Der Basajaun – Ein westeuropäischer Yeti?

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Europa scheint auf den ersten Blick arm an spektakulären Kryptiden zu sein. Lediglich das Ungeheuer von Loch Ness genießt große Berühmtheit, sei es nun ein Aal oder irgendetwas Anderes. Wer kryptozoologisch interessiert ist, kennt vermutlich noch die Almas, welche sich angeblich am äußersten östlichen Rand von Europa herumtreiben sollen. Auch die Alien Big Cats und vielleicht das ein oder andere lokale Ungeheuer sind dem Kryptozoologen ein Begriff.

Dass aber im Westen des europäischen Kontinents, genauer gesagt im Baskenland, ein Yeti-ähnliches Kryptid existieren soll, dürfte wohl den Wenigsten bekannt sein. Mit diesem sagenhaften Wesen, dem Basajaun, soll sich dieser Artikel befassen.

Ein haariger, wilder Mann mit freundlichem Charakter

Am bekanntesten dürfte der Basajaun auch innerhalb des Baskenlandes durch die Sagen und Legenden sein, welche über ihn erzählt werden. Das Aussehen des Kryptids wird stets ähnlich beschrieben: Der Basajaun sei ein Wesen von kräftiger Gestalt, welches am ganzen Körper mit langem, zotteligem Fell bedeckt sei. Die Kreatur lebe in den Wäldern und Bergen der Pyrenäen, wo sie in Höhlen Unterschlupf finde.

Hochgebirge in Spanien. Mit Yeti?
Die Pyrenäen sind das zweite Hochgebirge West- bzw. Mitteleuropas

Pyrenäenwälder: Raum für den spanischen Yeti?
Bieten die Wälder genug Lebensraum für einen „spanischen Yeti“?

Nun müsste man zunächst davon ausgehen, dass die Vorstellung, ein wilder Mann streife durch die Wälder, erschreckend für die lokale Bevölkerung sei. Allerdings ist in der Regel das Gegenteil der Fall. Der Basajaun wird im Allgemeinen nicht nur als friedlich, sondern sogar hilfreich beschrieben. So vertreibt er etwa Wölfe oder warnt Schafhirten durch Rufe, wenn schlechtes Wetter droht.

Ist er ein Kulturbringer?

Noch überraschender sind allerdings Erzählungen, nach denen er über ein enormes Wissen über verschiedene Kulturtechniken verfügt. Laut lokaler Sagen hat der Basajaun den ersten baskischen Siedlern etwa die Herstellung von Werkzeugen bis hin zur Metallverhüttung beigebracht. Wie genau ein wilder Mann derartige Kenntnisse erworben haben soll, sei dahingestellt. Dieser Teil der Sagen erinnert fast schon an das Grimm‘sche Märchen vom Eisenhans. Der lebt ebenfalls alleine in der Wildnis, kann aber problemlos eine komplette Armee organisieren.

Karge Matten im Hochgebirge
Die Matten des Hochgebirges sind kein geeigneter Lebensraum

Ist der Eisenhans vergleichbar mit dem spanischen Yeti?
Der Eisenhans im Käfig, so stellte ihn sich Gordon Browne vor über 100 Jahren vor.

Gelegentlich werde allerdings selbst dieses freundliche Wesen wild und schrecklich. Dann kommen seine Stärke und Schnelligkeit zum Einsatz. Wie genau sich dies äußert und wodurch der Zustand ausgelöst wird, ist mit den vorliegenden Quellen leider nicht herauszufinden.

Wenn die Legende aktuell wird…

Soweit ähneln die Geschichten über den Basajaun denjenigen, die in Mitteleuropa über den Wilden Mann bekannt sind. Der größte Unterschied dürfte – was die Legenden betrifft – wohl die Tatsache sein, dass der Basajaun fast immer eine positiv konnotierte Figur ist. Abgesehen davon könnte man die Geschichten zunächst als Märchen unter Vielen einordnen.

Kryptozoologisch interessant wird der Basajaun aber spätestens dann, wenn in der heuten Zeit immer noch Menschen behaupten, ihn gesehen zu haben.

Den bekanntesten Fall dürfte wohl die Sichtung eines „Yetis“ im spanischen Skigebiet Formigal im Februar 2016 darstellen. Dieser sei von Touristen entdeckt und gefilmt worden. Tatsächlich existieren das Video und Bildmaterial noch immer. Das Video ist zwar verwackelt, wie es bei kryptozoologisch interessanten Aufnahmen fast immer der Fall ist. Das Wesentliche ist allerdings erkennbar: Es ist eine von einem zotteligen Fell bedeckte Gestalt zu sehen, welche vornübergebeugt durch den Schnee läuft.

Das Aussehen ähnelt jedenfalls den Beschreibungen vom Basajaun, wobei die Fellfarbe jedoch verwundert. Der Basajaun wird als Waldbewohner beschrieben. Mit einem schneeweißen Fell, wie es auf den Bildern zu sehen ist, wäre er zumindest in den Sommermonaten sehr auffällig. Nicht zuletzt auch aufgrund des Ortes der Sichtung wurde bereits die These aufgestellt, dass es sich beim „Yeti“ in diesem Fall eher um einen verkleideten Skifahrer handele.

Der Basajaun, ein spanischer Yeti?
Ist die weiße, zottelige Gestalt zwischen den Tannen ein Basajaun? (Foto: User „Kangaroo des Portals Forocoches)

Der Basajaun, ein europäischer Yeti?
Wenn es der Basajaun ist, was trägt er in der rechten Hand? (Foto: User Kangaroo des Portals Forocoches)

Da die Sichtung aber einigermaßen spektakulär war, hat sie damals internationale Aufmerksamkeit erregt. Zumindest die Boulevard-Presse berichtete auch in Deutschland zu diesem Thema – natürlich nicht, ohne diverse Spekulationen anzustellen. Die Sagen vom Basajaun erfuhren dagegen in diesem Zusammenhang keine Beachtung.

Weitere, schlechter belegte Sichtungen

Die Informationen zu weiteren Sichtungen sind dagegen her spärlich:

1993 sei eine Gruppe von Wanderern in einer Kirchenruine in den katalanischen Pyrenäen auf eine solche Kreatur gestoßen. Diese habe dann wütend geschrien oder geheult. Genaueres ist leider nicht überliefert.

Ferner habe 2011 ein nicht näher genanntes Mädchen ein solches Kryptid fotografiert. Das Foto ist noch auffindbar, allerdings ist die fragliche Gestalt extrem klein abgebildet. Man kann kaum mehr erkennen, als dass Irgendjemand, oder Irgendetwas, auf einem weit entfernten Felsen steht. Eine Vergrößerung des Ausschnitts ist auch wenig hilfreich, da die Auflösung der Fotografie nicht hoch genug ist. So wirkt das Bild sehr körnig.


Das Nachrichtenportal Tomo hat diese „Analyse“ des Videos ins Netz gestellt.

Zuletzt sei noch erwähnt, dass irgendwann wohl ein Handyvideo aufgetaucht ist, welches angeblich den Transport eines gefangenen Basajaun zeigt. Da das Video offenbar nicht einmal der Regenbogen-Presse einen Artikel wert war und es inzwischen nicht mehr verfügbar ist, darf man aber davon ausgehen, dass es wohl nicht allzu relevant war. Wäre tatsächlich ein menschenähnliches Wesen – und sei es nur ein Affe – gefangen worden, wäre dies eine Weltsensation gewesen.

Der Basajaun – zumindest ein bisschen Yeti

Die genauen Hintergründe zum Mythos um den Basajaun bleiben bis jetzt im Dunkeln. Es ist gut möglich, dass die Inspiration für die Geschichten nie vollständig bekannt wird. Es handelt sich schließlich um Sagen, die schon seit vielen Generationen weitererzählt werden.

Lebt der Basajaun im Schnee?
Verschneite Wälder, die Heimat des Basajaun?

Portrait eines Modells eines älteren Neanderthaler-Mannes
War der Neanderthaler ein Kulturbringer?
Neanderthaler-Modell aus dem Neanderthal-Museum in Mettmann

Eben weil die Geschichten so alt sind, verdient eine These besondere Aufmerksamkeit: Die Begegnungen mit dem Kryptid seien nichts anderes gewesen, als das Aufeinandertreffen vom heutigen Menschen auf den Neandertaler. Letzterer ist nicht zwingend primitiver gewesen, als Erstere. So sei es gut möglich, dass ein kultureller Austausch stattfand, bei dem der moderne Mensch Neues erlernte. Diese Erkenntnisse hätten ihn dann so nachhaltig beeindruckt, dass er die Geschichten über dieses Zusammenleben bis in die heutige Zeit überliefert hat.

Moderne Sichtungen des Basajauns erklärt diese These aber nicht, denn der Neandertaler ist nach aktuellem Stand der Wissenschaft seit vielen tausend Jahren ausgestorben. So bleibt dieses Kryptid nach wie vor mysteriös. Fest steht aber: Westeuropa hat zumindest ein bisschen Yeti.


Quellen:

Website der Pyrenean Experience

Das Märchen vom Eisenhans in der Form von 1850 auf Wikisource

Website der Basque Mythology

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