Präparat der Rohrkatze von Hayling Island
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Das Netzwerk für Kryptozoologie hat bereits häufig über exotische Raubkatzen berichtet, die in Regionen gesichtet wurden, in denen sie kein natürliches Vorkommen haben. Besonders auf den britischen Inseln haben so genannte Alien Big Cats oder British Big Cats eine lange Tradition. Sehr häufig handelt es sich um reine Augenzeugenberichte ohne handfeste Beweise für die tatsächliche Existenz eines solchen Tieres.

 

 

Eine der wenigen Ausnahmen stellt ein besonderes Exponat in der südenglischen Küstenstadt Havant dar. Im dortigen Spring Arts & Heritage Center, eine Art Gemeindehaus mit einer kleinen musealen Ausstellung zu stadtgeschichtlichen Aspekten, steht auch das Präparat einer mittelgroßen Raubkatze, die man im englischen gemeinen Sprachgebrauch auch als Swamp- oder Jungle cat bezeichnet. In Deutschland sprechen wir von der Rohrkatze oder dem Sumpfluchs (Felis chaus).

 

Präparat der Rohrkatze von Hayling Island
Eine Rohrkatze im Spring Arts & Heritage Center in Havant, Großbritannien (Foto: André Kramer)

 

Diese Tiere leben in den Feuchtgebieten Südostasiens bis nach Oberägypten und erreichen bei bis zu 12 Kilogramm Körpergewicht Schulterhöhen von bis zu 50 Zentimetern. Die deutsche Bezeichnung Sumpfluchs leitet sich davon ab, dass auch diese Kleinkatze über kleine Haarpinsel an den Ohren verfügt.

 

Hayling Jungle Cat, die Rohrkatze von Hayling
Ein anderes Bild der Hayling-Island Jungle Cat. Foto: Geni CC-BY-SA 40

Wie aber kommt dieses Tier in eine kleine Museumausstellung zur Stadtgeschichte nach Südengland?

Am 26.07.1988 wurde die Rohrkatze auf der wenige Kilometer südlich von Havant liegenden (und bei Ebbe zugänglichen) Hayling Island von einem Auto überfahren wurde und von dem Zoodirektor John Knowles als Felis chaus identifiziert (Schuker 1989, S. 65). Nach dem Tod des Tieres sei es jedoch, so weiß das Hinweisschild im Museum zu berichten, über lange Jahren hinweg zu weiteren Sichtungsberichten in der Region gekommen, die naheliegen, dass es sich nicht um ein Einzeltier gehandelt hat. Wie Rohrkatzen nach Hayling Island gekommen sein können, konnte nie geklärt werden. Mutmaßen lässt sich natürlich, dass es sich um Gefangenschaftsflüchtlinge handelte.

 

Rohrkatze in Indien
Eine Rohrkatze in den indischen Sundarbans (Foto: Soumyajit Nandy CC-BY-SA 4.0)

 

 

Die Rohrkatze (Felix chaus)

Rohrkatze in Indien
Eine weitere Rohrkatze, in einem trockeneren Habitat (Foto: Davidraju CC-BY-SA 4.0)

Wie bereits oben beschrieben, ist die Rohrkatze (Felix chaus) eine asiatische Katze. Sie kommt in drei Unterarten vom Nil im Westen bis Vietnam im Osten vor. Die größte Unterart lebt im Westen, in Ägypten, dem Zweistromland, den feuchteren Gebieten des Irans, im Kaukasus und Hindukusch, sogar in Anatolien. Kater dieser Unterart erreichen im Durchschnitt 10 kg und eine Kopf-Rumpf-Länge von 70 cm. Hauskatzen erreichen im Durchschnitt 4 kg und 50 cm Kopf-Rumpf-Länge.

 

Rohrkatzen sind sehr anpassungsfähig und leben in einer Vielzahl von Habitaten. Offenbar bevorzugen sie Wälder und Gebüsche in Wassernähe. Dabei nutzen sie gerne auch Sekundärlebensräume wie Fischteichanlagen und Bewässerungsfeldbaugebiete. Rohrkatzen leben vor allem von vergleichsweise kleinen Beutetieren. Hauptsächlich fressen sie kleine Säugetiere, bei Gelegenheit auch Vögel, Schildkröten, Schlangen, Echsen und Fische.

 

Die Hayling-Rohrkatze ist nicht die einzige Rohrkatze, die in Großbritannien nachgewiesen wurde. Nach ihr hat man ein Exemplar in Ludlow, Shropshire (an der Grenze zu Wales), gefunden, das offenbar an den Spätfolgen eines Autounfalls verstorben ist. Die Dermoplastik der Ludlow-Rohrkatze ist in Besitz des Kryptozoologen Dr. Karls Shuker.
Zudem entstand 1992 ein leidlich gutes Foto in Durham, im Nordosten Englands.

Von André Kramer

André Kramer ist Sozialpädadoge und leitet eine sozialpsychiatrische Einrichtung in Norddeutschland. Er beschäftigt sich bereits seit den 90er Jahren mit der Kryptozoologie und weiteren anomalistischen Themen.