Medienmittwoch: „Into the Forest“

 

Der deutsch-amerikanische Naturfilmer Bryan Maltais erkundet drei volle Monate lang einen geheimnisvollen Wald im Herzen Europas. Dabei beobachtet er den Wechsel der Jahreszeiten vom Ende des Winters bis zum Anbruch des Sommers. Er filmt das Leben faszinierender Wildtiere, insbesondere der heimischen Reptilien und Amphibien. Unser Autor Markus Bühler hat ihn als Scout vor Ort begleitet.

Der Film ist inzwischen auch auf Amazon Prime verfügbar, sowohl in englischer als auch in deutscher Sprache.

 

 

Ein Großprojekt

Aber „Into the Forest“ wurde ein viel größeres und umfangreicheres Projekt als nur ein paar Touren in den Wald. Bryan verbrachte drei ganze Monate in Deutschland, um die Entwicklung der Natur vom letzten Schnee bis zum Frühsommer im Juni zu dokumentieren. Er filmte fast jeden Tag und manchmal sogar nachts. Wenn er nicht filmte, arbeitete er daran, die Videos zu bearbeiten und zu schneiden.

 

Um einen hochwertigen Dokumentarfilm zu produzieren, verwendete er eine 4k-Kamera, damit die Bildqualität auch auf einem großen Bildschirm TV-Qualität entspricht. Er machte Zeitlupen- und Zeitraffervideos, Unterwasser- und Nachtsichtaufnahmen und nahm auch einige erstaunliche Landschaftsvideos mit einer Drohne.

 

Bryan beim Filmen von Feuersalamandern
Aufnahme vor Bequemlichkeit: Das Filmen von Feuersalamandern erfordert Körpereinsatz.

 

 

 

Feuersalamander
Ein Feuersalamander bei der Geburt seiner Larven.

 

Feuersalamander als gefährdete Art

Der Feuersalamander spielt auch eine Schlüsselrolle in der Dokumentation, aber nicht nur wegen seines charmanten Aussehens, sondern auch, um das Bewusstsein für die Gefahren des Chytrid-Pilzes Bsal (kurz für Batrachochytrium salamandrivorans) zu schärfen, der über den Amphibien-Terraristikhandel aus Asien auf den europäischen Kontinent gelangt ist. Bsal hat bereits ganze Feuersalamanderpopulationen in Belgien und den Niederlanden ausgerottet und Norddeutschland bereits erreicht. Leider dürfte es sich in Europa noch weiter ausbreiten.

 

Unsere letzte Tour in den Schwarzwald führte uns nach Kaltenbronn, einem Gebiet mit mehreren Mooren. Wir hatten hier im Jahr zuvor die beiden Kreuzottern im Jahr gefunden. Leider war alles, was wir in dieser Zeit fanden, eine einzige frischtot auf der Straße liegende Kreuzotter.

Nebel über dem Schwarzwald
Nebel über dem Schwarzwald (MB)

 

Vieles direkt vor der Haustür

Einen erheblichen Teil des Dokumentarfilms wurde im Schönbuch, einem großen Waldgebiet bei Tübingen, gedreht. Die tiefen und weitläufigen Wälder bieten zahlreiche interessante Drehorte, von Wildgehegen mit Rotwild und Wildschweinen bis zu großen Teichen voller Kaulquappen. Deutschland ist ziemlich dicht besiedelt und selbst die meisten Naturschutzgebiete werden auf die eine oder andere Weise durch menschliche Aktivitäten verändert. In vielen Fällen geschah dies bereits vor Jahrhunderten. Die Spuren menschlicher Aktivitäten sind oft tief mit der umgebenden Landschaft verwoben.

 

Schönbruch Teich
Einer der Teiche im Schönbruch (MB)

 

Ein besonders schöner Überrest der menschlichen Kultur war auch das alte Kloster Bebenhausen, das sich direkt vor dem Schönbuch befindet. Umgeben von jahrhundertealten Fachwerkhäusern, seiner gotischen Architektur, alten Mauern und alten Türmen war es auch ein perfekter Ort für Drohnenaufnahmen, um die gesamte Bandbreite des Komplexes zu zeigen. Das Kloster wurde 1190 gegründet. Nach der Reformation wurde es unter anderem als Jagdschloss genutzt und war später Wohnsitz des letzten Königs von Baden-Württemberg im frühen 20. Jahrhundert.

 

Kloster Babenhausen
Das alte Kloster Babenhausen (MB)

 

 

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Der Magische Wald

Naturfilmer Bryan Maltais erkundete volle drei Monate einen geheimnisvollen Wald im Herzen Europas. Dabei beobachtete er den Wechsel der Jahreszeiten vom Ende des Winters bis zum Anbruch des Sommers. Er filmte das Leben faszinierender Wildtiere, insbesondere der heimischen Reptilien und Amphibien.
Unser Autor Markus Bühler hat ihn auf einem Teil seiner Expeditionen begleitet.

 

Der Magische Wald: Reptilien und Amphibien ist 2019 erschienen und im Amazon-Prime-Paket, zum Download oder auf Datenträger erhältlich.

 

Mit dem Kauf über den Link unterstützt ihr den Betrieb dieser Website.

 

Fazit

„Der Magische Wald“ wurde zu einem wirklich wunderbaren Dokumentarfilm, zumal es sich bei den gezeigten Arten vor allem um Tiere handelt, die trotz ihres faszinierenden Lebens meist nur wenig Aufmerksamkeit in den Medien bekommen. Ich kann mir vorstellen, dass nicht nur nicht-europäische Zuschauer Freude daran haben, einige der rätselhaften Tiere, die umliegenden Landschaften und die Geschichte Süddeutschlands kennenzulernen.

 




„Into the Forest“ – Wie ich bei einer Naturfilmproduktion mitwirkte

 

Im Jahr 2018 war ich an einem fantastischen Projekt beteiligt, der Produktion des Natur-Dokumentarfilms „Into the Forest: Reptiles & Amphibians“ (deutscher Titel: Der Magische Wald: Reptilien und Amphibien) von meinem guten Freund Bryan Maltais. Er hat bereits mehrere andere kürzere Dokumentarfilme gedreht, darunter die preisgekrönte Produktion „Metamorphosis“ über das Amphibienleben in einem Feuchtgebiet in Colorado. Dies war jedoch bei weitem sein größtes Projekt. Ich möchte hier über die Dreharbeiten und den Hintergrund von „Der Magische Wald“ schreiben.
Der Film ist inzwischen auch auf Amazon Prime verfügbar, sowohl in englischer als auch in deutscher Sprache.

 

 

Bryan verbrachte seine frühe Jugend mit seiner deutschen Mutter und seinem amerikanischen Vater in Deutschland. Er wuchs aber später in den USA auf. Im Laufe der Jahrzehnte kam er regelmäßig zurück, um sein zweites Zuhause und den deutschen Teil seiner Familie zu besuchen. Während dieser Ferien besuchte er regelmäßig einen Wald in der Nähe von Denkendorf, unweit von Stuttgart. In diesem Wald kam er zum ersten Mal mit der europäischen Herpetofauna und anderen einheimischen Tieren in Kontakt. Später studierte er Wildtierbiologie und entwickelte ein besonderes Interesse an Reptilien und Amphibien. Im Laufe der Jahre wurde Bryan ein professioneller Natur- und Landschaftsfotograf und produzierte mehrere Dokumentarfilme, hauptsächlich über Reptilien und Amphibien.

Bryan Maltais
Bryan Maltais beim Mills Lake im Rocky Mountain National Park

Wir haben uns 2014 zum ersten Mal getroffen. Nachdem ich seine Dokumentarfilme auf YouTube entdeckt hatte, hatte ich festgestellt, dass Denkendorf tatsächlich nahe an meinem Wohnort liegt. Im Laufe der Jahre trafen wir uns mehrmals zu Herping-Touren und ich stellte Bryan verschiedene andere interessante Orte vor, wie den Lebensraum meiner lokalen Population von Smaragd-Eidechsen (Lacerta viridis) oder den Schwarzwald mit seinen melanistischen Kreuzottern (Vipera berus).

 

Bryan nimmt eine Eidechse ins Visier

 

Ein Großprojekt

Aber „Into the Forest“ wurde ein viel größeres und umfangreicheres Projekt als nur ein paar Touren in den Wald. Bryan verbrachte drei ganze Monate in Deutschland, um die Entwicklung der Natur vom letzten Schnee bis zum Frühsommer im Juni zu dokumentieren. Er filmte fast jeden Tag und manchmal sogar nachts. Wenn er nicht filmte, arbeitete er daran, die Videos zu bearbeiten und zu schneiden.

 

Um einen hochwertigen Dokumentarfilm zu produzieren, verwendete er eine 4k-Kamera, damit die Bildqualität auch auf einem großen Bildschirm TV-Qualität entspricht. Er machte Zeitlupen- und Zeitraffervideos, Unterwasser- und Nachtsichtaufnahmen und nahm auch einige erstaunliche Landschaftsvideos mit einer Drohne. Diese erlitt leider während der Dreharbeiten einen Totalschaden als sie an einem Ast hängen blieb, und dadurch unbrauchbar wurde. Zum Glück hatte Bryan aber alle wichtigen Drohnenaufnahmen zu diesem Zeitpunkt bereits gedreht.

 

Bryan beim Filmen von Feuersalamandern
Aufnahme vor Bequemlichkeit: Das Filmen von Feuersalamandern erfordert Körpereinsatz.

 

Mehrere Treffen

Während dieser drei Monate trafen wir uns so oft ich konnte, um Bryan einige weitere interessante Orte zu zeigen. Hierzu gehörte ein Teich, der besonders gut geeignet ist, um die Paarung von Erdkröten (Bufo bufo) zu beobachten. Eine besondere Erfahrung war eine Tour während einer regnerischen Nacht in ein kleines Tal ganz in der Nähe meines Wohnortes. Dieses Gebiet ist ein sehr guter Ort für eine der charismatischsten europäischen Amphibien, den Feuersalamander (Salamandra salamandra). Zugegeben, ich war nach Einbruch der Dunkelheit nie wieder dort. Aber unsere Tour hat alles übertroffen, was ich jemals während einer Salamander-Herping-Tour gesehen habe. Wir haben so viele Feuersalamander gefunden, dass wir nicht einmal mehr alle zählen konnten, insgesamt waren es aber ungefähr 60 Stück.

 

Feuersalamander
Ein Feuersalamander bei der Geburt seiner Larven.

 

In diesem Gebiet überlappen sich die Populationen des gestreiften Feuersalamanders Salamandra salamandra terrestris und des gefleckten Feuersalamanders Salamandra salamandra salamandra, und beide Formen kreuzen sich hier auch. Infolgedessen stießen wir auf eine enorme Vielfalt unterschiedlicher Muster. Wir fanden auch ein Exemplar, das gerade einen Regenwurm gefangen hatte, ein Paar, das sich paarte und zudem mehrere Weibchen, die gerade ihre Larven zur Welt brachten.

 

Laubfrosch
Klein, aber nicht kleinlaut: Laubfrösche sind heute leider selten. (Markus Bühler)

 

Feuersalamander als gefährdete Art

Der Feuersalamander spielt auch eine Schlüsselrolle in der Dokumentation, aber nicht nur wegen seines charmanten Aussehens, sondern auch, um das Bewusstsein für die Gefahren des Chytrid-Pilzes Bsal (kurz für Batrachochytrium salamandrivorans) zu schärfen, der über den Amphibien-Terraristikhandel aus Asien auf den europäischen Kontinent gelangt ist. Bsal hat bereits ganze Feuersalamanderpopulationen in Belgien und den Niederlanden ausgerottet und Norddeutschland bereits erreicht. Leider dürfte es sich in Europa noch weiter ausbreiten.

 

Eine weitere nächtliche Tour führte uns zu einer lokalen Population europäischer Laubfrösche (Hyla arborea). Die Lautstärke ihrer Rufe war einfach unglaublich. Dies war für mich auch das erste Mal, dass ich europäische Laubfrösche sah. Mittlerweile ist diese Art leider äußerst selten geworden, hauptsächlich aufgrund des Mangels an geeigneten Lebensräumen für diese Tiere. Kleine, regelmäßig entwässernde Teiche, in denen sie erfolgreich laichen können, fehlen ebenfalls. Ich war auch ziemlich überrascht, als ich etwas über diese mir vorher unbekannte Population erfuhr.

Natürlich wurden auch die wunderbar exotisch aussehenden (und in diesem Fall allochthonen) Smaragdeidechsen (Lacerta bilineata – oder ist es viridis? Hier sind die Dinge etwas kompliziert) gefilmt, die hierr ein Gebiet mit sehr warmen Mikroklima bewohnen. Bryan konnte sogar ein Pärchen filmen, und das Drohnenmaterial bot einige großartige Ausblicke auf ihre Lebensräume in den jahrhundertealten Weinbergen.

 

Höllenotter
So höllisch ist sie nicht, aber immerhin schwarz und giftig: Die schwarze Variante der Kreuzotter heißt auch Höllenotter.

 

Höllenotten

Ein anderes Reptil, das wir zu finden hofften, blieb jedoch unauffindbar. Im Jahr zuvor machten wir einen Ausflug in den Schwarzwald (der ebenfalls nur etwa eine Autostunde von hier entfernt ist) und konnten zwei Exemplare melanistischer Kreuzottern finden.

 

Aber dieses Jahr hatten wir leider weniger Glück. Bei unserer ersten Reise zum Schliffkopf, einer der höchsten Erhebungen des Schwarzwaldes, war es für den Vorfrühling ungewöhnlich warm, weit über 25 Grad Celsius. An einigen Stellen lag noch ein halber Meter Schnee, aber die Hitze der Sonne war für die Kreuzottern bereits zu viel.

 

Am Schliffkopf
Die Landschaft am Schliffkopf wirkt wie skandinavische Tundra (Foto: Markus Bühler)

 

Zumindest konnten wir einige besonders schön gefärbte Grasfrösche (Rana temporaria) bei der Paarung beobachten, und diese Sequenz wurde auch in den endgültigen Dokumentarfilm aufgenommen.

Wir besuchten den Schliffkopf später zwei weitere Male, aber jedes Mal passte das Wetter nicht. Bei der zweiten Tour zum Schliffkopf war es genau das Gegenteil vom letzten Mal, es war sehr kalt mit viel Wind und Nebel, und fast ohne Sonnenschein. Wieder ziemlich schlechte Bedingungen für Kreuzottern. Der Nebel über dem Wald lieferte jedoch einige spektakuläre Landschaftsaufnahmen.

 

Grasfrösche
Grasfrösche bei der Paarung (Markus Bühler)

 

Unsere letzte Tour in den Schwarzwald führte uns nach Kaltenbronn, einem Gebiet mit mehreren Mooren. Wir hatten hier im Jahr zuvor die beiden Kreuzottern im Jahr gefunden. Leider war alles, was wir in dieser Zeit fanden, eine einzige frischtot auf der Straße liegende Kreuzotter.

 

Nebel über dem Schwarzwald
Nebel über dem Schwarzwald (MB)

 

… und Hornottern

Ein absolutes Highlight war unser Herping-Trip nach Kroatien. Darüber gäbe es jede Menge zu erzählen, aber das würde diesen Beitrag sprengen. Wir machten eine Tour von der Insel Krk in den Südwesten des kroatischen Festlandes. Es ging über Istrien zur Insel Cres und wieder zurück nach Krk. Dort haben wir verschiedene interessante Reptilien, Vögel und viele wirklich ungewöhnliche Wirbellose und spektakuläre Landschaften gesehen. Wir haben leider nicht so viele Reptilienarten gefunden, wie wir gehofft hatten. Insbesondere Schlangen und Scheltopusiks (Pseudopus apodus) erwiesen sich als ziemlich schwer fassbar und kaum zu finden. Ich habe am ersten Tag in Krk ein paar Scheltopusiks entdeckt, aber es war nicht möglich, Fotos zu machen. Eine Art, für die wir besonders große Hoffnungen hatten, war die Hornotter (Vipera ammodytes). Sie ist eine der giftigsten Schlangen des europäischen Kontinents.

 

Mit viel Glück konnte ich während unserer systematischen Suche dann auch noch eine winzige Hornotter zwischen einigen Steinen entdecken. Diese faszinierende kleine Schlange war sicherlich einer unserer größten Funde während des Ausfluges.

 

Hornotter
Eine kleine Hornotter auf Krk

 

Um zumindest einen südlicheren Cousin der Kreuzotter zeigen zu können, haben wir die Hornotter in einen kurzen Abschnitt über unseren Ausflug dann auch in „Der Magische Wald“ eingebracht. Es würde noch so viel mehr zu sagen geben, aber das gehört in einen zukünftigen Blogpost über unsere Tour nach Kroatien. Weitere Fotos gibt es auf Bryans Website.

 

Bryan und die Hornotter

 

Vieles direkt vor der Haustür

Einen erheblichen Teil des Dokumentarfilms haben wir im Schönbuch, einem großen Waldgebiet bei Tübingen, gedreht. Die tiefen und weitläufigen Wälder boten zahlreiche interessante Drehorte, von Wildgehegen mit Rotwild und Wildschweinen bis zu großen Teichen voller Kaulquappen. Deutschland ist ziemlich dicht besiedelt und selbst die meisten Naturschutzgebiete werden auf die eine oder andere Weise durch menschliche Aktivitäten verändert. In vielen Fällen geschah dies bereits vor Jahrhunderten. Die Spuren menschlicher Aktivitäten sind oft tief mit der umgebenden Landschaft verwoben.

 

Schönbruch Teich
Einer der Teiche im Schönbruch (MB)

 

Ein besonders schöner Überrest der menschlichen Kultur war auch das alte Kloster Bebenhausen, das sich direkt vor dem Schönbuch befindet. Umgeben von jahrhundertealten Fachwerkhäusern, seiner gotischen Architektur, alten Mauern und alten Türmen war es auch ein perfekter Ort für Drohnenaufnahmen, um die gesamte Bandbreite des Komplexes zu zeigen. Das Kloster wurde 1190 gegründet. Nach der Reformation wurde es unter anderem als Jagdschloss genutzt und war später Wohnsitz des letzten Königs von Baden-Württemberg im frühen 20. Jahrhundert.

 

Kloster Babenhausen
Das alte Kloster Babenhausen (MB)

 

Der Alte Aichwald

Wir besuchten auch den Alten Aichwald in der Nähe von Denkendorf, wo Bryan einen Großteil der Dreharbeiten zu Feuersalamandern und einigen der anderen Amphibien machte. Wir waren schon vor Jahren auf unserer ersten gemeinsamen Feuersalamander-Tour dort.

 

Feuersalamander
Feuersalamander im Alten Aichwald

 

Bryan zeigte mir einen großen Dachsbau den er entdeckt hatte, und bei dem er mit einer selbstauslösenden Wildkamera großartiges Filmmaterial machen konnte.

Ich kenne viele der Orte die in „Der Magische Wald“ vorkommen, fast mein ganzes Leben lang. Ich pflege unzählige wundervolle Erinnerungen an sie. Sie jetzt in einem hochwertigen Dokumentarfilm zu sehen, fühlt sich fast etwas surreal an, besonders da ich während vieler Filmsequenzen vor Ort war. Ich habe viele neue Dinge gelernt und viele neue Erfahrungen gemacht, und ich freue mich, ein wenig zu diesem wunderbaren Dokumentarfilm beigetragen zu haben. Bryan hat großartige Arbeit geleistet, und den gesamten Dokumentarfilm selbst produziert. Er hat alle Szenen geschnitten, die Hintergrundmusik ausgewählt und arrangiert, den Text geschrieben (den ich für die deutsche Fassung mit dem Titel „Der magische Wald: Reptilien und Amphibien“ übersetzt und angepasst habe) und bestimmte Szenen digital bearbeitet. Normalerweise werden solche Dokumentationen von ganzen Produktionsteams oder sogar spezialisierten Unternehmen gedreht.

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Der Magische Wald

Naturfilmer Bryan Maltais erkundete volle drei Monate einen geheimnisvollen Wald im Herzen Europas. Dabei beobachtete er den Wechsel der Jahreszeiten vom Ende des Winters bis zum Anbruch des Sommers. Er filmte das Leben faszinierender Wildtiere, insbesondere der heimischen Reptilien und Amphibien.
Unser Autor Markus Bühler hat ihn auf einem Teil seiner Expeditionen begleitet.

 

Der Magische Wald: Reptilien und Amphibien ist 2019 erschienen und im Amazon-Prime-Paket, zum Download oder auf Datenträger erhältlich.

 

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Fazit

„Der Magische Wald“ wurde zu einem wirklich wunderbaren Dokumentarfilm, zumal es sich bei den gezeigten Arten vor allem um Tiere handelt, die trotz ihres faszinierenden Lebens meist nur wenig Aufmerksamkeit in den Medien bekommen. Ich kann mir vorstellen, dass nicht nur nicht-europäische Zuschauer Freude daran haben, einige der rätselhaften Tiere, die umliegenden Landschaften und die Geschichte Süddeutschlands kennenzulernen.

Weitere Informationen zum Dokumentarfilm gibt es auf der offiziellen Website Into the Forest.

 

Dieser Artikel erschien am 25. Mai 2019 auf Markus Bühlers Webseite in englischer Sprache.




Der Surigao-Kadaver

Mal wieder ein mysteriöser Kadaver, dieses mal gefunden an einem philippinischen Strand. Als genauer Fundort wurde die Küste von Baybay auf der Philippineninsel Surigao del Norte genannt.

 

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Lage des Fundortes 

Fotos zweier Urheber

Prince Don Antipasado und Curada Espiel Contreras nennen sich zwei Facebook-User, die Fotos des Kadavers gepostet haben.

 

Die Fotos von Contreras zeigen einen nassen Kadaver, der im Wasser des Brandungssaumes liegt. Der Kadaver ist mit zahlreichen Maden bedeckt, und teilweise skelettiert. Er hat seine Fotos am 26. Januar veröffentlicht.

 

 

Die Fotos von Antipasado hat seine Fotos etwa 12 h nach Contreras veröffentlicht. Sie zeigen einen trockeneren Kadaver, der am Tag in der Sonne auf den Felsen des Ufersaumes liegt:

 

 

Natürlich spekulieren weltweit die Internetuser über die Identität des Kadavers. Die Vermutungen gehen in Richtung Seekuh wie Manati oder Dugong, Alligator, Krokodil oder Meerjungfrau. Natürlich sind auch die üblichen „Mutanten“-Meinungen dabei, über die man sich am besten selbst ein Bild macht.

Die erste Analyse

Zunächst kann man getrost die Tiere, die nicht einmal in der Nähe von Surigao del Norte vorkommen, ausschließen. Das sind in dem Fall Manatis und Alligatoren. Meerjungfrauen bleiben aus praktischen Gründen außen vor.

 

Da zahlreiche Bilder veröffentlicht wurden, sind auch viele anatomische Details zu sehen.

Bei den sichtbaren Skelettteilen handelt es sich eindeutig um Säugetierknochen. Aufgrund des fehlenden Beckenknochens kann man alle Säugetiergruppen außer Seekühen und Walen ausschließen. Auch wenn eine im Netz häufig geteilte Vermutung das Manati war: Rundschwanzseekühe kommen in der Gegend nicht vor. Man findet sie im zentralen Amazonastiefland, an der amerikanischen Atlantikküste zwischen der Amazonasmündung und Florida sowie in der Karibik. Eine dritte Art bewohnt die Flüsse und Küstengewässer Westafrikas, zwischen Angola und Senegal.

 

Vorkommen der drei Manati-Arten (Florida-Manati: hellblau, Amazonas-Manati: rot, Afrikanisches Manati: braun) und der Fundort auf den Phillippinen (Fähnchen)

Und wenn’s doch ein Out-of-Place Manati war?

 

Out-of-Place-Tiere sind nie völlig auszuschließen, aber damit ein Manati auf die Phillippinen kommt, muss es schon außergewöhnlich verdriftet werden. Der kürzeste Weg (Luftlinie) wäre durch Afrika hindurch über den afrikanischen Grabenbruch (ca. 12.000 km), oder von Golf von Mexiko übers Land in den Pazifik und dann 14.000 km durchs offene Meer.

Wenn die Strecke „realistischer“, also im Wasser zurückgelegt würde, müssten die amerikanischen Manatis um die eisigen Gewässer von Kap Horn, während die Afrikaner die nicht wesentlich einladenderen Gewässen ums Kap der Guten Hoffnung passieren müssten.

Manatis sind ausgesprochene Langsamschwimmer, die mit starken Strömungen, kräftigem Wellengang und bewegtem Wasser nicht zurecht kommen. Sie bevorzugen Wassertemperaturen über 20°C, bei kaltem Wasser erfrieren sie schnell. Hinzu kommt, dass ihnen an vielen Küsten der möglichen Routen einfach die Nahrung fehlt.

 

Gabelschwanzseekühe, die Dugongs kann man aufgrund der Schädelform relativ schnell ausschließen.

 

Schädel eines Dugongs Rosenstein
Der Schädel des Dugongs hat stark nach unten gekrümmte massive Kiefer, in denen lediglich kurze breite Malzähne und ein paar kurzer Stoßzähne sitzen.

 

So bleiben nur die Wale. Für einen Wal sieht der Schädel jedoch sehr ungewöhnlich aus. Normalerweise erwartet man bei Walen lange, schmale Schädel mit großen Kiefern. Beim Surigao-Kadaver ist er aber sehr kurz und rundlich, mit sehr weit oben liegenden Augenhöhlen und – besonders interessant – kleinen gebogenen und sehr spitzen Zähnen.

Dieser Schädel aus dem Field Museum of Natural History zeigt die für Kogia-Arten charakteristischen, schlanken, spitzen Zähne sehr deutlich. Beim Kadaver waren sie auch erkennbar. (CC 1.0 Field Museum)

 

Diese Schädelform, die langen und schlanken, fast krallenartigen Zähne sowie der gebogene Kiefers sind nahezu eindeutige Merkmale für ein Mitglied der Gattung Kogia: den Zwergpottwal (Kogia breviceps) oder Kleinen Pottwal (Kogia simus).

 

 

Kogia-Skelett, Tadoussac
Kogia-Skelett aus dem Centre d´Interpretations des mammiferes marines‘ aus Tadoussac, Kanada

 

Das meiste Weichgewebe ist verwest. Dies erklärt auch die „Haare“ in der ursprünglichen Beschreibung: Es sind Gewebefasern.

 

Der Gegencheck

Wie passt das, was man beim Kadaver findet, zu einem vollständigen Zwergpottwal?

Das erste Bild zeigt eine simple Rekonstruktion der Position des Schädels im Kopf. Dabei ist es wichtig zu wissen, dass der Schädel (gelb) von Zwergpottwalen und Kleinen Pottwalen in einem 45° Winkel zum Rumpf im Kopf sitzt, daher sind die Augen auch so hoch am Kopf. Dann muss man bedenken dass der Kopf-und Nackenbereich größtenteils skelettiert sind, so dass der Schädel in einem unnatürlich starken Winkel zum Brustkorb nach unten gebogen ist.
Das zweite Bild zeigt eine tiefergehende Rekonstruktion: Das Spermaceti-Organ (orange), das die typische nach vorne stehende Schnauzenform des Zwergpottwals ausmacht, ist hier allerdings durch Verwesungsvorgänge bereits völlig verloren. So unterscheidet sich die Kopfform fast komplett vom lebenden Tier.

Kommen Zwergpottwale bei den Phillippinen vor?

Wenn es sich bei dem Kadaver um eine Kogia-Art handelt, ist es wahrscheinlich, dass diese Art bereits in dem Gebiet bekannt ist. Diese Tiere werden selten angeschwemmt, so dass man insgesamt davon ausgehen kann: Wo so ein Tier strandet, kommt die Art zumindest zeitweise (z.B. beim Durchwandern) oder dauerhaft vor. Oder andersrum: Wenn ein Kadaver angeschwemmt wird, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass er von einem in der Gegend generell bekannten Tier stammt.

 

Kogia
Meine Rekonstruktion eines Kogias, der sich mittels eines tintenartigen Sekretes vor einem Hai zu verbergen sucht.

 

Für die Identifikation der Art hilft das nicht weiter, beide Arten sind weltweit in tropischen Meeren verbreitet und kommen auch zwischen den Inseln der Philippinen vor. Generell lebt Kogia simus näher an der Küste, so dass er zwischen den Inseln der Philippinen eher zu erwarten ist. In der nahe gelegenen Tanon-Straße, einer Meerenge, haben die Behörden unter anderem wegen des Vorkommens dieser Art ein Meeresschutzgebiet errichtet.

 

Das ist jedoch kein Ausschlusskriterium für Kogia breviceps.


 

Auf meinem Blog habe ich am 3. November 2019 einen Beitrag über Zwergpottwale veröffentlicht.

 


 

Einen weiteren Artikel über einen Kogia, der sich ins Flachwasser verirrte, dort von einem Seelöwen erschreckt wurde und in Folge dessen zunächst große Mengen der tintenartigen Darmflüssigkeit absonderte, aber kurz drauf einen schweren Unfall hatte, haben wir hier: „The Ocean is a wild and scary place“

Die Redaktion

 




Kawekaweau – der Drache der Maorilegende

Die Mythen der Ureinwohner Neuseelands beinhalten allerlei kuriose Geschöpfe. So finden sich etwa eine ganze Reihe von reptilienartigen Wesen wie der mokonui, der kumi, der gewaltige Te Ngarara Huarau oder der große menschenfressende taniwha. Seltsamerweise zeigten die Maori oft eine abergläubische Furcht vor vielen Reptilien. Sie töteten sie nicht selten und zerstörten ihre Nester wenn sich die Gelegenheit dazu bot.

Farnwald
Sind die Wälder Neuseelands Heimat des größten Geckos, den es je gab?

Eine dieser Echsen trug den Namen Kaweau oder Kawekaweau. Für diejenigen die ihn zu Gesicht bekamen, repräsentierte er die Vorfahren. Sein Erscheinen deutete darauf hin, dass es Zeit wurde diesen in der Geisterwelt beizutreten.
Vom Kawekaweau gibt es leider kaum Berichte aus erster Hand. Die meisten Beschreibungen stammen von Maori, die angaben dass ein Bekannter oder Verwandter ihn zu Gesicht bekommen haben will. Meist sollen solche Begegnungen „mehrere Dörfer entfernt“ stattgefunden haben.

 

Maori
Moderne Maori bei einer Vorführung. Tatsächlich handelte es sich um ein Volk erfolgreicher Jäger und Krieger.

 

Dies ist eigentlich keine besonders vielversprechende Basis zur Annahme dass dieses Wesen tatsächlich einen realen Hintergrund haben könnte, zu sehr scheinen die Angaben ein rein mystisches Tier zu beschreiben. Doch es existieren tatsächlich einige Aufzeichnungen von Maoris, welche angaben selbst einen Kawekaweau gesehen zu haben. Eine der interessantesten Beschreibungen wurde 1873 von W.G. Mair unter dem Titel „the existance of a large forest lizard, called by the maoris kaweau“ veröffentlicht:

 

 

„Im Jahre 1870 tötete ein Urewera-Häuptling einen unter der Rinde eines toten Rata (eine Baumart), er beschrieb es als etwa zwei Fuß lang, und so dick wie das Handgelenk eines Mannes; braun gefärbt, längsgestreift mit mattem rot.“

 

 

Diese Begegnung soll in Waimana stattgefunden haben, es gibt aber auch mögliche Berichte aus Wanganui und vom Waoku-Plateau, alles Orte welche sich auf der Nordinsel Neuseelands befinden.

 

 

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Spannung und Eigenständigkeit

In Neuseeland werden der Armeesergeant Taine McKenna und sein Trupp damit beauftragt, eine Gruppe Wissenschaftler in den Te-Urewera-Nationalpark zu begleiten. Eine ungewöhnliche Aufgabe für das Militär, obwohl die Wälder mit ihrem dichten Nebel und steilen Hängen tückisch sein können und zudem militante Separatisten in der Gegend ihr Unwesen treiben. Doch nichts konnte Taine und seine Männer auf die tatsächliche Gefahr vorbereiten, die sie dort erwartet. Ein Monstrum aus vergangener Zeit … oder ein real gewordener Dämon aus den Mythen der Maori?

 

Beutezeit ist von Lee Murray, einer der erfolgreichsten Phantastik-Autorinnen Neuseelands. Es ist am 5. August 2020 bei Luzifer erschienen und hat 368 Seiten.

 

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So groß wie eine kleine Brückenechse?

Es hieß auch vom Kawekaweau dass er etwa so groß wie eine kleine Brückenechse oder Tuatara gewesen sein soll, mit rötlicher Farbe und sich in Baumhöhlen versteckt haben soll. Nach anderen Quellen, welche ebenfalls das auffällige gebänderte Muster dieses Tieres erwähnen, hielt sich der Kawekaweau teilweise auch auf Bäumen auf, und soll in den tiefen Wäldern der Nordinsel noch wenigstens bis in die 60iger Jahre des 19. Jahrhunderts gelebt haben.

 

Tuatara
Die Brückenechse ist ein in Neuseeland vorkommendes „lebendes Fossil“.

 

Die Beschreibungen über das Aussehen und die Lebensart des Kawekaweau würden sehr gut auf eine große Echse passen, doch hier stellt sich natürlich die Frage, was für ein Reptil hierfür in Frage käme. Größere Reptilien kennt man aus diesem Teil der Erde überhaupt keine, und auch insgesamt ist die Anzahl der vorhandenen Gattungen aufgrund der abgelegenen Lage Neuseelands recht beschränkt. Als eine mögliche Identität wurde der Skink Oligosoma gracilicorpus vorgeschlagen, doch diese nur von einem einzigen Exemplar bekannte Art weißt eine Kopfrumpfänge von lediglich 97 mm auf, und das vorhandene Typusexemplar ist dazu noch völlig ausgeblichen, so dass keine Rückschlüsse auf die ursprüngliche Färbung gestellt werden können. Alles in allem ein sehr unwahrscheinlicher Kandidat für den Kawekaweau.

Der Zufall und ein mysteriöses Artefakt

Wahrscheinlich würden wir auch heute noch nur mit einem hohen Unsicherheitsfaktor sagen können, um was es sich beim Kawekaweau tatsächlich gehandelt haben könnte, hätte uns der Zufall nicht ein mysteriöses Artefakt in die Hände gespielt.

 

Hoplodactylus delcourti
Das einzige bekannte Exemplar von Hoplodactylus delcourti (Netzfund)

 

Es handelte sich dabei um einen recht unansehnlichen und nicht besonders gut präparierten Balg aus der Sammlung des Naturhistorischen Museums von Marseille. Die ausgestopfte und mit groben Stichen auf der Unterseite zusammengenähte Haut beinhaltete noch Reste des Schädels, sowie die Knochen der Gliedmaßen.

 

Hoplodactylus delcourti
Das Typusexemplar von Hoplodactylus delcourti dorsal (oben) und ventral (unten). (Netzfund)

 

Das Präparat wurde über viele Jahre zusammen mit unzähligen anderen Stücken ausgestellt. Viele tausende Besucher und Forscher müssen an ihm vorbeigelaufen sein, ohne seine Bedeutung zu erkennen. Erst Alain Delcourt nahm sich des alten Stückes an, über das keinerlei Informationen vorlag.

Die Kuratoren wussten weder woher es stammte, wann oder wer es gesammelt hat, noch was es überhaupt war. Umso größer war die Überraschung als sich zumindest über die Zugehörigkeit genaueres ergab, denn es handelte sich um einen Gecko. Aber nicht nur um irgend einen Gecko, sondern um nicht weniger als den größten Gecko der Welt, der noch dazu einer völlig unbekannten Art angehörte. Die Gesamtlänge beträgt volle 62 cm, wovon die Kopfrumpfänge 37 cm ausmacht. Bei dem Schwanz handelt es sich anscheinend um ein Regenerat, was bedeutet dass er, abhängig davon wann er seinen Schwanz verloren hat, ursprünglich sogar noch etwas länger gewesen sein könnte.

Wim Spiekman betrachtet Hoplodactylus delcourti
Taxidermist Wim Spiekman posiert mit Lupe vor dem Präparat (Foto: ay Pigney / Dominion Post)

 

Hoplodactylus delcourti ist der größte bekannte Gecko

Wie gewaltig diese Maße sind, verdeutlicht sich erst wirklich, wenn man sie mit jenen anderer Geckos vergleicht. Unter den mehr als 1200 bekannten Geckoarten erreichen weniger als 3% maximale dokumentierte Kopfrumpfängen von mehr als 13 cm, wie beispielsweise der auch in Terrarienhaltung häufig zu findende indonesische Tokee (Gekko gecko). Der Neukaledonische Riesengecko Rhacodactylus leachianus, welcher mit einem Exemplar aus der Sammlung des Bonner Zoologischen Institut A. Koenig, das eine Kopfrumpfänge von 240 mm aufweist. Dies ist bis dato der Größenrekord unter Geckos, wobei inzwischen mit 256 mm Kopfrumpflänge ein neuer Rekord für diese Art bekannt ist. Auch der erst 2006 beschriebene Uroplatus giganteus aus Madagaskar erreicht Kopfrumpflängen von mindestens 200 mm.

Uroplatus_giganteus
Uroplatus giganteus aus Madagaskar ist ein riesiger Gecko (Foto: Brian Gratwicke, CC 2.0)

Man kennt auch einige andere, inzwischen ausgestorbene Riesenformen von Geckos, der erst etwa in der Mitte des 19. Jahrhunderts ausgestorbene Rodriguez-Nachtgecko Phelsuma gigas. Er lebte auf der Maskareneninsel Rodriguez und ihren Satelliteninseln und erreichte eine Kopfrumpfänge von 190 mm.

 

Der ausgestopfte Gecko aus Marseille übertrifft folglich die bisher bekannte maximale Kopfrumpfänge für Geckos um 54%, und es handelt sich dabei nur um ein einziges Exemplar, einzelne Tiere dieser Art mögen noch ein gutes Stück größer geworden sein. Für einen Gecko handelte es sich wahrlich um einen Giganten.

 

Hoplodactylus delcourti
Lebendrekonstruktion von Hoplodactylus delcourti, gezeichnet von Markus Bühler

 

Wo kommt das Tier her?

Nun war geklärt dass es sich bei der alten ausgestopften Echse um einen Gecko handelte, doch viel mehr war nicht bekannt. Eine genauere Untersuchung durch Aaron M. Bauer ergab dass sich mit größter Wahrscheinlichkeit um einen Vertreter der Gattung Hoplodactylus handelte, welche ausschließlich auf Neuseeland vorkommt. Damit bestand eine ernstzunehmende Verbindung dieses in Ehren an Alain Delcourt Hoplodactylus delcourti genannten Geckos zum Kawekaweau. Hinzu kam aber noch ein weiteres, äußerst interessantes Merkmal. Er weist eine schmutzig gelbbraune Zeichnung auf und vom Nacken bis zum Bereich der Kloake ziehen zwei breite rötliche Streifen über den Rücken. Zweifellos haben die Farben nach vielen Jahrzehnten an Intensität verloren, außerdem scheint es dass die ohnehin schon nachgedunkelte Haut durch eine Behandlung mit einer Art Lack einen unnatürlich gelblichen Ton angenommen hat.

Regenwald Neuseelands, Heimat von Hoplodactylus delcourti
Was kreucht noch alles durch die Regenwälder Neuseelands?

Zu Lebenszeiten mag dieser Gecko wahrscheinlich von einem hellen Braun gewesen sein, und die beiden Streifen auf dem Rücken ziegelrot. In seiner Musterung ähnelte er damit sehr stark den neuseeländischen Streifengeckos der Gattung Toropuku. Diese gehörten früher ebenfalls zur Gattung Hoplodactylus, die Systematiker inzwischen aber in verschiedene eigene Gattungen aufgesplittet haben.

 

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Streifengeckos waren nur von Stephen´s Island und Maud Island im Marlborough-Sund bekannt. Erst 1997 wurde der Coromandel-Streifengecko auf der Coromandel-Halbinsel auch auf einer der neuseeländischen Hauptinseln entdeckt. Auch der Goldstreifengecko Woodworthia chrysosireticus welcher nur in der Taranaki-Region im Nordwesten Neuseelands und der winzigen Insel Mana Island vorkommt, ähnelt in seinem Muster sehr stark an Hoplodactylus delcourti.

Hoplodactylus delcourti
Eines der wenigen Modelle von Hoplodactylus delcourti, vom Naturhistorischen Museum in Lille (Foto: Lamiot, CC 4.0)

Was alles nicht bekannt ist

Über die Lebensweise von Hoplodactylus delcourti kann man freilich nur spekulieren, doch in Anbetracht der enormen Größe und der speziellen ökologischen Situation in dem vermuteten geographischen Ursprungsgebiet, könnten durchaus gewisse Besonderheiten bestanden haben könnten. Wahrscheinlich war er wie die bekannten Vertreter der Gattung Hoplodactylus ovovivipar, das heißt die Jungtiere schlüpften direkt nach der Eiablage.

Die Hoplodactylus-Arten sind gute Kletterer, die sich häufig auf Bäumen oder in Sträuchern aufhalten. Während des Tages verbergen sie sich nicht selten unter Steinen, umgestürtzen Baumstämmen oder ähnlichen Orten, und werden erst in der Nacht aktiv. Ihre Nahrungpalette ist relativ breitgefächert und beinhaltet neben allerlei Insekten und anderen Kerbtieren sowie Nektar, den sie aus Blüten lecken. In Anbetracht der enormen Größe von H. delcourti kämen aber auch andere Reptilien, Frösche, kleine Vögel und ihre Brut als mögliche Beute in Betracht. Vielleicht nahmen sie wie der Kaledonische Riesengecko auch Früchte zu sich.

Wie kam Hoplodactylus delcourti nach Marseille?

Nun lagen zwar leider keinerlei historische Informationen vor, wie dieser Gecko in die Sammlung des Marseiller Museums gelangt ist. Sehr wahrscheinlich ist er zwischen den Jahren 1833 und 1869 dorthin gelangt. Aus dieser Zeit existieren keine schriftlichen Aufzeichnungen über die Neuzugänge des Museums. In der Zeit davor oder danach wird er nirgends erwähnt. Den verwandtschaftlichen Verhältnissen nach muss er ursprünglich irgendwo auf einer der Inseln im südwestlichen Bereich des Pazifischen Ozeans gelebt haben.

 

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Woodworthia maculata (Foto: Jaco Grundling)

 

Neukaledonien käme gut in Frage, da dies französisches Herrschaftsgebiet ist. Folglich kamen von dort auch große Mengen an zoologischen und botanischen Objekten in die Sammlungen der Museen Frankreichs. Allerdings stammen alle heutzutage im Museum befindlichen Objekte aus Neukaledonien aus dem Zeitraum von 1902 bis 1905. Außerdem sind aus diesem Gebiet keine Vertreter der Gattung Hoplodactylus bekannt. Da französische Wissenschaftler und Forscher einst auch auf der neuseeländischen Nordinsel sehr aktiv gesammelt haben, ist es am wahrscheinlichsten dass dieser Gecko tatsächlich von dort stammte. Möglicherweise aus der Gegend von Bay of Islands. Die Art der Präparation deutet stark darauf hin, dass das Präparat aus dem frühen 19. Jahrhundert stammt, zudem hat England Neuseeland im Jahre 1840 in Besitz genommen, so dass es höchstwahrscheinlich aus der Zeit davor datiert.

Zusammengenommen mit den alten Bescheibungen der Maori scheint es sehr wahrscheinlich, dass es sich bei dem Typusexemplar von Hoplodactylus delcourti tatsächlich um einen Kawekaweau handelt.

Zum Glück ist dieses eine Exemplar erhalten geblieben

Man kann von großem Glück reden, dass überhaupt dieses eine Präparat erhalten blieb, und Wissenschaftler seine Bedeutung erkannt haben. Es gibt noch eine ganze Reihe anderer großer Inselformen von Echsen, welche nur von einem oder ganz wenigen Exemplaren bekannt sind. Forscher haben sie in historischer Zeit gesammelt, heutzutage sind sie höchstwahrscheinlich ausgestorben. Hierbei stellt sich unwillkürlich die Frage wie viele Arten in den letzten Jahrhunderten ausgestorben sind, ohne überhaupt jemals bekannt zu werden. Lagern noch ähnliche unerkannte oder vergessene zoologische Schätze in den Archiven alter Museen?

Karteikästen
Was mag noch alles in den Magazinen der Museen lagern?

Viele dieser Arten starben wohl primär dadurch aus, dass mit dem Menschen auch Ratten, Katzen und teilweise auch andere Säuger auf die Inseln gelangten. Sie setzten wahrscheinlich vor allem den Jungtieren der kleinen Riesenechsen zu.

 

Im Falle des Kawekaweau kamen auch noch großflächige Zerstörungen der ursprünglichen Wälder hinzu. Schon die Maoris brachten Pazifsche Ratten (Rattus exulans) mit. Diese breiteten sich enorm stark ausbreiteten und wirkten sich katastrophal auf die Kleintierfauna Neuseelands aus. Sie rotteten auch die Brückenechsen in vielen Gebieten aus.

Doch ist Hoplodactylus delcourti auch tatsächlich ausgestorben?

Zwar ist die Art nur von einem einzigen weit über 100 Jahre alten Exemplar bekannt. Es gibt keine jüngeren Berichte über Sichtungen dieser Echse. Doch das schließt nicht völlig aus, dass sich in abgelegenen Gegenden Restpopulationen dieser wahrscheinlich nächtlich lebenden und am Tage gut versteckten Riesengeckos erhalten haben könnten. Immerhin wurde der Harlekingecko Tukutuku rakiurae erst 1981 entdeckt, der Schwarzaugengecko Mokopirirakau kahutarae 1984 und der Takitimu Gecko (Mokopirirakau cryptozoicus) wurde sogar erst 2004 beschrieben. Es wäre nicht der erste Fall in dem man Reliktpopulationen von für ausgestorben gehaltenen Inselriesenformen kleinerer Echsen wiederentdeckt hat.

Neuseeland
Was sich in den Wäldern von Neuseeland verbirgt?

So wurden auf den Kanaren einige in teils winzigen Rückzugsgebieten überlebende Populationen verschiedener Rieseneidechsen der Gattung Gallotia wiederentdeckt. Oder der lange nur von einem einzigen Exemplar bekannte Terrorskink Phoboscincus bocourti welcher im Jahre 1876 beschrieben wurde, und erst 1993 auf der winzigen Île des Pins vor Neukaledonien wiederentdeckt wurde. Leider konnten vor allem viele Arten von Echsen nur noch dort überleben, wo sie vor Ratten und wildernden Katzen sicher waren. Von Menschen eingeführte Tiere haben schon ganze Populationen und vielfach sogar komplette Arten auf zahllosen Inseln der Welt ausgerottet. Teilweise sogar ohne dass bis dahin viel über die betroffenen Spezies in Erfahrung gebracht werden konnte.

 

Ob auch der Kawekawekau-Gecko in irgendeinem abgelegenen Winkel Neuseelands die Zeiten überleben konnte, ist nach wie vor fraglich. Bislang bleiben uns einzig die alten Überlieferungen der Maoris welche uns von diesem faszinierendem Tier berichten.


Literatur

Aaron M. Bauer & Anthony P. Russell (1986) Hoplodactylus delcourti n. sp. (Reptilia: Gekkonidae), the largest known gecko, New Zealand Journal of Zoology, 13:1, 141-148, DOI: 10.1080/03014223.1986.10422655 (Download)

 

Hitchmough, Rodney A.; Geoffrey B. Patterson, and David G. Chapple 2016. Putting a Name to Diversity: Taxonomy of the New Zealand Lizard Fauna. in: Chapple, D.G. (ed). New Zealand Lizards. Springer, pp. 87-108

 

Jewell, T.R. & Leschen, R.A.B. 2004: A new species of Hoplodactylus (Reptilia: Pygopodidae) from the Takitimu Mountains, South Island, New Zealand. Zootaxa 792: 1-11

 

Shuker, K. P. (2012). The encyclopaedia of new and rediscovered animals: From the lost ark to the new zoo – and beyond (pp. 179-181). Landisville: Pennsylvania.




Seeteufel auf Vogelfang

 

Der Titel nimmt es ja bereits vorweg, Seeteufel fressen Vögel, darunter auch die kleinen Krabbentaucher (Alle alle). Forscher haben aber auch eine ganze Reihe anderer Vögel  in den Mägel von Seeteufeln gefunden. Zu ihnen gehören Kormorane, Heringsmöwen, Pfeifenten, Trauerenten, Seetaucher, Trottellummen, Tordalken und unterschiedliche Tauchenten. Im Jahr 1943 wurde vor Rhode Island ein 47 Pfund (knapp 20 kg) schwerer Seeteufel gefangen, welcher im Peabody Museum of Natural History seziert wurde. Dabei haben die Untersucher im Magen neben einer größeren Menge von Fischen ein Mittelsäger (Mergus serrator) gefunden, ein Vogel der immerhin Größen von 50-60 cm erreicht.

Bodenfische als Freiwasserjäger

Besonders interessant ist hierbei, dass Seeteufel keineswegs nur tief tauchende Vögel fressen, sondern auch solche die nicht sehr weit unter der Oberfläche tauchen. So fanden sich in den Mägen von 14 Seeteufeln, welche 2007 – 2010 vor Chatham, Massachutes gefangen jeweils ein Krabbentaucher. Die Seeteufel wurden in Tiefen von 85 – 151 m gefangen, in einem Bereich von 104 – 150 km vor der Küste. Die Krabbentaucher zeigten nur sehr leichte Anzeichen von Verdauungsvorgängen. Daher ist es wahrscheinlich, dass die Seeteufel sie nicht vor der Küste, sondern auf dem offenen Meer von den Seeteufeln gefangen haben.

 

Laichwanderungen, sogar unter die Wasseroberfläche

Dies wird durch eine weitere Studie gestützt, bei der Seeteufeln Sender eingepflanzt wurden. Dabei zeigten sie deutlich aktivere Wanderungen, als man bei einem so stark ans Bodenleben angepassten Fisch erwartet. Insbesondere im Frühjahr und Herbst, wenn sie ohnehin weite Strecken zurücklegen, um zu laichen, kommen sie im offenen Meer nachts bis in Tiefen von nur etwa 10 m herauf.

So kann es passieren, dass frei schwimmende Seeteufel auch Krabbentaucher und andere Vögel fangen, auch wenn sie nur in recht geringe Tiefen tauchen.

 

Seeteufelmaul
Seeteufel wirken, als würden sie nur aus Maul bestehen.

Krabbentaucher im Winterkleid
Krabbentaucher im Winterkleid (Foto: MPF, CC 3.0)

 

Allerdings kommt es neben solchen Hochseejagden natürlich auch in weitaus niedrigerem Wasser zuweilen zu Konfrontationen zwischen Seeteufeln und Vögeln. Der bereits erwähnte Seeteufel mit dem frischgefangenen Mittelsäger im Magen, ging am Grund in gerade einmal 19 m Tiefe ins Netz.  Seeteufel warten keineswegs nur am Boden, bis potentielle Beute in ihre direkte Nähe kommt. Sie jagen durchaus im Freiwasser, was man etwa in der Nähe von Heringsschwärmen beobachten kann. Einen indirekten Hinweis darauf gibt es bei geangelten Fischen, nach denen Seeteufel während des Hochziehens packen.


Quellen:

Matthew C. Perry et al. 2013. Predation on Dovekies by Goosefish over Deep Water in the Northwest Atlantic Ocean. Northeastern Naturalist, vol. 20, no. 1, pp. 148–154

 

Ball, S. C., 1944: Red-breasted Merganser devoured by angler fish. Auk, 61: 476




Bizarre Haie: Kragenhaie

 

 

Die Kragenhaie der Familie Chlamydoselachidae sind in vieler Hinsicht bemerkenswert. Sie zeigen eine ganze Reihe ungewöhnlicher anatomischer Merkmale und gehören zu einer isolierten und schon sehr langen eigenständigen Linie innerhalb der Haie. So urtümlich, wie man das teilweise immer noch oftmals lesen kann, ist sie aber nicht. Wie alle anderen lebenden Haie und Rochen gehören sie zu den Neoselachiern. Ihre evolutionäre Linie lässt sich bis mindestens in die Kreidezeit zurück verfolgen. Das bedeutet allerdings nicht, dass die modernen Arten die selben wie vor 70 Millionen Jahren sind. Auch Kragenhaie haben sich im Verlauf ihrer Evolution immer weiter entwickelt. Sie zeigten in der Vergangenheit einen deutlich größeren Formenreichtum, wie etwa dem riesigen kreidezeitlichen Chlamydoselachus goliath.

In den letzten Tagen war der Kragenhai erneut verstärkt in den Medien, weil ein Fischereiprojekt in Portugal in 700 m Tiefe ins Netz geraten war. Durch das spektakuläre Aussehen des Tieres und seinem Ruf als (vermeintliches) lebendes Fossil hat er sehr viel Aufmerksamkeit bekommen, unter anderem bei Spiegel-Online Wissenschaft.

Schlanke Körperform, merkwürdiger Körperbau

Was wohl zuerst auffällt, ist der sehr lange und schlanke Körperbau mit den eng anliegenden Flossen. Auch die für Haie sehr ungewöhnliche Kopfform ohne ausgezogene „Nase“ ist ungewöhnlich.

 

Chlamydoselachus anguineus
Chlamydoselachus anguineus (Foto: Citron, CC 3.0)

Chlamydoselachus anguineus
Chlamydoselachus anguineus aus den Aufzeichnungen der Challenger-Expedition

Präparat eines Kragenhais in der Sonderausstellung des dt. Jagdmuseums

Betrachtet man die Kragenhaie noch etwas mehr im Detail, fallen noch viele weitere Merkwürdigkeiten auf. Glücklicherweise hatte ich Ende 2012 die Gelegenheit ein Exemplar der Spezies Chlamydoselachus anguineus im Deutschen Jagd- und Fischereimuseum in München in einer Sonderausstellung über Knorpelfische zu sehen und zu fotografieren.

Auf diesen Bildern sieht man einige ihrer ungewöhnlichen Merkmale etwas besser, besonders die Kiemenschlitze. Die meisten Haie haben nur fünf Kiemenschlitze. Bei den Hexanchiformes, zu denen neben den Kragenhaien auch die Kammzähnerhaie der Gattungen Hexanchus, Notorynchus und Heptranchias zählen, findet man bei der ersten Gattung auch sechs, und bei den beiden letzteren sogar sieben Kiemenschlitze. Bei den Kragenhaien sind die ersten Kiemenschlitze auf der Bauchseite sogar miteinander verbunden. Die übrigen Kiemenschlitze reichen teilweise immer noch ungewöhnlich weit nach oben und unten, sind aber nicht mehr miteinander verschmolzen.

 

An den Zähnen sollst du sie erkennen

Besonders interessant sind auch die Zähne der Kragenhaie. Sie sind wie ein Dreizack in jeweils drei lange Spitzen aufgeteilt, und sitzen deutlich voneinander abgesetzt in Reihen hintereinander.

Die Gabelform ist wahrscheinlich eine Anpassung an ihre Beute, vor allem Kopffüßer, aber auch unterschiedliche Tiefseefische. Was mir bei dem Exemplar in München besonders auffiel, war die Anordnung der Hautzähne im Bereich des Mundwinkels. Während sie auf dem restlichen Körper relativ klein sind, finden sich um den hinteren Bereich des Maules deutlich verlängerte und stark vergrößerte Dentikel (Hautzähne):

Chlamydoselachus-anguineus-Jagdmuseum-München
Portrait von Chlamydoselachus anguineus aus dem Jagdmuseum in München

Offenes Maul eines Clamydoselachus
Offenes Maul eines Clamydoselachus anguineus. (Bild: Sansame777 CC 2.0)

Dentikel am Maulrand
deutlich vergrößerte Dentikel am Rand des Mauls

Fossile Einzelzähne
Fossile Einzelzähne von Chlamydoselachus lawleyi (Foto: Luca Oddone CC 3.0)

Tatsächlich sind sie sogar von ähnlicher Größe wie die Spitzen der eigentlichen Zähne im Maul. Zwischen ihnen scheint beinahe ein fließender Übergang zu bestehen. Möglicherweise sind sie beim Festhalten der Beute beteiligt. Dies wäre ein äußerst bemerkenswertes Phänomen.

 

Fossile Kragenhaie

Kragenhaie sind auch in fossiler Form bekannt. Die ältesten stammen aus dem Eozän Österreichs. Weitere Funde kennt man aus dem Miozän Trinidads und dem Pliozän Italiens. Dort kam die Art Chlamydoselachus lawleyi vor. Die für Kragenhaie typische Dreizackform der Zähne sieht man besonders gut an diesem fossilen Zahn von Chlamydoselachus lawleyi.

 

Verborgen in der Tiefsee

Da Kragenhaien normalerweise in Tiefen von etwa 120-1280 m Tiefe leben, gibt es leider nur recht wenige Aufnahmen lebendender Tiere in ihrem natürlichen Lebensraum. Gelegentlich gelangen einzelne Exemplare auch in deutlich flacheres Wasser oder werden teilweise an Tiefsee-Langleinen gefangen. Ein Kragenhai konnte 2007 sogar, wenngleich auch nur für wenige Stunden, in einem Aquarium auf Honshu beobachtet werden.

Ich habe bisher immer bewusst von „Kragenhaien“ im Plural geschrieben, denn tatsächlich gibt es nicht nur eine einzige Art, sondern zwei. Die bekanntere Art Chlamydoselachus anguineus hat dabei ein äußert großes Verbreitungsgebiet:

Verbreitung von Chlamydoselachus anguineus

Verbreitung von C. africana

Dagegen hat der Südafrikanische Kragenhai (Chlamydoselachus africana) ein weitaus kleineres Verbreitungsgebiet, welches sich vor allem um die westliche Südspitze Afrikas beschränkt. Diese Art wurde erst 2009 beschrieben, entsprechend findet man sie auch kaum in der Literatur. Mit einer Länge von nur wenig über einem Meter sind sie auch kleiner als ihre Verwandten. Bei C. anguineus werden zumindest die Weibchen bis 2 m lang, die Männchen immerhin noch bis etwa 1,5 m. Neben der geringeren Größe unterscheidet sich der Südafrikanische Kragenhai auch in anderen Merkmalen von seiner Schwesterart, etwa durch eine geringere Wirbelzahl oder eine geringere Anzahl der Spiralwindungen des Darmes.

Sie haben Eier und gebären doch lebende Junge

Eine weitere Besonderheit der Kragenhaie ist ihre Vermehrung. Wie viele andere Haie auch, bekommen die Weibchen lebende Junge. Sie schlüpfen bereits im Körper der Weibchen aus den Eiern und verweilen dann in der Gebärmutter, bis sie weit genug entwickelt sind. Dies dauert ungewöhnlich lange, vermutlich zwei Jahre, möglicherweise sogar bis zu dreieinhalb Jahren. Ähnlich lange Entwicklungszeiten findet man allerdings auch bei Alpensalamandern (Salamandra atra), womit die Kragenhaie in dieser Eigenschaft nicht ganz so isoliert stehen.

Selbst so bizarre und scheinbar besonders urtümliche Wesen wie die Kragenhaie entziehen sich keineswegs jedweder Entdeckung und Erforschung. Obwohl sie größtenteils extreme und schwer erreichbare Tiefen bewohnen, wurde Chlamydoselachus anguineus bereits 1884 wissenschaftlich beschrieben. Wenngleich auch noch sehr viel in den Ozeanen zu entdecken sei dürfte, sind sie dennoch bereits weitaus besser erforscht als manch einer annimmt. Auch der Umstand, dass selbst von den Kragenhaien zumindest einige Fossilien aus verschiedenen Gegenden der Welt bekannt sind, ist an dieser Stelle bemerkenswert.


Literatur:

Dieser Beitrag ist am 1. Februar 2014 in sehr ähnlicher Form in Markus Bühlers Blog „Bestiarium“ erschienen