Ape-Canyon-Bibliographie erschienen

 

 

Im Juli 1924 kam es bei Kelso im US-Bundesstaat Washington zu einer bis heute klassischen Konfrontation mit einem mutmaßlichen Bigfoot. In Gegensatz zu manchen anderen Bigfoot-Begegnungen vor 1955 ist sie aus zeitgenössischen Quellen bekannt. Ich folge hier der Beschreibung in John Greens Standardwerk „Sasquatch – the Apes among Us“ (S. 89 f.).

Angriff der Bergteufel – nach tödlichem Schuss

Die Goldsucher Marion Smith, Roy Smith, Fred Beck, Gabe Lefever und John Peterson übernachteten in einer Blockhütte auf dem Mount St. Helens und wurden von einer Herde „Bergteufeln“ oder „Berggorillas“ angegriffen.Die Männer hatten bereits seit sechs Jahren Fußspuren der Tiere bemerkt. Smith erschoss einen der aufrecht gehenden „Gorillas“ mit seinem Revolver. Er schätze dessen Gewicht auf 400 Pfund, der Kadaver stürzte einen Abhang hinab. In der Nacht danach sollen die Tiere – die Männer zählten vier –die Hütte mit einem regelrechten Hagel von Steinwürfen angegriffen haben.

Der Spirit Lake am Mt St. Helens
Die Hütte von Fred Beck und seinen Kameraden lag acht Meilen vom Spirit Lake entfernt. Das Bild zeigt den See im März 2005. (Foto: US Geological Survey)

Der Ape Canyon heute
Der Ape Canyon heute. (Foto: Caroline, CC 2.0)

Die Gorillas waren mit langem, schwarzem Haar bedeckt, hatten große, 10 cm lange und spitze Ohren und wiesen 32 bis 35 cm lange Füße mit vier Zehen auf. Da die Blockhütte neu errichtet worden war, vermuteten die Männer, dass sie zu nahe an der Höhle stand, in der die Gorillas hausten. Soweit die Angaben aus den Presseberichten von 1924.

Ein langes Interview, das Roger Patterson 1966 mit Fred Beck führte, findet sich in Green auf den Seiten 91 bis 97.

1982 behauptete der damals 86-jährige Rant Mullens, er und ein paar Freunde hätten den Zwischenfall inszeniert, um den Männern Angst einzujagen. (Bord 1998, S. 228) Beweise für diese Behauptung aber gibt es keine.

Übersinnliche Wesen?

Nach der amerikanischen Wikipedia schrieb Beck 1967 ein 22 Seiten langes Büchlein über seine Begegnung, in dem er die Bigfoots als Wesen aus einer anderen Dimension beschreibt. Beck meint, er habe Zeit seines Lebens Visionen und übernatürliche Fähigkeiten gehabt.

Der Kryptozoologe Mark A. Hall wies darauf hin, dass Beck im Laufe des Interviews mit Patterson die Gorillas immer größer machte: Zuerst wuchsen die Füße auf 48 cm, dann die Körperhöhe auf 2,50 m, schließlich das Gewicht auf 600 bis 800 Pfund.

Vergilbte Fotoaufnahme von vier Männern, die an einer Bretterhütte stehen
Zeitungsfoto, das die Untersucher bei der belagerten Hütte zeigt. Von links nach rechts: Burt Hammerstrom, freier Journalist; Bill Welch, Waldaufseher an der Spirit Lake Ranger Station; Frank (Slim) Lynch, Reporter aus Seattle und Jim Huffman, Waldaufseher

David Perez
Der Bigfoot-Forscher Daniel Perez leitet das „Center for Bigfoot Studies“ und gibt den Newsletter Bigfoot Times heraus. Er hat mit Kollegen eine Bibliographie zum Ape-Canyon-Zwischenfall herausgegeben, die kostenlos zum Download zur Verfügung steht.

Ein Fall von besonderem Interesse

Der Fall ist also aus vielerlei Hinsicht von besonderem Interesse. Nun hat der überzeugte amerikanische Bigfoot-Forscher und Leiter des „Center for Bigfoot Studies“, Daniel Perez, mit mehreren Forschungskollegen eine Ape-Canyon-Bibliografie zusammengestellt, die alle Nennungen des Ape-Canyon-Zwischenfalls erfasst, und sie allen Kryptozoologen kostenfrei zur Verfügung gestellt. Das PDF kann hier (1924 Ape Canyon Bibliograpy) heruntergeladen werden, Daniel Perez’ Seite, auf der auch sein Newsletter „Bigfoot Times“ bezogen werden kann, finden Sie hier: http://www.bigfoottimes.net/


Literatur:

Bord, Janet und Colin: The Bigfoot Casebook. Harrisburg PA: Stackpole Books 1982, S. 41, 169

Bord, Janet und Colin: The Evidence für Bigfoot and other Man-Beasts. Wellingborough: Aquarian Press 1984, S. 127–128

Bord, Janet und Colin: Der amerikanische Yeti. Rastatt: Moewig 1998, S. 58, 61, 228

Dahinden, René, mit Hunter, Don: Sasquatch. New York: Signet 1975, S. 23 f.

Green, John: Sasquatch – the Apes among Us. Surrey, BC: Hancock House 2006S. 89 f.

https://en.wikipedia.org/wiki/Ape_Canyon (dort weitere Literaturangaben)


Ulrich Magin (geb. 1962) beschäftigt sich seit seiner Kindheit mit Kryptozoologie, insbesondere mit Ungeheuern in Seen und im Meer. Er ist Mitarbeiter mehrerer fortianischer Magazine, darunter der „Fortean Times“, und Autor verschiedener Bücher, die sich u.a. mit Kryptozoologie befassen: Magischer Mittelrhein, Geheimnisse des Saarlandes, Pfälzer Mysterien und jüngst Magische Mosel.

Kontaktanfragen an den Autor bitte durch die Redaktion.




Der “Affenmensch” aus den Pyrenäen

Am 16. Mai 1979, so berichteten die spanische Zeitung ABC und El Vanguardia im gleichen Wortlaut, war ein “komisches Wesen, das ein Affenmensch sein könnte, von einer Gruppe Holzfällern in einer Gegend um Huesca in den Pyrenäen gesehen worden”. Weiter heißt es:

“Die Arbeiter sahen dieses seltsame Wesen von 1,70 Höhe, nackt, auf einem Baum, komische Schreie ausstoßend, mehr einem Tier denn einem Menschen ähnlich. Später stieg es mit Gewandtheit den Baum herunter, Füße und Hände einsetzend, warf einen Baumstumpf zu den Arbeitern, nur um nur kurz darauf im Dickicht des Waldes zu verschwinden.” (ABC/La Vanguardia vom 16. Mai 1979; Übersetzung von Peter Ehret).

Ort der Sichtung war die Ostseite eines Bergs namens Peña Montañesa (so etwas wie “Bergfelsen”) bei Laspuna, Huesca. Die Holzfäller waren auf dieses Wesen aufgrund seiner seltsamen Schreie aufmerksam geworden. Beide Zeitungen berichten ferner davon, dass sich die Stelle in einem sehr dichtem Waldgebiet befindet und nur in der Zeit der Wildschweinjagd von Personen durchzogen wird. Einige Tage zuvor waren die Holzschleppmaschinen der Arbeiter beschädigt worden. Auf einer von ihnen lag ein ca. 20 Kilogramm schwerer Stein. Auch wenn man nicht sicher sein konnte, ob ein Zusammenhang mit der Sichtung bestand, so wurde nicht ausgeschlossen, dass diese Sabotage mit dem Vorfall irgendwie zu tun hatte (ABC/La Vanguardia vom 16. Mai 1979; Übersetzung von Peter Ehret).

Baskenland an der Biskaya
Das Baskenland liegt am Golf von Biskaya, in vielerlei Hinsicht eine besondere Landschaft

Pyrenäenwälder: Raum für den spanischen Yeti?
Verbirgt sich der „Herr des Waldes“ in diesen Schluchten?

Mehr Begegnungen

2011 erzählte einer Holzfäller, Manuel Cazcarra, die Ereignis vom Frühling 1979 noch einmal in der spanischen “Mysterysendung “El Cuarto Milenio (El Cuarto Milenio, 1: 24:08 – 1:24:56) Doch es blieb nicht bei dieser einen Begegnung in diesem Jahr. Nur wenig später kam es zu noch mehr Begegnungen. Die denkwürdigste Sichtung war sicherlich jene einer Schulklasse:

Als der Bürgermeister von Laspuna, Antonio Belzuz, noch Lehrer war, machte er mit seinen Schülern einen Ausflug in die nahen Wälder zu einer Quelle, die etwas entfernt vom ersten Sichtungsort lag. Auch sie hörten seltsame Schreie. Als die Schulklasse auf einem Forstweg stand, erschien dort eine in 100 Meter Distanz eine Person mit nacktem Oberkörper und bemalten Gesicht. Später sahen sie das „Wesen“ noch einmal, im Wald oberhalb des Weges. Von diesem Erscheinen waren die Kinder verständlicherweise sehr erschrocken. (El Cuarto Milenio 1:25:35 – 1:26:38) Nach diesem Vorfall benachrichtigte der Lehrer den Bürgermeister – und die Guardía Civil stieg noch einmal zu dem Ort hinauf – doch fand keine Spur des Wesens. (El Cuarto Milenio 1:37:40 – 1:38:20).

Landesweite Aufregung in der Presse

In der Presse war der Aufschrei groß. Auch das Boulevardblatt El Caso bekam von dem Fall Wind. Die Reporter konnten einen Zeugen interviewen, der ein Foto von dem Wesen gemacht haben will. Auf dem sehr verschwommenen Bild ist eine völlig nackte Person mit langen Haaren zu sehen (El Cuarto Milenio 1:27:04).

Eine Person – und kein Affenmensch.

Wie auch seinerzeit das Boulevardblatt El Caso, so ist auch die Mysterysendung El Cuarto Milenio dafür bekannt, dass sie eine Geschichte unnötig aufbläht und die Beiträge mit einer mystischen Aura zu überziehen sucht. Dennoch kommen in dieser Sendung die Zeugen Cazcarra und Belzuz persönlich zu Wort. Cazcarra sagt zum Beispiel ausdrücklich, dass es sich bei dem Wesen um eine Person gehandelt hat. Er habe ganz deutlich die sauberen Arme sehen können (El Cuarto Milenio 1:28:15 – 1:28:22).

Typisches Dorf im Baskenland

Der Affenmensch aus den Pyrenäen?
Statute des Basajaun von Rober Garay

So auch Antonio Belzuz: “Der Torso war nackt. Er hatte einen braunen Torso. Man konnte sehen, dass er viel Zeit draußen verbrachte” (1:28:30 – 1:28:44) Belzuz fügte außerdem noch hinzu, dass die Person schamanenhafte Gesten machte und zu drohen versuchte, „so wie ähnlich wie ein Apache“ (El Cuarto Milenio 1:33:05 – 1:33:25). Dennoch – es war eine ganz normale Person (El Cuarto Milenio 1:39:40 – 1:39:55).

Für Antonio Bulzoz war „das Wesen“ ein verkleideter Mann (El Cuarto Milenio 1:34:50 – 1:34:57).

Also kein Affenmensch!

Affenmensch oder Bärenmensch?

Unweit vom Dorf gibt es eine Höhle mit vielen Funden von Höhlenbären. In der Nähe der Höhle gibt es ein Museum, in dem der Besucher mehr über diese Tiere erfahren kann – und neben diesem Museum ein anderes über den vorzeitlichen Menschen. Daher kommt der in der Gegend geläufige Begriff „hombre oso“ “Bärenmensch”. Interessanterweise verwendet Manuel Cacarro diesen Begriff „hombre oso“ in seinem Interview auch zuerst, als er von seiner Begegnung mit dem “Hombre mono” (“Affenmensch”) berichtet (El Cuarto Milenio 1:35:30 – 1:36:40).

Schafherde
Der Basajaun ist auch der traditionelle Beschützer der Hirten und Herden

Montiertes Skelett eines Höhlenbären
Höhlenbär-Skelett im Naturkundemuseum Braunschweig

Wilde Männer in der lokalen Erzähltradition

Der Zeuge Antonio Belzuz und der beteiligte Journalist des El Cuarto Milenio halten es für möglich, dass es sich bei der Erscheinung um einen bösen Streich (vielleicht auch mit politischer Intention, z.B. Umweltaktivismus gegen Holzschlag) gehandelt haben könnte. Da in der Region eine Erzähltradition von “Wilden Menschen” existiert, habe der „Affenmensch“ gewusst, wie er sich die unbewussten Ängste der Bevölkerung zunutze zu machen konnte. Außerdem gibt es – gerade aufgrund der vielen Höhlen – in vielen Dörfern die Tradition, sich beim Karneval mit Fellen zu verkleiden. Zu diesem Zeitpunkt warnt man die Kinder sogar von dem “Bärenmenschen, der von den Bergen in die Täler steigt.” (El Cuarto Milenio 1:40:16 – 1:40:18) (Magin: 1995: 4). Die Menschen der Region hatten also die passende Kleidung und die Sage im Kopf – jetzt musste sie nur noch aktiviert werden.

Der Journalist des Senders ist sogar davon überzeugt, dass die Leute in der Region wüssten, wer der mysteriöse Affenmensch war. Schließlich wurde ihm in den Bars mehrmals angeboten, “ihn zum Affenmenschen zu führen” (1:42: 50 – 1:43).

Unterschiedliches Verhalten bei unterschiedlichen Personen

Interessant ist auch, dass die Sichtungeswelle genau ab dem Moment abflaute, als sich die respekteinflößende Guardia Civil in den Fall einmischte (El Cuarto Milenio 1:41:00 -1:41:22). Es gab nur zwei oder drei (allerdings sehr flüchtige) Begegnungen mehr (El Cuarto Milenio 1:43:46 -1:43:56). Dabei verhielt sich das Wesen offenbar von Zeuge zu Zeuge anders: Zu den bewaffneten Holzfällern war er viel distanzierter und zeigte sich viel flüchtiger (und warf eventuell sogar zur Abschreckung einen Baumstamm). Bei der wehrlosen Schulklasse ließ es sich in aller Deutlichkeit sehen (El Cuarto Milenio 1:45:25 -1:45:47).

Bewertung

Man kann von El Cuarto Milenio halten, was man will – hier sprechen die Zeugen aus erster Hand von ihrem Erlebnis. Einer von ihnen konnte das Wesen sogar sehr deutlich sehen und hat eine distanzierte Art, die Ereignisse zu erzählen. Es wird dabei klar, dass es sich

  1. definitiv um eine Person gehandelt hat und
  2. eine Erzähltradition von Wilden Männern in der Region existiert und
  3. es sogar eine örtliche Tradition gibt, sich an Karneval mit Fellen zu verkleiden!

So ist wohl davon auszugehen, dass es sich bei dem mysteriösen Affenmenschen von Peña Montañesa um einen Streich gehandelt hat.

Damit ist die Geschichte aber noch nicht zu Ende.

Wann waren die Sichtungen? – 1979 oder 1993?

Im spanischen Kryptoversum ist der Fall bestens bekannt – und wird in die Liste der Sichtungen von wilden Männern in Spanien eingereiht. Ein Beispiel ist die Wiedergabe des Falls im INFO Journal durch De la Rubio-Muñoz. Allerdings wird hier als Datum der 4. Mai 1993 genannt (De la Rubia-Muñoz, 1995: 23) und als Quelle ein Artikel des ABC vom 8. Mai 1993 angegeben.

Wie Ulrich Magin schon 1995 in einer Reaktion auf den Artikel bemerkte, müsste die Zeitung ABC eine alte Geschichte wieder herausgekramt haben, denn schon 1979 berichtete die Zeitung über den Fall (Magin: 1995: 4). Tatsächlich fanden wir bei einer neueren Recherche im Zeitungsarchiv der ABC jedoch nur diesen einen Artikel aus dem Jahre 1979, jedoch nichts für den 8. Mai 1993, weder unter dem Namen des einen Zeugen “Manuel Cazcarra” oder “Peña Montañesa” – nicht einmal, als die Suche für den ganzen Mai 1993 unter den Begriffen „mono“ (Affe), “raro” (komisch), „extraño“ (seltsam) “animal”, “Huesca” ausgedehnt wurde. Der Artikel aus dem Jahre 1979 findet sich mit derselben Methode hingegen problemlos ohne großes Suchen – so ist es bei einem anderen Fall eines vermeintlichen Affenmenschen aus dem Jahr 1972 in Alicante.

Berge und Weiden
Baskische Landschaft mit Pferd. Ist das das Biotop für einen Affenmenschen?

Baskische Fahne mit Yeti-Schattenriss
Die Frage nach dem baskischen Yeti bleibt doch unbeantwortet

Der einzige Fund, der für den Mai 1993 aus dem ABC auftaucht, ist ein Artikel über einen “Hombre Dinosaurio” (Dinosauriermensch) vom 30. Mai 1993.

Jedenfalls sprechen alle konsultierten Zeitungen sowie alle Zeugen ganz klar vom Jahre 1979 – und betonen außerdem, dass es danach zu keinen weiteren Sichtungen gekommen ist. Antonio Bulzoz, der mittlerweile Bürgermeister von Laspuna ist, hätte davon im späteren Jahre 2011 sicher erzählt, wenn sich 1993 noch einmal etwas ereignet hätte.

Falsches Sichtungsdatum im Netz

Ob Sergio de la Rubio-Muñoz da Artikel durcheinander gebracht hat? Er beruft sich später bei dem Fall auf eine Zeitschrift namens Mundo Oculto, auch aus dem Jahre 1993. Hat er sich in der Zeitung geirrt?

Wie dem auch sei, solche Fehler können passieren und sind (leider) in der Recherche Alltag.

Was allerdings schwerer zu verdauen ist, ist die Tatsache, dass dieses falsche Datum 1993 in ein paar Blogs und Podcasts zu dem Thema wiederkehrt. Javier Resines berichtet zum Beispiel von einem Vorfall in Peña Montañesa vom 4. Mai 1993: (Link) (Für unsere Leserinnen und Leser, die der spanischen Sprache nicht mächtig sind: einfach in der Suchfunktion „Peña Montañesa“ eingeben).

Auch einem sehr schwärmerischen Interviewpartner im Mystery-Podcast El ultimo Peldaño unterläuft derselbe Fehler – er beruft sich allerdings auf einen französischen Autor als Quelle (Podcast. El Último Peldaño vom 28. September 2019. Minuten 37:40 – 37:15).

Dubiose Zusatzinformationen

Darüber hinaus gibt der Interviewpartner des Podcasts den Fall völlig anders wieder, als die Zeugen ihn in der Sendung in Cuarto Milenio schildern: im Podcast ist die Rede davon, dass die Gruppe Holzfäller noch weitere Begegnungen mit diesem Wesen hatten – und sich die Lage so sehr zuspitzte, dass die Guardia Civil sich gezwungen sah, den Felsen zu bewachen und die Menschen vor möglichen Attacken zu schützen.

Auch Sergio de la Rubio-Muñoz berichtet noch davon, dass die Guardía Civil auf einer Patroille in dieser Region später seltsame Spuren gefunden hat. Um jedoch eine größere Panik zu vermeiden, kommunizierte sie, dass sie von einem Bären stammten, der aus einem nahen Naturschutzgebiet eingewandert sei (De la Rubia-Muñoz, 1995: 23-24).

Keines dieser Ereignisse wird von den Original-Zeugen bei Cuarto Milenio mit auch nur einer Silbe erwähnt!

Zweifelhafte spanische Affenmenschen

In Anbetracht der Falschwiedergabe des Sichtungsdatums, sowie einiger dubioser Zusatzinformationen, die von den Zeugen bei ihrem Interview in El Cuarto Milenio keine Erwähnung finden (aber hätten erwähnt werden müssen!), liegt der Verdacht nahe, dass hier ungeprüft voneinander abgeschrieben wurde. Möglich, dass andere Presseartikel wie der des El Caso Licht ins Dunkel um die widersprüchliche Angabe der Ereignisse bringen könnten – das falsche Datum bleibt dennoch bestehen.

Berichte über Sichtungen von wilden Männern und Affenmenschen in Spanien, so wie sie in einigen Fachzeitschriften und vor allem im Web kursieren, sind daher von höchst zweifelhaftem Gehalt!


Zum Weiterlesen

Zeitungsartikel

ABC vom 16. Mai 1979

ABC vom 30. Mai 1993

La Vanguardia vom 16. Mai 1979 (pdf-Download)

Fachzeitschriften

De la Rubio-Muñoz, S. (1995), “Wild Men in Spain”, INFO Journal. 72. Winter 1995, S. 22 – 25.

Magin, U. (1995), “Wild Men Corrections”, INFO Journal. 73. Summer 1995, S.4.

Fernsehprogramme und Podcasts

El Cuarto Milenio, Staffel 6, Folge 228, Stunde 1:22:45 – 1:47

El último Peldaño vom 28. September 2019: Descripción de El Basajaun: el Yeti de los Pirineos. La abducción del matrimonio Hill. Asalto al Área 51.


Wir berichteten über den Basajaun:

Das mögliche Unmögliche – Yetis in Spanien, Peter Ehret am 12.12.2019

Der Basajaun – Ein westeuropäischer Yeti?, Dominic Schindler am 10.12.2019





Eine unbekannte Raubkatze im Isergebirge

Nachdem es im September dieses Jahres zu mehrfachen Sichtungen eines Pumas inklusive angeblicher Fotos des Tieres in Jütland in Dänemark kam (wir berichteten), wurde im Oktober auch eine große Raubkatze im Dreiländereck Tschechien, Polen und Deutschland von einer Reihe von Augenzeugen gesichtet und ebenfalls fotografiert.

Die Sichtungen fanden im tschechischen Teil des Isergebirges statt, das auch beliebtes Ausflugsziel für Radfahrer und Wanderer ist.

Ende September kam es hier auf dem Proschwitzer Kamm zu den ersten Sichtungen des Tiers, später dann zu weiteren Begegnungen nahe Wurzelsdorf. [SZ 1]

Von den Behörden wurde eine Warnung herausgegeben, das Tier auf ein Gewicht von etwa 100 Kilogramm geschätzt. Es gab keine Meldungen von Gefangenschaftsflüchtlingen. [SZ 1]

Hält sich im Isergebirge eine Raubkatze verborgen?
Landschaft des Isergebirges. Hat sich hier eine Großkatze versteckt?

Isergebirge
Typische Landschaft und Gebäude im Isergebirge

Aufnahmen einer Wildkamera belegen es

Mitte Oktober gelang einer Wildtierkamera die Aufnahme eines katzenartigen Tieres bei Luxdorf. Die Kamera war nahe von Wildfutterplätzen positioniert. Die örtlichen Jäger informierten hierauf die Polizei. Die Aufnahme zeigt das Tier von hinten, zu erkennen ist ein kräftiger Körper und rundliche Ohren. Die Polizei sieht aufgrund des Vergleichs mit früheren Aufnahmen vom Proschwitzer Kamm bestätigt, dass es sich um dasselbe Tier handelt. [SZ 2]

Zum Ende des Oktobers hin, rissen die Sichtungen ab. Laut der Journalistin Anneke Müller, sei zwar nicht klar, welche Raubkatze hier gesichtet wurde, wohl aber gelte es „unter Experten“ als sicher, dass es sich um eine solche gehandelt hat und dass der buschige Schwanz und die Kopfgröße auf ein einjähriges Tier hinweisen würden. [Müller, 2019]

Als persönliche Anmerkung sei ergänzt, dass es mir zweifelhaft erscheint, anhand äußerst unscharfer Fotos könne ein „Experte“ auf das Alter einer unbestimmten Raubkatzenart schließen. Besonders der „buschige Schwanz“ ist anhand der bekannten Aufnahmen maximal eine spekulative Deutung.

Interessant in dieser Angelegenheit ist, dass bereits von April bis Juni 2019 im etwa 200 Kilometer südlich vom Isergebirge, ebenfalls in Tschechien gelegenen Jindřichův, mehrfache Sichtungen eines Pumas stattfanden. [Janzer, 2019]

Handelt es sich hier um dasselbe Tier, vielleicht entkommen aus einer illegalen Zucht?

Möglich erscheinen allerdings auch Verwechslungen.  Luchse und Wölfe sind in dieser Region inzwischen ebenfalls wieder beheimatet.

Großkatzen weltweit – out of place

Rotluchs
Rotluchs in einer Wildkamera mit externem Blitz

Ist ein Leopard die Raubkatze im Isergebirge?
Leoparden sind sehr anpassungsfähig, in Mitteleuropa könnten sie vermutlich überleben

Auf der anderen Seite stehen wir nach wie vor dem großen Rätsel, dass rund um die Welt große Katzen in Lebensräumen gesehen werden, in die sie nicht gehören (out of place). Die Zahlen der gesichteten Phantomkatzen gehen in die Tausende und bereits 1989 veröffentlichte der bekannte Kryptozoologe Karl P. N. Shuker ein Buch über dieses Phänomen und zählt hier auf:

 „In recent years, mystery cats from many lands have gained very notable attention – the notorious Beast of Exmoor, the cheetah-like onza shot in Mexico, the resplendently striped king cheetahs filmed in southern Africa, Scottish specimens of a black gracile cat hitherto unrecovered by science, and the sleek panther-like creatures which roam almost every state not only of the USA but also of Australia.”[6]

Was in dieser Aufzählung ausgelassenen wurde, sind Dutzende Fälle aus Mitteleuropa, über die wir sicherlich auch in Zukunft noch zu berichten haben werden.


Literatur:

SZ 1: Sächsische Zeitung (SZ) vom 4.10.2019: Im Isergebirge versteckt sich ein Raubtier

SZ 2: Sächsische Zeitung (SZ) vom 15.10.2019: Raubkatze weiter auf der Flucht

Müller, Anneke: Mysteriöser Fotobeweis: Hungrige Raubkatze unterwegs nach Sachsen? Tag 24 vom 29.10.2019

Janzer, Till: Entlaufener Puma in Südböhmen unterwegs. Auf: radio.cz vom 15.06.2019

Shuker, Karl P. N.: Mystery Cats of the World. From Blue Tigers to Exmoor Beasts. London: Robert Hale 1989




+++ Breaking News +++ Serval in Eitorf

In den letzten Tagen des vergangen Jahres waren es nur Gerüchte. Eine Wildkamera machte es jetzt eindeutig: Ein Serval oder eine Serval-Hybride mit hohem Serval-Anteil schleicht im rheinischen Eitorf (25 km östlich von Bonn, an der Sieg) durch Wald und Flur. Doch von Anfang an:

Zunächst gab es einige Anrufe von Anwohnern bei der Polizei. Die Zeugen haben eine große Katze beobachtet, bei der es sich nicht um eine Hauskatze handelt. Allgemein wurde zunächst ein Luchs vermutet. Als das Tier dann auch mitten in der Stadt auftauchte, war klar: Luchse verhalten sich nicht so. So fiel der Verdacht zunächst auf eine Savannah, ein Hauskatze- Serval-Mischling, der in den letzten Jahren in Deutschland populär geworden ist.

Die Wildkamera belegt: Ein Serval

Doch Fotos einer Wildkamera, die ein lokaler Jäger installiert hat, belegen etwas anderes. Die Katze zeigt eine vollständige und eindeutige Serval-Zeichnung einschließlich der charakteristischen Streifung der Ohren in Schwarz-Weiß-Schwarz. Bei Savannah-Katzen ist dies stets Schwarz-Beige-Schwarz. Leider sind die Bilder für uns nicht verfügbar.

Zwei Servale
Servalkätzin mit Nachwuchs im Zoo

Savannah
Savannah-Katze mit der typischen Ohrzeichnung (vgl. links)

Servale sind Kleinkatzen, die in Afrika südlich der Sahara die Grasländer bewohnen. Sie erreichen eine Kopf-Rumpf-Länge von 100 cm und eine Schulterhöhe von bis zu 62 cm. Große Männchen können 18 kg erreichen, Weibchen bleiben mit 7 bis 12 kg kleiner. Sie sind beige gefärbt und tragen ein Muster aus schwarzen Flecken, die im Hals- und Schulterbereich zu Längsstreifen verschmelzen. In ihrer Heimat ernähren sich Servale vor allem von Kleinnagern, die sie im Gras erbeuten. Gelegentlich fangen sie auch Vögel.

Wo kommt der Serval her?

Servale werden mehr oder weniger regelmäßig in Zoos gehalten, so derzeit in etwa 20 deutschen Zoos, in zwei Belgischen und acht Niederländischen. Keiner der Zoos liegt in der Nähe von Eitorf.

Möglicherweise stammt die Katze von einem privaten Serval-Züchter.

Keine Panik!

Die Behörden warnen nicht vor dem Tier. Kein Wunder, da Servale doch hauptsächlich Kleinnager fressen und in der Natur als sehr scheu gelten. Ob dieses spezielle Exemplar Menschenkontakt gewöhnt ist, wird sich erst zeigen, wenn es eingefangen wurde. Wenn die Katze gefangen wurde oder sich in umfriedeten Gelände befinden, in dem sie eingefangen werden kann, bitte die Polizeiwache in Eitorf unter 02243/94 34 21 anrufen.

Im Oktober hatte eine mutmaßliche Savannah für kurzzeitige Panik bei einer Familie in Nordlondon gesorgt. Wir berichteten.


Literatur:

Kölner Stadtanzeiger mit dem Video der Wildkamera

WDR: Serval weiter in Eitorf unterwegs





Bigfoots am Mount St. Helens

 

Der Mount St. Helens ist ein aktiver Vulkan im Süden des US-Bundesstaates Washington. Er ist Teil der Kaskadenkette und damit des pazifischen Feuerrings. Mit heute etwa 2540 m Höhe überragt er die umliegenden, etwa 1400 m hohen Bergrücken der Kaskadenkette deutlich. Durch seine Höhe und Form spielt er in der Mythologie der umliegenden First Nations der Klickitat und Binnen-Salish eine große Rolle.

Durch einen verheerenden Ausbruch bekannt

In der westlichen Kultur wurde der Mount St. Helens vor allem durch einen verheerenden Ausbruch am 18. Mai 1980 bekannt. Er galt als „ruhender Vulkan“, brach aber nach einer Serie von Erdbeben wieder aus. Der gesamte nördliche Berggipfel rutschte den Hang herab. Asche und Gaswolken wurden bis in eine Höhe von 18 km befördert. Pyroklastische Ströme, in denen Temperaturen von über 640° C gemessen wurden, rasten mit Geschwindigkeiten von über 400 km/h die Bergflanken herab.

Ein Lahar, der mit hoher Geschwindigkeit die Bergflanke herabsauste, sorgte für weitere Verwüstung. Lahare sind Lawinen, die entstehen, wenn sich pyroklastische Ströme mit Eis und Schnee mischen und diese aufschmelzen. So stieg der Wasserstand am Fuß des Berges binnen kürzester Zeit um 9 m über die normalen Hochwassermarken.

Insgesamt starben mindestens 57 Menschen, 1500 Wapitis und 5000 weitere Hirsche. Der Ausbruch wird mit einem Vulkanexplositiätsindex von 5 bewertet, etwa vergleichbar mit dem Pompeji-Ausbruch des Vesuvs, 79 n.Chr.

ein spitzer, oben schneebedeckter Bergkegel vor einem blauen See
Der Mount St. Helens vor seiner Aktivität 1980, Blick über den Spirit Lake. Foto: US Geological Service

Ein schneebedeckter Berg mit einem deutlichen Krater vor einem blauen See
Der Mount St. Helens am 19. Mai 1982, zwei Jahre nach der verheerenden Explosion. Foto: US Geological Service

Der Mount und der Sasquatch

Gemälde mit einem ausbrechenden Vulkan und einem Kanu, dessen Insassen das Licht einfangen
Der aktive Mount St. Helens bei Nacht, Gemälde von Paul Kane

Nicht nur für die First Nations, sondern auch für die ersten Pioniere und Naturbeobachter schätzten den Mount als charakteristische Wegmarke. So kamen sie relativ früh auch mit der Mythologie der First Nations in Kontakt. Einer der ersten war der kanadische Ethnologe und Maler Paul Kane, der auf seiner zweiten Reise den Westen der USA erforschte. Hierbei lebte er im Jahr 1847 eine Woche unter den indigenen Völkern im direkten Umkreis des Mount St. Helens. Hierbei erfuhr er von menschenfressenden Kreaturen namens Skookum.

Anmerkung: Das Wort Skookum ist in verschiedenen Versionen bei den waldbewohnenden First Nations der US-Westküste bekannt. Es beinhaltet eine Warnung vor etwas physisch Überlegenem (Skookum Wasser = starke Stromschnellen), oft bezieht sich das Wort auf Orte, aber auch auf Lebewesen. Oft wird der Begriff in Verbindung mit Sasquatch-Beobachtungen verwendet. Durch die nicht immer klare Trennung von physischen und Geistwesen in ihrer Mythologie ist es schwierig, auszumachen, was Skookum in einem konkreten Fall bedeuten soll.

Der Fred Beck-Vorfall am Mount St. Helens

Wesentlich jünger ist ein Vorfall aus dem Sommer 1924. Ein Goldsucher namens Fred Beck und vier andere Schürfer bezogen ihren Claim namens „Vander White“. Er lag bzw. liegt 2 Meilen ost-südöstlich der Kraterregion des Mt. St. Helens. Hier bauten sie eine „Cabin“ nahe eines tiefen Canyons. Meist handelt es sich bei diesen „Cabins“ um sehr einfach zusammengezimmerte Blockhütten, die aus kaum oder unbearbeiteten Stämmen bestehen, deren Zwischenräume manchmal mit Lehm verschmiert wurden. Beck’s Hütte hingegen bestand zumindest teilweise aus Brettern. In der Regel sind Cabins eher einfache Hütten, meist nur mit einer Tür, ohne Fenster. Sie dienen meist gleichzeitig als Schlafplatz, Lager und Wetterschutz. Das Holz arbeitet beim Trocknen und bei wechselnden Temperaturen, so dass immer wieder Löcher im Lehmverputz entstehen. Oft, aber nicht immer haben sie eine gemauerte Feuerstelle.

Große Fußspuren – und die Verursacher

Die Goldgräber entdeckten schon kurz nach ihrem Eintreffen große Fußspuren, die sie keinem bekannten Tier zuordnen konnten. Die größten maßen in der Länge 19 Inches (48 cm). Eines Abends hörten sie charakteristisches Pfeifen und hämmernde Geräusche, die etwa eine Woche lang jede Nacht zu hören waren. Später, als Beck mit einem anderen Mann an einer nahen Quelle frisches Wasser holte, sahen sie aus einer Entfernung von knapp 100 m eine seltsame Kreatur. Becks Begleiter schoss dreimal auf die Kreatur, die verschwand. Kurze Zeit später erschien sie in ungefähr 180 m Entfernung erneut, diesmal schoss Beck dreimal, worauf die Kreatur wieder verschwand.

Karte der Region um den Mount St. Helens
Karte der Region um den Mount St. Helens, NACH dem Ausbruch. Der Krater öffnet sich nach Norden. Der besagte Ape Canyon liegt ost-südöstlich davon und ist blau markiert

Vergilbte Fotoaufnahme von vier Männern, die an einer Bretterhütte stehen
Zeitungsfoto, das die Untersucher bei der belagerten Hütte zeigt. Von links nach rechts: Burt Hammerstrom, freier Journalist; Bill Welch, Waldaufseher an der Spirit Lake Ranger Station; Frank (Slim) Lynch, Reporter aus Seattle; and Jim Huffman, Waldaufseher für den Spirit Lake district. Sie haben auch Fußabdrücke festgestellt, aber wenn Fotos gemacht wurden, sind sie bisher nicht veröffentlicht worden.

Nächtlicher Besuch

Als Beck am Abend seinen Kollegen davon erzählte, war man sich einig, die Hütte am nächsten Morgen zu verlassen. In der Nacht wurde die Hütte aber bereits von mehreren dieser Kreaturen angegriffen: Sie begannen mit Steinen zu werfen. Da es keine Fenster gab, konnten die Männer die Angreifer nicht richtig sehen. Später kamen die Kreaturen aufs Dach und versuchten, die Türe der Hütte einzureißen, eine der Kreaturen griff durch eine kleine Öffnung („chinking space“) nach einer Axt und konnte nur mit einem Schuss vertrieben werden. Während des gesamten Angriffes, der die ganze Nacht dauerte, feuerten die Männer ihre Waffen durch die Wände und das Dach.

Als das Licht am nächsten Morgen ausreichte, verließen die Männer fluchtartig die Hütte, ohne ihre Ausrüstung mitzunehmen. Beck entdeckte an einer Schlucht eine der Kreaturen und schoss aus etwa 70 Metern auf sie. Das Wesen stürzte etwa 120 m tief in die Schlucht.

Später stellte Fred Beck mit einem seiner Begleiter einige Szenen für eine Zeitung nach. Die Schlucht wurde später Ape-Canyon genannt.

Die Location ist nach der Explosion des Mt. St. Helens 1980 zwar teilweise überformt, aber nicht weggesprengt oder unter Lava oder Schlamm begraben worden.  Die Hütte war bis in die 1960er Jahre noch zu finden, danach ist sie abgebrannt. Die Umgebung ist nach dem Ausbruch nicht wieder zu erkennen.

Erste Gerüchte

Wenn die lokalen First Nations eine Kreatur namens Skookum kennen und Fred Beck mit seinen Leuten die Wahrheit sagt, dann könnte es im Umkreis des Mount St. Helens eine Population von Sasquatches geben. Wenn es sich hierbei um physische Wesen handelt, sind auch sie zwangsläufig durch den Ausbruch des Vulkanes in Mitleidenschaft gezogen worden.

Bei den Erkundungen des durch den Ausbruch verwüsteten Gebietes hätte man also eine gute Chance gehabt, einen oder mehrere Sasquatch-Kadaver bergen zu können. Genau davon geht der US-Autor Nick Redfern aus…

„Jemand“ hat gehört…

Bei Mysterious Universe schreibt er, dass das United States Army Corps of Engineers einige große, haarige, affenartige Körper aus dem Gebiet geflogen haben soll. Der Rest der Story wirkt wie ein ziemlich stereotyper Verschwörungsroman, bei dem es um Vertuschungen einer „bösen“ Regierung geht.

Redfern bezieht sich zunächst auf eine Meldung bei bigfootencounters: Auf dem Ray Crowe’s Western Bigfoot Meeting brachte „someone“ das Gespräch auf die Folgen des Mt. St. Helens-Ausbruch. Der Zeuge will gehört haben, dass das Army Corps of Engineers etwa zwei Monate nach dem Ausbruch zwei Körper toter Bigfoots aus Ausbruchsgebiet herausgeschafft habe. Ein anderer Zeuge bestätigt die Bergung zweier Körper, legt diesen Zeitraum jedoch deutlich früher, zwei Wochen nach dem Ausbruch. In beiden Fällen sollen sie in einem Netz von einem Helikopter weggetragen worden sein.

Ein dritter Zeuge bestätigt, dass ein Kran oder Bagger ein Loch ausgehoben habe, in dem man die Kadaver verbrannter Hirsche, weiterer Tiere und auch Sasquatches vergraben habe. Er nennt den Betreiber des Krans: die „Manatowaka Company“.

Der Soldat im Ruhestand

Auch der zweite Teil der Story passt in die Stereotype. Lange nach dem Eintritt in den Ruhestand fühlt sich ein ehemaliges Mitglied der Nationalgarde nicht mehr an seine Geheimhaltungspflichten gebunden. Er erzählte 2012, dass nicht alle der geborgenen Bigfoots tot waren. Einige waren ernsthaft verbrannt oder verletzt. Angeblich hätten sogar ein oder zwei unverletzte Bigfoots das Militär an eine Stelle gelotst, an der mehrere verletzte, haarige Riesen lagen. Sanitäter der US Army hätten ihre Wunden wie bei Menschen behandelt.

Redferns Bewertung

Nick Redfern bewertet die Gerüchte als faszinierend. Gleichzeitig weist er aber darauf hin, dass die Glaubwürdigkeit der Zeugen massiv darunter leidet, dass sie weder Namen noch ihren damaligen Rang oder ihre Funktion beim Militär nennen. Er hält die Geschichten für unklar und kontrovers, aber potenziell bahnbrechend.

Realitätscheck

Heute ist es unmöglich, den Wahrheitsgehalt der Skookum-Erzählungen der First Nations vor 1847 nachzuvollziehen. Wie oft bei solchen Mythen trennen die Mitglieder der First Nations nicht klar zwischen physischer und spiritueller Welt, so dass hinter dem Skookum-Phänomen alles Mögliche stecken könnte. Ein mehr oder weniger aktiver Vulkan ist definitiv ein gefährlicher Ort, selbst wenn gerade kein großer Ausbruch stattfindet. Von warmen Quellen, die unvermittelt kochend und damit tödlich heiß werden über ätzende oder betäubende vulkanische Gase bis zu kleinen Lawinen, aufbrechende Spalten und Erdbeben: Er ist unberechenbar, lebensgefährlich und kann Körper einfach verschwinden lassen: Skookum.

Auch die Story von Fred Beck und seinen Leuten ist heute nicht mehr nachvollziehbar, obwohl sie vor nicht einmal 100 Jahren in vielen Zeitungen erschien. Die Goldsucher hatten in ihrer Panik alles andere zu tun, als physische Beweise zu sichern. Die Hütte ist abgebrannt, die Umgebung des Ape Canyon durch den Ausbruch völlig überformt.

„Grau, mein Freund, ist alle … „

Mir ist bei den Recherchen zum Mt. St. Helens Ausbruch aufgefallen, dass immer die sehr hartnäckige vulkanische Asche als Hauptproblem genannt wird. Hierbei handelt es sich um feinen Staub aus mineralischen Bestandteilen. Menschen sind daran gestorben, als sie sie einatmen mussten. Der Highway 90 von Seattle nach Spokane wurde für eine Woche stillgelegt: Die Asche verstopfte Luftfilter, kontaminierte Ölsysteme, verklumpte in Vergasern und zerkratzte bewegliche Oberflächen. Tausende Autofahrer sind so gestrandet. Der Flugverkehr um den Mount St. Helens stand 14 Tage still. Sogar für Stromausfälle sorgte die Asche, wenn sie Isolatoren überbrückte und Kurzschlüsse verursachte.

Zwei Männer mit Pferden in hüfttiefem Schlamm und Staub
Bob Brown (li.) und sein Bruder John versuchen, drei Pferde aus dem Weyerhaeuser „19 Mile Camp“ in Kid Valley, Washington zu bringen. Die Weide wurde durch den Toutle River in Folge der Eruption des Mount St. Helens überflutet. Foto: US Geological Service

Luftbild eines Hubschraubers, der neben einem Kleinlaster gelandet ist. Es gibt tiefe Spuren im Staub und einen abgedeckten Leichnam
Ein Mitglied der Nationalgarde identifiziert eines der Opfer der Eruption. Dieses Bild zeigt die Auswirkungen der vulkanischen Asche. Sie wurde stark vom landenden Heli verblasen und trotzdem hinterlässt der Nationalgardist tiefe Fußspuren im lockeren Staub. Foto: US Geological Service

In einer solchen Situation soll das US Army Corps of Engineers eine groß angelegte Bergungsaktion gestartet haben? Helikopterflüge waren offenbar begrenzt möglich, denn ein Filmteam wurde schon am 23. Mai am Mount St. Helens abgesetzt und einige Tage später wieder aufgenommen. Aber haben die Behörden das Risiko auf sich genommen, zahlreiche Hubschrauber loszuschicken, um Wildtierkadaver zu bergen?

Ist die Bergung von Wildtierkadavern realistisch?

Oben wird von 1500 Wapitis und 5000 weiteren Hirschen berichtet. Ein Wapiti-Bulle wiegt zwischen 300 und 450 kg, eine Kuh zwischen 200 und 250 kg, ein neugeborenes Kalb um die 15 kg. Bei den „weiteren Hirschen“ handelt es sich in erster Linie um Weißwedel- und Maultierhirsche, die wesentlich kleiner sind. Hier kann man 70 bis 150 kg für einen Hirschbullen und 50 bis 100 kg für eine Hirschkuh einsetzen, 10 kg für ein Neugeborenes.

Der Ausbruch des Mount St. Helens hat am 18. Mai stattgefunden, also mitten im Hochfrühling. Die Hirsche sind noch ausgezehrt vom Winter, haben aber bereits wieder an Gewicht zugelegt, die Jungtiere sind auf der Welt. Man kann also von Gewichten eher im unteren Bereich der Variationsbreite ausgehen. Geschlechterverhältnisse und Gewichte sind in der folgenden Tabelle aufgeführt:

Hirschbullen Hirschkühe Jungtiere Gesamt
Wapiti
5000 Tiere
720 Tiere
bei 325 kg => 234 t
2850 Tiere
bei 215 kg => 612,75 t
1430 Tiere
bei 20 kg => 28,6 t
5000 Tiere
875,35 t
Weißwedelhirsche
10.000 Tiere
1250 Tiere
bei 110 kg => 137,5 t
5000 Tiere
bei 75 kg => 375 t
3750 Tiere
bei 12 kg => 45 t
10.000 Tiere
557,5 t
Maultierhirsche
5000 Tiere
550 Tiere
bei 82 kg => 45,1 t
2200 Tiere
bei 55 kg => 121 t
2250 Tiere
bei 10 kg => 22,5 t
5000 Tiere
188,6 t

Sehr viel zu transportieren, aber wurde es überhaupt transportiert?

Hieraus ergibt sich ein unglaubliches Gesamtgewicht von 1621,45 t der umgekommenen Hirsche. Zieht man hier Schätz- und Rundungsfehler ab, geht davon aus, dass nur 1/3 der umgekommenen Hirsche geborgen weden könnten, weil die anderen vollständig verbrannt oder in der vulkanischen Asche verschüttet sind, so müsste man immer noch mit 500 t toten Tieren rechnen. Hinzu kommen als weitere Großtiere Schwarzbären, die im Gebiet um den Mount St. Helens vorkommen, jedoch in wesentlich geringerer Zahl.
Ein wesentlicher Faktor in dieser Betrachtung wurde aber noch nicht beachtet: Haus- bzw. Nutztiere. Die Bewohner im betroffenen Gebiet haben ungezählte Rinder und Pferde gehalten, unter denen es mit Sicherheit Opfer gab. Sie sind schwerer als Wapiti-Bullen und leben näher an den Siedlungen. Will man die Kadaver entfernen, um Seuchen zu verhindern, hätten sie höhere Priorität.
Grob überschlagen hätten hier also zwischen 500 und 700 t an toten Tieren sicher entsorgt werden müssen. Ob das passiert ist, ist unklar.

Eine Bergungsaktion per Hubschrauber?

Laut den Zeugen, die Redfern zitiert, waren eine große Zahl von Hubschraubern und mindestens ein Kran beteiligt. Da die Sasquatches angeblich die Mitarbeiter der US-Army zu verletzten Artgenossen geleitet haben, kann dies nur wenige Tage nach dem Ausbruch gewesen sein. Zu dieser Zeit war die Asche aber noch locker und wäre mit jeder Flugbewegung der Hubschrauber in gewaltigen Mengen aufgewirbelt worden.

1980 standen der US Army und der Nationalgarde von Washington folgende Transporthubschrauber zur Verfügung:

Modell Tragkraft max.
Foto eines zweirotorigen Transporthubschraubers Boeing CH-47 „Chinook“ 7 bis 10,5 t
Foto eines einrotorigen mittelgroßen Hubschraubers Bell UH-1 Iroquois, meist „Huey“ genannt 1 bis 1,5 t
Foto eines sehr altmodisch aussehenden Hubschraubers Sikorsky H-34 ca. 2 t

Es ist leicht vorstellbar, wie viele Flüge notwendig gewesen wären, um solche Mengen an Kadavern zu entfernen, insbesondere wenn die starken Chinooks nur in begrenzter Zahl zur Verfügung standen. Von starker, militärischer Hubschrauberaktivität ist jedoch nirgendwo zu lesen. Von daher ist davon auszugehen, dass die zuständigen Stellen (das USACE und die Nationalgarde) nur wenige Kadaver in den Quellbereichen der Flüsse entfernt haben – wenn überhaupt.

Wesentlich wichtiger war eher die Entsorgung von Kadavern im Nahbereich der Siedlungen. Dies haben Anwohner und Behörden aufgrund der Asche nicht mit Hubschraubern, sondern mit Fahrzeugen, die über staubgeschützte Aggregate verfügten, z.B. Baustellenfahrzeugen erledigt.

Was ist mit dem Kran?

Ein Kran mit halboffener Hydraulik, großen, fettgeschmierten Lagern und Elektroantrieb wäre für vulkanische Asche sehr anfällig gewesen. In dem Zusammenhang stellt sich auch die Frage, wie der Kran dorthin gekommen ist. Die Straßen waren unpassierbar. Wieso sollte man einen Kran einfliegen? Für Hebeaufgaben sind Helikopter besser geeignet. Zum Ausheben von Gruben sind Bagger das Mittel der Wahl und sie stehen dem US Army Corps of Engineers zur Verfügung. Allerdings waren die Straßen unpassierbar.

Wenn man aber auf einen Kran der „Manatowaka Company“ zugriff, dann vermutlich, weil er zufällig vor Ort war.

Die „Manatowaka Company“ oder doch nicht?

rot lackierter Seilbagger
Ein „dredge crane“ der Manitowoc Company, vielleicht eine Verwechslung? Foto: Nate Dawg, CC 4.0

Bisher hat sich laut der Website Bigfootencounters.com niemand die Mühe gemacht, herauszufinden, ob es 1980 im Süden des Bundesstaates Washington eine Firma diesen Namens gab. Möglicherweise liegt hier auch eine Verwechslung vor. Gibt man den Namen „Manatowaka Company“ in eine Suchmaschine ein, landet man unter dem gar nicht so unähnlichen Namen „Manitowoc Company“ einige Treffer.

Die „Manitowoc Company“ ist ein Traditionsunternehmen, das Krane und Bagger herstellt und unter dem Namen Manitowoc Raupenkrane vertreibt (andere Produktlinien haben teilweise andere Namen). Der Name ist groß an den Fahrzeugen angeschrieben. Mit einem solchen Gerät wäre man tatsächlich halbwegs mobil gewesen und hätte Kadaver bergen können. Warum auch nicht?

War das Militär überhaupt da?

Bisher habe ich keinen Hinweis gefunden, dass die US Army mit militärischen Einheiten vor Ort war. Das oben genannte US Army Corps of Engineers war 1980 am Mount St. Helens und hat im Rahmen einer Sofortmaßnahme den Flusslauf des Cowlitz-Rivers freigeräumt, um das Risiko von Überschwemmungen zu bannen. Allerdings besteht das USACE größtenteils aus Zivilisten, es ist eher dem deutschen THW als einer Pioniereinheit vergleichbar.

Es gibt ebenfalls Hinweise auf den Einsatz der Nationalgarde. Diese hat bereits vor dem Ausbruch des Vulkans die Straßen der Gegend weiträumig abgesperrt. Einsätze, insbesondere Hilfsaktionen nach dem Ausbruch sind wahrscheinlich, aber für mich derzeit nicht zu belegen.

Im Gegenteil: Einen Großteil der Aufräumarbeiten erledigten die Gemeinden selber. Viele haben lokale Aschedeponien geschaffen und direkt mit Erde abgedeckt. Andere haben die staubige Masse in alten Minen untergebracht. Auch auf den Kosten von etwa 1,1 Milliarden US$ blieben sie zunächst sitzen. Der Kongress bewilligte Beihilfen von 950 Millionen US$, die über drei verschiedene Organisationen ausgeschüttet wurden.

Fazit

Die Geschichte ist mehr als dünn. Redferns Beitrag liest sich wie ein schlechter Verschwörungs-Roman. Sogar der geheimnisvolle Zeuge, der alles gesehen haben will, ist dabei. Natürlich bleibt er anonym. Eigentlich fehlt hier nur der einschüchternde Anruf beim Autor oder bei Zeugen, die danach die Aussagen plötzlich ändern.

Schaut man sich die Story etwas genauer an, stimmen auch die Fakten nachdenklich. Es gibt keine Hinweise auf eine zentral geplante und koordinierte Sammlung und Entsorgung verendeter Tiere. Sie wäre aufgrund der Vielzahl von Flügen gar nicht zu vertuschen gewesen.
Dort, wo verbrannte Tierkadaver herumlagen, also mit den Sasquatches zu rechnen wäre, war Helikopterflug nur sehr begrenzt möglich. Jede Annäherung an den Boden hätte die leichte Asche aufgewirbelt, sie wäre zwangsläufig in den Turbinen gelandet und hätte viel Ärger bis hin zu Abstürzen verursacht. Insgesamt wurden mindestens acht Flugzeuge durch die Asche beschädigt, jedoch kein Helikopter. Bei einer großen Zahl von Hubschrauber-Flügen wäre unter diesen Bedingungen fast zwangsläufig mit Unfällen zu rechnen gewesen.
Einheiten, die eine größere Zahl von Helikoptern hätten einsetzen können, waren gar nicht vor Ort.

Der Kran, mit dem ein Loch ausgehoben worden sein soll, ist mit großer Sicherheit ein Produkt eines ähnlich klingenden Herstellers und nicht im Betrieb der genannten Gesellschaft. Ob die Erinnerung dem Zeugen einen Streich spielte, oder ob es doch eine Gesellschaft mit diesem Namen gab, ist unklar.

In der Summe gibt es zu viele Fehler, wenn man nur ein wenig in die Materie eintaucht.


Anmerkungen:

Die Wiederbesiedlung des durch die Eruption verwüsteten Gebietes wäre einmal einen Artikel wert. Spannend ist der direkte Vergleich zwischen den Gebieten, in denen das Forstunternehmen Weyerhaeuser die Natur unterstützen wollte und den Gebieten, in denen die Natur frei arbeiten konnte. Da beide Gebiete oft dicht beieinander liegen, könnte man hier von einem natürlichen Labor sprechen. Das wäre auch einmal einen Artikel wert, völlig ohne Sasquatch.


Literatur:

Zur Story von Nick Redfern: Mysterious UniverseDie Bigfoot-Encounters: Cowlitz County Bodies

Im Prinzip dieselbe Story, nur von Washington Bigfoots: Bigfoot Bodys removed after 1980 Mt St Helens eruption

Das USACE am Mt. St. Helens.

Die deutsche Webseite von Manitowoc-Cranes

ICAO: Manual on Volcanic Ash, Radioactive Material and Toxic Chemical Clouds





Die verlorene Stadt im Dschungel – ein Hotspot der Artenvielfalt

Durch das Zusammentreffen von nordamerikanischer und südamerikanischer Fauna und Flora gilt die mittelamerikanische Landbrücke als eine der artenreichsten Regionen der Erde. Länder wie Belize haben sich die Vielfalt auf unterschiedliche Arten zunutze gemacht. Ökotourismus ist eine davon, Forschungslizenzen für Biotech-Konzerne ist eine andere.

Doch im benachbarten Honduras hat man dieses Geschenk der Natur lange als – nunja- naturgegeben hingenommen. Urwaldrodung für Edelhölzer oder um Ackerland für die ständig wachsende Bevölkerung zu gewinnen, ist leider immernoch an der Tagesordnung. Die Regierung versucht mit großem Einsatz, Ökotourismus und damit eine nachhaltige Nutzung zu schaffen. Dennoch gehen jährlich 3000 km² Wald verloren.

Eine versunkene Stadt

Da hört es sich märchenhaft an, wenn eine internationale Gruppe von Wissenschaftlern in einem abgelegenen Tal des Mosquitia-Regenwaldes eine verlassene Stadt findet. Eine Stadt, die sich der Dschungel zurückgeholt hat. Eine Stadt, die seit Jahrzehnten bekannt war, von der aber niemand genau wusste, wo sie lag. Die Legende von der „Weißen Stadt“ geht auf einen Bericht des Konquistadors Hernán Cortés zurück, der dort enorme Reichtümer vermutete.

Arrangement aus Lederhut, Kompass und Notizbuch
Verlorene Städte wirken magisch anziehend auf jede Art der Abenteurer

Berg mit Maya-Ruine zwischen Bäumen
Leider ist auch die Zahl der Maya-Städte, die noch im Dschungel verborgen sind, gering.

Hueitapalan, so der überlieferte indigene Name der Stadt hat Abenteurer wie Schatzsucher seit Jahrzehnten fasziniert. Ein Ziel für die Indiana Jones‘ Mittelamerikas. Doch auch seriöse Forscher, vor allem Archäologen und Historiker waren an der „Weißen Stadt“ oder „Verlorenen Stadt des Affengottes“ mehr als interessiert. Der Legende nach soll die Stadt von hohen, weißen Mauern umgeben gewesen sein. Im Zentrum des Ortes soll sich eine gigantische Statue eines Affengottes erhoben haben. Niemand, den der Affengott sah, sei je zurückgekehrt, so die Legende.

2012 wurde aus der Legende zumindest teilweise Gewissheit. Ein interdisziplinäres Team um die Filmproduzenten Steven Elkins and Bill Benenson  entdeckten erste konkrete Hinweise. Mittels Airborne Laser Mappings konnten sie Ruinen in der dichten Vegetation ausmachen. 2015 berichtete ein Team um den Archäologen Christopher Fisher von Artefakten aus der Gegend, einschließlich Ruinen und steinernen Tierskulpturen.

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Lage des Rio Plátano-Nationalparkes, die Weiße Stadt soll irgendwo in dem Nationalpark verborgen sein.

Humanoide Figuren mit dreieckigem Kopf

Vor Ort fanden die Forscher dann Überreste von Plätzen, Erdwällen und der fast unvermeidlichen Pyramide. Das US-amerikanisch-honduranische Team fand in den Ruinen über 200 Steinskulpturen. Die Bewohner hatten sie offenbar gezielt zusammengebracht und auf einem Boden aus rotem Lehm arrangiert. Im Zentrum stand eine rätselhafte und faszinierende Staute eines Geiers mit halb gespreizten Flügeln. Der Geier wiederum war von Ritualgefäßen umgeben, die mit weiteren Geiern oder Schlangen dekoriert waren. Einige dieser Gefäße trugen eine seltsame, humanoide Figur mit großem, dreieckigem Kopf, hohlen Augen und einem offenen Mund über einem wie ausgedörrt wirkendem Körper.

Fisher interpretiert diese Figuren als „Todesfiguren“, möglicherweise ein getrockneter Leichnam eines Ahnen, der für ein Begräbnis vorbereitet wurde. Vor dem Hintergrund, dass diese Gefäße um eine Geierstatue arrangiert wurden und keine Gräber im Umfeld der Stadt zu finden waren, sind andere Interpretationen möglich.

Eine Affengottstatue fanden die Archäologen nicht.

Ein Todesritual für die Stadt?

Die Forscher glauben, die wertvollen, aber nicht unbedingt nützlichen und schwer zu transportierenden Steingegenstände wurden gezielt in der Form eines Schreines aufgebaut. Viele Gefäße haben die Bewohner rituell unbrauchbar gemacht, in dem sie ihnen ein Loch in den Boden schlugen. Ebenso ein mehr als 90 cm langer Mahlstein aus wertvollem Basalt, der in sechs Teile zerbrochen war – offensichtlich mit Absicht, Basalt bricht nicht so schnell.

Dschungelszene mit Baumstamm, Lianen und Palmfarn
Im dichten Dschungel Mittelamerikas verbirgt sich möglicherweise noch mehr…

Baum mit verschlungenen Brettwurzeln
Warum haben die Bewohner die Weiße Stadt verlassen und wo sind sie hingezogen?

All das deutet darauf hin, dass die Weiße Stadt nicht etwa ausstarb, sondern absichtlich verlassen wurde. Das Arrangieren und Unbrauchbarmachen der rituellen Skulpturen könnte ein Abschiedsritual gewesen sein – und gleichzeitig bittere Notwendigkeit:

Wenn die Bevölkerung sich entschließt, warum auch immer eine Stadt zu verlassen, dann wird sie eher leichtere Gegenstände mitnehmen, die sie täglich braucht. Das nicht weniger wichtige Rituelle wird sich auf kleinere Gegenstände wie Figurinen beschränken.

Auch das Zerbrechen der Kultgegenstände ist sinnvoll, so können sie nie wieder von anderen (möglicherweise von einem Feind) zu niederen Zwecken missbraucht werden. Dieses Vorgehen kennen Archäologen auch aus anderen Kulturen, auch aus Mitteleuropa. Ein berühmtes Beispiel ist der Fischerring des Papstes, der nach seinem Tod zerstört wird. Weniger „heilig“, aber mit der selben Intuition werfen Mitglieder slavischer Völker die Gläser an die Wand, wenn aus ihnen auf ein ganz besonderes Ereignis getrunken wurde.

Die Kleinräumigkeit schafft Lebensräume

Die noch unbenannten Bewohner von Hueitapalan lebten hier zwischen etwa 1000 n.Chr. und 1400, nach anderen Angaben etwa 1520, zur Zeit des ersten Kontaktes mit Europäern. Wieso sie die Weiße Stadt verlassen haben, ist unbekannt.

Bekannt ist aber, dass sie mit ihrer Stadt und deren Verfall eine Vielzahl von Nischen für Pflanzen und Tiere schufen. Ein spezialisiertes Team von „Naturschutzwissenschaftlern“ der us-amerikanischen Non-Profit-Organisation Conservation International hatte bereits 2017 eine dreiwöchige Exkursion nach Hueitapalan unternommen. Sie fanden in der kurzen Zeit eine unglaubliche Artenvielfalt in der Weißen Stadt: 198 Vogelarten, 40 kleinere Säugetiere, 56 Amphibien- und Reptilienarten, 30 große Säugetiere und 94 Schmetterlingsarten konnten sie zählen. Ihr Bericht erschien Anfang Juli 2019.

Zu den Arten, die den Wissenschaftlern über die Füße liefen, gehörten auch einige Arten, die in Honduras gar nicht mehr vorkommen sollen, oder die als ausgestorben galten. So fanden sie Peters Spießblattnase (Phylloderma stenops), eine Langnasen-Fledermaus, die in Honduras lange nicht mehr nachgewiesen wurde. Besonders bemerkenswert war ein Sandlaufkäfer, der bisher nur aus Nicaragua bekannt war und als ausgestorben galt.

Soldatenara
Wie viele Großpapageien ist auch der Soldatenara vom Aussterben bedroht.

Jaguar liegt im Schatten des Regenwaldes
Auch Jaguare kommen in der Umgebung der Weißen Stadt vor – und wurden offenbar von ihren Bewohnern verehrt.

Auch der große Soldatenara Ara ambiguus ambiguus kommt hier vor, ebenso wie 22 Tierarten, die bisher in Honduras nicht bekannt waren. Unter den großen Säugetieren war die gesamte „Prominenz“ Mittelamerikas vertreten: Jaguare, Ozelots, Pumas, Pekaris und viele andere. Eine Erstentdeckung ist auch dabei, ein lebendgebärender Fisch, der der Wissenschaft bisher unbekannt war.

Wie in einem Indiana-Jones-Film

„In der heutigen Welt scheint das wie eine Geschichte aus den ‘Indiana Jones’-Filmen zu klingen. Aber der sensationelle archäologische Fund in dem unerforschten Dschungel war für die Entdecker, die sich dorthin wagten, genauso wirklich wie überraschend.“
Aus der Pressemeldung von Conservation Intl. vom 21. Juni 2019

Tod Larson, der Leiter des Teams vor Ort fügte hinzu: “Die ‘Weiße Stadt’ ist eines der wenigen Gebiete in Mittelamerika, in denen ökologische und evolutionäre Prozesse intakt geblieben sind.” Daher sei es unmittelbar nötig, das Gebiet zu schützen: „Einer der Hauptgründe, warum wir einen so hohen Artenreichtum und eine so große Zahl bedrohter und weit verbreiteter Arten (z. B. Pekari) festgestellt haben, ist, dass die Wälder rund um die Weiße Stadt im Gegensatz zu weiten Teilen der Region unberührt sind.

Dies macht das Gebiet zu einer hohen Schutzpriorität für die Aufrechterhaltung einer breiteren Landschaftskonnektivität, die für die langfristige Erhaltung der biologischen Vielfalt in Mittelamerika von wesentlicher Bedeutung ist.“

Ein Hauptproblem sieht Larson im Drogenhandel, der seine Pfade gerade durch unberührte Gebiete zieht. Zum Glück ist die Regierung von Honduras gewillt, das Gebiet zu schützen. Seit 2005 ist die Gegend um die Weiße Stadt bereits geschützt, nun will man den Schutz verstärken.

Offenbar ganz im Sinne von John Polisar, Mitglied im Team von Tod Larson, der betont:

„Wir arbeiten seit 14 Jahren vor Ort in den Eingeborenen-Gebieten von La Moskitia, und dieser Ort hat sich als einfach großartig erwiesen. Aufgrund seiner gegenwärtig intakten Wälder und Fauna ist das Gebiet von außerordentlich hohem Naturschutzwert. Es verdient energischen und wachsamen Schutz, damit seine Schönheit und Tierwelt auch in Zukunft Bestand haben.“


Quellen:

Douglas Preston: See New Discoveries at the Mysterious City of the Jaguar, National Geographic, 2016

Conrad Duncan: ‘Extinct’ creatures found alive in ‘lost city’ deep within Honduras rainforest, Independent, 2019

wikipedia: Hueitapalan, 2018