Die Callao-Höhle ist gewaltig, ihr erster Raum (von sieben begehbaren) wirkt Kathedralen ähnlich. Callao Cave Archaeology Project
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Diese Woche ist bei den Hominiden richtig etwas los.

Schon wieder haben Wissenschaftler eine „neue“ Menschenart beschrieben und schon wieder von einer Insel. Diesmal aber nicht aus Indonesien, sondern von den Philippinen. Die neu beschriebene Art heißt Homo luzonensis und lebte vor etwa 67.000 Jahren auf der Hauptinsel der Philippinen, Luzon.


Lage der Höhle auf der Philippinischen Hauptinsel Luzon

Bereits 2007 hatten Ausgräber in der nahe gelegenen Callao-Höhle einen ungewöhnlich kleinen Mittelfußknochen gefunden. Er wurde auf ein Alter von 67.000 Jahren datiert, könnte also zum modernen Menschen Homo sapiens gehören. Dies war aber anatomisch nicht möglich, denn er war nur 61 mm lang.

Luzon ist ein Hotspot der Evolution

Die Insel Luzon liegt isoliert im Meer, alle Lebewesen, die hier hin kamen, sind übers Meer gereist. Dem entsprechend kleine Gründerpopulationen und eine vermutlich andere Umwelt als in dem Heimartgebieten begünstigen die Entstehung neuer Arten. Hat sich der Mensch auf Luzon auch den Gegebenheiten der Insel angepasst?

 

Die Callao-Höhle ist gewaltig, ihr erster Raum (von sieben begehbaren) wirkt Kathedralen ähnlich.
Callao Cave Archaeology Project

Die Callao-Höhle ist eine Karsthöhle im Kalkgestein des Kreises Peñablanca in der Provinz Cagayan im Norden der philippinischen Hauptinsel Luzon. Sie ist eine von 300 Karstlöchern und Höhlen im Landschaftsschutzgebiet der nördlichen Sierra Madre Mountains. Die Höhle ist relativ einfach mit dem PKW zu erreichen, so dass man den ersten Raum zu einer Schauhöhle ausgebaut hat. Dieser natürliche Dom hat einen Durchmesser von etwa 50 m und eine Höhe von 36 m. Seine Kathedralen ähnliche Aura erhält er auch durch eine Öffnung in der Höhlendecke, die einen Lichtstrahl eintreten lässt. Die einheimischen Christen nutzen die Höhle oft für ihre Gottesdienste. Neben der Callao-Höhle gibt es in unmittelbarer Nähe weitere große Höhlensysteme, die Funde versprechen.

Eine bisher unbekannte Menschenart

Zähne von Homo luzonensis CCH6
Zähne des Homo luzonensis Individuume CCH6. Von links nach rechts: Zwei Prämolare und drei Molare.
Callao Cave Archaeology Project

Der Fußknochen von 2007 blieb nicht lange alleine. Florent Détroit vom Naturhistorischen Museum Paris und Armand Salvador Mijares von der University of the Philippines gruben mit ihren Teams weiter in de Callao-Höhle. Sie fanden insgesamt zwölf weitere Skelettteile, darunter weitere Fußknochen, Handknochen, fünf Zähne und einen Oberschenkelknochen. Sie gehörten zu mindestens drei verschiedenen Individuen. Die neuen Funde stammten aus der selben Schicht wie der 2007 gefundene Mittelfußknochen. Leider konnten sie keine Schädelknochen oder DNA-haltiges Material bergen.

 

Ähnlich dem Flores-Hobbit, aber doch nicht ähnlich genug

Die geringe Größe der Knochen und Zähne deutet auf den „Hobbit“ hin, Homo floresiensis. Diese verzwergte Menschenart lebte etwa zeitgleich mit den Funden von Luzon auf Flores. Flores ist eine Insel in Indonesien und etwa 3000 km von den Fundorten auf Luzon entfernt.

 

sehr kleiner Fußknochen
Phalanx proximalis des Fußes von Homo luzonensis CCH4 von der Seite.
Callao Cave Archaeology Project

 

In der Erstbeschreibung stellen die Wissenschaftler die „Luzon-Hobbits“ als Homo luzonensis in die Gattung Homo, arbeiten aber gleichzeitig deutliche Unterschiede zu Homo sapiens und Homo floresiensis heraus. Es ist jedoch nicht auszuschließen, dass die beiden Zwergmenschen einen gemeinsamen Ursprung haben. Sie könnten beide während einer Periode niedrigen Wasserstandes vom „Sundaland“ auf ihre jeweiligen Inseln verdriftet worden sein.

Homo luzonensis war ein Jäger

Nach den derzeitigen Kenntnissen war Homo luzonensis mit etwa 1,2 m etwas größer als Homo floresiensis mit 0,9 bis 1,1 m Körperhöhe. Wie seine (und unsere) Cousins auf Flores war auch der Luzon-Hobbit ein Jäger. Zusammen mit den Knochen fanden die Forscher Knochen von Philippinenhirschen (Cervus mariannus), Philippinen-Pustelschweinen (Sus philippinensis) und einer nicht identifizierten, vermutlich ausgestorbenen Rinderart. Die Luzon-Hobbits hatten offenbar deutliches Geschick im Umgang mit Werkzeugen, auch wenn bisher keine gefunden wurden.

„Die Entdeckung aus Callao (…) ist einer der ältesten, wenn nicht der älteste Fund von menschlichen Überresten im Pazifikraum.“ sagte Armand Salvador Mijares, Archäologe an der University of the Philippines.

 


Kommentar: zur Einordnung

von Tobias Möser

Homo luzonensis ist gerade erst beschrieben worden. Die Funde sind der Wissenschaft nicht ganz neu und werden schon eine Weile diskutiert. Die Erstbeschreibung basiert nicht zwangsläufig auf einem Konsens der Paläoanthropologen und wird in Zukunft herausgefordert werden. Ähnlich war es bei Homo floresiensis, bei dem weitere Funde und Befunde in den letzten Jahren eher unterschwellig zur allgemeinen Akzeptanz führten.

13 Knochen von drei Individuen sind sehr wenig, aber bei der Größe des Höhlensystems und zahlreicher weiterer Höhlen ist es vermutlich nur eine Frage der Zeit, bis weitere Funde gelingen. Sie könnten dann viele Fragen beantworten, über die heute nur spekuliert wird, u.a. die Abstammung der Luzon-Hobbits.

Interessant ist die Tatsache, dass hier eine zweite, verzwergte Inselart des Menschen gelebt hat. Es gibt Hinweise von Sulawesi auf eine dritte Hobbit-Art. Die Funde von Lee Berger auf Palau wurden vor einigen Jahren als kleine und schlanke, aber moderne Menschen interpretiert. Werden sie jetzt hinterfragt?


Literatur

Florent Détroit, Armand Salvador Mijares, Julien Corny, Guillaume Daver, Clément Zanolli, Eusebio Dizon, Emil Robles, Rainer Grün & Philip J. Piper, A new species of Homo from the Late Pleistocene of the Philippines, Nature, Vol. 568, pp. 181–186

Anna Valmero (August 5, 2010). „Callao man could be ‚oldest‘ human in Asia Pacific, says Filipino archaeologist“ aus dem Webarchive.org

Von Tobias Möser

Tobias Möser hat Biologie, Geologie und Wirtschaftswissenschaften studiert. Schon als Kind war er vor allem an großen Tieren, Dinosauriern, später Walen interessiert. Mit der Kryptozoologie kam er erst 2003 in näheren Kontakt. Seit dieser Zeit hat er sich vor allem mit den Wasserbewohnern und dem nordamerikanischen Sasquatch befasst. Sein heutiger Schwerpunkt ist neben der Entstehung und Tradierung von Legenden immer noch die Entdeckung „neuer“, unbekannter Arten. 2019 hat er diese Website aufgebaut und leitet seit dem die Redaktion.