Wort zum Sonntag (23.01.2022)

Lesedauer: etwa 21 Minuten
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Hallo und einen schönen Sonntag (23.01.2022) wünsche ich dir!

 

Mit einem gespaltenen Gefühl aus Hoffnung und großer Sorge schreibe ich heute diesen Artikel und kann die Einleitung gar nicht schnell genug hinter mich bringen. Über das Thema „Corona“ zu schreiben, bin ich inzwischen wirklich leid. Und meine Leser sind es wahrscheinlich auch leid, darüber zu lesen. Doch auch inzwischen zwei Jahre, nachdem wir die ersten Fälle in Deutschland hatten, ist dieses Thema leider aktuell und bestimmt unseren Alltag weiterhin.

 

Es stecken sich nun beinahe täglich  über einhunderttausend Menschen an dieser Krankheit an, also jeden Tag eine ganze Großstadt. Auch einige meiner Freunde liegen oder lagen in den letzten Wochen damit flach. Meine Corona-Warnapp auf dem Handy steht immer wieder mal auf Rot und sagt, ich hätte mehrere Risikobegegnungen gehabt. Das hat sie vorher noch nie getan, und ich bin entsprechend besorgt. Jeden Tag wandert nun freiwillig dieses grässliche Wattestäbchen in meine Nase und gibt mir ein nur fades Gefühl der Sicherheit, denn besonders zuverlässig sind diese Tests ja leider nicht.

Hoffnungen und Sorgen

Trotzdem gibt es Grund zur Hoffnung. Auch wenn die Infektion für viele Menschen ja nun nicht gerade ein Urlaub ist, so werden nun auch viele, die sich nicht impfen lassen wollten zwangsweise immunisiert. Und das sogar noch vor der Impfpflicht, die ich weiterhin für einen fatalen Unsinn halte. Das Virus nimmt der Politik offensichtlich die Arbeit ab. Glücklicherweise ist es nicht so tödlich wie die Varianten vor ihm, doch das macht das Problem leider nicht kleiner. Viele Menschen müssen trotzdem ins Krankenhaus. Viele andere, dringend nötige Operationen müssen weiterhin verschoben werden. Ein Freund von mir benötigt zum Beispiel dringend einen neuen Satz Herzklappen. Körperlich anstrengende Arbeiten kann er gar nicht mehr erledigen. Ab und zu wird ihm wegen des ins Herz zurückfließenden Blutes auch einfach mal schwarz vor Augen. Und würde er sich mit Corona infizieren, trägt er trotz Impfung ein sehr hohes Risiko, diese Krankheit nicht zu überleben.

 

Ich kann an jeden Ungeimpften unter meinen Lesern also nur appellieren. Natürlich verurteile ich euch nicht dafür, dass ihr große Sorgen vor der Impfung und ihren Nebenwirkungen habt. Ich selber hatte nach meinem Booster vor zwei Wochen auch einen wirklich harten Tag. Aber denkt doch um Himmels willen auch mal nicht nur an euch selbst. Es geht in dieser Pandemie um uns alle. Und viele Menschen zahlen schon seit Monaten den Preis für eure Ängste, Sorgen und Freiheit. Ich für meinen Teil hätte da wirklich ein schlechtes Gewissen. Natürlich kann auch kein Geimpfter andere Menschen anstecken, darüber müssen wir gar nicht diskutieren. Aber der Zeitraum, in dem er das tun kann, die Menge der Viren, die er dabei ausscheidet und vor allem das Risiko, dass er sich überhaupt infiziert sind ungleich geringer als bei jedem Ungeimpften. Wir haben nur ein wirksames Mittel gegen die Seuche. Und das ist die Nadel.


Veranstaltungskalender

Angesichts der immer weiter eskalierenden Lage kann ich das, was ich fürs Frühjahr und den Sommer geplant habe, nur mit einem flauen Gefühl im Magen ankündigen. Finden meine Veranstaltungen überhaupt statt? Ich weiß es nicht. Das liegt zum großen Teil daran, wie viele Menschen jetzt endlich noch vernünftig werden. Denn vor allem Künstler wie ich als Autor leiden immer noch stark unter dieser Krise. Lesungen für 2022 habe ich immer noch nicht geplant, das Risiko ist mir immer noch zu groß. Mit Maske bei einer Lesung zu hocken ist außerdem doof. Man will sich ja auch ins Gesicht schauen. Außerdem möchte ich keine Veranstaltung mit 2G abhalten. Ich möchte niemanden ausgrenzen. Ein getesteter Ungeimpfter ist für mich außerdem immer noch eine weniger riskante Begegnung als ein ungetesteter Geimpfter.

 

Trotzdem sind schon einige Dino-Treffen und Fossiliensuchen geplant. Ob und in welchem Rahmen sie stattfinden werden, steht aber natürlich noch in den Sternen. Ich werde in einer Woche am Montag außerdem an einem Live-Podcast der Reihe Sagenhaft und Sonderbar teilnehmen und den Zuhörern so einiges über Vorurteile über Dinosaurier zu erzählen haben. Wer mag, kann mir dabei gerne zuhören!


Hier alle Termine im Überblick:

 

31.01.2022     Live-Podcast „Sagenhaft und Sonderbar“: Vorurteile über Dinosaurier

26.03.2022     Gemeinsame Fossiliensuche in der Kiesgrube Dohrn / Eggers in Negenharrie

09.04.2022     Dino-Treffen im Neandertal-Museum Mettmann

10.04.2022     Dino-Treffen im Geologisch-Paläontologischen Museum Münster

23.04.2022     Gemeinsame Fossiliensuche in der Kiesgrube Dohrn / Eggers in Negenharrie

27.05.2022     Dino-Treffen in der paläontologischen Sammlung Tübingen

28.05.2022     Gemeinsame Fossiliensuche auf den Erddeponien in Baden-Württemberg

28.05.2022     (Im Anschluss:) Dino-Treffen im Urwelt-Museum Hauff in Holzmaden

05.06.2022     Dino-Treffen im Dinosaurierpark Münchehagen

25.06.2022     Gemeinsame Fossiliensuche in der Kiesgrube Dohrn / Eggers in Negenharrie

 

Nähere Informationen zu allen geplanten Veranstaltungen (Uhrzeiten, Treffpunkte, Preise…) findest du natürlich immer in meinem aktuellen Veranstaltungskalender.

 


 Bücher von Markus Kretschmer

 


Bild der Woche

Ein Dakotaraptor stapft verängstigt durch den Schnee. Wochen zuvor hat er das wohl schlimmste Erlebnis seines Lebens gemacht. Erst ein greller Lichtblitz, dann ein gewaltiges Erdbeben, das ihn von den Füßen riss. Kurz darauf wurde seine gesamte Heimat von einer gewaltigen Flutwelle hinweggespült. Der Raptor konnte sich nur retten, weil er sich in einer tiefen, hochgelegenen Höhle versteckte. Dort blieb er auch, als die Welt um ihn herum in Flammen aufging. Nach dem Inferno wurde es bitterkalt. Der Impaktwinter hatte begonnen. Hungernd und einsam streift der Raptor seither umher, mit wenig Hoffnung auf die Zukunft. (Bildquelle: Promilie auf DeviantArt)

 

Dino im Winter (Promilie)

Ein neuer Artikel der Woche zu dem schrecklichen Ereignis des Chicxulub-Einschlags und seinen Folgen steht bereits in den Startlöchern. Morgen, am Montag, wird er veröffentlicht. Ich wünsche allen schon einmal viel Spaß beim Lesen!


Paläo-News

Auch in dieser Woche gab es wieder einige tolle Neuigkeiten aus dem Bereich der Urzeitforschung. Einen neuen Dinosaurier hat 2022 allerdings noch nicht. Vier angekündigte Dinos aus dem letzten Jahr, nämlich Menucocelsior, Napaisaurus, Papiliovenator und Sierraceratops könnte man allerdings auch zu 2022 zählen, weil die offiziellen Beschreibungen erst in einigen Wochen veröffentlicht werden. Alle Dinosaurier aus 2021 findest du aber natürlich jetzt schon auf meiner Website.

 

Jetzt geht es aber los mit den aktuellen News aus der Urzeit!

 

Highlight Paläo-News


Struthiosaurus – ein eher träger, tauber Waldbewohner?

Die Nodosauriden sind eine Gruppe von Thyreophoren (Schildträger-Dinosaurier), die durch einen Panzer aus prominenten Osteodermen (Hautverknöcherungen) gekennzeichnet sind. Im Vergleich zu ihrer Schwestergruppe, den Ankylosauriden mit ihrer berüchtigten Schwanzkeule, gehen Forscher aufgrund der anderen Neuroanatomie und der fehlenden Bewaffnung von einer anderen Lebensweise der Nodosauriden aus. Das Holotyp-Fossil des Nodosauriden Struthiosaurus austriacus besteht aus einem einzelnen Teilhirnkasten aus der Oberkreide Österreichs. Da die Neuroanatomie mit ökologischen Tendenzen in Verbindung gebracht wird, erstellten Marco Schade von der Universität Greifswald und sein Team für eine neue Studie auf Basis von Mikro-CT-Daten digitale Modelle des Gehirns des gepanzerten Dinosauriers.

 

Struthiosaurus austriacus nach einer Rekonstruktion von Fabrizio De Rossi.

Der kraniale Endocast von S. austriacus ähnelt im Allgemeinen dem seiner Verwandten. Ein Netzwerk von Gefäßkanälen, die die Gehirnhöhle umgeben, unterstützt außerdem spezielle thermoregulatorische Anpassungen, wie auch andere Ankylosaurier hatte also auch Struthiosaurus eine Art „Klimaanlage“ im Kopf. Die horizontale Ausrichtung des seitlichen Bogengangs bestätigt unabhängig frühere Einschätzungen der Kopfhaltung von S. austriacus und stärkt daher die Verwendung des LSC als Proxy für die habituelle Kopfhaltung bei fossilen Tetrapoden.

 

Die kurzen vorderen und abgewinkelten seitlichen Bogengänge, kombiniert mit dem relativ kürzesten bisher bekannten Cochlea-Ductus und das Fehlen eines flockigen Recessus, lassen bei S. austriacus ein nur mäßiges Gehör, einen schwachen Gleichgewichtssinn und daher eine eher träge Lebensführung vermuten. Diese Beobachtungen stimmen mit einem Tier überein, das sich an einen vergleichsweise inaktiven Lebensstil mit begrenzten sozialen Interaktionen angepasst hat. Struthiosaurus war also wohl ein träger Waldbewohner ohne viel Gemeinschaftssinn.


Neue Studie: Theropoden-Kiefer wurden auch unabhängig ihrer Ernährung immer stärker

Die frühesten Theropoden waren kleine Insekten- und Kleintierjäger, spätere entwickelten sich zu mächtigen Fleischfressern, aber auch zu Alles- und sogar Pflanzenfressern. Ihr Unterkiefer war dabei ihr wichtigstes Werkzeug für die Nahrungsaufnahme, und er spiegelt auch die vielfältigen Anpassungen an Ernährungsweisen wider. Doch nach wie vor sind die morphofunktionellen Veränderungen, die die Ernährungsumstellung bei Theropoden-Dinosauriern begleiteten, nicht gut erforscht, da sich die meisten früheren Studien ausschließlich auf den Schädel konzentrierten und/oder phylogenetisch begrenzt waren.

 

 

Waisum Ma von der University of Birmingham (UK) und sein Team untersuchten für ihre Studie Muster, die in der Kiefer-Evolution von Theropoden ermittelt wurden. Sie verwendeten dazu die Finite-Elements-Analyse, um die Kiefer von Coelurosauriern zu untersuchen und zu zeigen, wie sich die Fressmechanismen bei ihnen unterschieden. Sie zeigten im Laufe der Zeit eine allgemeine Verringerung des durch die Nahrungsaufnahme induzierten Stresses, und das in aller Theropodenlinien. Dies wird durch eine postdentäre Expansion und die Entwicklung eines nach unten gerichteten Dentales bei Pflanzenfressern und eines nach oben gerichteten Dentales bei Fleischfressern erleichtert, wahrscheinlich durch den „Curved-Bone-Effekt“.

 

Verschiedene Theropoden der späten Kreidezeit. Bildquelle: Gabriel Ugeto.

Ma und seine Kollegen wiesen auch eine damit einhergehende Verringerung des durch die Nahrungsaufnahme induzierten Stresses in einer ontogenetischen Reihe von Kiefern der Tyrannosaurier Tarbosaurus und Tyrannosaurus nach, die am besten auf die Anpassung der Knochenfunktion zurückgeführt werden kann. Dies legt nahe, dass diese allgemeine Tendenz zur strukturellen Stärkung des Theropodenunterkiefers im Laufe der Zeit unabhängig von der Ernährung mit einer „funktionellen Peramorphose“ der während der Ontogenese erworbenen funktionellen Knochenanpassungen zusammenhängt.


Spektakuläre Fossilien belegen vielfältiges Regenwald-Ökosystem im Australien des Miozäns

Aufgrund eines fortschreitenden Klimawandels mit kühleren Temperaturen verringerten sich im Miozän die Niederschläge auf der ganzen Welt. In der Folge brachen vielerorts Regenwald-Ökosysteme zusammen. Besonders ausgeprägt war dieser Umgebungswechsel in Australien, wo sich die einst florierenden Wälder in der Folge zu Busch- und Grasland oder sogar zu Wüsten umformten. Doch der Mangel an gut erhaltenen Fossilien aus dieser Zeit hat es schwierig gemacht, die Natur der australischen Ökosysteme vor der Austrocknung zu erforschen.

 

Matthew R. McCurry von den Royal Botanic Gardens Victoria in Yarra (Australien) und sein Team berichten in ihrer neuesten Arbeit über eine außergewöhnlich gut erhaltene Regenwaldfossilien aus New South Wales in Australien. Diese Konservat-Lagerstätte beherbergt eine reiche Vielfalt an Mikrofossilien, Pflanzen, Insekten, Spinnen und in Goethit erhaltenen Wirbeltierüberresten.

 

Die Forscher dokumentierten Beweise für verschiedene Arteninteraktionen, einschließlich Räuber-Beute-Beziehungen, Parasitismus und Bestäubung. Die Fossilien deuten auf einen Altarmsee in einem mesischen Regenwald hin und sind ein Hinweis dafür, dass sich die Regenwaldverteilung seit dem Miozän verschoben hat. Die Vielfalt der erhaltenen Fossilien zusammen mit der hohen Genauigkeit der Erhaltung ermöglicht beispiellose Einblicke in die mesischen Ökosysteme, die Australien während des Miozäns dominierten.


Exzellent erhaltenes Skelett eines Ichthyosauriers in England entdeckt!

Die spektakulären, stolzen 10m lange Fossilien eines Temnodontosaurus trigonodon wurde kürzlich im Rutland Water Nature Reserve entdeckt. Es gehört damit zu den größten Wirbeltier-Fossilien, die jemals auf den britischen Inseln gefunden wurden – und war sogar viel größer als alle bisher dort entdeckten Dinosaurier aus jener Zeit! Das Tier gehört zur Gruppe der Ichthyosaurier, die vor rund 180 Ma während der frühen Jura-Zeit die Meere des heutigen Europas beherrschten.

 

Bild- und Artikelquelle: BBC.


Wales: neue Sauropodomorphen-Fährte aus der späten Trias entdeckt?

Der Nachweis von großen Landwirbeltieren aus der späten Trias in Europa ist selten, insbesondere aus Großbritannien. Peter L. Falkingham von der Liverpool John Moores University (England) und seine Kollegen beschreiben in ihrer neuesten Arbeit eine Reihe von Abdrücken, die an der Küste in der Nähe von Penarth, Südwales entdeckt wurden. Die gesamte exponierte Oberfläche ist ca. 50 m lang, 2 m breit und wird durch eine kleine Verwerfung in einen nördlichen und einen südlichen Abschnitt geteilt.

 

Die Forscher interpretieren diese Abdrücke als Spuren, die vermutlich von Dinosauriern hinterlassen wurden. Die Abdrücke sind groß (bis ca. 50 cm Länge), aber leider nur sehr schlecht erhalten und enthalten wenig Informationen über die Anatomie ihrer Verursacher. Natürliche, abiotische Mechanismen, die für die Bildung dieser Abdrücke verantwortlich sein könnten, verwerfen die Forscher jedoch. Nach Ansicht der Forscher könnte es sich bei der Fundstelle um ein zusätzliches Vorkommen des Ichnotaxons Eosauropus handeln, also die Fährte eines Sauropodomorphen. Mithilfe historischer Photogrammetrie wurde das Ausmaß der Standorterosion im Zeitraum 2009–2020 digital kartiert. Mehr als 1 m der Oberflächenbelichtung ist in diesem 11-Jahres-Zeitraum verloren gegangen, und die wenigen Spuren, die in beiden Modellen vorhanden sind, zeigen deutliche Glättung, Brüche und Detailverlust.

 

Diese Spuren sind ein wichtiger Datenpunkt für die Paläontologie der Spättrias in Großbritannien, auch wenn sie nicht sicher einem bestimmten Verursacher zugeordnet werden können. Der dokumentierte Verlust der Bettungsoberfläche unterstreicht die vergängliche und verletzliche Natur unserer fossilen Ressourcen, insbesondere in Küstengebieten, und die Notwendigkeit, Daten so schnell und effektiv wie möglich zu sammeln.


Steinzeitliche Schmuckstücke aus Straußeneierschalen: Einblicke in steinzeitliche Populationsdynamik

Der Mensch entwickelte sich in einem Flickenteppich von lose verbundenen Populationen in ganz Afrika. Zu verstehen, wann und wie sich diese Gruppen miteinander verknüpft haben, ist entscheidend für die Interpretation unserer heutigen biologischen und kulturellen Vielfalt. Genetische Analysen zeigen, dass die östlichen und südlichen afrikanischen Abstammungslinien sich irgendwann im späten Pleistozän, vor etwa 350–70.000 Jahren trennten. Über den genauen Zeitpunkt dieser Interaktionen, den kulturellen Kontext dieses Austauschs oder die Mechanismen, die zu ihrer Trennung geführt haben, ist jedoch wenig bekannt.

 

Jennifer M. Miller und Yiming V. Wang vom Max Planck Institut für Menschheitsgeschichte in Jena vergleichen in ihrer neuesten Studie die Variationen von Schmuckstücken aus Straußeneierschalen zwischen Ost- und Südafrika, um die Populationsdynamik der letzten 50.000 Jahre zu untersuchen. Sie fanden dabei heraus, dass die Kunst, Straußeneierschalen zu Ketten, Anhängern und anderem Schmuck herzustellen, wahrscheinlich aus Ostafrika stammt und sich über ein regionales Netzwerk über einen Zeitraum vor etwa 50.000 bis 33.000 Jahren nach Süden verbreitet hat. Diese Verbindung bricht danach aber plötzlich zusammen, wobei die Populationen isoliert bleiben, bis die ersten Hirtenkulturen vor 2.000 Jahren in das südliche Afrika eindrangen.

 

Der Zeitpunkt dieser Trennung entspricht weitgehend der Südverschiebung der Intertropischen Konvergenzzone, die zu periodischen Überschwemmungen des Einzugsgebiets des Sambesi führte. Dies deutet darauf hin, dass das Klima einen gewissen Einfluss auf die Gestaltung menschlicher sozialer Kontakte – und auch ihrer Schmuck-Kultur hatte. Unsere Studie impliziert eine spätere regionale Divergenz als durch genetische Analysen vorhergesagt, identifiziert einen rund 3.000 Kilometer langen stilistischen Zusammenhang und bietet wichtige neue Einblicke in die soziale Dimension der Interaktionen unserer frühen Vorfahren.


Älter als gedacht: frühester bekannter Fossil-Nachweis des modernen Homo sapiens in Ostafrika ist mehr als 211.000 Jahre alt!

Die bisherigen Studien über die ältesten Fossilien moderner Menschen (Homo sapiens) in Ostafrika, von Omo-Kibish und Herto in Äthiopien, haben sich auf eine Vielzahl chronometrischer Belege gestützt. Darunter waren z.B. stratigraphisch assoziierte Tuffe, bei denen die Kalium-Argon-Datierungen ein Alter 197.000 Jahren für die Knochen aus Kibish Omo und etwa 157.000 Jahren für die aus Herto ergaben.

 

 

Céline M. Vidal von der University of Cambridge (UK) und ihr Team stellen diese Schätzungen allerdings infrage, die auf stratigraphischen Beziehungen und Tephra-Korrelationen beruhen. Ihrer geochemischen Analysen zufolge wurde zumindest die Fundstelle Kamoya, von der auch die Omo Kibish Formation ein Teil ist, von jüngeren vulkanischen Gesteinen überlagert. Die Forscher bringen die Ablagerungen in ihrer eigenen Studie mit einer großen explosiven Eruption des Vulkans Shala im äthiopischen Main Rift in Verbindung.

 

Durch die Datierung der proximalen Ablagerungen dieser Eruption geben sie nun ein neues, deutlich älteres Alter für die Omo-Fossilien von 255.000 bis 211.000 Jahren an. Entgegen früherer Argumente belegen sie, dass der KHS-Tuff nicht mit einer anderen weit verbreiteten Tephra-Schicht, dem Waidedo Vitric Tuff, korreliert und daher kein Mindestalter für die Herto-Fossilien verankern kann. Die Verschiebung des Alters der ältesten bekannten Homo sapiens-Fossilien in Ostafrika auf vor mehr als 200.000 Jahren steht auch im Einklang mit unabhängigen weiteren Belegen für ein höheres Alter der modernen menschlichen Abstammungslinie.


Die Geburtsstunde des Lautes – wie die Stimmen der Tiere entstanden

Wir gehen davon aus, dass praktisch jeder Lebensraum der Erde von den Geräuschen der Tiere belebt wird, von den eindringlichen Gesängen der Wale in den Ozeanen über die ausgelassene Symphonie von Vögeln, Fröschen und Insekten in den Wäldern bis hin zum Trubel der Menschen und unserer technologischen Kreationen in Städte auf der ganzen Welt. Doch für den größten Teil der Geschichte unseres Planeten waren die einzigen Geräusche die von Wind, Regen und Wellen.

 

In seiner Arbeit als Paläontologe versucht Michael B. Habib vom Natural History Museum of Los Angeles (USA) das Leben ausgestorbener Tiere zu verstehen. Wie sie sich bewegten, was sie aßen, welche Geräusche sie möglicherweise gemacht haben, ist dabei besonders interessant. Als Berater für Animations- und Kreaturendesign für Ausstellungen, Fernsehen, Filme und Spiele wird er oft gefragt, welche Laute ausgestorbene Tiere wahrscheinlich gemacht haben. Egal, ob jemand längst verschwundene Flugsaurier für eine akademische Studie rekonstruiert, oder eine Kreatur für einen Blockbuster-Film entwirft, der Ton ist von größter Bedeutung, um sowohl vergangene als auch imaginäre Welten zum Leben zu erwecken.

 

Jüngste Einblicke in die Evolution der Tierakustik haben zu einem neuen Verständnis der Entstehung unserer modernen Klanglandschaften geführt. Fossilien zeigen, wann die wichtigsten Arten der Geräuscherzeugung – und Geräuscherkennung – Strukturen in den Vorläufern der heutigen Wirbeltieren und wirbellosen Kreaturen auftauchten. Und in einigen Fällen hat es Wissenschaftlern durch geschickte Modellierung ermöglicht, die alten Klänge selbst nachzubilden.


Koloniales Erbe: Paläontologische Forschung wird von starken Wirtschaftsnationen dominiert – und verzerrt!

Es ist altbekannt: Stichprobenfehler im Fossilienbestand verfälschten die Forschungsergebnisse zur Biodiversität in prähistorischen Ökosystemen. Natürlich bilden die tatsächlich im Fossilbericht auftauchenden Spezies nur einen kleinen Teil der einstigen Artenvielfalt ab. Und auch Aussagen auf die Häufigkeit ausgestorbener Tiere in ihren Lebensräumen sind deshalb immer mit Vorsicht zu genießen. Diese Verzerrungen spiegeln jedoch nicht nur die geologischen und räumlichen Aspekte des Fossilienbestands wider, sondern auch die historische und aktuelle Zusammenstellung fossiler Daten: auch wo und vor allem von wem geforscht wird, spielt dabei eine nicht unwesentliche Rolle.

 

Nussaïbah B. Raja von der Friedrich-Alexander Universität Erlangen-Nürnberg und ihr Team zeigen in ihrer neuen Studie, wie auch das Erbe des Kolonialismus und sozioökonomische Faktoren wie Wohlstand, Bildung und politische Stabilität die weltweite Verbreitung fossiler Daten in den letzten 30 Jahren beeinflusst haben. Die Forscherinnen stellten dabei fest, dass in der Paläontologie ein globales Machtungleichgewicht fortbesteht. Dabei haben Forscher in Ländern mit hohem oder oberem mittlerem Einkommen ein Monopol auf die paläontologische Wissensproduktion. Sie tragen ganze 97% der fossilen Daten und Ergebnisse bei. Zudem werden selbst die Funde aus Staaten mit geringer Wirtschaftskraft vor allem durch Forscher aus Industrienationen geborgen. Und natürlich danach auch exportiert und im Ausland erforscht.

 

Infolgedessen werden einige Länder oder Regionen tendenziell besser erforscht als andere. Dies führt letztendlich zu heterogenen räumlichen Stichproben auf der ganzen Welt. Die Studie von Raja und ihren Kollegen verdeutlicht, wie die Bemühungen zur Minderung von Stichprobenverzerrungen, um eine wirklich repräsentative Sicht auf die Biodiversität der Vergangenheit zu erhalten, noch längst nicht von dem Ziel der Diversifizierung und Dekolonisierung dieser Forschungsdisziplin abgekoppelt sind. Die Studie dürfte somit nicht nur die wissenschaftliche, sondern auch die ethische Diskussion um das koloniale Erbe der Paläontologie befeuern. Wie z.B. im Fall um das brasilianische Ubirajara-Fossil, das unter dubiosen Umständen nach Deutschland kam zurzeit in Karlsruhe erforscht wird.


Perm-Aussterben: Katastrophe ereignete sich in Form eines Doppelschlages

Mithilfe hochauflösender Biomarker- und verbindungsspezifischer Isotopenverteilungen in Verbindung mit dem Abbau kalkhaltiger fossiler Überreste konnten Calum P. Fox von der Curtin University in Perth (Australien) und sein Team nun in einer Studie belegen, dass intensive Sauerstoffarmut und eine Versauerung der Ozeane wohl zu den Hauptfaktoren des spätpermischen Massenaussterbens vor 252 Ma gehörten. Durch die Aktivität der zentralatlantischen magmatischen Provinz (CAMP) angetrieben, löste dies einen zweigleisigen Abtötungsmechanismus aus.

 

Besonders betroffen waren hiervon Meeresorganismen, die zum Körperschutz eine Kalkschale aufbauen. Muscheln, Brachiopoden, Korallen, aber vor allem die Panzer der winzig kleinen Planktonkrebse lösten sich nun einfach auf. Auch ihre Larven konnten nun nicht mehr richtig entwickeln. Der schwindende Sauerstoffgehalt des Wassers erstickte zudem viele Kiemenatmer. Beides führte zu einem völligen Zusammenbruch der Nahrungskette, der dann auch größere Wirbeltiere betraf. Auch eine Zusammenwirkung mit dem Klimawandel durch den steigenden CO2-Gehalt in der Atmosphäre konnten die Forscher in ihrer Studie nachweisen. Sie stellt somit ein weiteres Puzzleteil zur Lösung des Aussterbe-Rätsels dar. Und sie liefert möglicherweise einen Ausblick dahin, was unseren Planeten in Zukunft wieder blühen könnte – durch den Einfluss von uns Menschen.


Tyrannosaurus „Stan“:

Hollywoodstar Dwayne „The Rock“ Johnson dementiert, der neue Besitzer des Dinosauriers zu sein

 

Tyrannosaurus „Stan“ gehört zu den berühmtesten Dinosaurierfossilien aller Zeiten. 1992 wurde er von Stan Sacrison (dem er auch seinen Namen verdankt) in den Black Hills von South Dakota in einem Indianerreservat gefunden. Für viele Jahre stand das nahezu vollständige Skelett dann im privaten Black Hills Institute of Geological Research in Hill City. Vor einigen Jahren zog sich jedoch einer der drei Besitzer aus dem Projekt zurück und musste ausbezahlt werden. Infolgedessen wurde Stan im Oktober 2020 für unglaubliche 31,8 Millionen US-Dollar im Auktionshaus Christie’s versteigert. Der Käufer blieb allerdings anonym, und seither ist Stan verschwunden.

 

Seither kursieren etliche Gerüchte über seinen Verbleib und die Identität des mysteriösen Käufers. Ein „Verdächtiger“ ist Hollywood-Berühmtheit Dwayne „The Rock“ Johnson. Bei einer Liveübertragung beim Monday Night Football Manning Cast war er unzweifelhaft mit einem Tyrannosaurus-Schädel im Hintergrund zu sehen. Hat also „The Rock“ das Fossil ersteigert? Leisten könnte sich es der beliebte Schauspieler und ehemalige Wrestling-Star auf jeden Fall.

 

Dementi

Johnson hat die Gerüchte inzwischen auf Instagram dementiert und folgende Erklärung abgegeben:

 

„Ich bin nicht der mysteriöse Käufer. In meinem Büro steht bloß meine REPLIK von Stan, die von meinen Freunden am Black Hills Institute of Geological Research and Paleontological Excavations hergestellt wurde und die ich von ihnen gekauft habe. Meine Liebe, mein Respekt, meine Faszination und meine Neugier für die paläontologische und archäologische Wissenschaft sitzen tief – und wenn ich der stolze Besitzer des echten Stan wäre, würde ich ihn mit Sicherheit nicht in meinem Büro behalten. Ich würde ihn in einem Museum ausstellen lassen, damit die ganze Welt ihn genießen, studieren und von ihm lernen kann.“

 

Link zu Dwayne Johnsons Instagram-Account:

 

Der Paläontologie Peter Larson, einer der ehemaligen Besitzer von Stan, konnte in einer Pressemitteilung von LiveScience außerdem bestätigen, dass Johnson eine Schädel-Replik gekauft hat. „The Rock“ dürfte also tatsächlich nicht Stans neuer Besitzer sein. Larson selbst vermutet eher mehrere reiche Personen, eine Organisation oder ein Museum hinter dem Kauf.


Quetzalcoatlus lawsoni: neue Spezies von Azhdarchiden-Pterosaurier beschrieben

Quetzalcoatlus ist einer der größten und der bekanntesten Flugsaurier der Welt. Schon ein halbes Jahrhundert ist diese Gattung bekannt. Doch immer wieder kommen durch intensive Forschung neue Erkenntnisse über sie ans Licht. So liefern nun Brian Andres von der University of Sheffield (UK) und Wann Langston Jr. von der University of Texas (USA) z.B. eine vollständige morphologische Beschreibung von Quetzalcoatlus und einem anderen Flugsaurierexemplar ab, deren Fossilien im Big Bend National Park in Texas entdeckt wurden.

 

Das erste gemeldete Material wurde 1975 von Douglas Lawson beschrieben und Quetzalcoatlus northropi getauft, jedoch in zwei getrennten Veröffentlichungen. Für die Veröffentlichung des Namens war damals sogar eine Entscheidung der Internationalen Kommission für Zoologische Nomenklatur erforderlich. Bei der Überprüfung der Flugsaurierfauna des Parks wurden drei gültige Arten von Azhdarchid-Flugsauriern in den Formationen Javelina und Black Peaks aus der jüngsten Kreidezeit entdeckt. Die Größe und das Vorkommen dieser Arten korrelieren mit der Ablagerungsumgebung.

Neubeschreibung

Der Holotyp des riesigen Quetzalcoatlus northropi und sechs weitere Riesenexemplare, auf die er verwiesen wird, kommen in Flusskanalablagerungen vor, einschließlich des jüngsten bekannten Flugsauriers. Die überwiegende Mehrheit der Exemplare (über 200) stammt von großen Flugsauriern, die Forscher in den verlassenen Kanalseeablagerungen am Pterodactyl Ridge entdeckten. Sie bilden eine diagnostizierbare natürliche Gruppe, die die Forscher nun als neue Art Quetzalcoatlus lawsoni benannten. Q. lawsoni war allerdings bedeutend kleiner als Q. northropi. Er erreichte höchstens die Hälfte von dessen Flügelspannweite und nur einen Bruchteil seines Gewichts. Benannt wurde die Art zu Ehren von Douglas Lawson.

 

Ein mittelgroßer teilweise erhaltener Schädel und andere fossile Knochen, ebenfalls von der Pterodactyl Ridge, unterscheiden sich von beiden Arten. Dieses Exemplar heißt nun Wellnhopterus brevirostris. Außerdem fanden die Forscher dort noch weitere elf Exemplare mit extremer Größenvariation, einschließlich kleiner Azhdarchiden. Diese erhalten allerdings vorerst noch keinen eigenen Namen.


Links zu weiteren Urzeit-Nachrichten:

Ozeane brechen erneut Wärmerekord

 

Pharao Amenophis I. digital ausgewickelt

 

Erde kühlt schneller ab als gedacht

 

Mars-Kohlenstoff gibt Rätsel auf


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Das war es für heute mit meinem Wort zum Sonntag. Ich wünsche dir nun noch ein schönes Restwochenende. Alles Gute, bleib gesund! Wir lesen uns bestimmt bald wieder.

 

Dein Markus Peter Kretschmer

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