe an die Durchschnittsgröße des berühmten Otodus megalodon aus dem Miozän herankommt.

 

Cretodus crassidens konnte wahrscheinlich sogar für die kreidezeitlichen Mosasaurier gefährlich werden. Bildquelle: Hodari Nundo.

Anders als moderne Makrelenhaie war Cretodus crassidens aber kein besonders ausdauernder Schwimmer. In seiner Lebensweise dürfte er deshalb eher dem Tigerhai geähnelt haben, mit dem er aber nicht näher verwandt ist. Trotzdem brachte Cretodus crassidens seine Beute wohl mit kurzen, raschen Angriffen zur Strecke und verfolgte sie nicht lange. Cretodus crassidens kam sowohl in nördlichen Gewässer als auch in der Tethys vor, was für ein sehr großes Verbreitungsgebiet spricht. Er hielt sich wohl bevorzugt in Offshore-Umgebungen auf.


Deinonychus „Hector“ unter dem Hammer!

Im Auktionshaus Christie’s ist wieder einmal ein Dinosaurier versteigert worden; dieses Mal das Skelett eines auf 110 Millionen Jahre geschätzten Deinonychus antirrhopus mit dem Spitznamen „Hector“. Das Skelett ging für 12,4 Millionen US-Dollar zu einem anonymen Käufer – und somit für mehr als den doppelten Preis, der von Christie’s dafür angesetzt worden war. Gefunden wurde es vor rund zehn Jahren von dem Hobby-Paläontologen Jack und Roberta Owen in Montana. Präpariert wurde es von Jared Hudson, der es den Owens abkaufte und weiter veräußerte. Schließlich landete es dann bei Christie’s und wurde zu einem Preis versteigert, der die ursprüngliche Bezahlung, die die Owens dafür erhalten hatten, nicht einmal ansatzweise widerspiegelte.

 

Allerdings, so erklärte Jack Owen, suche er nicht des Geldes wegen nach Fossilien, sondern wegen der Jagd und der Funde. Der Reiz sei es, als erstes ein Fossil zu berühren, das Millionen von Jahren in der Erde gelegen hätte, das sei unbezahlbar. Unter wissenschaftlichen Gesichtspunkten ist es eher tragisch, dass Hector in private Hände gekommen ist. Viele Forscher sprechen sich grundsätzlich gegen die Versteigerung von Fossilien aus, weil die erzielten Preise in der Regel das Budget eines Museums übersteigen und somit die versteigerten Exemplare nicht der Wissenschaft erhalten bleiben. Einige wenige Privatbesitzer stellen ihre erstandenen Objekte weiterhin der Wissenschaft zur Verfügung. Aber der Großteil der in Privatbesitz gelangten Fossilien ist für die wissenschaftliche Forschung nicht mehr erreichbar. Eines Tages stirbt der Besitzer, die Fossilien werden veräußert und die wichtigen Informationen über Fundort und Gesteinsschicht gehen verloren.

Text: Hiltrud Cantauw (Dinosaurier-Interesse.de)


Honghesaurus longicaudalis: Neuer Pachypleurosaurier aus China beantwortet wichtige Fragen zur Evolution triassischer Meeresreptilien

Die Pachypleurosaurier (Pachypleurosauroidea) sind eine Gruppe kleiner bis mittelgroßer, eidechsenartiger Meeresreptilien, die in der frühen bis mittleren Trias lebten. Die Gruppe wird zu den Sauropterygiern gezählt, zu der gleichen Verwandtschaft also, zu der auch die bekannteren Plesiosaurier gehörten. Guang-Hui Xu von der Chinesischen Akademie für Wissenschaften in Beijing und sein Team präsentieren in ihrem aktuellen Paper einen neuen Pachypleurosauriden, den sie Honghesaurus longicaudalis nannten. Das ausgezeichnet erhaltene Fossil stammt aus marinen Ablagerungen der frühen Mitteltrias (Anisium, vor ca. 244 Ma) in Luxi, in der chinesischen Provinz Yunnan.

 

Es handelt sich um den ersten wirklich langschwänzigen Pachypleurosaurier mit insgesamt 121 Wirbeln, mehr als die Hälfte davon Schwanzwirbel. Honghesaurus liefert neue Belege für die Frage, wie die Pachypleurosaurier zu ihrer Wirbelvermehrung kamen und wie sie sich ökologisch anpassten. Der lange Rumpf in Verbindung mit einem überlangen Schwanz könnte Honghesaurus Vorteile beim Manövrieren und beim seitlichen Wellenschwimmen verschafft haben. Weiterhin belegt das Fossil, dass das sich zu dieser Zeit bildende Tethys-Meer offenbar ein West-Ost-Korridor war, der den Pachypleurosauriern die Ausbreitung von Europa nach Südchina ermöglichte. Ihr Erfolg fand aber noch in der Trias ein jähes Ende: am Ende des Karniums, vor etwa 227 Ma, starben die Pachypleurosaurier aus.


Säbelzahnkatzen konnten Kadaver vollständig entfleischen und Knochen zerbeißen

Spitzenprädatoren spielen eine wichtige Rolle bei der Regulierung ökologischer Gemeinschaften. Ihr Jagd- und Fressverhalten beeinflusst nicht nur den Bestand ihrer eigenen Beutetiere, sondern auch die Verfügbarkeit vieler anderer Ressourcen für andere Konsumenten. Zu den bekanntesten und rätselhaftesten terrestrischen Raubtieren des späten Känozoikums gehören die Machairodontinae, bekannter unter ihrem Trivialnamen „Säbelzahnkatzen“. Doch viele Aspekte der Paläobiologie dieser Tiere sind aber bis heute nur wenig erforscht, insbesondere ihre Beutepräferenzen und ihr Verhalten beim Verzehr eines Kadavers.

 

Um die offenen Fragen zu beantworten, nahmen Manuel Domínguez-Rodrigo von der Rice University in Houston (USA) und sein Team die Skelettanatomie, Zahnmorphologie, den natürliche Verschleiß des Gebisses sowie Isotopenprofile unter die Lupe, die in Fossilien des etwa des etwa löwengroßen Xenosmilus hodsonae in Florida entdeckt wurden. Muster von Zahnmarkierungen und Knochenschäden weisen darauf hin, dass Xenosmilus die Kadaver seiner Beute vollständig entfleischt und sogar geringfügig Knochen zerbissen hat. Säbelzahnkatzen hatten der Studie zufolge also wahrscheinlich einen weitaus weniger verschwenderischen Lebensstil als lange Zeit angenommen.


Olenoides serratus: Neues Fossil gibt Einblick ins Fortpflanzungsverhalten der Trilobiten

Wie haben sich ausgestorbene Tiere fortgepflanzt? Diese Frage gehört zu den grundlegendsten der paläontologischen Verhaltensforschung. Doch gerade für Tiere des frühen Paläozoikums lässt sie sich kaum beantworten. Direkte Fossilbelege sind selten. Sie stammen u.a. von einigen außergewöhnlich gut Exemplaren von kambrischen und ordovizischen Arthropoden, wie Waptiiden und Trilobiten. Sarah L. Losso von der Harvard University (USA) und ihr Team konnten nun ein neues Puzzleteil zur im Dunkeln liegenden Fortpflanzungspraxis der Trilobiten beisteuern. An Fossilien aus dem mittelkambrischen Burgess-Schiefer entdeckten sie bei Olenoides serratus spezialisierte Anhängsel, so genannte Endopodite.

 

Durch die Analyse der Anatomie gut erhaltener Trilobiten-Fossilien konnte ihr Paarungsverhalten rekonstrueiert werden. Bildquelle rechts: Holly Sullivan.

Beim Vergleich mit vorhandenen Arthropoden (zu denen u.a. die Insekten und Spinnen gehören) konnten die Forscher in ihrer Studie zeigen, dass diese spezialisierten Gliedmaßen von den geschlechtsreifen Männchen verwendet werden, um Weibchen vor oder während der Paarung zu greifen und zu umklammern. Die Klammern in Olenoides serratus wurden höchstwahrscheinlich vom Männchen verwendet, um sich während der Kopulation an den hinteren Pygidienstacheln des Weibchens festzuhalten. Eine ähnliche Strategie wird auch von Pfeilschwanzkrebsen verwendet. Die Ergebnisse der Studie erhellen damit die Reproduktionsbiologie von Trilobiten und weisen darauf hin, dass das komplexe Paarungsverhalten der Arthropoden schon während der kambrischen Explosion entstand.


Deutsche Forscher beschreiben falschen Gavial aus Vietnam

In Ablagerungen des mittleren bis oberen Eozäns, also aus der Zeit von vor 39–35 Ma, entdeckten Forscher im Duong-Becken im nördlichen Vietnam die gut erhaltenen Fossilien eines großen ausgestorbenen Krokodils. Die Fossilien wurden nun im Rahmen einer Studie von Tobias Massonne von der Universität Tübingen und seinen Kollegen untersucht und als die Überreste einer bislang unbekannten Art aus der Gruppe der „falschen Gaviale“ erkannt.

 

Maomingosuchus acutirostris, wie das Tier nun heißt, unterscheidet sich von der Typusart Maomingosuchus petrolicus durch eine spitzere Schnauze. Beide Arten unterscheiden sich von einem anderen Maomingosuchus aus Krabi in Thailand durch Unterschiede in der Surangular-Zahnnaht und den Kieferalveolen. Somit scheint die neue Art Maomingosuchus acutirostris die Schwesterspezies der Klade aus den anderen beiden bekannten Arten zu sein.


Neue Erkenntnisse über die Meeres-Ökologie der prähistorischen Schweiz: Delfine und Ur-Pottwale lebten auch in Mitteleuropa

Die miozänen Lagerstätten aus der Schweiz dokumentieren die interessante Topographiegeschichte Mitteleuropas. Wie wir heute wissen, waren große Teile der Schweiz einst vom Meer bedeckt, das sich vor etwa 21 bis 17 Ma allmählich zurückzog. Bis dahin lebten hier aber viele verschiedene Meerestiere, darunter auch mehrere Delfin-Arten. Gabriel Aguirre-Fernández von der Universität Zürich (Schweiz) und sein Team haben die gesamte in den Hauptsammlungen verfügbaren Fossilien, über 300 Stück an der Zahl, von miozänen Walen und Delfinen überarbeitet.

 

Delfine und Wale des miozänen Mitteleuropas. Bildquelle rechts: Jaime Chirinos

In ihrer Studie konzentrierten sie sich dabei auf die Identifizierung und Interpretation anhand der Innenohr-Knochen. Die sogenannten Periotika-Knochen sind selten, aber sie liefern die besten taxonomischen Informationen und geben Rückschlüsse auf die Lebensumwelt. Die Forscher konnnten so drei Wal-Familien identifizieren. Die heute ausgestorbenen Kentriodontidae und Squalodelphinidae, sowie prähistorische Vertreter der Physeteridae (Pottwale). Alle drei jagten wahrscheinlich unterschiedliche Beute und konnten so nebeneinander existieren, auch neben einigen sehr großen Haiarten, die damals die nördliche Tethys unsicher machten.


Faxinalipterus minimus – Kein Flugsaurier, sondern eine Chimäre!

In der südbrasilianischen Caturrita-Formation der späten Trias (frühes Norium) entdeckten Fossiliensammler bereits zwischen 2002 und 2005 mehrere nicht zusammenhängende Fossilien. 2010 wurden sie schließlich von Bonaparte et al. als Faxinalipterus minimus beschrieben und als die Überreste eines frühen südamerikanischen Flugsauriers interpretiert. Der Holotyp umfasst fragmentarische Skelettreste sowie auch einen teilweise erhaltenen Oberkiefer.

 

Die Zuordnung von Faxinalipterus minimus zu den Pterosauriern wurde jedoch seither schon von einigen Forschern in Frage gestellt. Alexander W. A. Kellner vom Museu Nacional da Universidade Federal do Rio de Janeiro (Brasilien) und seine Kollegen nahmen deshalb die Fossilien noch einmal genauer unter die Lupe, die im Zuge ihrer Studie auch noch einmal mechanisch präpariert wurden. Die Forscher fanden keine Hinweise, die beim Skelett von Faxinalipterus auf einen Flugsaurier schließen lassen. Dieser gehörte offenbar zu einem Lagerpetiden, also bloß eines nahen Verwandten der Pterosaurier.

 

3D-Rekonstruktion von Maehary bonapartei von Márcio L. Castro.

Der Oberkiefer und einige andere Knochen gehören allerdings wohl doch zu einem primitiven, vielleicht noch gar nicht flugfähigen Flugsaurier – und stammen demnach von einem ganz anderen Tier! Somit konnten die Forscher für dieses neue Taxon eine eigene Gattung aufstellen: Maehary bonapartei. Der Gattungsname bedeutet auf der Sprache der Guaraní-Ureinwohner „Der, der in den Himmel schaut, während der Artname den Erstbeschreiber ehrt. Die besondere Morphologie des neuen Taxons stellt einen neuen Zahnmorphotyp für Archosaurier dar, der durch konische, ungezackte Kronen mit einem Paar apicobasal orientierter Rillen gekennzeichnet ist.


Mary Anning erhält endlich ein Denkmal

Schon als Kind begeisterte sich Mary Anning, die am 21.05.1799 in Lyme Regis in der südenglischen Grafschaft Dorset zur Welt kam für Fossilien. Schon ihr Vater hatte an dem heute als „Jurassic Coast“ bezeichneten Strandabschnitt viele Fossilien gefunden, und mit dem Verkauf an Touristen einen Nebenverdienst. Diesen führte Anning nach dem frühen Tod ihres Vaters fort und sollte bald sogar noch deutlich bedeutendere Funde machen. Schon mit nur 12 Jahren fand sie ein nahezu vollständiges Ichthyosaurier-Skelett, das große Aufmerksamkeit in wissenschaftlichen Kreisen erhielt.

 

Später, als junge Erwachsene, entdeckte Anning noch viele weitere bedeutende Fossilien, wie etwa ein ebenfalls nahezu komplettes Plesiosaurier-Skelett. Viele Forscher zeigten sich von Annings Enthusiasmus, noch mehr natürlich von ihren Funden begeistert. Allerdings wurde Sie niemals in einer der vielen Forschungsarbeiten auch nur mit Namen genannt. Die Forscher wollten ihren Ruhm nicht mit einer Frau teilen, vor allem nicht mit der Tochter eines einfachen Tischlers. Erst nach ihrem Tod im Jahr 1846, im Alter von 47 Jahren, wurde sie von der Geological Society of London zum Ehrenmitglied ernannt. So geriet Mary Anning nicht in Vergessenheit. Heute gilt sie als einer der bedeutendsten Fossilienjäger aus der Anfangszeit der Paläontologie.

Enthüllung des Denkmals

Enthüllung der Statue von Mary Anning in Lyme Regis. Evie Smire (direkt links neben der Statue), die die Initiative vor vier Jahren anstieß, ist sichtlich stolz auf ihre Heldin.

Doch in Lyme Regis, dem Ort, an dem Anning so viele Jahre lebte und ihre bedeutendsten Funde machte, fehlte bis gestern jegliche Spur von ihr. Vor vier Jahren verstörte das die damals elfjährige Evie Swire sehr, sodass sie zusammen mit ihren Eltern die Initiative „Mary Anning Rocks!“ gründete. Diese fand schnell viele Unterstützer, um Mary Anning in Dorset ein Denkmal zu setzen. Dieses Ziel wurde nun erreicht: die Künstlerin Denise Sutton fertigte nach der Genehmigung des Gemeinderats und finanziert durch Spendengelder eine Statue, die Anning zusammen mit ihrem Hund Tray auf Fossiliensuche zeigt. Das Denkmal wurde gestern enthüllt – an Annings 223. Geburtstag.


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Tintenfische: Auch genetisch einzigartig

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Videos:

Die Videos aus unserer Reihe Film vs. Wissenschaft:


Als die Bäume die Erde eroberten


Das war es für heute wieder mit den Paläo-News! Ich hoffe, dir haben die Artikel gefallen und du konntest mit ihnen in den wohl wieder ziemlich regnerischen Sonntag starten. Vielleicht kommt ja im Laufe des Tages doch noch die Sonne hervor. Ich wünsche dir jedenfalls noch ein schönes Restwochenende!

Dein Markus Peter Kretschmer


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