Der erste Teil des Beitrages zur Seeschlange von Gourock steht hier.
Historie von 1942
Recherchen von Hemmler (2012) führten zu einigen Artikeln, die im Jahr 1942 in Lokalzeitungen veröffentlicht wurden. Der Greenock Telegraph berichtete am 10. Juni: „Seit Kriegsausbruch wurden den Arbeitern in Gourock viele neue Aufgaben übertragen. Doch heute erwartete sie eine Aufgabe, die wohl die bisher ungewöhnlichste war. Sie verbrannten und begruben die Überreste eines Riesenhais, der an den Strand von Ashton gespült worden war. Der Fisch war 7,2 Meter lang. Er befand sich in einem so starken Verwesungszustand, dass kein Händler dazu bewegt werden konnte, den „Körper“ zur Aufbewahrung zu nehmen, sodass die Arbeiter ihn gestern in Stücke zerlegten und zum Vernichter brachten“ (Away with the body!, 1942).

Am 12. Juni, zwei Tage nach dem Greenock Telegraph, veröffentlichte auch die Gourock Times einen Bericht: „Die Angestellten der Stadt Gourock haben in den letzten Jahren viele neue Aufgaben bewältigt, doch diese Woche stand ihnen eine Aufgabe bevor, die wohl die ungewöhnlichste war, die ihnen je zugeteilt wurde. Ein sieben Meter langer Riesenhai wurde an die Küste nahe M’Inroy’s Point gespült. Er befand sich in einem so starken Verwesungszustand, dass kein Händler die „Leiche“ annehmen konnte. Arbeiter mussten ihn zerstückeln und zum Vernichter bringen, wo er eingeäschert und die Überreste anschließend begraben wurden“ (Notes and Notices, 1942).
Besonders interessant ist die Aussage in einer kurzen Notiz der Gourock Times vom 11. Juni 1942, dass entgegen den bis dahin überlieferten Informationen womöglich ein Experte den Kadaver identifizierte: „Gourocks Monster, das Anfang der Woche an den Strand gespült wurde, war Gegenstand zahlreicher Diskussionen. Es brauchte einen Experten, der beweisen musste, dass es sich um einen Riesenhai handelte“ (Variorum, 1942).
Offenbar stammte der besagte und bis heute unbekannte Experte aber nicht aus Edinburgh. Die Library of National Museums Scotland besitzt eine Sammlung von Korrespondenzen von Dr. A. C. Stephen, dem damaligen Leiter der naturhistorischen Abteilung des Edinburgh Museum. Darunter ein Briefwechsel zwischen dem Augenzeugen Rankin und Dr. Stephen beginnend am 13. Juni 1942.
Sich auf den Fall von Deepdale Holm vom Februar 1942 beziehend, bei dem es sich nach seiner Meinung um einen Riesenhai handelte, berichtete Rankin über einen „ähnlichen“ Kadaver in Gourock, der aufgrund der „Nähe zu einer öffentlichen Straße“ und des „fortgeschrittenen Verwesungszustands“ so schnell wie möglich entfernt wurde: „Der Körper war lang – etwa 1,52 m hoch über einer Rückenflosse – und verjüngte sich allmählich zu einem langen Hals und einem langen Schwanz. Der Kopf war klein, und die Schwanzflosse hatte eine flache, weiche, knöcherne Struktur. Die Gesamtlänge des Tieres betrug etwa 8,22 m. Der vordere Körperteil trug zwei robbenartige Flossen, dahinter zwei kürzere und breitere Flossen mit der gleichen weichen Knochenstruktur wie der Schwanz. Der Körper war hellgrau und schien leicht mit borstigen Haaren bedeckt zu sein. Der Körper schien außer der hohlen Wirbelsäule keine Knochen zu haben, und das Fleisch war rosa und sah fettartig aus. Im Bauch des Tieres wurden übrigens ein grüner Wollpullover und ein gewebter Baumwollartikel wie eine Bett- oder Tischdecke gefunden.“ (Rankin, 1942a).
Dr. Stephen (1942a) bestätigte die Identifizierung des Kadavers von Deepdale Holm und antwortete mit einigen allgemeinen Fakten über Riesenhaie. Abschließend erklärte er: „Ihrer Beschreibung nach handelte es sich bei dem in Gourock angeschwemmten Tier offensichtlich um einen Riesenhai, allerdings in einem sehr fortgeschrittenen Stadium der Verwesung. Dies zeigen die kurzen, borstigen „Haare“, die die ausgefransten Enden der Muskelfasern darstellen.“

Rankin (1942b) lehnte eine solche Identifizierung jedoch ab und fügte die Skizze des Kadavers bei, die auch später in seinem Interview für Arthur C. Clarkes „Mysterious World“ im Jahr 1980 gezeigt wurde. Er erklärte, er sei „völlig überzeugt, dass es sich bei dem hier angeschwemmten Körper nicht um einen Riesenhai handelte“.
Vorsichtig bemerkte Dr. Stephen (1942b): „Ohne das Tier gesehen zu haben, ist es natürlich unmöglich, absolut sicher zu sein, aber aufgrund Ihrer sehr genauen Skizze und Ihrer Beschreibung denke ich immer noch, dass es ein Riesenhai ist.“ Er beschrieb die taphonomischen Prozesse, die zum Auftreten eines „Seeungeheuers“ führten, und fügte als Beispiel auch Zeitungsausschnitte zum Deepdale-Holm-Fall bei.
Rankin (1942c) antwortete: „Das Foto [des Riesenhais von Deepdale-Holm] ähnelt stark dem in Gourock an Land gespülten Körper, aber unser Exemplar war bei weitem nicht so stark verwest, und der lange Hals und Körper waren vollständig, die Haut praktisch intakt, und die Zähne im Kopf waren groß und in einer einzigen Reihe angeordnet, anders als die Reihen dünner, scharfer Zähne eines Hais. Der Kopf hatte mit Sicherheit die Größe eines Kuhkopfes, und oben befanden sich zwei Noppen oder Beulen.“ Rankin fügte diesem Brief ein „Haar“ bei, „das an beiden Enden spitz zulief und in seiner Form einem Stahldraht ähnelte“, dass er aus einer der Rückenflossen gezogen hatte. Er erklärte erneut, er sei „überzeugt, dass das Tier nicht wie in der Skizze des Riesenhais, die Sie mir geschickt haben, zersetzt war“.

Dr. Stephen (1942c) antwortete mit der Feststellung, dass es sich bei den „Haaren“ tatsächlich um „den Typus der sogenannten dermalen Strahlen, die einen Teil einer Haiflosse bilden“, handele, während die Beschreibung der Zähne einen Riesenhai ausschließe. Er schlug daher vor, die Überreste in einigen Monaten zu bergen, um Schädel und Zähne zu sichern, was Rankin (1942d) innerhalb von ein bis zwei Monaten bestätigte. 1977 antwortete er jedoch auf eine Anfrage von Dr. Swinney, dem Kurator für Fische, Reptilien und Amphibien am Royal Scottish Museum, dass er Gourock 1946 verlassen habe und daher keine Gelegenheit gehabt habe, die Überreste auszugraben (Rankin, 1977). Er legte eine Skizze vor, die den Ort darstellen sollte, an dem der Kadaver vergraben war. Tatsächlich zeigt die Skizze jedoch ein sehr weites Gebiet, das die Straßen Kirn Drive, Georg Street, Larkfield Road, Gourock Castle, Drumshantie Road und Staffa Street umfasst. Dies enthält auch das Sportfeld von St. Ninian aber auch verschiedene andere Orte, was für den beabsichtigten Zweck, einen exakten Ort zu identifizieren, insgesamt also völlig ungeeignet erscheint.

Der dritte und letzte Teil des Beitrages wird in 14 Tagen an dieser Stelle erscheinen.