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Kürzlich machte eine Großkatze die nordfranzösische Kleinstadt Armentières unsicher. Das Tier tauchte am frühen Abend auf den Dächern der Stadt auf, blickte in Mansardenzimmer und sprang schließlich in eine Wohnung (Wir berichteten).
Ein Tierarzt der Feuerwehr betäubte das Tier, so dass Mitarbeiter einer Aufzuchtstation keine Mühe hatten, die Katze einzusammeln. Womit keiner gerechnet hat: Die Story um den Panther von Armentières fing damit erst an!

Die Katze auf dem heißen Mansarddach

Armentières liegt in Nordfrankreich, direkt an der Grenze zu Belgien. Die Stadt hat etwa 25.000 Einwohner, einen als Belfried bezeichneten Glockenturm am Rathaus (UNESCO-Weltkulturerbe), die älteste Philharmonie Frankreichs und -zumindest kurzfristig- einen freilaufenden schwarzen Panther.

Am Mittwoch, den 18. September 2019 meldete der Notrufkanal SDIS 59 folgendes über Twitter:

[Breaking News]
Ein Panther auf den Dächern von Armentieres
Die Feuerwehrleute des Nordens wurden um 18:23 Uhr wegen eines gefährlichen Tieres gerufen und sehen sich mit einer großen Katze konfrontiert, die auf den Dachrinnen der Wohnhäuser umherwandert.
– SDIS 59 (@ Sdis59), 18. September 2019

Das Tier war aus einer Wohnung im 2. Stock, der Mansarde eines älteren Häuserblockes entkommen. Es bewegte sich auf der Dachrinne des etwa 6 Häuser großen Blockes hin und her. Der Panther, eigentlich ein schwarzer Leopard, unterbrach seinen Spaziergang, um einen vorbeifahrenden Zug zu beobachten oder starrte einer Katze nach, die über die Straße lief, so Zeugen. Insgesamt wirkte das Tier eher neugierig als aggressiv. Kurze Zeit später sprang der Panther durch das geöffnete Fenster, aus dem er herausgekommen war, wieder in das Gebäude.

Französische Medien berichten, dass er in eine Wohnung gelangte, in der sich eine 15jährige aufhielt. Geistesgegenwärtig ergriff die junge Frau die Flucht. Indes errichtete die Polizei einen Sicherheitsbereich um das Gebäude. Ein Amtstierarzt konnte den Panther nach kurzer Zeit narkotisieren und einfangen.

 

Eindeutig ein Jungtier

Der Panther von Armentières blickt aus dem Fenster
Der Panther von Armentières auf dem Dach. Sequenz von Baziz Chibane / La Viox du Nord

„Angesichts des Miauens ist es ein Baby. Er sah aus wie Simba im König der Löwen „, sagte Commander Leroy, Tierarzt und freiwilliger Feuerwehrmann, am Mittwochabend. Er versuchte zunächst viermal, das Tier mit einem Lasso zu fangen. „Der Panther war allein, es gab keine anderen Tiere. Er reagierte wirklich wie eine große Katze, fast wäre er gekommen, um sich streicheln zu lassen.“

Mitarbeiter der Tierschutzorganisation LPA (ligue protectrice des animaux) kümmerten sich dann um das Tier. Kader Laghouati von dieser Organisation stellte nach der ersten Untersuchung fest: „Der Panther ist bei guter Gesundheit, auch wenn seine Krallen ‚geclippt‘ wurden, wahrscheinlich von seinem Besitzer: Es ist, als würden wir einem Menschen die ersten Fingerknöchel abschneiden. Das Tier ist nicht aggressiv, sondern an Menschen gewöhnt.“

„Er ist wunderschön! Es ist schön, ihn in der Realität zu sehen“, erzählt Aïssata, 19, der Voix du Nord. Sie wohnt in der Nähe und hatte noch nie einen Panther bei ihrem Nachbarn bemerkt.
Lokale Medien berichteten, dass das Tier in einen Zoo gebracht wurde.

 

Der Panther von Armentières auf der Dachrinne

Ende der Geschichte um den Panther von Armentières?

Hier folgte zunächst das übliche Nachspiel. Die örtlichen Behörden informierten, dass man für die Haltung von Leoparden in Frankreich eine Genehmigung benötigt. Diese Genehmigung würde jedoch nicht an Privatpersonen, sondern nur an Zoos ausgestellt. Folglich müsse der Panther illegal gehalten worden sein.
Die Polizei wiederum erklärte, dass man den Besitzer kenne. Er sei aber zur Zeit aber nicht zuhause. Zwei unterschiedliche Polizeibehörden haben Ermittlungen begonnen: die nationale Polizei ermittelt wegen der Gefährdung Dritter. Die Umweltbehörde ermittelt wegen der Haltungsbedingungen und der Herkunft des Tieres.

Der Panther wurde von der Tierschutzorganisation LPA zum Zoo im nahegelegenen Maubeuge gebracht. Der Zoo Maubeuge verfügt über Erfahrung in der Leopardenhaltung und war nur als Zwischenstation geplant. Später sollte das Tier in eine Auffangstation für Wildtiere verlegt werden. Arnaud Decagny, Bürgermeister von Maubeuge berichtet von den Ergebnissen der Eingangsuntersuchung im Zoo: „Der Panther wiegt nur 25 bis 30 Kilogramm, er ist zehn bis elf Monate alt. Die Pfleger sind besorgt um seinen Gesundheitszustand. Er ist nicht kräftig genug.“
Bei der ersten Untersuchung in Armentières wurde das Tier aufgrund des geringen Gewichtes noch auf fünf bis sechs Monate geschätzt.

 

Auge in Auge mit dem Panther von Armentières
Auge in Auge mit dem Panther von Armentières

Gerüchte machen die Runde

Die Wohnung des mutmaßlichen Eigentümers des Panthers wurde natürlich durchsucht. Nach ersten Erkenntnissen hatte der Mann nur einen Panther im Haus. Gerüchte aus den sozialen Medien sprachen von bis zu drei Katzen.
Die Feuerwehr berichtet, eine Person sei nach dem Ausbruch des Leoparden „überstürzt“ aus dem Fenster der Wohnung geflüchtet, bevor die Rettungskräfte eintragen. Ein Polizist befürchtet, dass der Besitz eines Panthers zur Modeerscheinung wird, „wie in den Clips, in denen Rapper mit Leoparden umherstreifen.“

 

Ein Einbruch im Zoo

Doch inzwischen ist der Gesundheitszustand des Panthers nicht mehr die größte Sorge von Bürgermeister Decagny. Am Dienstagmorgen (24.09.19) fanden die Mitarbeiter des Zoos das Tor zum Katzenbereich aufgebrochen vor. Das einzige Tier, das fehlte, war der junge Panther aus Armentières. Decagny berichtet: „Der oder die Täter haben erheblichen Aufwand betrieben, um die Schlösser zu knacken und die Sicherheitssysteme zu umgehen“ und „Das Tier war das einzige Ziel.“ Inzwischen untersucht die Polizei die Aufzeichnungen der Überwachungskameras.

Irrationales Verhalten – des Besitzers

Der erste schwarze Superheld „Black Panther“ genießt unter französischen Jugendlichen schwarzafrikanischer Herkunft große Verehrung

Unerwartet irrational ist das Verhalten des Besitzers des Tieres. Nach französischem Recht kommt eine Anklage auf ihn zu. Verschiedene Medien berichten übereinstimmend, dass er mit einer Geldstrafe von bis zu 15.000 € rechnen muss, hinzu kommen vermutlich die Kosten des Notfalleinsatzes und der Unterbringung des Tieres. Das ist zwar viel Geld, dennoch erscheint die Reaktion überzogen. Niemand flieht aus dem Fenster für eine Geldstrafe in Höhe eines Mittelklassewagens, die vermutlich auch in Raten gezahlt werden kann.

Noch unverständlicher ist, wieso der Panther von Armentières aus dem Zoo gestohlen wurde. Offenbar hatte der Besitzer bereits Schwierigkeiten, die Raubkatze zu ernähren. Dies würde den Zustand des Tieres erklären: Leoparden beginnen, im Alter von etwa 2 bis 3 Monaten Fleisch zu fressen, ein knapp einjähriges Tier lebt nahezu ausschließlich von Fleisch. Mit Katzenfutter alleine wird man es nicht satt bekommen, hier sind sicherlich ganze Hühner oder Kaninchen das geeignetere Futter.

Die Presse berichtet, dass der Besitzer des Tieres der Polizei namentlich bekannt ist. Er dürfte im Moment ziemlich weit oben in der Fahndungsliste der Gendarmerie stehen. Und ihm dürfte bekannt sein, dass er seinen Panther nach einer Festnahme nicht behalten kann. Da stellt sich dann die Frage, warum er den Einsatz immer weiter nach oben treibt.

Ein Polizist stellte die These auf, dass schwarze Panther bei den Anhängern des französischen Hip-Hops zukünftige Statussymbole darstellen könnten. Ein Hinweis auf so eine Verwendung des Tieres sind die geclippten Krallen. Offenbar sollte das Tier elegant, aber nicht gefährlich sein. Doch ein Gangsta-Hip-Hopper in einer Kleinstadt in der nordfranzösischen Provinz? Könnte es sein, dass der Panther bestellt und bezahlt war? Das würde bedeuten, dass der Halter mit dem Ausbruch des Tieres in Lieferschwierigkeiten gekommen ist, die er schnell beheben musste. Hier passt dann auch auf einmal das Gerücht, drei Katzen hätten sich in der Wohnung aufgehalten.


Literatur

Artikel der La Voix du Nord

Epochtimes: Die begehrteste Katze Frankreichs

Von Tobias Möser

Tobias Möser hat Biologie, Geologie und Wirtschaftswissenschaften studiert. Schon als Kind war er vor allem an großen Tieren, Dinosauriern, später Walen interessiert. Mit der Kryptozoologie kam er erst 2003 in näheren Kontakt. Seit dieser Zeit hat er sich vor allem mit den Wasserbewohnern und dem nordamerikanischen Sasquatch befasst. Sein heutiger Schwerpunkt ist neben der Entstehung und Tradierung von Legenden immer noch die Entdeckung „neuer“, unbekannter Arten. 2019 hat er diese Website aufgebaut und leitet seit dem die Redaktion.