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Ein Bewohner des Stawropol-Territoriums hat auf einem Wassermelonenfeld einen lebenden „Rattenkönig“ entdeckt – dies ist einer der ersten Fälle weltweit

 

Rattenkönige sind ein seltenes, aber lange bekanntes Phänomen

Rattenkönige treten gelegentlich bei Nagetieren und ganz selten anderen Säugetieren auf. Es handelt sich hierbei um mehrere Individuen, die mit ihren Schwänzen in einem Knoten verheddert sind. Die meisten dieser Rattenkönige wurden tot aufgefunden. Es gibt jedoch Berichte über Knoten, in denen einige oder alle Tiere längere Zeit überlebt haben.

 

Strasburger Rattenkönig
„6 Ratten welche mit den Schweiffen sehr Verknipfft und zu Strasburg den 4.-14. Juli in einem Keller gefangen wordten“ – Flugblatt zu einem Strasburger Rattenkönig von 1683

 

Der früheste Bericht stammt aus dem Jahr 1564, im 18. Jahrhundert wurden die Berichte weniger. Hauptgrund dürfte die weitgehende Verdrängung der Hausratte Rattus rattus durch die Wanderratte Rattus norvegicus sein.

 

Rattenkönige scheinen ein nahezu rein mitteleuropäisches Phänomen zu sein. Sie sind vor allem aus dem geographischen „Deutschland“ sowie angrenzenden Ländern wie Frankreich, Dänemark, den Niederlanden und Estland bekannt. Bis auf einen Fall mit Waldmäusen waren nur Rattenkönige aus Hausratten bekannt. Ein Einzelfall ist der 1918 in Bogor auf Java gefundene Rattenkönig. Er besteht aus zehn Reisfeldratten und war bisher der einzige Fall außerhalb Europas.

 

zweiter Strasburger Rattenkönig
Der zweite Strasburger Rattenkönig, von 1895, mit 10 Ratten. Abbildung: Edelseider, derivative work Lämpel

 

Auch dieser Rattenkönig ist etwas besonderes

Am 21. August filmte ein Arbeiter aus Stawropol namens Alibulat einen „Rattenkönig“. In einem dreiminütigen Video zeigte er fünf bis sechs Feldmäuse, die mit ihren Schwänzen zu einem Knoten zusammengebunden waren. Dies ist der erste Nachweis eines „Feldmauskönigs“.

 

In einem weiteren kurzen Video zeigte Alibulat, wie er die Nagetiere entwirrt. Das klappte nicht auf Anhieb, aber am Ende waren die Tiere entknotet. Der Mann trocknete sie in der Sonne und ließ sie frei.

 

Rattenkönig aus dem Kaukasus
Der im Text besprochene „Mäusekönig“, Abbildung aus Alibulats Tiktok-Video

 

Alibulat fand den „König“ in einem Wassermelonenfeld. Zuvor wurde Wasser durch einen Bewässerungskanal geleitet, das auch in den Bau der Mäuse gelangte. Der Landarbeiter vermutet, dass das Muttertier die Jungen an einen Zweig einer Wassermelone über dem Wasserstand gebunden hat, um zu vermeiden, dass sie ertrinken.

 

Am 29. August nahm Alibulat ein neues Video auf. Er kehrte zum Fundort zurück und zeigte einen ausgetrockneten Nagetierbau, in den seine Bewohner zurückkehrten. „Das Wasser ist zurückgegangen und die Maus ist in ihr Loch zurückgekehrt, es gibt Anzeichen dafür, dass sie dort lebt. Die Wassermelone ist seitdem gewachsen “, fügte er hinzu.

Das Video mit Mäusen bekam mehr als drei Millionen Aufrufe in tiktok. In den Kommentaren gab es eine rege Diskussion. Der Autor sagte, dass er vor den Erklärungen der Benutzer von Tiktok nichts von der Existenz des Begriffs „Rattenkönig“ wusste.

 

Offenbar überleben einige Tiere im Rattenkönig längere Zeit

Der Zoologe Alfred Brehm stellte in seinem Buch „Brehm’s Tierleben“ fest, dass „Könige“ sich nicht selbstständig bewegen können. Daher brächten ihnen ihre Verwandten oft Nahrung. Tatsächlich zeigen viele der bekannten etwa 25 Rattenkönige an den Schwänzen Gewebeneubildungen. Das ist ein Beweis dafür, dass zumindest einige der Tiere längere Zeit mit verknoteten Schwänzen gelebt haben.


Leseempfehlung

André Kramer: Vom Bau eines Rattenkönigs

André Kramer berichtet vom Modellbau eines Rattenkönigs für das Museum Tor zur Urzeit


Quellen

Originalartikel zu Alibulats Mäusekönig: Житель Ставропольского края обнаружил на арбузном поле живого

 

Wikipedia zu Rattenkönigen

Von Tobias Möser

Tobias Möser hat Biologie, Geologie und Wirtschaftswissenschaften studiert. Schon als Kind war er vor allem an großen Tieren, Dinosauriern, später Walen interessiert. Mit der Kryptozoologie kam er erst 2003 in näheren Kontakt. Seit dieser Zeit hat er sich vor allem mit den Wasserbewohnern und dem nordamerikanischen Sasquatch befasst. Sein heutiger Schwerpunkt ist neben der Entstehung und Tradierung von Legenden immer noch die Entdeckung „neuer“, unbekannter Arten. 2019 hat er diese Website aufgebaut und leitet seit dem die Redaktion.