BBCÜberwachungskamera-Bild der mutmaßlichen Großkatze in der Piece Hall in Halifax UK
Lesedauer: etwa 12 Minuten

 

Die erste Beobachtung

In der Piece Hall, einem ehemaligen Tuchhändler-Markt in der nordenglischen Stadt Halifax hat eine Überwachungskamera Ende November 2020 möglicherweise eine große Katze gefilmt. Das Tier kommt aus einem Zugang, kreuzt eine Säulenarkade und verschwindet wieder. In der Säulenarkade wurde die Katze von einer Überwachungskamera erfasst.

BBC
Überwachungskamera-Bild des mutmaßlichen Halifax-Panthers in der Piece Hall in Halifax UK

 

Wir, die Redaktion äußern im Vorfeld Skepsis, ob die Bilder echt sind. Wie zur Bestätigung bekamen wir gestern (28.11.2020) neue Bilder von Überwachungskameras der Stadt, die die Katze ebenfalls zeigen sollen.

Um die Sache zu bestätigen oder zu falsifizieren haben wir Kontakt mit der Verwaltung der Piece Hall aufgenommen. Leider kann die wegen Corona nicht so schnell reagiere wie üblich. Wir harren der Dinge, die da kommen und liefern euch eine vollständige Analyse, sobald wir etwas hören.

 

Quelle: Halifax Courier

 

Kasten: BBC – British Big Cats

Die „britischen Großkatzen“, englisch „British Big Cats“, haben einen festen Platz in der Kryptozoologie. Es gibt regelmäßig Beobachtungen von Großkatzen aus vielen Teilen des Vereinigten Königreiches, aber auch aus Irland. Schwerpunkte der letzten Sichtungen liegen in Südengland, vor allem in der Grafschaft Devon, Dorset und Cornwall. Nahezu alle Gegenden Englands und Wales sowie vor allem die Westküste Schottlands melden gelegentliche Sichtungen, teilweise sogar mitten aus Städten.

 

Allen gemein ist, dass es regelmäßige Sichtungsberichte gibt, aber Fotos meist ohne brauchbaren Größenvergleich daher kommen. Sonstige Spuren gibt es kaum oder sie haben einen weiten Interpretationsspielraum. Fußabdrücke erweisen sich oft als Fußabdrücke von Hunden, Risse gibt es kaum und wenn, sind sie stark von Aasfressern in Mitleidenschaft gezogen worden. Reviermarkierungen wie Krallenmarken werden kaum gefunden, Kadaver sind eine absolute Seltenheit.

Klassische Kryptozoologie

Einige Kryptozoologen vermuten, dass in Folge des „Dangerous Wild Animals Act“, 1976, einige Großkatzen frei gelassen wurden. Dieses Gesetz wurde erlassen, um die ausufernde Mode, gefährlicher Haustiere in den 1960ern und 1970ern einzudämmen. Da einige Halter von Großkatzen befürchteten, die Haltungslizenz nicht zu bekommen, geht immer wieder das Gerücht um, sie hätten ihre Tiere frei gelassen. Belege hierfür gibt es nicht.
Das britische Centre for Fortean Zoology hat DNA aus Haaren aus Nord-Devon untersuchen lassen. Hier wurde Leopard-DNA gefunden.

Die Puma-Katze Felicity ist einer der wenige Beweise für BBC. Das Tier wurde 1980 lebend in Schottland gefangen und verbrachte danach einige Jahre in einem Wildpark. Dermoplastik im Museum Inverness, Schottland

 

Die Location

Die erste Aufnahme ist in der Piece Hall entstanden. Sie wurde am 25. November veröffentlicht. Die Piece Hall ist eine Art Marktplatz, der von einem zwei- bis dreigeschossigen Bau umgeben ist. Auf der Innenseite haben alle drei Geschosse einen vorgelagerten Säulengang. Hinter diesen Arkaden waren einzelne Läden, in denen Tuchhändler ihre Waren anboten, die Käufer konnten trockenen Fußes durch den Säulengang wandern und dennoch schnell in ihre Kutschen im Innenhof verladen lassen.

Heute werden dort keine Tuche mehr gehandelt, sondern buchstäblich alles Mögliche, die kleinen Läden existieren noch und dienen nach wie vor Einzelhändlern, aber auch Cafes, Bistros und Dienstleistern als Geschäft. Das ganze Ensemble ist vor Kurzem renoviert worden. Es gilt nun als eine der wichtigsten Attraktionen in Halifax – wäre da nicht Corona.

 

Piece Hall
Die Piece Hall von Halifax. Der großzügige Innenhof ist von Arkadengängen gerahmt

Was das erste Video zeigt

Das erste Überwachungs-Kamera-Video zeigt, wie eine Katze (unstrittig) aus dem Außenbereich in den Säulengang geht, diesen quert und zwischen den Säulen verschwindet. Der Weg führt aus einem der Läden oder einem Ausgang in den Innenhof der Anlage.

Die Kamera steht an einem Ende des Säulenganges und kann diesen in seiner ganzen Länge erfassen. Die Katze ist relativ weit im hinteren Bereich zu sehen, vermutlich etwa 70 oder 80% der Länge des Ganges von der Kamera entfernt. Mehr ist nicht zu sehen.

 

Das erste Bild vom Halifax-Panther
Überwachungskamera-Bild der mutmaßlichen Großkatze in der Piece Hall in Halifax UK

Quelle und Video: Halifax Courier vom 25. Nov. 2020

Bewertung des ersten Videos

Der relevante Teil des Videos ist nur wenige Sekunden lang und zeigt ein ziemlich klares Bild, jedoch ohne Farbe. Die Katze geht langsam, etwas zögernd durch den Gang und verschwindet wieder. Sie agiert nicht weiter.

Körperhaltung und Bewegung passen zu einer Katze, die ihr Revier durchstreift. Sie weiß, was sie erwartet, aber ist vorsichtig, als sie den offenen Innenhof betritt und damit die Deckung verlässt. Irgendwelche Unstimmigkeiten sind nicht feststellbar, bis …

 

… man sich wundert, dass die Katze keinen Schatten wirft. Uns war diese Tatsache ziemlich schnell aufgefallen, auch andere Kommentatoren im Netz bemerkten es.

 

Piece Hall in Halifax, erster Sichtungsort des Halifax-Panthers
Die Piece Hall bei Nacht. Zahlreiche Lichter lassen die Schatten in den Arkaden verschwinden. Foto: Paul White

 

Wie groß ist die Katze?

Um dies abzuschätzen, ist die Aufnahme aus der Piece Hall nahezu ideal. Eine weit entfernte Kamera, gute Auflösung und was noch wichtiger ist: Säulen mit regelmäßigen, horizontalen Einkerbungen. Die Kameraposition lässt eine sehr gute Einschätzung der Katze zu den Einkerbungen zu, da der Winkel sehr spitz ist.

Die Katze trägt den Kopf etwas gesenkt, deutlich unter den Schultern. Die Augenhöhe ist etwa auf der Höhe der ersten Einkerbung. Doch wie hoch ist die Einkerbung? Dies ist eine der Fragen, die ich den Betreibern der Piece Hall gestellt habe. Bisher steht die Antwort noch aus.

Als Größenvergleich ist ein Bild aus der Wikipedia akzeptabel:

Ein Mann geht durch den Arkadengang im Norden der Piece Hall. Man beachte die Länge des Schrittes und die Höhe des Sockels der Säulen. Foto: Vauxhall Bridgefoot CC 4.0

Der Selbstversuch

Das CCTV-Bild der vermeintlichen Großkatze zeigt den gesenkten Kopf des Tieres etwa auf Höhe des untersten Elementes oder Sockels der Säule. Es scheint, als könnte das Tier den Unterkiefer auf den kleinen Vorsprung legen. Dies ist ein guter Maßstab, um weiter zu arbeiten.

Im Bild von Vauxhall Bridgefoot läuft ein Mann durch den Arkadengang. Der Vorsprung des Sockels der Säulen liegt etwa auf der Mitte der Wade, bei angehobener Ferse. Ich habe versucht, das nachzumessen, als Objekt habe ich meine eigene Wade genommen, da ich halbwegs durchschnittlich groß bin (1,82 m) und meine Wade die einzig verfügbare war. Je nach Länge des Testschrittes komme ich auf 37 bis 43 cm. 40 cm plusminus 10% sind also eine akzeptable Schätzung.

Die Höhe der Katze

Messwerte zur Höhe der Katze. Da die Linien recht fein sind, liegt hinter der Abbildung die selbe Datei noch einmal in hoher Auflösung. Einfach klicken.

Zu den Zahlen auf der Abbildung:

1: die Katze ist etwas hinter der markierten Säule, so dass die Messwerte insgesamt ein wenig zu hoch liegen. Die Abweichung kann ohne die exakte Lage nur geschätzt werden, aber liegt vermutlich im Bereich unter 2%.

2: Höhe des Sockels der Säulen. Geschätzt 37 bis 43 cm (siehe oben).  Daher ein Erwartungswert von 40 cm mit einer Abweichung von 3 cm. Der Sockel ist im Bild 53 Pixel hoch.

3: Höhe des Unterkiefers der Katze über dem Boden. (47 Pixel)

4: Höhe der Schulter der Katze über dem Boden. Achtung: die Katze macht einen weiten Ausfallschritt, die reale Schulterhöhe ist größer und wird auch noch gemessen und berechnet. (82 Pixel)

5: Höhe der Hüfte über dem Boden. Hier gilt das selbe wie bei 4, die reale Hüfthöhe ist jedoch schlechter zu ermitteln. (94 Pixel)

 

Daraus ergibt sich folgende Berechnung:

2: 53 Pixel entsprechen 40 cm, d.h. ein Pixel entspricht 0,755 cm als Näherungswert. Die äußeren Abschätzungen liegen bei 0,698 cm … 0,811 cm. Im Folgenden werden nur noch die Werte auf der Basis von 40 cm weiter gegeben, aus den möglichen 3 cm Abweichung ergibt sich ein Toleranzbereich von 7,5%.

3: Der Unterkiefer der Katze liegt bei 35,5 cm über dem Boden.

4: Die Höhe der Schulter liegt bei 61,9 cm über dem Boden.

5: Die Höhe der Hüfte liegt bei 71,0 cm über dem Boden.

 

Die Länge der Katze

Längenmaße, auch hier wieder eine größere Datei durch Klick erreichbar

Auch die Abschätzung der Länge basiert auf den beiden oben gezeigten Bildern. Hinzu kommt, meine Erwartung, dass der Arkadengang nach britischem Maß gefertigt wurde und so ein ganzes Vielfaches eines Fuß (ft.) breit ist.

 

Beginnen wir im rechten Bild: Die Schrittlänge des Mannes, der den Gang quert, kann ebenfalls geschätzt werden. Ein typischer Fuß ist tatsächlich, wie das englische Maß, etwas länger als 30 cm. Ich komme bei meiner Messung auf folgendes:

Zunächst bemühen wir den Satz des Pythagoras, um auszurechnen, wie viele Pixel ein Schuh des Mannes lang ist. Dies berechnet sich aus „Das Quadrat über der Hypothenuse entspricht der Summe der Kathetenquadrate“, oder auf das Bild abgestimmt: „Das Quadrat der Länge der Schuhsohle ist gleich der Summe aus Länge 5 zum Quadrat und Länge 6 zum Quadrat“.

Länge 6 sind 27 Pixel, Länge 5 sind 37 Pixel. Das Quadrat von 27 ist 729, das Quadrat von 37 ist 1369. Die Summe der Quadrate ist also 729 + 1369 = 2098. Daraus die Quadratwurzel ist 45,80. Der Schuh ist also 45,8 Pixel lang, oder anders ausgedrückt: 45,8 Pixel entsprechen gut 30 cm. Dies bedeutet, ein Pixel ist ungefähr 0,65 cm breit.

 

Länge 3 bezeichnet die innere Breite des Arkadenganges. Ich habe sie mit 290 Pixel vermessen. Dies bedeutet, der Gang wäre 189,95 cm breit. Das nächste Fußmaß, das dahin kommt, sind 6 Fuß, also 182,88 cm (Für Genauigkeitsfreaks: dann wäre ein Pixel 0,631 cm lang).

 

Nun zur Katze im linken Bild: Länge 1 bezeichnet die Breite des Arkadenganges, vermutlich 6 Fuß, also 182,88 cm. Dies entspricht in diesem Bild 224 Pixel. In diesem Bild ist also ein Pixel 0,816 cm breit. Länge 2 beschreibt die Länge der Katze, vom angewinkelten Kopf bis etwa zur Schwanzbasis, etwas kleiner als die tatsächliche Kopf-Rumpf-Länge. Die Länge 2 sind 153 Pixel. Der Rest ist einfache Rechenarbeit: 153 Pixel x 0,816 cm/Pixel = 124,91 cm.

Fazit

Selbst wenn wir hier 15% Messungenauigkeit aufgrund der Perspektive und der schlechten Auflösung des CCTV einrechnen und die Katze größer erscheint, als sie eigentlich ist: Eine Körperlänge von 125 cm (106 … 144 cm) und eine Schulterhöhe von 62 cm (57 … 67 cm) stehen soweit jenseits einer Hauskatze (große KRL: 50 cm, SH: 35 cm), dass sie Aufsehen erregen sollten. Die Maße liegen im typischen Bereich weiblicher Leoparden und kleiner weiblicher Pumas.

 

Zwei weitere Beobachtungen des Halifax-Panthers

 

 

Freitag, 27.11.2020

Der Halifax Courier ist an der Sache dran geblieben, eigentlich kein Wunder, ist doch eine Großkatze mitten in einer mittelgroßen Stadt (82.000 Einwohner) eine echte Meldung. Am Freitag, den 27.11. meldet die Zeitung auf ihrer Website, dass die Katze bei den Dean Clough Mills auf einem Überwachungsvideo zu sehen war. Sie bringt sogar einen Ausschnitt aus dem Video. Ich muss allerdings gestehen, dass ich sowohl im Film wie auch in den beiden Standbildern nur einen schwarzen Schatten vor einer Mauer erkenne:

Screenshots aus dem CCTV-Video an den Dean Clouth Mills (Halifax Courier)

Ergänzt wird der Beitrag durch ein Statement des Betriebsleiters des Piece Hall Trust: „Unser Operations-Team hat mir einige interessante Bilder gezeigt, die sie bei einer Routineüberprüfung der Nachtaufnahmen gefunden haben. Wir können nicht sagen, was es anderes als eine große Katze sein soll.“

Quelle: Halifax Courier vom 27. Nov. 2020.

Montag, 30.11.2020

Bereits drei Tage später, am Montag, den 30.11. ist der Halifax Courier wieder im Thema: Erneut hat eine CCTV-Kamera die Katze gefilmt. Diesmal wird sie noch als „katzenartiges Tier“ bezeichnet. Die Aufnahmen entstanden an der Hopwood Lane in der Nähe der McVities-Keksfabrik und zeigen deutlich sichtbar eine große Katze, die hinter einer Ecke hervor kommt und dann kaum einen Meter weiter die Deckung eines Lieferwagens aufsucht.

Aufgrund der hohen Kameraposition und des damit verbundenen Winkels ist keine mathematische Größenabschätzung wie oben möglich. Das Tier erscheint jedoch so groß, dass sich sein Kopf in Höhe der Rücklichter des Lieferwagens befindet. Ich habe leider nicht herausgefunden, um welchen Fahrzeugtyp es sich handelt, so dass ich keine neuen Daten in die Diskussion einbringen kann.

Insgesamt habe ich das Gefühl, die Katze ist größer, als auf der ersten Aufnahme. Was kann das bedeuten?

 

Aufnahmen des Halifax-Panthers bei der McVities Keksfabrik (Halifax Courier)

Quelle und Film: Halifax Courier vom 30.Nov. 2020

 

Möglicherweise haben die CCTV-Kameras von Halifax die ersten nahezu handfesten Hinweise auf eine große, schwarze Katze, die in England frei lebt, geliefert. Ich halte dies für sehr wahrscheinlich.

Aktuell (10.12.2020) hat der Halifax Courier keine weiteren Berichte über Aufnahmen der Katze gebracht. Wir harren der Dinge, die da kommen.


 

Die Katze bzw. der Halifax-Panther ist aus dem Sack!

11.12.2020: Der Halifax-Panther ist ein professionelles Fake. Der Rugby-Club Halifax RLFC hat sich selbst in Halifax-Panthers umbenannt. Um dies bekannt zu machen, griffen die Werbenden zu einer genialen Idee und ließen einen Panther an drei Orten auftauchen, die für Halifax typisch sind: Der Piece Hall, einer industriellen Mühle und einer Keksfabrik. Die Videos wurden schnell viral, Halifax wurde in der Internet-Öffentlichkeit tatsächlich mit dem Panther in Verbindung gebracht. Der Club konnte kurze Zeit nachziehen und den Hoax zugeben.

 

Jetzt ist der Redaktion klar, wieso die Verantwortlichen der Piece Hall nicht auf unsere Mails reagiert haben. Unklar ist, welche Rolle der Halifax Courier bei der Sache spielte.

 

Herzlichen Dank an Ulrich Magin für die Meldung an die Redaktion.

 

Link zur Auflösung: Halifax-Courier

Von Tobias Möser

Tobias Möser hat Biologie, Geologie und Wirtschaftswissenschaften studiert. Schon als Kind war er vor allem an großen Tieren, Dinosauriern, später Walen interessiert. Mit der Kryptozoologie kam er erst 2003 in näheren Kontakt. Seit dieser Zeit hat er sich vor allem mit den Wasserbewohnern und dem nordamerikanischen Sasquatch befasst. Sein heutiger Schwerpunkt ist neben der Entstehung und Tradierung von Legenden immer noch die Entdeckung „neuer“, unbekannter Arten. 2019 hat er diese Website aufgebaut und leitet seit dem die Redaktion.