In der Alpenregion um das Trentino in Norditalien läuft seit dem Jahr 1999 das EU-Projekt „Life Ursus“. Hierbei ging es um die Unterstützung der aussterbenden Bärenpopulation in der Brentagruppe im Naturpark Adamello-Brenta. 1989 kam dort das letzte Jungtier zur Welt, 1997 lebten hier nur noch drei Bären.
Um diese Population zu schützen, siedelte man 10 Bären, 3 Männchen und 7 Weibchen an. Die neu angesiedelten Tiere kamen aus dem nahen Slowenien und kamen mit den Hochgebirgslagen gut zurecht. Nahrung gab es mehr als ausreichend, so dass sich die Bären bald anfingen, sich zu vermehren. Unausgesprochenes Ziel waren 50 Bären in 50 Jahren.
Die Bären spielten nicht mit
Doch mit den 50 Bären in 50 Jahren waren die Bären selber nicht einverstanden. Sie vermehrten sich weitaus schneller, als die Projektbeteiligten erwarteten. Aus 50 Bären in 50 Jahren wurden 130 Bären in 20 Jahren. In diesen 20 Jahren gab es einige Zwischenfälle.
Im Focus: Die Bärin Jurka und ihre Kinder
Bekannt wurde die Bärin Jurka, die als Teil der Gründerpopulation aus Slowenien kam. Vermutlich bereits dort hatte sie gelernt, dass in Menschennähe Nahrung zu finden ist. Laut faz hatten sie die beiden Hoteliers im Tovetal angefüttert, was zwar streng verboten war und ist, aber nie groß thematisiert wurde. Hotels bringen Geld und wenn die Bären sie attraktiver machen, ist das gut für die Region. Dadurch aber lernte die Bärin, dass in Menschennähe Futter zu erwarten ist. Dieses Wissen gab sie auch an ihre Kinder (alle mit dem Männchen Joze) weiter, was für viele von ihnen fatal war.
Bei Jurka blieben alle Erziehungsversuche erfolglos. Die Italiener hätten sie erschießen können, man hat sich aber dagegen entschieden. Nach einigen Zwischenstationen ist sie 2010 im für sie gegründeten „Alternativen Wolf- und Bärenpark im Schwarzwald“ bei Schapbach angekommen.
JJ1
als „Bruno“ bekannter „Problembär“, 2004 geboren, 2006 bei Bayrischzell erschossen. Mehr dazu hier.
JJ2
als „Lumpaz“ bekannt, war ein Wurfgeschwister von JJ1, also auch 2004 geboren. Er war 2005 im Engadin (Schweiz) und in Nauders (Tirol) unterwegs. In der Schweiz, die er nie länger als ein paar Tage verließ, entwickelte er sich beinahe zu einem Medienstar. So schauten ihm 250 Menschen dabei zu, wie er im Münstertal eine Kantonsstraße überquerte. Als er im Herbst beobachtet wurde, wie er eine Schafherde auf der Rusenna Alp eine Felswand entlang jagte, änderte sich das. 27 Schafe starben, nur die wenigsten fraß er: Um sich Winterspeck anzufressen, brauchte JJ2 vor allem die Euter und das Fett am Brustbein. Einige Tage drauf verschwand JJ2. Seine letzten Spuren fand die Kantonspolizei Ende September in der Nähe des Inns bei Ramosch. Sie geht davon aus, dass er gewildert wurde.
2006 bekam Jurka erneut Junge, wieder war Joze der Vater:
JJ3
2006 geboren wurde als namenloser „Risikobär“ bekannt. Er trennte sich im Frühsommer 2007 von seiner Mutter und wanderte in Richtung Bozen, durch die Seitentäler, kurzzeitig auch durch das Münstertal in die Schweiz. Dabei zeigte er sich im Engadin, bei Davos und im Albulatal. Er riss Schafe, plünderte Bienenstöcke und Mülltonnen. Zunächst wich er Menschen aus, ignorierte sie später. Daher wurde er nur wenige Wochen nach seiner Selbstständigkeit als Risikobär eingeschätzt, sicher kein Fehler. Im August 2007 erhielt er ein Senderhalsband, um seine Wanderungen zu kontrollieren. In der Nähe des Lenzerhorns blieb er dann eine Weile und drang dort in Dörfer ein, leerte Mülltonnen und Katzenfutternäpfe, verwüstete Komposthaufen, hinterließ Fußspuren in den Bunkern eines Golfplatzes und versuchte schließlich, in einen Kiosk einzudringen. Erste Vergrämungsversuche waren erfolgreich, der Bär zog sich in den Winterschlaf an einem Hang des Albulatals zurück. Auch nach dem Winterschlaf zeigte er sich problematisch, die Umerziehung schien nicht gelungen, auch weitere Vergrämungsversuche schienen nicht erfolgversprechend. Ein Jäger erschoss ihn am 14. April 2008 in Thusis/ Mittelbünden.
JJ4
„Gaia“ war das einzige Weibchen in den Würfen von Jurka. Über sie war nicht viel bekannt, da 2008 bei dem Versuch, ihr ein Senderhalsband anzulegen, ein Unglück geschah. Ein Jäger sichtete eine Bärin und beschoss sie mit einem Betäubungsgewehr. Die Betäubung war für eine Jungbärin im 2. Jahr dosiert. Vermutlich war die beschossene Bärin älter und größer, so dass sie flüchten konnte und im Molvenosee ertrank.
Danach verzichtete man auf Versuche, JJ4 zu besendern.
Im Sommer 2020 griff sie am Monte Peller einen Mann und seinen Sohn an und verletzte sie mit Prankenhieben schwer. Damals hatte das Bärenprogramm beschlossen, sie zu töten, zumal sie die Aggressivität auch an ihre Nachkommen weitergeben könnte. Eine Klage beim Verwaltungsgericht dagegen hatte jedoch Erfolg, Gaia blieb beinahe unangetastet, musste nur narkotisiert werden, um ihr ein Funkhalsband umzulegen. 2023 funktionierte das Halsband nicht mehr.
Nun geschah das, was das Bärenprojekt wieder in die Schlagzeilen bringen sollte. Gaia tötete am 5. April 2023 einen Jogger, im bei Touristen sehr beliebten Val di Sole. Die Leiche des 26-jährigen Trentiners wies tiefe Kratzer auf dem Körper und Gesicht, Bisswunden sowie eine tiefe Wunde im Bauch auf. Aktuell gibt es keine Hinweise auf ein Fehlverhalten des Joggers.
Bemerkenswert hierbei: JJ4 führte drei Jungen aus dem Jahr 2021 oder 2022. Wie weit das zur Zuspitzung des Kontaktes mit dem Jogger zu tun hatte, wird sich nicht mehr klären lassen.
Nachdem eine DNA-Probe JJ4 eindeutig als Angreiferin identifiziert hatte, wurde sie am 17.04.2023 eingefangen und lebte seit dem in einem provisorischen Gehege bei Trient. Die Politik strebte den Tod der Bärin an, Tierschützer verhinderten das immer wieder vor Gericht. Im Mai 2024 wurde bekannt, dass sie bis zum Herbst 24 in den Alternativen Wolf- und Bärenpark Worbis im Schwarzwald umziehen soll. Ende Mai tagt der Staatsrat der Provinz und will die Entscheidung offiziell machen.
JJ5
JJ5 ist das letztgenannte Jungtier von Jurka und Joze, Wurfgeschwister von JJ3 und JJ4. Er wanderte in die Lombardei und lebt bis heute in der Provinz Bergamo. Gelegentlich reißt er Schafe, verhält sich Menschen gegenüber weitaus scheuer als alle anderen Jungtiere von Jurka.
Joze lebt weiterhin im Trentino, er ist nie negativ aufgefallen.
Meinung: Mensch und Bär, geht das schwer?
Auf den ersten Blick ist das Ursus Life-Projekt eines der erfolgreichsten Auswilderungsprojekte der letzten Jahrzehnte. Wo Nashörner mit Kriegswaffen beschützt oder Waldrappen mit Leichtflugzeugen der Weg ins Winterquartier geleitet werden müssen, steht wesentlich mehr Arbeit für wesentlich geringere Erfolge an. 10 Bären, die binnen 23 Jahren eine über 130-köpfige Population begründen, das ist ein echter Erfolg.
Doch nun fängt das Problem an. Es sind Bären, Europas größte Landraubtiere, die nicht nur groß und stark, sondern auch clever sind. Haben sie einmal gelernt, dass in der Nähe der Menschen Haus- und Nutztiere leben, dass Mülltonnen Essbares bieten und Katzenfutter auch für Bären essbar ist, wird es problematisch. In den kaum genutzten Hochgebirgen, wo es genug Wild, Fallwild, Beeren und Insektenlarven im Totholz gibt, kann ein Bär „bärgerecht“ leben und wird kaum je einen Menschen stören. Doch diese guten Lebensräume waren schnell besetzt, der guten Fortpflanzungsrate der Petze sei Dank.
Das Projekt leidet am eigenen Erfolg
Die war so hoch, dass die Zahl von 50 Bären nicht etwa 2050 erreicht wurde. Diese Zahl wurde bereits 2012 erreicht, 2021 gab es dann über 100 Bären in diesem Projekt. 2023 über 130. Längt wandern sie außerhalb des Naturpark Adamello-Brenta, bis nach Österreich, in die Schweiz und – man glaubt es kaum – nach Deutschland. In allen Ländern wandern sie nicht nur in die Naturschutzgebiete, sondern auch außerhalb. Hier treffen sie vermehrt auf Menschen: Die Alpen werden intensiv, nicht nur touristisch genutzt. Bergbauern lassen ihre Rinder und Schafe auf Almen weiden, Wälder wurden so umgeformt, dass sie weder Totholz noch Blaubeeren, dafür aber gerade Fichtenstämme als Nutzholz liefern. Die Bären kommen zwangsweise in Lebensräume, die wenig gegen den Bärenhunger bieten können – außer dem, was der Mensch anbietet. Katzenfutter im Napf im Garten ist sicher nicht die erste Wahl des Bären, sondern ein Notnagel.
Es ist kaum zu erwarten, dass die Naturschutzflächen in den Alpen wesentlich vergrößert werden können, zu attraktiv ist das Geld, das die Touristen jedes Jahr dort lassen. Im Gegenteil: In Zeiten des Klimawandels „müssen“ Skipisten immer weiter die Berge hoch wandern, um überhaupt noch Schnee zu bekommen. Talabfahrten sind nur noch in Hochtälern möglich, aber wo sollen die Bären dann bleiben?
Der Platz reicht bereits heute nicht
Noch einmal: Man rechnete mit 50 Bären. Für die wäre Platz gewesen. Offenbar auch für etwa 20 mehr. Was soll man tun? Die Bären haben sich offenbar so stark und schnell vermehrt und leben so heimlich, dass nicht einmal jedes Einzeltier bekannt ist. Spätestens die zweifache Tragödie um das Funkhalsband von Gaia zeigt, dass die Tiere die Naturschützer überholt haben. Aus Sicht der Natur ist das herausragend, aus Sicht des gefressenen Joggers eher nicht.
Am 18.4. wurde JJ4 mit einer Lebendfalle gefangen. Wie mit ihr verfahren wird, ist noch ungeklärt. Eines sollte klar sein: In die Berge des Trentins wird sie nicht mehr entlassen, im Idealfall wird sie in einen Bärenpark kommen, wie Jurka, ihre Mutter. Problematisch bei der Einfang-Aktion: JJ4 führte drei Jungen. Zwei wurden eingefangen, aber später wieder „entlassen“, es heißt, sie seien völlig unabhängig. Die Frage ist, ob die Jungbären nicht schon gelernt haben, dass nahe bei Menschen Futter zu finden ist und dass man Menschen auch bezwingen kann. Züchten wir damit nicht eine neue Generation „Problembären“?
Aktuell streifen noch drei weitere als riskant oder problematisch eingestufte Bären durch die Alpen. MJ5, M57 und M62. Nach ihnen wird noch gesucht.
Wie löst man das Problem?
Die radikale Lösung:
Man verkauft die Abschüsse, reduziert die Zahl der Bären damit auf ein Maß, das vorher festgelegt wird. Dabei besteht die Gefahr, dass die genetische Dichte sinkt, mögliche unerwünschte Eigenschaften verstärkt hervortreten. Ach ja, und jede Menge Bären werden totgeschossen.
Wegbringen, aber wohin?
Die Alpenbären sind eine eigene Population, die natürlich mit den Nachbarpopulationen in Kontakt steht bzw. stehen sollte. Man könnte sie in andere Naturparks und Schutzgebiete in den Alpen abgeben. Das wäre in einigen Bereichen sicher bis Anfang April möglich gewesen, aber der Tote ändert alles. Ich kann mir kaum vorstellen, dass man aktuell irgendwo Interesse hat, Bären aufzunehmen, die Touristen fressen.
Bären in Deutschland?
Deutschland verfügt über wenige geeignete Nationalparks. Deutschlands größte Nationalparks am bzw. im Wattenmeer waren zwar früher sicher auch von Bären bewohnt, bieten aber heute keine geeigneten Bären-Lebensräume.
Geeigneter, weil weniger genutzt ist der Nationalpark in den Berchtesgadener Alpen, könnte jedoch zu hoch liegen, um Bären sicher ernähren zu können. Der grenzüberschreitende Nationalpark Bayrischer Wald / Böhmerwald / Sumava bietet über 90.000 Hektar Waldgebiet, mittlerweile ist die Hälfte auch wenigstens verwilderter Ex-Nutzwald. Hier wäre sicherlich genug Platz für einige der „überzähligen“ Alpenbraunbären, jedoch ist dies eine der konservativsten Gegenden Deutschlands. Hier „muss die Natur bezwungen, die Erde Untertan gemacht werden“. Man ist im Bayerischen Wald heute noch stolz auf pfostengerade Fichtenäcker und dass man das „Raubzeug“ ausgerottet hat. Der Nationalpark änderte hier zunächst nur wenig, erst die Touristengelder brachten ein oberflächliches Umdenken. Die mit viel Aufwand in den 1990ern ausgewilderten Luchse wurden bis 2010 nahezu alle gewildert, heute besteht eine kleine Luchspopulation hauptsächlich aus Tieren, die aus Tschechien zugewandert sind. Bären hätten hier zwar eine passende Landschaft, aber keine Akzeptanz in der Bevölkerung.
Im Norden liegt der Müritz Nationalpark. Die sich sukzessive wandelnde Landschaft mit eiszeitlichen Hinterlassenschaften bietet Platz und Nahrung für ein Wolfsrudel. Hier bekäme man zwar einige Bären unter, aber die Grenzen sind bei nur 32.000 Hektar und teilweise intensiver touristischer Nutzung schnell erreicht. Ähnliche Probleme dürften Eifel und Harz bieten. Die ehemaligen Jagdgebiete der politischen Eliten, vom preußischen König bis zur DDR-Staatsführung in Brandenburg fallen wieder ins Auge. Hat die Schorfheide, die Gegend um Chorin oder Barnim & Lebus Platz für Bären?
Die Westalpen, Pyrenäen und die Abruzzen
Der Blick nach Süden ist fällt dann auf die Population von Braunbären in den Abruzzen. Dort leben etwa 40 Braunbären, die möglicherweise eine eigene Unterart darstellen. Eine Einkreuzung der Alpentiere ist daher auf jeden Fall zu vermeiden.
Spanien bietet auf den ersten Blick noch eine Reihe von Lebensräumen. Etwa 160 Tiere leben in zwei Nationalparks, hierbei handelt es sich um eine Lokalpopulation die sich genetisch von anderen Braunbären unterscheidet, den Kantabrischen Braunbär. Eine Einkreuzung der Alpentiere sollte vermieden werden. Die Ansiedlung würde aber auch keinen Sinn machen, denn beide Populationen sind stabil.
Etwa 12 Braunbären leben an der Grenze zu Frankreich in den Pyrenäen. Da der letzte autochthone Pyrenäen-Braunbär 2004 gewildert wurde, ist eine einheimische Population erloschen. Die hier lebenden Tiere gehören genetisch zur Alpenpopulation, hier wäre noch Platz für Tiere aus dem Ursus-Life-Projekt … wenn es denn die Bevölkerung akzeptieren würde.
Ost- und Nordeuropa beherbergen noch größere Populationen an Bären. Keines der Länder kann und will weitere freilebende Braunbären aufnehmen, zumal es dort auch gelegentlich zu Konflikten mit dem Menschen kommt.
Eine mögliche Lösung
Eine schnelle Lösung steht hier nicht an. Sie ist auch nicht nötig, da bisher nur problematische Einzeltiere auffallen: Jurka und ihre Jungen, sowie drei Bären, die als M57, MJ5 und M62 bezeichnet wird. Da sich die Bären aber weiter vermehren und Wölfe als Prädatoren der Jungtiere in weiten Teilen des Bärengebietes ausfallen, ist mit weiterem Populationswachstum zu rechnen. Man wird nicht umhin kommen, die Population zu beobachten und ggf. einzugreifen.
Ein Teil der Lösung sind neue Bärengebiete, die anfangs noch Tiere abnehmen. Drei Gründerpopulationen aus je 10 Tieren würden in Italien erst einmal den Populationsdruck senken. Doch für wie lange? Es bliebe eine Restpopulation von 100 Tieren, also 50 Weibchen, bereits doppelt so viel, wie erwartet. Rechnet man damit, dass jedes Bärenweibchen alle 2 Jahre 2 Jungtiere zur Welt bringt, ist dieses Loch spätestens im zweiten Jahr bereits gestopft.
Wohin mit weiteren Bären? 50 Bärinnen bringen jedes zweite Jahr 100 bis 150 Jungtiere auf die Welt. Nach 4 Jahren wären das 200 bis 300. Nein, die 2. Generation kommt auch noch dazu, es wären nach 4 Jahren eher 500 bis 750. Rechnet man mit dieser Fortpflanzungsrate weiter, würde es 2040 hier buchstäblich vor Bären wimmeln, jeder Bär hätte nur noch die Fläche der Bahnhofshalle des Hamburger Hauptbahnhofes. Da andere Großraubtiere keine nennenswerte Rolle spielen, werden bäreninternen Konflikte und Unfälle die wichtigsten Todesursachen bleiben. Selbst wenn die Populationsdichte stark ansteigt, werden sie nicht ausreichen, um ein Wachstum zu kompensieren. Es ist also damit zu rechnen, dass Bären auch von selbst aus dem Ursus-Life-Gebiet auswandern.
Kann man gezielte Abschüsse verkaufen?
Eine geregelte Jagd, wenige teure Abschüsse ganz gezielt ausgewählter Tiere könnten sinnvoll sein. So kann man auf der einen Seite die genetische Vielfalt erhalten und fördern und problematische Tiere „entnehmen“. Auf der anderen Seite spült dies Geld in die Kassen des Ursus-Life-Projektes, mit dem beispielsweise Landwirte für Bärenschäden entschädigt werden und Mitarbeiter bezahlt werden können.
Ich denke, eine Nutzung der Bärenpopulation über die Metaebene „sie sind wichtig für die Natur“ hinaus ist sinnvoll. Sie wird die Akzeptanz der Petze in der Bevölkerung erhöhen, denn es fließt damit auch zusätzliches Geld in die Region.
Beide Gruppen, Bärengegner und Bärenschützer müssen etwas abgeben und auf einander zugehen. Insbesondere für romantische Tierschützer ist es schwierig, dass einige der mühsam angesiedelten Bären erschossen werden, aber die Fortpflanzungsrate und die begrenzten Aufnahmemöglichkeiten anderer Regionen lassen auf die Dauer kaum eine andere Lösung zu.
Eine ähnliche Diskussion werden wir in Deutschland in naher Zukunft nicht nur über unsere Wölfe führen müssen. Auch hier wird es irgendwann nicht mehr genügen, für einzelne „Problemwölfe“ politische Abschussgenehmigungen zu erwirken, die dann ein anonymer Staatsjäger ausführt. In wenigen Jahren dürfte unsere Wolfspopulation so gewachsen sein, dass auch hier regelmäßig Abschüsse ganz normal verkauft werden können.
Ende April 2024 wanderte erneut ein Bär nach Deutschland ein. Und er tötete einige Schafe. Markus Söder hat bereits angekündigt, dass er die Weidewirtschaft auf den Almen als bedroht ansieht und das nicht dulden werde.
Nachtrag
1.5.2023: Das als „problematisch“ eingestufte Männchen M62 ist tot. Wanderer haben den bereits in Verwesung befindlichen Kadaver des Tieres gefunden. Er lag in einem schwer zugänglichen Gebiet zwischen dem Molvenosee und San Lorenzo. Dies teilte die Provinz Trentino der Presse mit.
Der Kadaver soll untersucht werden, um die Todesursache festzustellen. Umweltverbände fordern, an der Obduktion teilnehmen zu können.
Auch zu JJ4, „Gaia“ gibt es Neuigkeiten. Die Bärin wird aktuell in einem geeigneten Wildgehege gehalten. Die Provinzregierung hatte am 28.04.2023 zum zweiten Mal die Tötung des Tieres angeordnet, Tierschützer haben erneut dagegen geklagt. Am 11. Mai findet eine Anhörung vor dem Verwaltungsgericht in Trient statt.
Am 15.05.2024, mehr als ein Jahr nach dem Einfangen steht nun fest, dass JJ4, Gaia, in den alternativen Bärenpark im Schwarzwald übersiedelt wird. Eine Tötung ist damit vom Tisch.
Am 19.10.2024 gibt es erneut einen Pressebericht über JJ4, Gaia. Das mittlerweile 17 Jahre alte Tier hat auch an das Leben in einem Gehege nahe Trient in Italien nicht gewöhnen können. Der Umzug in den Schwarzwald wird sich auf Frühjahr 2025 verschieben. Obwohl der „Alternative Wolf- und Bärenpark“ ein etwa ein Hektar großes Gehege ohne Besucherkontakt zur Verfügung stellt, gibt es Probleme. Der regenreiche Frühsommer hat die aufwändigen Arbeiten verzögert: Neben einem drei Meter hohen Elektrozaun soll auch ein Untergrabschutz verhindern, dass sich Gaia selbstständig macht. Ein Sprecher des Bärenparkes betont „Es wäre besser gewesen, Gaia abzuschießen, weil sie die Freiheit gewohnt ist. Dass sie jetzt in Gefangenschaft leben muss, ist die Hölle für sie.“ Gaia wird also immer versuchen, auszubrechen. Der Sprecher sagte zudem laut n-tv, dass es kein Konzept sein kann, auffällige Wildbären einzufangen und in Gehege zu stecken.
Quellen
https://de.wikipedia.org/wiki/JJ1
https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/ausgewilderte-baeren-jurka-und-ihre-kinder-1680539.html
https://www.aachener-zeitung.de/panorama/schwester-von-problembaer-bruno-toetete-jogger_aid-88410601
https://www.tagesschau.de/inland/problembaer-jj4-deutschland-italien-100.html