Der Kalifornische Kondor (Gymnogyps californianus) ist eine Ikone des Artenschutzes in den USA. Einst an den Rand des Aussterbens bejagt, konnte einer der größten flugfähigen Vögel in Teile seiner ursprünglichen Heimat zurückkehren. Das ging nur mit Hilfe eines ausgeklügelten und hochmodernen Reproduktionsprogrammes, der Mitarbeit der Jäger und zahlreicher Naturnutzer vor Ort.
Ein Problem der Wiederansiedlung ist, dass Kondore aufgrund ihrer Größe und der Seltenheit von Aas große Streifgebiete benötigen. So kommt es nur selten vor, dass sich zwei Vögel begegnen. So sind Verpaarungen ein glücklicher, aber eher seltener Zufall.
Jetzt hat die Biologie nachgeholfen. Offenbar sind Kalifornische Kondore zur Jungfernzeugung fähig. In einem Zuchtprojekt haben sich zwei weibliche Kondore vermehrt, ohne dass die Jungtiere mit den im selben Gehege gehaltenen Männchen verwandt sind. Dies passierte, obwohl sogar Paarungen beobachtet wurden. Leider starben die Jungtiere vergleichsweise früh.
Unklar ist, wie und wieso die Kondore sich unter diesen Bedingungen parthenogenetisch vermehrten und wie sich das auf die Population auswirkt.
Theoretisch müsste die Parthenogenese bei Vögeln ein guter Weg sein, um Männchenmangel zu beheben. Die Geschlechtsfestlegung geschieht genau gegensätzlich zu Säugetieren. Männchen haben zwei gleiche Z-Chromosomen, Weibchen haben den Karyotyp WZ. Bei der Parthenogenese wird in der Regel das Genom halbiert und dann verdoppelt. Dabei entstehen homozygote Karyotypen: WW wäre nicht lebensfähig, ZZ sind Männchen.
Folglich entstehen bei der Parthenogenese der Vögel immer Männchen. Bisher ist Parthenogenese bei Vögeln nur vom Truthuhn und von einer asiatischen Wachtelart bekannt.
Quelle
Journal of Heredity: Facultative Parthenogenensis in Californian Condors; https://doi.org/10.1093/jhered/esab052
Dieser Beitrag war Teil einer Presseschau am 31.10.2021