Im 19. und noch zu Anfang des 20. Jahrhunderts waren Funde von Urmenschen noch dünn gesät, Fälschungen fanden Gläubige (man denke an den Piltdown-Menschen) und fossile Menschenfunde waren noch eine Frage des nationalen Stolzes.
Eine Frage, die zudem eine große Rolle spielte, war die nach dem geografischen Ursprung des Menschengeschlechts – Afrika oder Ostasien, oder gar Europa? Hier versuchte jeder Staat, seinen Anspruch auf den ältesten Europäer oder gar Menschen anzumelden. Immer weiter ging die Suche, geologisch noch nicht ganz gefestigt, und wilde Behauptungen blühten allerorten.

Zwei solcher Meldungen habe ich für heute ausgegraben:
Die erste stammt aus der Parteizeitung „Vorwärts“, die oft populärwissenschaftliche Unterhaltung brachte, und wurde am Freitag, den 15. Oktober 1920, auf Seite 2 abgedruckt, Sie beschäftigt sich mit tertiären Menschspuren in Belgien:
Fußspuren des Urmenschen.
Vom Urmenschen des tertiären Europa waren bisher wohl Schädel-und Knochenreste, Funde aus seiner Lebensumgebung wie Knochenbeile und vor allem die herrlichen Zeichnungen südfranzösischer und spanischer Grotten auf uns gekommen [die alle aus dem Quartär und nicht dem Tertiär stammen]; aber eine deutlichere Spur seiner Gestalt hatte sich nirgends gezeigt. Jetzt veröffentlicht der Göttinger Geologe Dr. W. Freudenberger in der „Prähistorischen Zeitschrift“ einen bedeutsamen Fund, den er bei kriegsgeologischen Untersuchungen in dem Tertiärbecken von Antwerpen gemacht hat.
Dabei fanden sich in den tertiären Geröllschichten und Muschelhaufen bei St.Gilles-Waes Fußspuren des Urmenschen. Nach ihnen hat schon der Mensch jener vorgeschichtlichen Zeiten den Fuß des heutigen Menschen gehabt und sich in wichtigen Dingen vom Affen unterschieden. Es handelt sich um längst steingewordene Abdrücke menschlicher Zehen und eines Fußballens, die, wie Freudenberg beweist, schon Stein geworden waren, als diese Abdrücke mit den dabei gefundenen Haifischzähnen und Walfischknochen der Pliozänschicht in Berührung kamen.
Es sind Abdrücke sowohl der linken wie der rechten Zehen und da ist besonders wichtig, daß die Kürze der fünften fossilen Zehe ganz an die menschliche kleine Zehe erinnert, während die menschenähnlichen Affen lange Fußzehen haben, bis auf den Gorilla. Die Fußstruktur des Menschen war also schon in jenen voreiszeitlichen Zeiten die gleiche wie heute, wenn auch nicht so ausgeprägt.
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Ferner ergab die Aufdeckung jener Schichten künstlich hergestellte Feuersteinschaber und dann eine große Reihe von Walfischknochen des Schnabelwales und von Haifischknochen. Das geologische Alter des Paläanthropus, wie Freudenberg den flandrischen Tertiärmenschen vorläufig tauft, rückt nach diesen und nach den Muschelfunden in die mittelpliozäne Marinformation, wenn nicht in noch ältere Zeit hinauf.
In der Wendezeit zwischen Miozän, das eine viel größere Meeresbedeckung hatte als heute, und Pliozän hat nach Freudenberg das feste Land und somit das kontinentale Steppenklima weiter gereicht als bei uns. Kleinasien war damals in fester Landverbindung mit Griechenland, Frankreich mit England und so fort. Das Zebra und seine Rassen durchschwärmten Europa-Asien von China bis Portugal. Wo noch kurz vorher Taxodienwälder in sumpfigen Lagunen wuchsen und große menschenähnliche Affen vom Himalaya bis Spanien in Wäldern lebten, da setzte plötzlich, natürlich in geologischem Sinne nach Jahrtausenden bemessen, die Trockenlegung ein. Es waren die Urwaldbewohner gezwungen, auf freier Steppe zu leben, wenn sie nicht aussterben wollten. Viele Tierarten dürften sich umgeformt haben, darunter die Menschenaffen oder deren nicht tropisch spezialisierte Vorfahren.
So sieht Freudenberg in dem miopliozänen Meeresrückzug die Ursache der Menschwerdung. Die menschenähnlichen Affen an den Rändern der fruchtreichen Waldgebiete lassen den Menschen entstehen in Anpassung an die halboffene Steppe. Die flandrischen Funde sind dabei gerade darum besonders wichtig, weil sie auf ein kurzzehiges, kleines Wesen deuten – der Ballenabdruck eines vierjährigen Knaben von 75 Zentimeter Körperlänge entsprach etwa der Größe jenes Geschöpfes –, das mit der auf den Gorilla zuführenden Reihe in irgendwelcher Beziehung stehen dürfte.
Der zweite Bericht war am Freitag, den 10. März 1905, in der „Kölnischen Zeitung“ angedruckt (Seite 5)
Angebliche Spuren des Menschen der Tertiärzeit.
Nachdem Artefakte und menschliche Knochen in diluvialen Schichten so häufig gefunden wurden, daß an der ehemaligen Existenz menschlicher Wesen während der Periode des Diluviums nicht zu zweifeln ist, ist die Frage, ob das Menschengeschlecht auch in der noch ältern Tertiärzeit bereits vorhanden gewesen, häufig erörtert worden. Diejenigen, welche diese Frage bejahen, stützen sich auf Funde von Knochenresten und sehr rohen Steinwerkzeugen, neuerdings auch auf Fußspuren in tertiären Schichten. Professor W. Branco hat nun diese Dokumente einer kritischen Prüfung unterzogen und kommt zu dem Ergebnis, daß sie keineswegs mit Sicherheit das Vorhandensein des Menschen in der Tertiärepoche beweisen. Auch die unlängst vom deutschen Reichskommissar in Deutsch-Südwestafrika, Dr. Rohrbach, beschriebenen Fährten sind nach Professor Branco keine menschlichen und gehören ebenso wenig dem Gorilla oder Schimpanse an.
Die bisherigen Funde fossiler Menschenknochen und anderer Beweise des Vorhandenseins von Menschen sind durchaus nicht zahlreich und bestimmt genug, um daraus Schlüsse über die Urheimat des Menschengeschlechts und das zeitliche Auftreten der frühesten Menschen zu ziehen.
Im Übrigen hat sich keiner dieser Funde bis heute bestätigen lassen, die moderne Archäologie geht nicht mehr davon aus, dass es tertiäre Menschen gab.