Eine unbekannte Raubkatze im Isergebirge

Nachdem es im September dieses Jahres zu mehrfachen Sichtungen eines Pumas inklusive angeblicher Fotos des Tieres in Jütland in Dänemark kam (wir berichteten), wurde im Oktober auch eine große Raubkatze im Dreiländereck Tschechien, Polen und Deutschland von einer Reihe von Augenzeugen gesichtet und ebenfalls fotografiert.

Die Sichtungen fanden im tschechischen Teil des Isergebirges statt, das auch beliebtes Ausflugsziel für Radfahrer und Wanderer ist.

Ende September kam es hier auf dem Proschwitzer Kamm zu den ersten Sichtungen des Tiers, später dann zu weiteren Begegnungen nahe Wurzelsdorf. [SZ 1]

Von den Behörden wurde eine Warnung herausgegeben, das Tier auf ein Gewicht von etwa 100 Kilogramm geschätzt. Es gab keine Meldungen von Gefangenschaftsflüchtlingen. [SZ 1]

Hält sich im Isergebirge eine Raubkatze verborgen?
Landschaft des Isergebirges. Hat sich hier eine Großkatze versteckt?

Isergebirge
Typische Landschaft und Gebäude im Isergebirge

Aufnahmen einer Wildkamera belegen es

Mitte Oktober gelang einer Wildtierkamera die Aufnahme eines katzenartigen Tieres bei Luxdorf. Die Kamera war nahe von Wildfutterplätzen positioniert. Die örtlichen Jäger informierten hierauf die Polizei. Die Aufnahme zeigt das Tier von hinten, zu erkennen ist ein kräftiger Körper und rundliche Ohren. Die Polizei sieht aufgrund des Vergleichs mit früheren Aufnahmen vom Proschwitzer Kamm bestätigt, dass es sich um dasselbe Tier handelt. [SZ 2]

Zum Ende des Oktobers hin, rissen die Sichtungen ab. Laut der Journalistin Anneke Müller, sei zwar nicht klar, welche Raubkatze hier gesichtet wurde, wohl aber gelte es „unter Experten“ als sicher, dass es sich um eine solche gehandelt hat und dass der buschige Schwanz und die Kopfgröße auf ein einjähriges Tier hinweisen würden. [Müller, 2019]

Als persönliche Anmerkung sei ergänzt, dass es mir zweifelhaft erscheint, anhand äußerst unscharfer Fotos könne ein „Experte“ auf das Alter einer unbestimmten Raubkatzenart schließen. Besonders der „buschige Schwanz“ ist anhand der bekannten Aufnahmen maximal eine spekulative Deutung.

Interessant in dieser Angelegenheit ist, dass bereits von April bis Juni 2019 im etwa 200 Kilometer südlich vom Isergebirge, ebenfalls in Tschechien gelegenen Jindřichův, mehrfache Sichtungen eines Pumas stattfanden. [Janzer, 2019]

Handelt es sich hier um dasselbe Tier, vielleicht entkommen aus einer illegalen Zucht?

Möglich erscheinen allerdings auch Verwechslungen.  Luchse und Wölfe sind in dieser Region inzwischen ebenfalls wieder beheimatet.

Großkatzen weltweit – out of place

Rotluchs
Rotluchs in einer Wildkamera mit externem Blitz

Ist ein Leopard die Raubkatze im Isergebirge?
Leoparden sind sehr anpassungsfähig, in Mitteleuropa könnten sie vermutlich überleben

Auf der anderen Seite stehen wir nach wie vor dem großen Rätsel, dass rund um die Welt große Katzen in Lebensräumen gesehen werden, in die sie nicht gehören (out of place). Die Zahlen der gesichteten Phantomkatzen gehen in die Tausende und bereits 1989 veröffentlichte der bekannte Kryptozoologe Karl P. N. Shuker ein Buch über dieses Phänomen und zählt hier auf:

 „In recent years, mystery cats from many lands have gained very notable attention – the notorious Beast of Exmoor, the cheetah-like onza shot in Mexico, the resplendently striped king cheetahs filmed in southern Africa, Scottish specimens of a black gracile cat hitherto unrecovered by science, and the sleek panther-like creatures which roam almost every state not only of the USA but also of Australia.”[6]

Was in dieser Aufzählung ausgelassenen wurde, sind Dutzende Fälle aus Mitteleuropa, über die wir sicherlich auch in Zukunft noch zu berichten haben werden.


Literatur:

SZ 1: Sächsische Zeitung (SZ) vom 4.10.2019: Im Isergebirge versteckt sich ein Raubtier

SZ 2: Sächsische Zeitung (SZ) vom 15.10.2019: Raubkatze weiter auf der Flucht

Müller, Anneke: Mysteriöser Fotobeweis: Hungrige Raubkatze unterwegs nach Sachsen? Tag 24 vom 29.10.2019

Janzer, Till: Entlaufener Puma in Südböhmen unterwegs. Auf: radio.cz vom 15.06.2019

Shuker, Karl P. N.: Mystery Cats of the World. From Blue Tigers to Exmoor Beasts. London: Robert Hale 1989




Das mögliche Unmögliche – Yetis in Spanien

Der unsichtbare Wächter des Waldes

“So etwas passiert nicht jeden Tag” – so kommentierte die erstaunte spanische Tageszeitung El País die simultane Veröffentlichung eines Romans in gleich vier spanischen Landessprachen (El País vom 17. Januar 2013):

El Guardían Invisible ist ein sehr erfolgreicher Mystery-Krimi. Verleger aus 13 Ländern haben seine Rechte gekauft. 2017 wurde er verfilmt – von den Produzenten des bekannten Krimi-Autors Stieg Larsson (El País vom 17. Januar 2013). El Guardian Invisible (zu Deutsch: “der unsichtbare Wächter”) spielt im Valle del Baztán, dem baskischen Teil der Autonomie Navarra. Seine ausgedehnten Wälder mit ihrer mystischen Aura waren es, welche Autorin Dolores Redondo jene dunkle Atmosphäre gaben, die sie für die mysteriösen Ritualmorde an jugendlichen Mädchen als Auftakt ihrer Triologie suchte. Die Figuren personifizieren das “Patria Chica”, das in Spanien so typische Gefühl lokaler Zugehörigkeit, ausgedrückt in seinen Traditionen und Legenden. Doch der Wald im tiefen Norden Spaniens ist dabei weit mehr als ein passiver Statist. Er birgt ein Geheimnis. Und auch auch wenn die Handlung des Krimi getreu dem Matriarchat der Region von den Frauen einer Familie getragen wird – der heimliche Held ist ein Anderer.

Baskische Fahne mit Yeti-Schattenriss
Gibt es so etwas wie einen baskischen Yeti?

Baskenland an der Biskaya
Das Baskenland liegt am Golf von Biskaya

Der Wächter

Im Film taucht er erst ganz am Ende auf – als Wächter über das Gleichgewicht zwischen Leben und Tod – verhilft er der leitenden Ermittlerin Amaia Salazar schliesslich zum Durchbruch. Er ist der “Herr des Waldes”. Die Basken nennen ihn Basajaun. Ein Wesen aus der lokalen Mythologie, das die Wälder beschützt. Der Film macht indes keinen Hehl daraus, was die Verwandtschaft des unsichtbaren Wächters betrifft:

“Es ist eine grosse Kreatur, komplett behaart. Ein mythologisches Wesen, das die Wälder beschützt. – So wie Bigfoot? – So oder so ähnlich. – Nur älter.” (Originalzitat aus El Guardián Invisible, 2017,
aus: Podcast. El Último Pedlaño vom 28. September 2019. Minuten 32:47 –  32:55, Übersetzung von Peter Ehret)

Eine “endemische Art” als Repräsentant der Kultur Euskadis

Ein Bigfoot in einem baskischen Krimithriller – das klingt auf den ersten Blick nach einer lokalen Adaptation von Akte X. Und tatsächlich berechtigt die FBI-Ausbildung der Hauptfigur teilweise zu dieser Assoziation (ABC vom 20. August 2013). Doch Redondo´s Basajaun kommt nicht aus Amerika, sondern erscheint als fester Teil der lokalen Mythologie. “Bis vor noch 100 Jahren glaubten die Menschen hier mehr an diese Wesen mehr als an die Heilige Dreifaltigkeit” (El País vom 17. Januar 2013).

Auch in der Literatur bekannt

Daher verwundert es nicht, dass der Mythos des Basajaun auch in ganz anderen literarischen Produktionen verarbeitet wird. So zum Beispiel im illustrierten Kinderbuch von Bakarne Atxukarro und Ikaskun Zubialde aus dem Jahre 2019: “Wir wollen, dass unsere Kleinen jene Geschichten kennenlernen, die wir als Kinder erzählt bekommen haben”. Der Basajaun soll dabei nicht nur das Interesse der jungen Leser wecken, sondern kommuniziert als fester Bestandteil der lokalen Kultur auch bestimmte Werte und Weisheiten, “von denen wir glauben, das wir sie nicht verlieren sollten”. Der “Wächter des Waldes” übernimmt dabei die Rolle des Kulturvermittlers (El Diario Vasco vom 29. November 2019).

Typisches Dorf im Baskenland

Statute des Basajaun von Rober Garay

Natürlich darf der Basajaun dann auch auf dem mythologischen Wanderweg in Urdaibai nicht fehlen. Der Künstler Robert Garay konstruierte eine fast Meter hohe- und 1500 Kilo schwere Statue des Basajaun aus Lianen, Rinde und Stämmen von Eukalyptus- und anderen Bäumen. Ziel des mythologischen Wanderpfades ist es, dem Besucher die Mythologie (und kulturelle Identität) der Region näherbringen (El Correo vom 23. März 2013)

Und ja – auch das muss an dieser Stelle erwähnt werden – Basajaun war auch der Deckname für ein Kommando der baskisch-nationalistischen Untergrund- und Terrororganisation ETA, das in Navarra und dem baskischen Guipúzcoa operierte (El País vom 19. November 2003)

Der Basajaun ist ein sehr baskischer Hominide. Von einer nachträglichen Adaptation des amerikanischen Bigfoot-Mythos kann beim Basajaun also keine Rede sein!

Ein echter Hominide

Dennoch erinnert das Aussehen des Basajaun in Teilen an Bigfoot.

Der Begriff “Basajaun” setzt sich zusammen aus den baskischen Wortern “Basa” (“wild”, “bestialisch” ) und “jaun” (“Señor” oder “Mensch”) –im Spanischen wird er trotzdem weitläufig mit “Señor del Bosque” (“Herr des Waldes”) übersetzt (Criptozoologia en Español). Der Basajaun ist in der Tiefe der Wälder zu Hause. Gelegentlich soll er auch in Höhlen leben. Er ist gross. Sein menschlicher Körper ist komplett mit Haaren bedeckt, die ihm bis zu den Knien reichen und auch über Gesicht und Brust wachsen. (Hirus.eus) Lediglich einer der Füsse ist nicht – wie der Andere – menschenähnlich, sondern endet in einem runden Huf oder Klaue (Sobre Leyendas). Dennoch geht er auf zwei Beinen – wie der Mensch – steht den tierischen Waldbewohnern in seiner Agilität allerdings in nichts nach.

Charakteristisch sind seine Schreie, die an die “Irrintzina” der baskischen Schäfer erinnern sollen (Criptozoologia en Español) – ein sehr schriller Ton, mit denen man in den Bergen des Baskenlands zu kommunizieren pflegte (Beispiel unten, Minute 0:33)

Geist oder reales Wesen?

Natürlich gibt es auch beim Basajaun eine transzedentale Komponente als “Wächter” des Lebens im Wald und Hüter eines Kultus des Respekts (Podcast. Monographias Zona Cero, Minuten 1:36 – 2:11) ein Attribut, das man im Übrigen auch beim himalayischen Yeti findet (Siiger, 1978: 427 – 428). Im Gegensatz zu dem jenseitigen Dasein vieler hominider Naturgeister aus der antiken Mythologie Europas (Magin, 1986: 64), wird im Zusammenhang mit dem Basajaun jedoch immer wieder betont, dass es sich dabei um ein physisch real existierendes Wesen handelt.

Mit seiner Existenz war es allerdings mit dem Einzug des Christentums vorbei. Als ein Stern von Christi Geburt kundtat, war das Ende dieser Spezies besiegelt. Der Grund dafür liegt in der heidnischen Kultur des Basajaun – ein zentrales Unterscheidungsmerkmal zu den Menschen. Der Einzug des Christentums beendete die heidnischen Kulturen – und mit ihnen auch die Existenz des Basajaun. Das reale Wesen verschwand – und die Sage begann. (Podcast. Monographias Zona Cero, Minuten 2:42 – 4:08; Minuten 6:18 – 6:49).

Schäfers Freund und Helfer

Der Basajaun ist nicht der einzige wilde Mann in der baskischen Mythologie. Auch in den baskischen Erzählungen findet man die polyphemen Kreaturen und Giganten. die man auch aus der griechischem Mythologie kennt (Magin, 1986: 64) und denen man auf der iberischen Halbinsel die Konstruktion der Dolmen zuschrieb.

Auch sie hatten in der baskischen Mythologie ihre Entsprechung. Und auch sie ereilte mit dem Einzug der christlichen Religion das gleiche Schicksal. Unvermeidlich ist auch, dass sich die Elemente der verschiedenen Giganten bisweilen vermischen und der Basajaun mit diesen anderen, wilderen Giganten asoziiert wird (4: 20 – 7: 18). Ihnen allen war jedoch gemeinsam, dass sie aufgrund ihrer heidnischen Kulturen “unzivilisierte” Lebensformen repräsentierten. Dennoch sollen diese wilden Giganten und Menschen eine Zeit lang koexistiert haben, wenn auch in strikt getrennten Gemeinschaften (Podcast. Monographias Zona Cero, Minuten 3:28 – 3:38) Dabei unterschieden sich die Basajaun auch von den primitiven und polyphemen “Steinewerfern”. Die Basajaun warnten die Schäfern vor Unwittern und Wölfen, indem sie mittels ihres charakteristischen Pfiffs die Schafe zur Bewegung animierten und die Schäfer über das Geläute der vielen Glöckchen alarmierten (Podcast. Monographias Zona Cero. Minuten 7: 22 – 8: 07).

Kulturbringer

Dennoch blieben die Menschen und die Basajaun getrennte Spezies. Dieser Unterschied manifestierte sich vor allem in ihrem Wissen über die Natur, zum Beispiel im Ackerbau beim Holzschlag oder der Müllerei. Die strikte Trennung beider Arten verbot jedoch einen direkten kulturellen Austausch. So mussten sich die Menschen wiederholt der List bedienen, um den Basajaun ihr Wissen abzuluchsen. Umgekehrt nahmen es jedoch auch die Basajaun mit der Trennung nicht so genau – vor allem es um menschliche Frauen ging. Hier schritt allerdings die Basandere, die Frau des Basajaun ein und schickte die schwangere Frau in einem verschlossenen Baumstumpf per Fluss wieder zurück zu den Menschen – das gemeinsame Kind wurde dennoch geboren und machte in der Kirche Karriere. (Podcast. Monographias Zona Cero. Minuten 8:27 – 11:33)

Rezente Sichtungen des Basajaun?

Die mythologische Rezitation des Basajaun als reales Wesen ist eine Sache. Konkrete Sichtungen eine andere. Auch wenn der Basajaun im kulturellen Universum der baskischen Gegenwart noch sehr präsent ist, so steht er doch Pate für Leben abseits der menschlichen Zivilisation und übernimmt die Rolle ihres natürlichen Antipoden (Podcast. Monographias Zona Cero. Minuten 18:38 – 18: 49).

Schafherde
Der Basajaun ist auch Beschützer der Hirten

altes landwirtschaftliches Gerät
Auch als Kulturbringer ist er bekannt, so soll er die Metallverarbeitung gelehrt haben

Allerdings berichtet der baskische Folklorist José María Satrústegui in seinem Buch Mitos y Creencias von einem Informanten vom Roncesvalls-Pass bei Valcarlos und Ondarolle an der spanisch-französichen Grenze. Dieser hatte in den 40er Jahren des letzten Jahrhunderts mit den lokalen Schäfern gesprochen. Sie bestätigten ihm nicht nur die reale Existenz des Basajaun, sondern wollen ihn auch selbst zu Gesicht bekommen haben. (Podcast. Monographias Zona Cero. Minuten 18:55 – 19:46). Ein alter Schäfer berichtete gar davon, dass das Wesen ihn in Aitzurre besucht hatte (De la Rubia-Muñoz, 1995: 23). Dennoch bleiben diese Sichtungen im Falle des Basajaun eher die Ausnahme, selbst wenn im Baskenland öfter von Begegnungen mythologischen wilden Männern die Rede ist – der Basajaun wird in der Regel als Repräsentant einer weiter zurückliegenden mythologischen Epoche gesehen. (Podcast. Monographias Zona Cero. Minuten 19:46 – 20:41).

Die Spitze des Eisbergs

Es ist, – wie gesagt, –  schwierig, eine klare Grenze zwischen Basajaun und anderen wilden Männern des Baskenlands zu ziehen. Das beweist der Bericht des französichen Architekten Julien David Leroy aus dem Jahre 1776. Dort nahm er eigentlich zur Nutzung der Wälder in den baskischen Pyrenäen Stellung. Allerdings wird darin auch erwähnt, dass die Bewohner von Irati mehrmals einem grossen wilden Mann begegnet sind, dessen Körper behaart war und der einen ähnlichen Warnschrei wie eine Gämse von sich gab. Gelegentlich tauchte er in den Unterschlüpfen auf, ohne jedoch etwas von den Lebensmitteln anzurühren, da er von landwirtschaftlichen Erzeugnissen wie Käse, Brot oder Milch keine Ahnung hatte. Lediglich die Lämmer trieb er mit Freude lachend vor sich her – bis sie Hunde ihn in die Flucht trieben und er auf Distanz ging (Criptozoologia en Español).

Wilde Männer in Spanien: früher…

Wenn man nun den Fokus auf die ganze iberische Halbinsel ausdehnt, eröffnet sich ein ganzes Universum von Begegnungen und Sichtungen von Wilden Männern. Nicht wenige von ihnen reichen bis in die heutige Zeit hinein.

Ebenfalls aus den Pyrenäen, dafür aber weiter südlich, hört man von dem Nonell de la Neu (Nonell des Schnees) – es soll sich bei der Kreatur um einen verfluchten Jungen namens Nonell handeln. Er ist ein schwerer animalisch aussehender Gesellte, bedeckt mit weissem Haar. Sein Erscheinen kündet von den ersten Schneefällen – und gilt ganz allgemein als böses Omen (De la Rubia-Muñoz, 1995: 23). Auch wenn hier schon ein Unterschied zu dem rein eremitisch lebenden Basajaun feststellbar ist, so kann man bei diesen Gestalte zumindest noch eine gewisse Ähnlichkeit entdecken.

Schneemensch
Ist der Basajaun ein Schneemensch?

Lebt der Basajaun im Schnee?
Sind verschneite Wälder die Heimat des Basajaun?

Inwiefern der wilde, aber friedliebende Basajaun noch etwas mit den schimpansenartigen Simiots zu tun hat, welche im 17. Jahrhundert in das von Überschwemmung und Unwetter geplagte Perpignan in Frankreich einfielen und kleine Kinder raubten, solange bis die zeitweilige Überführung zweier toter Heiliger aus Rom ihre Raubzüge stoppte, steht da schon auf einem anderen Blatt (Criptozoologia en Español). Nicht nur aus den Pyrenäen, auch aus der Sierra Nevada bei Granada kommen Geschichten von monos caretos, kleine, affenähnliche Monster, welche Bergsteigern und Wanderen das Leben schwer machen sollen (Leyendas Urbanas). Auch ihre Spuren im Schnee sollen schon gefunden worden sein (De la Rubia-Muñoz, 1995: 24) …

…und heute

So vielfältig die mythologischen wilden Männer aus den Pyrenäen und Spanien, so zerstreut auch die Verteilung der Sichtungen aus der heutigen Zeit. Und so verfliesst auch schnell die Grenze zu anderen fortianischen Phänomenen.

Von den Kanarischen Inseln kennen wir beispielsweise eine Sichtung aus dem Jahre 1976 von drei 3-Meter grossen Kreaturen. Auch wenn dabei keine Lichter am Himmel beobachtet wurden, wird die Begegnung später als UFO-Sichtung interpretiert. (Magin, 1986: 66). Ähnlich in Galizien 1988. Dort sollen drei Anwohner wiederholt von Schreien geweckt worden sein – beim Nachsehen sahen sie schimpansenähnliche Kreaturen, begleitet von weissen Lichtern… eine Bigfoot-UFO-Story wie aus dem Buch von Jane und Colin Bord. Fast schon überflüssig zu erwähnen, dass der “Affe” bald auch unter dem Namen Lobisome fungierte, den galizischen Namen für Werwolf. (De la Rubia-Muñoz, 1995: 24 – 25) Ganz anders im südspanischen Murcia. Ein Anwohner sah an einem Flussufer nachts eine grosse menschenähnliche Gestalt unter einem Baum – ein klassischer Bigfoot (Podcast. El Último Peldaño vom 28. September 2019. Minuten 0:00 – 0:30)

Schimpanse
Schimpansen-ähnliche Affen in Spanien?

Bigfoot-Sichtung
Screenshot einer „typischen Bigfoot-Sichtung“

Spurenfunde?

Auch von Spurenfunden Pyrenäen wurde mehrmals berichtet. (Podcast. El Último Peldaño vom 28. September 2019. Minuten 23: 26 – 23:40, Siehe auch: De la Rubia-Muñoz, 1995: 23) Generell sind die Pyrenäen so etwas wie ein “Hot Spot” der spanischen Hominidensichtungen. 1993 hörte eine Gruppe Speläologen, die eine Nacht in der Nähe der Ruinen der Kirche Collada de Vallgrasa verbrachte seltsame Schreie, die eine wütende Katze erinnerten.  Als sie zum Eingang der Kirche gelangten, sahen sie eine unheimliche, zottige Kreatur von 1,5 m Körpergrösse, die verschrocken aus dem Gebäude floh. Nur wenig später, zwischen Farga de Bebié und Ripoll (Girona), wurde ihrerseits eine Gruppe Paläontologen von zwei haarigen Kreaturen aufgeschreckt und ergriff die Flucht. (De la Rubia-Muñoz, 1995: 24).

Spanien oder Europa?

Das Problem bei diesem Phänomen wird schnell ersichtlich. Die Sichtungen konzentrieren sich eben nicht nur auf die Pyrenäen, sondern auf die gesamte Iberische Halbinsel – und darüber hinaus. Das zwingt uns, auch Europa als Ganzes in Betracht zu ziehen. Denn aus ganz Europa kommt – wenn auch etwas kleinere – Anzahl von Hominidensichtungen (Magin, 1988: 156). Im Ergebnis bekommen wir dann ein Sammelsurium von isolierten (und sehr unterschiedlichen) Hominiden-Sichtungen, die selten zeitlich und örtlich so nahe beinander liegen, dass sie eine biologische Hypothese stützen könnten (Magin, 1988: 155).

Ernüchterung in den Pyrenäen

Selbst bei den vielversprechenden Fälle aus den Pyrenäen und Nordspanien konnten oder könnten indes Erklärungen gefunden werden. So zum Beispiel bei dem “Affenmenschen” aus Alicante, der am 6. April 1972 von mehreren Personen gesehen werden konnte, auf Bäumen schlief, Müll und Blätter ass. Er entpuppte sich als geistig unausgebildeter Mann, der aufgrund seiner Behinderung der Sprache unfähig war (Magin, 1986: 66, Siehe auch: ABC vom 6. April 1972).

Steilwand
Die Pyrenäen sind ein Hochgebirge

Hochgebirge in Spanien. Mit Yeti?
Die Täler haben subtropisches Klima

Das gilt auch für die Sichtungen aus dem benachbarten Katalonien. In der Nähe von Barcelona konnte 1968 ein Mann auf einem Motorrad ein vermeintlich auf zwei Beinen laufendes Tier beobachten, das lange Arme hatte und einen unheimlichen Eindruck machte. Nur wenige Tage später beobachtete eine Gruppe in Vilobí de Penedés ein “unheimliches haariges Wesen beim Trinken” an einem Teich. (De la Rubia-Muñoz, 1995: 23) Allerdings wurde in der Folgezeit ein Bär in genau der Region gefangen, in welcher sich diese Sichtungen ereigneten. (Magin, 1995: 4)

Probleme gibt es auch bei dem spektakulären “Affenmenschen”, der die Bevölkerung 1979 in der Peña Montañesa (Aragón 1979) terrorisierte. Diesem Fall soll jedoch eine eigene Abhandlung gewidmet werden.

Das Yeti-Foto an einer Ski-Station in den Pyrenäen, welche in ganz Spanien für Furore sorgte, entpuppte sich nachträglich als ein Marketing-Trick, um Touristen in die Region zu locken (Podcast. El Último Peldaño vom 28. September 2019. Minuten Minuten 10:22 – 11:03).


Abschliessender Kommentar und Bewertung

Das zentrale Problem bei den rezenten Sichtungen der wilden Männer in Spanien ist, dass sie apriori in die Narrative des Bigfoot und Yeti eingebunden werden. Gerade durch diese Asoziierung wird jedoch der erkenntnistheoretische Gehalt der spanischen wilden Männer für das hominide Phänomen verdeckt.

Die Priorität mythologischer Erzählungen

Es ist nämlich davon auszugehen, dass zumindest der Basajaun eine mythologische Gestalt ist, die vollkommen unabhängig von seinem vermeintlichen amerikanikanischen Vetter in der kulturellen Narrative der Basken existiert. Auch wenn gelegentlich eine Brücke zu Bigfoot geschlagen wird (wie in Ansätzen sichtbar beim Roman des Guardían Invisible), dann nur, weil sich diese Asoziierung aufgrund vorher schon da gewesener Ähnlichkeiten ohnehin anbot. Was die modernen Sichtungen betrifft, so sind sie zu vielfältig und geografisch verteilt, als dass eine biologische Einheit Sinn machen würde.

Ausserdem sind die Referenzen schon so sehr mit der Bigfoot-Mythologie vertraut, dass eine Verzerrung der heimischen Mythologie durch die “hominide Brille” nichts auszuschliessen ist. Und gerade bei den wichtigen Fällen aus den Pyrenäen stellte sich die Sachlage vor Ort bei genauerem Hinsehen nicht so da, als es eine oberflächliche Lektüre ohne Prüfung vermuten lässt. So ist es sinnvoller, sich auf die mythologischen Gestalten zu konzentrieren. Was bedeutet der Basajaun nun für die Hominidenforschung?

Prähominider Schädel im linken Teilprofil vor schwarzem Hintergrund
Wer weiß, wie wichtig Mythen noch für die Hominologie werden?
Schädel von MRD-VP-1/1, C: Dale Omori, Cleveland Museum of Natural History

Berge und Weiden
Baskische Landschaft mit Pferd. Ist sie die Heimat des Basajaun?

Wichtig für die Hominidenforschung

Wir haben es beim Basajaun mit einem mythologischen Wesen zu tun, dass zumindest in einige Aspekten dem Bigfoot und Yeti sehr ähnlich ist; – auch in seiner “animistischen” Dimension als “Wächter des Waldes”. Des weiteren existiert der Basajaun unabhängig von seinen “Vettern” in Amerika und Asien. Daraus könnten sich Rückschlüsse ergeben, wie eine solche Legende entsteht – gerade weil er eine globalere Perspektive auf das Phänomen der Hominiden erlaubt.

Bigfoot-Giganto-Theorie in Erklärungsnot

Gleichzeitig bringt das Vorhandensein eines unabhängigen Hominiden in Westeuropa Ansätze der “klassischen Kryptozoologie” noch mehr in Erklärungsnot. So zum Beispiel die Bigfoot-Giganto-Theorie, wie sie immer noch auf den Seiten der Bigfoot Field Researchers Organization zu finden ist. Denn der bisher nur in Asien nachgewiesene Gigantopithecus (oder einer seiner Nachfahren) müsste nun nicht nur nach Nordamerika, sondern in das Baskenland eingewandert sein. Natürlich wäre hier ein Einwand, nicht von Gigantopithecus, sondern von Neandertalern als Stimuli für die Begegnungen auszugehen.

Weniger seriöse Blogs sprechen gar von einer Restpopulation der “anderen” menschlichen Spezies, die bis in die jüngste Zeit (oder bis heute?) in den Pyrenäen überlebt hat. Es lohnt sich nicht, sich in einer Diskussion über die biologischen Bedingungen für das Überleben einer stabilen Neandertaler-Population zu verlieren. Wie solche Überlegungen im Falle grosser Kryptiden zeigen (Siehe hierzu: Loxton & Prothero, 2013: S. 20 – 27), ist so eine Theorie ist leichter ausgedacht als durchdacht. Ökologische Ansprüche einer stabilen Population, vor allem vor dem Hintergrund der menschlichen Besiedlung, bringen einen solchen Erklärungsansatz für die Hominiden in Westeuropa schnell an ihre Grenzen.

Zwischenfazit

Somit ergibt sich erst einmal ein ernüchterndes Zwischenfazit. Denn das Vorhandensein mythologischer Wesen in zwei geografisch sehr weit auseinander liegenden Regionen (und dazu noch im dicht und historisch besiedelten Europa) sprechen dafür, dass die Hominiden mehr auf mythologische Sinnbilder denn auf reale biologische Wesen zurückgehen. Sie verkörpern die konfliktive Interaktion des Menschen mit der Natur– hinzu käme dann noch die Vermittlung einer eigenständigen kulturellen Identität. Es sei hier noch einmal an die Abgrenzung der christlichen Zivilisation der Menschen zur heidnischen Kultur des Basajaun erinnert. Und es ist daher auch nicht weiter verwunderlich, dass der Basajaun heute wieder in die kulturelle Narrative einer eigenständigen baskischen Identität eingespannt wird.

Also:

Alles nur Mythos?

Nicht so schnell. Selbst wenn es beim Basajaun eine klare identitäre Komponente gibt und es dabei auch seit jeher um die Vermittlung spezifischer Lebensformen und Werte ging, so bleibt die Frage, warum “das Andere” denn in dieser “affenartigen”, behaarten und wilden Gestalt erscheint. Auch wird nicht, wie in kulturell-identitären Konstruktionen üblich, die Andersheit des Basajaun für das affirmative Bekenntnis zur eigenen Gemeinschaft instrumentalisiert. Es wird nur davon gesprochen, dass diese zwei Gemeinschaften getrennt voneinander existierten, – diese Koexistenz aber nicht unbedingt problematisch war.

Der Wilde Mann ist in Europa ein wiederkehrendes Motiv

Wilder Mann
In der alemannischen Fasenacht werden uralte Bräuche gepflegt, der Wilde Mann ist eine häufige Figur

Das Problem mit dem Christentum bestand lediglich in seiner heidnischen Kultur und ist somit zu allgemein, um als spezifisches Ausgrenzungsmerkmal für den Basajaun zu gelten. So bleibt die Koexistenz das wichtigste Merkmal der Beziehung zwischen Menschen und Basajaun. Eine Instrumentalisierung des Mythos im Rahmen einer kulturell-identitären Dynamik sehen wir erst in den letzten Jahren, und auch nur im Kontext der sehr modernenen baskischen “kulturellen Wiedergeburt” des Baskelandes nach der Franco-Diktatur, welcher weit über den plumpen Nationalismus der ETA hinausreicht und sich in vielen Facetten manifestiert, von Kinderbüchern bis Krimi-Thrillern. Allerdings enthält der ursprüngliche Mythos keine identitätsstiftende Eigendynamik.

Was heisst das nun?

Das kulturelle Versteck der Kryptiden

Moderatere und differenziertere Erklärungsansätze des Basajaun spekulieren darüber, dass der Mythos tatsächlich eine lang zurückliegende Koexistenz mit anderen Menschenarten hindeuten könnte. Diese Überlegungen werden im Übrigen auch ganz Allgemein im Zusammenhang mit kryptozoloogischen Phänomenen diskutiert. So verstecken sich in Tierbezeichnungen des indigenen Volks der Seneca (die Föderation der Irokesen) in Nordamerika möglicherweise noch ausgestorbene Tiere. In diesem Zusammenhang benutzten die Stämme ein Wort für ein schweineähnliches Tier mit Rüssel noch bevor die Europäer nach Amerika kamen.

Pyrenäenwälder: Raum für den spanischen Yeti?
Verbirgt sich der „Herr des Waldes“ in diesen Schluchten?

Baskische Fahne mit Yeti-Schattenriss
Die Frage nach dem baskischen Yeti bleibt noch unbeantwortet

Später bewiesen die Funde der Knochen von Mastodonten, dass tatsächlich derartige Tiere in der Region existierten – somit war es umgekehrt: die Schweine wurden mit einem viel älteren Begriff für Rüsseltiere von den Seneca beschrieben und dadurch bekam der Begriff eine neue Bedeutung (Podcast. Monstertalk vom 23. September 2018, Minuten 17:45 – 19:37). Der Mythos als kulturelle Erinnerung an reale (und darunter auch ausgestorbene) Tierarten könnte in der Tat ein vielversprechener Ansatz sein, um kuriose kryptide Phänomene und Sagengestaltung doch noch auf eine biologische Grundlage zu setzen. Selbst wenn auch hier Vorsicht angebracht ist – Eine durch Erzählung transportierte Erinnerung an Tiere aus vergangenen Zeiten ist auf jeden Fall realistischer als Spekulationen über versprengte Restpopulationen grosser Tiere, welche die menschliche Entdeckung bis heute überdauert haben.

Bigfoot unlocked!

Um noch einmal zum Basajaun und den Hominiden zurückzukommen: Es darf hier nicht unerwähnt bleiben, dass der ursprüngliche Bigfoot, so wie er in spezifischen Erzählungen der Coast-Salish People existierte, sich ebenfalls stark von dem Hominiden der heutigen kryptozoologischen Folklore unterscheidet. De facto ist dort die Rede von “gigantischen wilden Indianern, die in den Bergen lebten” und – dem Basjaun ganz ähnlich – die menschlichen Zivilisation (der First Nations!) mieden, doch Kleider trugen, Waffen besassen und in Dörfern lebten! (Loxton & Prothero, 2013: S. 34 – 35).

Der Kreis schliesst sich. Bigfoot und Basajaun vereinen sich wieder. Unsere Reise, die mit der narrativen Verschmelzung dieser Figuren begann und die wir von ihrer Einbettung in die hominide Folklore (und damit auch voneinander) befreien mussten, ähneln sich auch ihres kryptiden Haarkleides entblösst verblüffend – und lassen uns unweigerlich mit dieser einen rhetorischen Frage zurück:

Könnten die Erzählungen von wilden Männern kulturelle Erinnerungen an unsere Koexistenx mit anderen Menschenarten sein?


Hinweis und Danksagung

Die Schlussfolgerungen sind teilweise sehr spekulativ und spiegeln ausschliesslich die Meinungen des Autors, Peter Ehret, wieder. Ferner ist es mir wichtig, zu betonen, dass alle Schlussfolerungen aus dem Material abgeleitet wurden, das mir zu diesem gegebenem Zeitpunkt vorlag und trotz intensiver Suche erhebe ich keinen Anspruch auf Vollständigkeit! Deswegen handelt es sich auch nur eine provisorische Studie, die in einem sehr begrenzten Zeitrahmen vorgenommen wurde. Einzelne Aspekte müssen überprüft werden.

Dennoch habe ich im Rahmen der Möglichkeiten versucht, jene Quellen zu selektieren, die eine differenzierte Herangehensweise an die Problem vornehmen – eine von ihnen waren der Podcast Monographias Zona Cero, der mit der Seite des preisgekrönten spanischen Radiomoderators Juan Antonio Cebrián verlinkt ist. Allerdings sind hier die Angaben über die am Talk beteiligten Personen unvollständig, was höchst unbefriedigend ist. Dennoch hebt sich diese Referenz deutlich von anderen Quellen des spanischen Webs ab – lediglich die Seite Criptozoologia en Español könnte man als positive Referenz noch dazuzählen.

Schriftliche Quellen: Ich danke Ulrich Magin für das zahlreiche Material zu den wilden Männern in Spanien, Europa und für die fürsorgliche Unterstützung bei der Recherche!


Am 10.12.2019 veröffentlichte Dominic Schindler ebenfalls einen Artikel zum Basajaun.


Zum Weiterlesen

Monographien:

Satrústegui, J.M. (1980), Mitos y Creencias, San Sebastián: Txertoa. (im Original nicht konsultiert!)

Loxton, D./Prothero, D. (2013), Abominable Science. Origins of the Yeti, Nessie, and other famous cryptids. New York/Chichester, West Sussex: Columbia University Press.

Fachzeitschriften:

De la Rubio-Muñoz, S. (1995), “Wild Men in Spain”, INFO Journal. 72. Winter 1995, S. 22 – 25.

Magin, U. (1995), “Wild Men Corrections”, INFO Journal. 73. Summer 1995, S.4.

Magin, U. (1988), “More about Giants, Goblins, Satyrs and Other Strange Hominid Monsters in Europe”. Pursuit. 74. Forth Quarter 1988, S. 155 – 157.

Magin, U. (1986), “The European Yeti”, Pursuit. 84. Second Quarter 1986, S. 64 – 66.

Siiger, H. (1978) „The Abominable Snowman“. In: Fisher, James F. (Hrsg.), Himalayan Anthropology: The Indo-Tibetan interface, The Hague: Mouton Publishers, S. 421 – 430.

 

Zeitungsartikel

ABC vom 20. August 2013: Un terrorifico expediente X en el Valle del Baztan

ABC vom 6. April 1972: El supuesto hombre de las montanas de alicante es un retrasado mental recogido en un asilo de religiosas

EL Correo vom 23. März 2013: Un ‚Basajaun‘ gigante abre la ruta de arte mitológico de Urdaibai

El Diario Vasco vom 29. November 2019: Denonartean publica ‚Basajaun‘, escrito por Bakarne Atxukarro e Izaskun Zubialde

El País vom 17. Januar 2013: La fascinación de ‚El guardián invisible‘

El País vom 19. November 2003: La policía detiene a 12 ‚reclutas‘ que ETA había elegido para rehacer su estructura

Webpages:

Bigfoot Field Research Organization – The Bigfoot-Giganto Theory

Criptozoologia en Español – EL HOMBRE SALVAJE EN ESPAÑA

Hirus.eus: Basajaun

Leyendas Urbanas y Fabulas: Los monos careto

Sobre Leyendas. Jaime Márquez: El Basajaun. Leyenda del País Vasco.

 

Podcasts:

El último Pedlaño vom 28. September 2019: Descripción de El Basajaun: el Yeti de los Pirineos. La abducción del matrimonio Hill. Asalto al Área 51.

Monographias Zona Cero vom 24 Mai 2016. Basajaun. Legendario Guardían de los bosques vascos.

Monster Talk vom 23. September 2018: Seneca Legends (episode169)





Der Basajaun – Ein westeuropäischer Yeti?

 

Europa scheint auf den ersten Blick arm an spektakulären Kryptiden zu sein. Lediglich das Ungeheuer von Loch Ness genießt große Berühmtheit, sei es nun ein Aal oder irgendetwas Anderes. Wer kryptozoologisch interessiert ist, kennt vermutlich noch die Almas, welche sich angeblich am äußersten östlichen Rand von Europa herumtreiben sollen. Auch die Alien Big Cats und vielleicht das ein oder andere lokale Ungeheuer sind dem Kryptozoologen ein Begriff.

Dass aber im Westen des europäischen Kontinents, genauer gesagt im Baskenland, ein Yeti-ähnliches Kryptid existieren soll, dürfte wohl den Wenigsten bekannt sein. Mit diesem sagenhaften Wesen, dem Basajaun, soll sich dieser Artikel befassen.

Ein haariger, wilder Mann mit freundlichem Charakter

Am bekanntesten dürfte der Basajaun auch innerhalb des Baskenlandes durch die Sagen und Legenden sein, welche über ihn erzählt werden. Das Aussehen des Kryptids wird stets ähnlich beschrieben: Der Basajaun sei ein Wesen von kräftiger Gestalt, welches am ganzen Körper mit langem, zotteligem Fell bedeckt sei. Die Kreatur lebe in den Wäldern und Bergen der Pyrenäen, wo sie in Höhlen Unterschlupf finde.

Hochgebirge in Spanien. Mit Yeti?
Die Pyrenäen sind das zweite Hochgebirge West- bzw. Mitteleuropas

Pyrenäenwälder: Raum für den spanischen Yeti?
Bieten die Wälder genug Lebensraum für einen „spanischen Yeti“?

Nun müsste man zunächst davon ausgehen, dass die Vorstellung, ein wilder Mann streife durch die Wälder, erschreckend für die lokale Bevölkerung sei. Allerdings ist in der Regel das Gegenteil der Fall. Der Basajaun wird im Allgemeinen nicht nur als friedlich, sondern sogar hilfreich beschrieben. So vertreibt er etwa Wölfe oder warnt Schafhirten durch Rufe, wenn schlechtes Wetter droht.

Ist er ein Kulturbringer?

Noch überraschender sind allerdings Erzählungen, nach denen er über ein enormes Wissen über verschiedene Kulturtechniken verfügt. Laut lokaler Sagen hat der Basajaun den ersten baskischen Siedlern etwa die Herstellung von Werkzeugen bis hin zur Metallverhüttung beigebracht. Wie genau ein wilder Mann derartige Kenntnisse erworben haben soll, sei dahingestellt. Dieser Teil der Sagen erinnert fast schon an das Grimm‘sche Märchen vom Eisenhans. Der lebt ebenfalls alleine in der Wildnis, kann aber problemlos eine komplette Armee organisieren.

Karge Matten im Hochgebirge
Die Matten des Hochgebirges sind kein geeigneter Lebensraum

Ist der Eisenhans vergleichbar mit dem spanischen Yeti?
Der Eisenhans im Käfig, so stellte ihn sich Gordon Browne vor über 100 Jahren vor.

Gelegentlich werde allerdings selbst dieses freundliche Wesen wild und schrecklich. Dann kommen seine Stärke und Schnelligkeit zum Einsatz. Wie genau sich dies äußert und wodurch der Zustand ausgelöst wird, ist mit den vorliegenden Quellen leider nicht herauszufinden.

Wenn die Legende aktuell wird…

Soweit ähneln die Geschichten über den Basajaun denjenigen, die in Mitteleuropa über den Wilden Mann bekannt sind. Der größte Unterschied dürfte – was die Legenden betrifft – wohl die Tatsache sein, dass der Basajaun fast immer eine positiv konnotierte Figur ist. Abgesehen davon könnte man die Geschichten zunächst als Märchen unter Vielen einordnen.

Kryptozoologisch interessant wird der Basajaun aber spätestens dann, wenn in der heuten Zeit immer noch Menschen behaupten, ihn gesehen zu haben.

Den bekanntesten Fall dürfte wohl die Sichtung eines „Yetis“ im spanischen Skigebiet Formigal im Februar 2016 darstellen. Dieser sei von Touristen entdeckt und gefilmt worden. Tatsächlich existieren das Video und Bildmaterial noch immer. Das Video ist zwar verwackelt, wie es bei kryptozoologisch interessanten Aufnahmen fast immer der Fall ist. Das Wesentliche ist allerdings erkennbar: Es ist eine von einem zotteligen Fell bedeckte Gestalt zu sehen, welche vornübergebeugt durch den Schnee läuft.

Das Aussehen ähnelt jedenfalls den Beschreibungen vom Basajaun, wobei die Fellfarbe jedoch verwundert. Der Basajaun wird als Waldbewohner beschrieben. Mit einem schneeweißen Fell, wie es auf den Bildern zu sehen ist, wäre er zumindest in den Sommermonaten sehr auffällig. Nicht zuletzt auch aufgrund des Ortes der Sichtung wurde bereits die These aufgestellt, dass es sich beim „Yeti“ in diesem Fall eher um einen verkleideten Skifahrer handele.

Der Basajaun, ein spanischer Yeti?
Ist die weiße, zottelige Gestalt zwischen den Tannen ein Basajaun? (Foto: User „Kangaroo des Portals Forocoches)

Der Basajaun, ein europäischer Yeti?
Wenn es der Basajaun ist, was trägt er in der rechten Hand? (Foto: User Kangaroo des Portals Forocoches)

Da die Sichtung aber einigermaßen spektakulär war, hat sie damals internationale Aufmerksamkeit erregt. Zumindest die Boulevard-Presse berichtete auch in Deutschland zu diesem Thema – natürlich nicht, ohne diverse Spekulationen anzustellen. Die Sagen vom Basajaun erfuhren dagegen in diesem Zusammenhang keine Beachtung.

Weitere, schlechter belegte Sichtungen

Die Informationen zu weiteren Sichtungen sind dagegen her spärlich:

1993 sei eine Gruppe von Wanderern in einer Kirchenruine in den katalanischen Pyrenäen auf eine solche Kreatur gestoßen. Diese habe dann wütend geschrien oder geheult. Genaueres ist leider nicht überliefert.

Ferner habe 2011 ein nicht näher genanntes Mädchen ein solches Kryptid fotografiert. Das Foto ist noch auffindbar, allerdings ist die fragliche Gestalt extrem klein abgebildet. Man kann kaum mehr erkennen, als dass Irgendjemand, oder Irgendetwas, auf einem weit entfernten Felsen steht. Eine Vergrößerung des Ausschnitts ist auch wenig hilfreich, da die Auflösung der Fotografie nicht hoch genug ist. So wirkt das Bild sehr körnig.


Das Nachrichtenportal Tomo hat diese „Analyse“ des Videos ins Netz gestellt.

Zuletzt sei noch erwähnt, dass irgendwann wohl ein Handyvideo aufgetaucht ist, welches angeblich den Transport eines gefangenen Basajaun zeigt. Da das Video offenbar nicht einmal der Regenbogen-Presse einen Artikel wert war und es inzwischen nicht mehr verfügbar ist, darf man aber davon ausgehen, dass es wohl nicht allzu relevant war. Wäre tatsächlich ein menschenähnliches Wesen – und sei es nur ein Affe – gefangen worden, wäre dies eine Weltsensation gewesen.

Der Basajaun – zumindest ein bisschen Yeti

Die genauen Hintergründe zum Mythos um den Basajaun bleiben bis jetzt im Dunkeln. Es ist gut möglich, dass die Inspiration für die Geschichten nie vollständig bekannt wird. Es handelt sich schließlich um Sagen, die schon seit vielen Generationen weitererzählt werden.

Lebt der Basajaun im Schnee?
Verschneite Wälder, die Heimat des Basajaun?

Portrait eines Modells eines älteren Neanderthaler-Mannes
War der Neanderthaler ein Kulturbringer?
Neanderthaler-Modell aus dem Neanderthal-Museum in Mettmann

Eben weil die Geschichten so alt sind, verdient eine These besondere Aufmerksamkeit: Die Begegnungen mit dem Kryptid seien nichts anderes gewesen, als das Aufeinandertreffen vom heutigen Menschen auf den Neandertaler. Letzterer ist nicht zwingend primitiver gewesen, als Erstere. So sei es gut möglich, dass ein kultureller Austausch stattfand, bei dem der moderne Mensch Neues erlernte. Diese Erkenntnisse hätten ihn dann so nachhaltig beeindruckt, dass er die Geschichten über dieses Zusammenleben bis in die heutige Zeit überliefert hat.

Moderne Sichtungen des Basajauns erklärt diese These aber nicht, denn der Neandertaler ist nach aktuellem Stand der Wissenschaft seit vielen tausend Jahren ausgestorben. So bleibt dieses Kryptid nach wie vor mysteriös. Fest steht aber: Westeuropa hat zumindest ein bisschen Yeti.


Quellen:

Website der Pyrenean Experience

Das Märchen vom Eisenhans in der Form von 1850 auf Wikisource

Website der Basque Mythology

yahoo! Sport mit einem Video






Riesiger Laufvogel auf der Krim entdeckt

Russischen Wissenschaftlern gelang der Fund einer paläontologischen Sensation. Hinter dem wissenschaftlichen Namen Pachystruthio dmanizensis verbirgt sich der aktuelle Fund des ersten Riesenvogels Europas bzw. der nördlichen Hemisphäre generell. Der Fund der ca. 1,8 Millionen Jahre alten Fossilien des 450 Kilogramm schweren Tieres wurde in der erst kürzlich entdeckten Taurida-Höhle auf der Krim-Halbinsel am Schwarzen Meer gemacht.

Zwei Wisente auf einer abschüssigen Wiese mit einem entrindeten Baumstamm
Wisente der Gattung Bison gehörten zu den Vertretern einer pleistozänen Fauna, genauso wie…

Eine Gruppe fahler Pferde auf einer Weide vor Bruchvegetation
… Wildpferde, hier vertreten durch Dülmener Pferde, halbwild im Merfelder Bruch.

Gemeinsam mit ihm fand man die Reste von Vertretern der pleistozänen Riesen-Säugetier-Fauna, wie unter anderem Südelefanten (Archidiskodon), Nashörnern (Elasmotherien), Pferden (Equus), ausgestorbenen Rindern (Leptobos) und Bisons, aber auch Raubtieren. Zu diesen gehören riesige, heute ausgestorbenen Hyänen (Pachycrocuta) und Wölfen (Canis).

Der erste große Laufvogel auf der Nordhalbkugel

Pachystruthio dmanizensis in einer pleistozänen Landschaft
Pachystruthio dmanizensis ist (bisher?) der einzige bekannte Laufvogel Europas (Bild dpa)

Die Sensation hinter diesem Fund liegt vor allem darin, dass ausgestorbene flugunfähige Vögel dieser Größenordnung bislang nur von der Südhalbkugel bekannt waren. Hier sind vor allem die Elefantenvögel (Aepyornithidae) Madagaskars zu nennen, die bis zu 700 Kilogramm schwer wurden und gemeinsam mit dem bis zu 270 Kilogramm schweren Moas Neuseelands erst in historischen Zeiten durch den Menschen ausgerottet worden sind.

Ein ebenfalls quartärer Riesenvogel, dessen Überreste in Nordamerika (Titanis walleri) gefunden wurden, kam indes lediglich auf ein geschätztes Gewicht von 150 Kilogramm. Das entspricht in etwa dem Gewicht des rezenten Vogelstrauß.

Pachystruthio dmanizensis ist damit einer der größten flugunfähigen Vögel überhaupt.

Zusammen mit den ersten Menschen eingewandert?

Die Forscher der russischen Akademie der Wissenschaften vermuten, dass der Riesenvogel gemeinsam mit der Riesen-Säugetier-Fauna und den frühen Vertretern der Gattung Homo über den südlichen Kaukasus und Anatolien die Schwarzmeerregion erreichten. Für sie reiht sich der europäische Riesenvogel gut in die Fauna seiner Zeit ein.

Moa-Skelett aus dem Naturkundemuseum Braunschweig

Moderne Laufvögel, wie die Nandus, gibt es in Europa nicht.

Die gut erhaltenen Oberschenkelknochen verweisen auf einen guten Läufer, was ihn von den insularen Moas und Elefantenvögeln unterscheidet. Während jene bis zum Erreichen des Menschen auf den Inseln ohne natürliche Feinde lebten und eine schnelle Flucht entsprechend evolutionär nicht vonnöten war, gilt dies nicht für Pachystruthio dmanizensis. Die Pleistozäne Megafauna war voll von möglichen Fressfeinden, sodass eine schnelle Flucht hier überlebenswichtig war.

Die taxonomische Einordnung gestaltet sich indes schwierig. Eine Zuordnung zur Gattung Struthio, den Straußen, muss noch bestätigt werden.


Quellen:

Nikita V. Zelenkov, Alexander V. Lavrov, Dmitry B. Startsev, Innessa A. Vislobokova & Alexey V. Lopatin (2019): A giant early Pleistocene bird from eastern Europe: unexpected component of terrestrial faunas at the time of early Homo arrival, Journal of Vertebrate Paleontology,
DOI: 10.1080/02724634.2019.1605521





Orcas im Kattegat

Naturführer der Vogelstation Skagen an der Nordspitze Dänemarks haben am Sonntagmorgen (05. Mai 2019) eine Gruppe von mindestens sieben Orcas im Kattegat auf dem Weg in die westliche Ostsee beobachtet.

Der Stationsleiter der Vogelstation Skagen, Simon Christiansen, sagt dem deutschsprachigen Internetportal SH-Ugeavisen.dk: „Es ist ein sehr ungewöhnlicher Anblick. Dies ist eine der ersten Beobachtungen von Orcas in diesem Jahr im Skagerak. Letztes Jahr wurden zwei Schwertwale beobachtet. Davor lag es aber schon einige Jahre zurück, dass an Dänemarks Küste Orcas zu sehen waren. Normalerweise sieht man in den Gewässern nur Schweinswale, und daher sind alle anderen Wale ungewöhnlich.“

Das Wetter sei am Sonntagmorgen außergewöhnlich gut gewesen, es gab nur leichten Wind, der keinen Wellengang verursachte. Das seien die besten Voraussetzungen, um die Wale zu sehen, so Christansen weiter.

Offshore-Orcas vor Kalifornien
Symbolbild: Offshore-Orcas vor Kalifornien

Für gute Fotos waren die Tiere leider viel zu weit auf See, selbst mit Teleskopen konnten die Naturführer der Vogelstation die Wale nur schwer erkennen. Mit dem Fernglas hat man wohl wenig Chancen, die Tiere zu Gesicht zu bekommen. „Die Vogelstation leiht Teleskope an Interessierte aus, egal ob sie Vögel oder Wale beobachten wollen.“, so Christiansen.

Ähnliches meldet die shz.de, jedoch hinter einer Paywall.

Orcas kommen öfter in den Kattegat

Orcas kommen mehr oder weniger regelmäßig in den Kattegat und können über die Beltensee in die Ostsee gelangen. Vor ziemlich genau einem Jahr, Mitte April 2018 meldete das niederländische Internetportal zeezoogdieren.org eine Gruppe von drei Orcas. Auch hier hatten Ornithologen sie in der Nähe von Skagen gesichtet. Das Portal vermutet, dass die Wale damals den Heringsschwärmen gefolgt sein dürften. Sie könnten jedoch auch in der Ostsee Robben und Schweinswale jagen.

Die Zeezoogdieren.org (niederländisch für „Meeressäuger“) erwähnt eine Publikation von Carl Kinze und Andreas Pfander: „Wale in der Eckernförder Bucht einst und jetzt“. Die Autoren berichten von mehreren Schwertwalsichtungen, die erste stammt aus der Mitte des 19. Jahrhunderts.

Am 7. März berichteten wir über den geheimnisvollen D-Type-Orca aus den südlichen Subpolarmeeren.