"Tretet ein in die Welt der Drachen!"
Lesedauer: etwa 7 Minuten

„Ich hätte dich gerne in der Doku dabei“ – oha. Auf der Tagung zu Mokélé Mbembé im Oktober 2022 in Berlin sprach mich die Regisseurin Vivien Schwarzenberg von STORY HOUSE Productions an. Für die Reihe „Mythos. Die größten Rätsel der Geschichte“ im Auftrag des ZDFinfo war sie auf der Suche nach einer Kryptozoologin oder einem Kryptozoologen, denn das Thema einer Folge der neuen Staffel sollten Drachen sein (nach Ausstrahlung im Fernsehen nun auch abrufbar in der Mediathek[1]). Da ich bereits für den Tatzelwurm für eine kleine Dokumentation – die Abschlussarbeit eines Filmstudenten, auf die Veröffentlichung bleibt weiterhin zu hoffen – vor der Kamera stand, wies man auf der Tagung auf mich.

Vivien erklärte ihre Idee, hörte sich meine Erfahrungen an und bot mir an, in der Doku mitzuwirken. Ich war anfangs skeptisch. Ich war wahrlich keine Drachenexpertin. Zudem teilte ich die weitverbreitete Angst, in der Doku letztendlich anders dargestellt zu werden, als ich tatsächlich bin, z.B. als blinde Anhängerin des Glaubens an Drachen. Aber die gute Vivien versicherte, dass ich mehr der rote Faden sein solle, eine Kryptozoologin, die sich auf Spurensuche durch Europa macht und jeweils vor Ort dann mit Expertinnen und Experten spricht. Das hat mir den Druck genommen, denn natürlich war eine Reise u.a. in die Alpen zum letzten Sichtungsort des Tatzelwurms sehr verlockend. So wurden wir uns einig und Vivien hat ihr Wort gehalten.

Welches Bild die Zuschauenden letztlich von mir haben, liegt ja ohnehin nicht in meiner Macht, aber zumindest fühle ich mich durch den Zusammenschnitt der vielen Szenen nicht falsch dargestellt. Dennoch gibt es viele Dinge, die bei der Produktion gaaanz anders waren, als sie letztendlich zu sehen waren:

Die Chronologie

Statt Zugfahrt > Klagenfurt > Prag > Alpen > Zugfahrt > Südtirol war es ein logistisch wilder Mix aus Südtirol mitsamt Alpen > Klagenfurt > Prag > „Doppel“-Zugfahrt. Dabei habe ich auf der Zugfahrt das Outfit und die Frisur gewechselt, weil wir versucht hatten, pro Stadt ein Outfit und eine Frisur zu haben.

 

die Autorin bei der Recherche im Zug
Die Autorin bei der Recherche im Zug

 

Höhere Mächte

In Südtirol sind wir morgens im Dunkeln mit den Schneemobilen aufgebrochen. Heftige Schneefälle ließen uns und vor allem den Kameramann aber so tief in den weißen Massen einsinken, dass wir das Gespräch zwischen Iwan Plasinger, dem Reptilienexperten, und mir ins trockene Gasthaus verlegten, zumindest nachdem wir uns durch Horden von Kindern und Jugendlichen einer Skischule gekämpft hatten.

 

Schneemobile im Schnee (ach nee!)
Ist das Glück oder Pech? Filmreifer Schneefall ist das auf jeden Fall

 

Das Gespräch dort war nach meiner kryptozoologischen Meinung das spannendste, da ich mit Iwan die Sichtung eines Tatzelwurms in Steinhaus 2019 durchsprechen konnte. Eine seiner Ideen, nämlich die Würfelnatter mit Fisch im Maul, wurde in der Doku dann auch als Sichtungserklärung genutzt – dabei hatte weder Iwan diesen Standpunkt letztendlich vertreten, noch überzeugt das eingeblendete Beispiel bei ca. Minute 34:34, dass allen Ernstes jemand eine Würfelnatter mit Fisch im hoch erhobenen Maul für eine zweibeinige Echse halten könnte. Da die Fehlinterpretation von Sichtungen aber ein Mosaikstück von vielen zum Drachen sein sollte, kann ich diese Entscheidung Drehbuch-technisch nachvollziehen. Wer eine umfassendere Wiedergabe des Gesprächs möchte, sei auf das Jahrbuch 2022 verwiesen.

 

Ein Gespräch in einem Gasthaus wird gefilmt
Zunächst beginnt die Aufnahme des Gesprächs im Gasthaus, aber

 

Gespräch im Schnee
später wird es im Schnee fortgesetzt.

 

Das Gespräch im Gasthaus haben wir letztendlich in Kürze nochmals am Bachlauf, dem vermutlichen Sichtungsort, wiederholt, und nur Auszüge daraus kommen in der Endfassung vor. Sowieso hatte man die ganze Zeit das Gefühl, zu reden und zu reden, durchaus tolles Zeugs, letztendlich habe ich in der Doku aber höchstens einen Redeanteil von ein paar Minuten. Dass zwischen den ersten Aufnahmen bzw. der Minute 32:16 und der Minute 32:17 also knapp 8 Stunden lagen, ist durch den Schnitt nicht mehr zu sehen, höchstens an unseren roten Nasen…

 

Die Autorin im Schnee

 

Drehpausen

Ob nun für die Einstellungen der Technik oder Aufnahmen von Gebäuden und der Umgebung ohne uns Akteure – mehr als vor der Kamera wurde neben der Kamera gesprochen. So hört man mal eben von wilden Männern in den Alpen, bekommt versteckte Treppen im Kloster zu Gesicht oder stellt fest, dass die Großmutter der Gesprächspartnerin ein Dorf weiter von der eigenen in good old Ostfriesland wohnt.

 

Reena als Stadtwächterin
Als Stadtwächterin – wenn sich schon die Gelegenheit bietet 🙂

 

Die Ernsthaftigkeit

Welches der vielen Gespräche, ob on oder off screen, das charmanteste und/ oder informativste war, kann ich gar nicht sagen. Dabei haben wir so viel gelacht und Blödeleien betrieben, dass die Endfassung erschreckend ernsthaft rüberkommt.

 

Reena macht Spaß

 

Das berühmteste Kryptid Europas

… ist natürlich Nessie und nicht der Tatzelwurm. Da habe ich mich bei Minute 30:10 versprochen. Ich wollte sowas wie „schönstes Kryptid“ sagen, das habe ich in den zig Malen davor vermutlich auch geschafft, aber in genau dieser Aufnahme dann was anderes draus gemacht. Man wiederholt einzelne Aufnahmen teilweise sooft, bis man selber nicht wer weiß, was man alles (nicht) gesagt hat, oder ob der Satz eigentlich vollständig war… passiert.

 

Reena hat den Durchblick

 

Nach Drehschluss

Wie auf einer Klassenfahrt geht’s dann abends nochmal zu, es geht gemeinsam zum Essen oder in Prag auch in die Kneipe ums Eck. Es darf ja nicht sein, dass man morgens ausgeschlafen und ausgeruht wieder aufsteht. In Anbetracht von Reisestress und kurzen Nächten sehen wir alle einfach fabelhaft aus, zumindest nicht ganz so vertrocknet wie die gute alte Jenny 😉

 

Reena mit Jenny Haniver
Kein Drachen, aber ein bekanntes Objekt der Kryptozoologie, die Jenny Haniver

 

Es war eine aufregende und schöne Erfahrung. Das Ergebnis ist trotz der Komplexität des Themas ein runder, unterhaltsamer Mix geworden. Das einzige, was ich persönlich sehr schade finde, ist der Umstand, dass von unserem Netzwerk leider nicht direkt berichtet wurde. Stattdessen kann man vom Netzwerk in den eingeblendeten Emails ab Minute 32:57 lesen, wenn man schnell ist [2]. Ich hatte mir, wie schon bei der ersten Doku zum Tatzelwurm, durch das Mitmachen ja auch einen Öffentlichkeitseffekt für das Netzwerk erhofft, der leider ausblieb. So müssen wir auf anderem Wege versuchen, dass sich vermehrt Menschen mit ihren Sichtungsberichten und Erlebnissen an uns wenden (Link Sichtungsformular). Also, wer hat denn einen Drachen gesehen?!

 

Auf der Heimreise
Auf der Heimreise – leider sind nicht alle Fragen geklärt, aber das ist typisch Kryptozoologie …

Uuuuuuund cut!


[1] https://www.zdf.de/dokumentation/zdfinfo-doku/mythos-die-groessten-raetsel-der-geschichte–drachen-100.html

[2] Anm. d. Red.: Wenn man schnell ist, kann man auch unseren NfK-Aufkleber auf deinem Laptop sehen – übrigens auch mit Tatzelwurm!