Freitagnacht-Kryptos: Das ukrainische Todestier

Über das „unbekannte Thier“, das Mitte des 19. Jahrhunderts in einer Stadt am Dnepr aufbewahrt wurde, wurde ab 1851 berichtet, die Meldung geisterte aber fast ein Jahrzehnt lang durch die Gazetten. Damals sprach man von einem Rätsel in Russland, die Stadt Krementschuk liegt heute aber mitten in der Ukraine.

 

Postkarte von Kremenchuk
Eine alte Postkarte von Krementschuk, Ukraine, ca. 1900

 

Zum ersten Mal abgedruckt wurde der Augenzeugenbericht in der „Breslauer Zeitung“, diesen Artikel habe ich nicht auffinden können. Einer der ersten Nachdrucke war im „Gummersbacher Kreisblatt“, am Mittwoch, den 31. Dezember 1851.

 

Ein unbekanntes Thier.

Aus der Breslauer Zeitung.

 

 

Ich bin, so erzählt ein Russe, in Krementschug, einem Städtchen am Dnieper, geboren, welches unter andern auch ein kleines naturhistorisches Museum besitzt, das heißt einige Wölfe von seltener Größe, versteht sich ausgestopfte, ein Elenthier, einige Mamuthknochen, einheimische Vögel, ein paar Zobel und einige Erzstufen. Hinter den halb verblichenen Scheiben eines Wandschrankes bewundert man, in Spiritus gesetzt, in einem Glasgefäß ein scorpionartiges Thier von ungewöhnlicher Größe, dessen Hintertheil stachelartig zuläuft; auf dem Glas liest man die Aufschrift: ein unbekanntes Thier!

 

 

Pfeilschwanzkrebs
Pfeilschwanzkrebs in Rückenlage

 

Auf meine neugierige Frage, wie dieses Thier hierher komme, erzählte uns der Führer folgendes: Auf dem alten Rittersitz, welcher dort auf der Anhöhe am Dnieper liegt und jetzt herrenlos in Ruinen zerfällt, lebte vor langer, langer Frist ein ebenso liebenswürdiger als gastfreier Edelmann. Die weiten Räume seines Herrenschlosses reichten nicht hin zur Aufnahme derer, die der Ruf der Gutmüthigkeit des Eigenthümers herbeilockte. Da geschah es, daß eines Tages nach einer durchschwärmten Nacht beim Frühstück einer der Gäste fehlte.
Da dies sehr häufig sich ereignete, so zog die Gesellschaft, um den vermeintlichen Langschläfer nicht zu stören, ohne diesen zur Jagd hinaus. Als aber der Fehlende auch bei der Mittagstafel nicht erschien, da zogen die lustigen Kumpane, die Humpen in den Händen, vor dessen Kammerthür, um den Säumigen, sonst der Fröhlichen einen, zu wecken mit heiterem Trinkspruch. Doch vergebens war alles Pochen, alles Lärmen, die Thüre blieb veschlossen, und als man dieselbe erbrach, da lag der gestern noch so heitere Gast – todt im Bett.

 

 

Anzeige

Die großen Kriminalfälle: Deutschland im Spiegel berühmter Verbrechen

Zwölf spektakuläre Kriminalfälle aus den Jahren 1948 bis 1993. Einblicke in menschliche Abgründe und skrupellose Täter, aber auch in den Zeitgeist, das Lebensgefühl und die öffentliche Moral der jeweiligen Zeit. Das Buch zur zwölfteiligen Fernsehserie mit original recherchierten Beiträgen und vielen zusätzlichen brisanten Hintergrundinformationen.

 

Die großen Kriminalfälle“ ist 2001 im Campus Verlag erschienen und hat als gebundenes Buch 312 Seiten. Leider ist es nur noch antiquarisch zu bekommen. Für gute Exemplare zahlt man ab etwa 40 €.

 

Mit dem Kauf über den Link unterstützt ihr den Betrieb dieser Website.

 

 

Das bleiche Antlitz verzerrt von furchtbarem Todeskampf gab Zeugniß, daß der Tod, wenngleich unerwartet, doch nicht schmerzlos über ihn gekommen. Wie begreiflich, störte dies traurige Ereigniß die Lust der Geladenen, und nachdem man dem plötzlich Dahingeschiedenen die letzte Ehre erwiesen hatte, trennte man sich vor dem eigentlichen Schluß des Festes.

 

 

Himmelbett, lauerte her das Thier den Gästen auf?

 

 

Monate waren verflossen, wieder waren Gäste aus dem weitesten Umkreis auf dem gastlichen Schloß angelangt, dessen Besitzer die Vermälung seiner ältesten Tochter mit einem benachbarten Gutsbesitzer auf das glänzendste zu feiern beschlossen. Das Zimmer, in welchem vor längerer Zeit der junge Gast so unglücklich vom Leben abgerufen wurde, war seit jenem Tag nicht wieder bewohnt gewesen. Jetzt, da jeder Winkel des geräumigen Hauses benutzt werden mußte, erhielt dasselbe ein junger Offizier. Man denke sich den ahnungsvollen Schreck des Hauswirths, als derselbe am andern Morgen nicht beim Frühstück erschien und das grauenvolle Ereigniß sich bis ins kleinste Detail wiederholte wie damals. Die genaueste Durchsuchung des Gemachs, von welchem sogar die Tapeten gerissen wurden, führte jedoch eben so wenig zu einem Resultat wie sorgfältigste Durchforschung der Leiche des Unglücklichen. Nicht die leiseste Spur deutete auf irgend eine Gewaltthat hin; die Thüre, der einzige Eingang in das Gemach, hatte man von innen verschlossen und verriegelt gefunden und die Fenster waren mit starken eisernen Gittern versehen.

So sehr sich die Vernunft gegen diese Auslegung sträubte, so mußte man doch annehmen, daß beide Todescandidaten über Nacht vom Schlag gerührt worden waren. Ein volles Jahr stand die verhängnißvolle Stube wieder unbewohnt; das unglückliche Ereigniß war beinahe, wenn auch nicht vergessen, doch aus der Erinnerung gekommen, da kehrte der einzige Sohn des Hausherrn von Petersburg heim, wo er im kaiserlichen Pagenhof eine glänzende Erziehung genossen hatte, um die Seinigen zu begrüßen, die er seit seinen Kinderjahren nicht gesehen. Nichts war vergleichbar mit der Freude des Vaters, der sich nicht satt sehen konnte an dem stattlichen wohlgebildeten Jüngling, in dessen ganzem Wesen sich jede ritterliche Tugend aufs deutlichste aussprach.
Unter den hunderten von Mittheilungen, die man sich im Lauf des Tages zu machen hatte, kam die Reihe auch an die geheimnißvolle Begebenheit mit den damit verbundenen plötzlichen Todesfällen, welche auf den jungen Wasily einen gewaltigen Eindruck machte. Er selbst durchsuchte aufs sorgfältigste die Stube, allein eben so wenig wie die früheren Nachforschungen hatte die seine irgend einen Erfolg.

Als sich die Familienglieder spät Abends nach einem fröhlichen Mahl getrennt hatten und der alte Herr bereits in süßem Schlummer lag, begab sich Wasily statt in die für ihn bereiteten Gemächer in das unheilbringende Zimmer. Dem Haushofmeister, als dem einzigen Mitwissenden, war das strengste Stillschweigen zur Pflicht gemacht worden; für Ivan, den erprobten-treuen Diener des jungen Herrn, wurde eine Lagerstätte auf dem großen Lehnstuhl bereitet, während sich Wasily angekleidet aufs Bett warf. Vor demselben lagen auf einem kleinen Tischchen zwei scharfgeladene Pistolen. Ein markerschütternder gellender Schrei weckte gegen Mitternacht die Bewohner des Hauses. Der Haushofmeister stürzte in die verhängnißvolle Kammer und fand den treuen Ivan schreckerstarrt am Bett seines Herrn, der sich in Todeszuckungen auf demselben wand. Das Licht, weit herabgebrannt, beleuchtete unsicher die grauenvolle Scene. Während der Zeit waren der unglückliche Vater und die übrigen Angehörigen des Sterbenden herbeigeeilt, der vor ihren Augen, die Hände krampfhaft auf den Kopf gepreßt, verschied. Aus den Aussagen des Dieners ergab sich, daß beide, nachdem sie sich möglichst lange des Schlafes erwehrt hatten, endlich einem leisen unruhigen Schlaf sich hingegeben hatten, als plötzlich der furchtbare Schrei Ivan erweckte und dieser seinen theuren Herrn schon besinnungslos im letzten Kampfe fand. Als der herbeigerufene Arzt die Leiche untersucht hatte und es endlich gelungen war, die wie mit Schrauben am Kopf fest eingekrampften Hände zu lösen, da entdeckte man unter denselben, halb zerquetscht, jenes unbekannte Thier, welches seinen Stachel in die Nähte des Hirnschädels eingebohrt und den jungen Mann eben so rasch getödtet hatte als dessen beide Vorgänger.

Ist der Skorpion das "unbekannte Thier"

 

Früher noch brachte der „Cochemer Anzeiger“ dieselbe Meldung (am Samstag, den 29. November 1851), das „Bergisches Volksblatt“ druckte die Notiz am Dienstag, den 10. Februar 1852, der letzte Abdruck, den ich aufstöberte, war im „Rheinischen Volksblatt: Kreisblatt für den Kreis Düsseldorf“ vom Mittwoch, dem 10. Juni 1863 (nach einem Abdruck im „deutschen Magazin“ von Roderberg).

 

Was war es? Ich dachte zuerst an das Alien im Film von Ridley Scott, aber da wäre der Augenzeuge seiner Zeit arg voraus gewesen. Ein Out-of-place-Skorpion? Das Tier soll groß gewesen sein, aber es werden keine Maße angegeben.




Der Schneemensch – die ersten zehn Jahre in Deutschland

Der Schneemensch im Himalaya wurde 1921 international bekannt. Wie aber berichteten deutsche Zeitungen im ersten Jahrzehnt über den Kryptiden?

Die erste Meldung finde ich in der „Aplerbecker Zeitung“ vom 23. Dezember 1921 auf Seite 2:

 

Biotop des Schneemenschen
Die meisten Leser stellten sich bei den bezeichneten Orten sicher ein reines, schneebedecktes Hochgebirge, wie am Mount Everest vor.

 

Der Schneemensch vom Mount Everest.

Die große englische Expedition hat zwar den Mount Everest im Himalaya, den höchsten Berg der Erde, nicht zu Ende bestiegen, aber sie hat dafür die Menschheit mit einer Sensation erschreckt. Auf den höchsten Höhen, die sie erreichte, fand die Reisegesellschaft Fußspuren, menschliche Fußspuren, und die Tibeter sprachen in abergläubischer Scheu von den Schneemenschen, die in den Klüften des Gebirges ihr verborgenes Leben führten. Phantastische Zeitgenossen sprechen schon von einer verschollenen Urrasse der Menschheit, von dem langgesuchten Bindeglied zwischen Menschen und Affen, von einer geheimnisvollen Art, die sich, unberührt von aller Kultur, da oben gehalten habe.

Nun will aber der englische Naturforscher Godwin Austen selbst nicht an diesen unbekannten Bruder glauben. Er hält diese Fußspuren einfach für die eines Affen, der auch selbst im Himalaya vorkommt. Kangur und Hanuman nennen ihn die Inder, Semnopithecus die Gelehrten, in Tibet wird er als heiliger Affe verehrt. Er soll ein ziemlich kräftiger, gefährlicher Bursche sein. Da er ein Allesfresser ist, findet er selbst dort oben in Schnee und Gletschern noch seine Nahrung. Hasen, die weiter unten ihre Aesung finden, treiben sich massenhaft auf dem Schnee herum und können von den flinken Affen nicht allen schwierig gefangen werden. Wahrscheinlich wandern die Affen auch tief in die Täler hinab, sie sind nur in diesen abgelegenen Strecken noch nicht viel von Europäern beobachtet worden.

 

 

Anzeige

Auf den Spuren des Schneemenschen

Einheimische berichten immer wieder von Begegnungen mit menschenähnlichen Wesen – existiert der Russische Schneemensch wirklich? Ist er ein Relikt aus der Vorzeit, das unbemerkt bis heute überlebt hat, ein früher Mensch oder Affe? Dmitri Bajanow hat akribisch Berichte von Augenzeugen und Expeditionen gesammelt und analysiert.

 

Auf den Spuren des Schneemenschen von Dimitri Bajanow ist nur noch antiquarisch, dann aber in mehreren Ausgaben erhältlich. Die Preise beginnen bei etwas über einem Euro, Schnäppchen sind also möglich!

 

Mit dem Kauf über den Link unterstützt ihr den Betrieb dieser Website.

 

 

Vier Jahre später schreibt das „Frankenberger Tageblatt“ vom 12. September 1925 den nächsten, bereits skeptischeren Artikel:

 

Der „Schneemensch“

Aus Indien ist kürzlich wieder die Nachricht gekommen, daß man Spuren des „Schneemenschen“ gesehen habe. Man denkt dabei an einen Menschentyp, der, hoch über der Grenze, wo dauernd« menschliche Existenz noch möglich ist, ein sagenhaftes Dasein führt. Veranlaßt durch die Zähigkeit, die solche Legendenbildung fast immer anhaftet, haben Forscher diese Meldungen auf ihre Wahrscheinlichkeit oder besser gesagt Unwahrscheinlichkeit hin geprüft und sind nach dem „Kosmos“ zu dem Schlug gekommen, daß es sich nur um Fußstapfen eines größeren Säugetieres im Schnee handeln könne, die oft mit menschlichen Spuren eine beträchtliche Aehnlichkett haben.
[Wir berichteten hierzu von einem vergleichsweise rezenten Vorfall, 2019 in Makalu, Indien]

 

Tibet, Heimat des Schneemensch?
Tibetanischer Tempel in der Berglandschaft im Sonnenaufgang

 

Der Bär hinterläßt Eindrücke, die man unter Umständen für die einen barfüßigen Menschen halten könnte, und selbst die Spuren des grauen Wolfes sollen mit menschlichen Tritten verwechselt werden. Die Tibetaner des Himalajas lassen sich jedoch durch wissenschaftliche Gründe weder belehren noch beirren. Sie haben auch eine ganz einleuchtende Erklärung für den Ursprung dieser vermuteten Menschenart. Ihre Behörden lasten die Verbrecher nicht hinrichten, sondern schieben sie, ähnlich dem Sündenbock der Israeliten, in die Wüste ab, die hier über der Schneegrenze liegt.

 

Diese Behandlung – behaupten die Tibetaner – macht die Verbannten zu einer Art wilder, kaum mehr menschlicher Geschöpfe – ein Gedanke, der in seiner Art logisch genug ist. Für die tibetanischen Kinder sind sie ein Popanz; sie fürchten sich vor ihm, heißt es, und entfernen sich so nicht gern aus dem Bereich des Hauses. Die kluge Mutter erzählt ihnen, daß der Schneemensch stark behaart sei und daß es deshalb für die von ihm verfolgten Kinder ratsam sei, stets bergab zu laufen, weil dann sein langes Haar ihm über die Augen falle und ihn am Sehen hindere, während umgekehrt beim Laufen bergauf sein Haar über die Ohren zurückfällt.

 

Die Geschichte mit den Brüsten wurde in Europa vom wilden Menschen, von Koboldsfrauen, von tumben Riesinnen und sogar von Hexen erzählt, sie deutet auf einen sagenhaften Hintergrund der ganzen Erzählung hin. Der gerade zitierte Bericht war jedenfalls interessant genug um auch in den nächsten Jahren periodisch in den unterschiedlichsten Zeitungen abgedruckt zu werden, darunter in der „Hildener Rundschau“ (1. Oktober 1925) und im „Duisburger General-Anzeiger“ (19. September 1926).

 

Kloster von Yumbhu-Lhakhar
Kloster Yumbhu-Lhakhar in Tibet

 

Erst in der „Langenberger Zeitung“ vom Freitag, den 7. Juni 1929, gibt es echte Neuigkeiten:

 

Ein geheimnisvoller Volksstamm.

Tibetaner und die Bewohner des Himalaja von Nepal bis Birma betrachten als ihre furchtbarsten Feinde einen Stamm seltsamer schattenhafter Wesen, die sie die „Schnee-Menschen“ nennen. Von diesem geheimnisvollen Volk, über das eine sichere Kunde noch nie gewonnen worden ist, erzählt der englische Forschungsreisende H. Stanley Jackson.

 

Tiere der Himalaya Nomaden
Eine Herde der örtlichen Nomaden

 

Es sollen Riesen sein, deren Größe zwischen 8 und 12 Fuß [2,40 bis 3,60 m] schwankt; sie wohnen grade unter der Schneelinie des Hochgebirges in Höhen von etwa 13.000 bis 20000 Fuß und sind nicht zahlreich; es gibt nur etwa ein Dutzend von ihnen auf jeder Gebirgskette, die angeblich in losem Zusammenhang stehen. Die Männer und Frauen dieses Volkes sind gleich furchtbar. Wenn ein männlicher ‚Tigermensch‘ einem andern Menschen begegnet, dann ‚zerrreißt er ihn in zwei Hälften‘. Eine Frau dieses Riesengeschlechts dagegen tritt den Männern mit verführerischer Anlockung entgegen. Wenn man ihr widersteht, dann verschwindet sie; aber wenn jemand ihrer Verlockung verfällt, dann wird er nie wieder gesehen.

 

Die Geschichten von diesem Volk, das man die ‚Mique‘ nennt, klingen natürlich zunächst wie Sagen und Märchen. Aber die Erzählungen treten so häufig auf und sind so gleichförmig, daß irgend eine Unterlage in der Wirklichkeit bestehen muß. Es sind auch keine Sagas von einem Riesengeschlecht, das in längst vergangenen Zeiten lebte, sondern es sind Berichte von einer gegenwärtigen Gefahr, und das Auffinden von Menschen, die in zwei Teile zerrissen sind, verleiht diesen Angaben immerhin eine grausige Geschichten, die ich von Begegnungen mit Miques gehört habe,‘ schreibt Stanley, ‚enthalten bestimmte gleichförmige Tatsachen.
Jedesmal sind es Schafhirten, die auf einen solchen Unmenschen stoßen, wenn sie ihre Herden auf hoch gelegene Weiden führen. Die Riesen scheinen irgendwie von den Schafen angelockt zu werden, und die Schafe haben vor ihnen keine Angst. Die Hirten hören dann meist gegen Abend, plötzlich einen Ruf, der wie ein ‚Blöken‘ oder ‚Miauen‘ klingt. Er kommt näher, ist schließlich ganz nahe, und sofort, wenn das Echo verhallt ist, taucht ein Migue auf. Die Hirten suchen sich in ihrer Furcht zu retten, flüchten in ihre Hütten und versperren die Türe.

 

Anzeige


Neandertal: Die Geschichte geht weiter

Im Sommer 1997 führten die Archäologen Dr. Ralf W. Schmitz und Dr. Jürgen Thissen vom Rheinischen Amt für Bodendenkmalpflege am Ufer der Düssel Sondagen durch mit dem Ziel, den Aushub der kleinen Feldhofer Grotte – jener Höhle, in der 1856 der Neandertaler entdeckt worden war – zu lokalisieren. Gestützt auf altes Kartenmaterial und die Ergebnisse von Sondagen aus dem Jahre 1984 gelang ihnen eine detektivische Glanzleistung.

Etwa 50 Meter von der alten Untersuchungsstelle entfernt konnten sie Reste lehmiger Höhlenfüllungen mit Besiedlungsspuren des eiszeitlichen Menschen entdecken. Steinbrucharbeiter haben 1856 vor der Sprengung der Kalkfelsen den Aushub aus den Höhlen herausgeschaufelt und am Düsselufer aufgehäuft. Sprengschutt überdeckte die Abraumhaufen und hat sie so vor der endgültigen Zerstörung bewahrt. Neben Steinwerkzeugen und Faunenresten fanden die Ausgräber darin auch zahlreiche Fragmente von Menschenknochen. War die Wiederentdeckung der Fundstätte bereits eine Sensation, so erschien ein weiterer Fund geradezu unglaublich!

 

Neandertal: Die Geschichte geht weiter ist 2002 im Spektrum Akademischer Verlag erschienen und hat 346 Seiten. Es ist ein wissenschaftlicher Bericht, der sich mehr als spannender Krimi liest…

 

Mit dem Kauf über den Link unterstützt ihr den Betrieb dieser Website.

 

Aber der ‚Schneemensch‘ tobt dann außen furchtbar, erschüttert mit wilden Schlägen die Wände, und bisweilen gelingt es ihm, die Tür zu öffnen und einen mächtigen, dicht mit Haaren bedeckten Arm hineinzustecken. Dann greifen die Schäfer zu einem altüberlieferten Mittel; sie überschmieren den Arm über und über mit Butter und das gefällt dem Migue so gut, daß er sich zurückzieht. So lauten etwa die Berichte derer, die sich bei einem Zusammentreffen mit den Riesen retten. Die ihrer Wut erliegen, können nicht mehr reden.
Noch nie hat ein Europäer einen solchen Migue gesehen. Man weiß von ihnen nur aus den Erzählungen der Eingeborenen.‘ Stanley wirft die Frage auf, ob es sich vielleicht hier um Bären handelt, meint aber, daß man dieser Erscheinung nachgehen müßte.

 

Miauende Schneemenschen und das Synonym Tigermensch waren mir bislang unbekannt. Migue und Mique könnten alternative Rechtschreibungen des tibetischen Namens Mi-Gö (wilder Mann) sein.

 

Das Reich des Schneemensch?
Lebt der Schneemensch wirklich an der Schneegrenze?

 

 Der das erste Jahrzehnt abschließende Bericht stammt aus der „Bergischen Landes-Zeitung“ vom 16. Januar 1931, S. 6–7. Dort steht:

 

Die Suche nach dem Schneemenschen

Wissenschaft und Forschung sind im allgemeinen geneigt, anzunehmen, daß alle Menschengruppen, -Rassen und -Stämme der Erde aufgefunden und bekannt sind. Schon vor etwa 50 Jahren glaubte man auf Grund der Erforschung der abgelegensten Länder und der unzugänglichsten Gebiete der fernen Erdteile, daß kein Menschenstamm sich noch irgendwo verborgen halten könnte. Diese Auffassung vor einem halben Jahrhundert ist aber durch die Ergebnisse späterer Forschungsreisen durch Afrika, Südamerika, durch Tibet, durch die Mongolei usw. erschüttert worden.

 

Idyllisches Hochtal mit Pfirsichblüte
Zur Zeit der Pfirsichblüte wirkt dieses tibetanische Hochtal geradezu idyllisch.

 

Denn in all diesen fernen Gebieten fand man noch einige kleinere Reste unbekannter Menschenstämme und zwar sowohl solche gelber wie schwarzer Hautfarbe. Man hat sogar versucht, diesen kümmerlichen Resten durch Verbesserung ihrer Lebenshaltung frische Lebenskraft zuzuführen und sie vor dem Aussterben zu bewahren. Diese Versuche dürften aber an dem Widerstand bezw. an der Scheu dieser ‚letzten Mohikaner‘ ihres Stammes scheitern. Noch bis vor wenigen Jahrzehnten glaubte man auch, daß man auf der Nordspitze Grönlands noch unbekannte Menschen auffinden werde. Diese Mutmaßung hat sich als irrig erwiesen, denn außer Lappländern, Eskimos und den Zwergeskimos haben sich keine anderen Menschenstämme antreffen lassen.

 

Anzeige

Valley of Apes: Die Suche nach dem Sasquatch in Area X

Wiederkehrende 16- bis 27-Zoll-Fußabdrücke im pazifischen Nordwesten haben viele Amerikaner zu der Annahme veranlasst, dass zurückgezogen lebende, affenähnliche Kreaturen namens Sasquatch die Wälder durchstreifen. Nur wenige haben mehr als einen kurzen Blick auf sie geworfen, und niemand hat sie direkt und langfristig in ihrem natürlichen Lebensraum beobachtet. Bis jetzt.

 

Walter Spink ist kurzsichtig, sozial unbeholfen und anfällig für Unfälle. Er ist auch ein selbsternannter Monsterjäger. Als er und sein sanftmütiger Assistent Matt Preston auf der Suche nach dem Sasquatch in den pazifischen Nordwesten reisen, scheint ihre Chance, ihn zu finden, gleich Null. Aber unerwartet finden sich die Monsterjäger in einer Gruppe von Sasquatches wieder, mit denen sie leben und reisen. Während ihres Aufenthalts bei den Sasquatches lernen Walter und Matt, ob Raupen nach Hühnchen schmecken und wie man einen Silberrücken ärgert, ohne es wirklich zu versuchen. Irgendwie navigieren sie durch die sozialen Fallstricke der Gruppe…

 

Valley of Apes ist am 1. Juni 2022 bei Anomalist Books erschienen. Es liegt als Paperback und fürs Kindle vor.

 

Mit dem Kauf über den Link unterstützt ihr den Betrieb dieser Website.

 

In neuerer Zeit ist nun verschiedentlich die Meinung aufgetreten, daß es einen Flecken Erde auf der Welt gibt, der bisher noch von keinem Vertreter der höheren Kultur betreten und erforscht wurde, nämlich der Berg Kamet im Himalaja-Gebiet. Die ständigen Eisstürme, die hier herrschen, und die außerordentlich schwierigen Gebirgsformationen haben es bisher verhindert, den Dingen auf den Grund zu gehen. Und doch spinnt sich um dieses Fleckchen Erde, oder richtiger, um dieses Gletschergebiet ein Geheimnis, das dadurch besonders interessant wird, weil man bei den Versuchen, den Berg zu besteigen, angeblich Fußabdrücke eines Wesens gefunden haben will, die man bisher nicht erklären konnte, die man aber in Verbindung bringt mit Gerüchten, die in einigen Kreisen tibetanischer Kulis umgehen. Danach soll hier eine besondere Menschenart, der sogenannte Schneemensch hausen.

 

Eine Forschungsexpedition soll Aufklärung bringen

Gelegentlich der Forschungsexpeditionen in dem Himalaja-Gebiet wollen auch Europäer dann und wann in stürmischer Nacht vor ihren Zelten flüchtige Schatten von geheimnisvollen Wesen beobachtet haben, die merkwürdige Heullaute von sich gegeben haben sollen. Ein deutscher Forscher kam vor etwa zwei Jahren mit der Aufsehen erregenden Mitteilung von einer Himalaja-Expedition zurück, daß er über den sogenannten Schneemenschen Näheres in Erfahrung gebracht habe. Es soll sich um ein Zwischenwesen zwischen Mensch und Affe handeln, das mit einem dicken Pelz und riesigen Füßen ausgestattet sei. Im Laufe dieses Jahres soll nun dieses Geheimnis gelüftet werden.
Eine große Expedition zur Durchforschung des gesamten Himalaja-Gebietes ist in Vorbereitung. Die besten englischen Bergsteiger sollen herangezogen werden, da der Kametberg auf englischem Gebiet liegt.

 

Yaks im Grasland
Ziemlich sicher dürfte eine solche Expedition auf Yaks getroffen sein. Wer weiß, was sie noch alles gefunden hat?

 

Die Expedition wird von dem mehrfach hervorgetretenen Himalaja-Forscher Frank Symthe [richtig Frank Smythe (1900–1949), britischer Bergsteiger und Autor] geführt werden, der seinerzeit auch an der Besteigung des Kinchinjunga teilnahm. Er will unter allen Umständen versuchen, die Gerüchte über den Schneemenschen zu klären. Viele Forscher stehen auf dem Standpunkt, daß das Vorhandensein eines menschenartigen Wesens auf dem Kamet schon deshalb als fast ausgeschlossen gelten müsse, weil man sich bei dem Fehlen jeglicher Vegetation und jeglichen Tierlebens nicht vorstellen kann, wie in diesen Eis- und Schneeregionen ein Menschen- oder Tierwesen sein Leben fristen soll.

 

Der Kamet hat fast gletscherartigen Charakter und ist fast immer heftigsten Eisstürmen ausgesetzt. Symthe selbst hält trotzdem das Vorhandensein des Schneemenschen nicht für völlig ausgeschlossen. Er hat ein um so größeres Interesse an der Aufklärung dieses Kamet-Geheimnisses um den Schneemenschen, weil seine Feststellung und die Bestätigung des Gerüchts über die menschenaffenartige Gestalt des geheimnisvollen Wesens die Darwinsche Lehre von der Abstammung des Menschen vom Affen erneut in den Brennpunkt der wissenschaftlichen Auseinandersetzungen über Abstammung des Menschen und Entwicklung des Menschengeschlechtes stellen müßte.“

 

Gipfelglühen im Reich des Schneemensch
Gipfelglühen nach Sonnenuntergang. Heißt deswegen der Kamet bei den Tibetern „Brennender Berg“? (Das Bild zeigt vermutlich nicht den Kamet)

Der Berg Kamet

Über den Kamet schreibt die Wikipedia: „Der Kamet ist mit 7756 m der zweithöchste Berg in der Garhwal-Region in Indien nach der Nanda Devi (7816 m). Er liegt nahe der indisch-tibetischen Grenze und wird von den Tibetern Kang-Med (‚Brennender Berg‘) genannt.“

Wer der „deutsche Forscher“ aus dem Artikel ist, ist noch unklar. Ivan T. Sandersons Liste der Yeti-Autoren hat keinen entsprechenden Eintrag.




Freitagnacht-Kryptos: Ein unbekanntes Tier, das vom Himmel fiel

Als die Franzosen Vietnam zu ihrer Kolonie gemacht hatten, begegneten französische Kriegsschiffe gegen Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts in der Along-.Bucht (heute Bucht von Halong, ein Haupttourismusort von Vietnam) recht häufig der Seeschlange. Berichte über diese Begegnungen erreichten auch deutsche Zeitungen.

 

Halong Bucht
Die Bucht von Ha Long im Norden Vietnams ist heute Weltkulturerbe und eine große Touristenattraktion.

 

Aber ein Bericht über eine Beobachtung eines „unbekannten Thieres“ in Vietnam schlug dann doch aus der Art. Denn Folgendes meldete der „Allgemeine Anzeiger für Rheinland-Westphalen: Organ für Handel, Gewerbe, Verkehr und Anzeigen“ am Sonntag, den 19. Februar 1888 nach französischen Quellen (Revue scientifique?):

 

 

Ein höchst merkwürdiger Meteorsteinfall hat, wie die Rev. scient. berichtet, im vorigen Jahre in Tonking stattgefunden. Am 25. Oktober wurde daselbst an mehreren Stellen ein leuchtendes Meteor beobachtet, welches sich in der Richtung von Westen nach Osten bewegte und einer Kugel von dem halben Durchmesser des Vollmondes glich. Es leuchtete mit weißem, etwas violettem Licht. Auch einige Europäer, welche sich zu dieser Zeit am Ufer des Mekong befanden, erblickten das Meteor und wollen sogar gesehen haben, wie das Wasser des Flusses beim Sichtbarwerden des Meteors plötzlich emporstieg unter Auftreten eines unterirdischen Geräusches, welches die Eingeborenen vor Schrecken erstarren machte (?).

Einige Tage später erhielt der Verweser von Toy-Ninh einen Brief von dem tongkingesischen Vorsteher des Bezirkes Tretem Hoa, worin ihm mitgetheilt wurde, daß am 25. Oktober im Dorfe Than Duc plötzlich ein unbekanntes Thier aufgetreten und alsbald wieder gen Himmel geflogen sei, nachdem es ein riesiges Loch im Erdboden zurückgelassen habe.

War das Tier ein Meteor?

Alle Umstände wiesen darauf hin, daß das unbekannte Thier nichts Anderes war, als das von anderen beobachtete Meteor. Hauptmann Delauney begab sich alsbald nach dem Orte, wo der Meteorstein niedergefallen war und fand in der That ein mächtiges Loch von etwa 32 m Länge, 6 m Breite und 2 m Tiefe. Es bot die Gestalt einer langgestreckten Birne. Der Meteorstein selbst war nirgends zu finden, weder in der Erde, noch in der Nachbarschaft. Da nun das Erdreich an dieser Stelle nicht lose ist, sondern von einem sehr feuchten und von vielen Pflanzenwurzeln durchsetzten Torf gebildet wird, so daß ein in den Boden gegrabenes Loch sich nicht von selbst wieder schließen kann, so war die Annahme, daß der Meteorit sich tief in die Erde eingewühlt habe und von ihr wieder bedeckt worden sei, von vorn herein ausgeschlossen, und es blieb nur die Möglichkeit, daß er rikochettirt, d.h. nur aufgeprallt und weiter geflogen sei. Das ist es offenbar auch, was den eingeborenen Beamten zu der Angabe veranlaßt hatte, das „unbekannte Thier“ sei gen Himmel geflogen.

Nach der Ansicht Delauney’s muß der birnförmige Meteorit eine Länge von 32 m und einen größten Querdurchmesser von 8 m gehabt haben. Den Rauminhalt berechnet Delauney auf etwa 580 cbm und das Gewicht auf etwa 2 895 000 kg. Man kennt keinen Meteoriten, welcher nur annähernd diese Größe gehabt hätte.

 

 

Anzeige

Expedition Tonkin: Auf der Suche nach Vietnams letzten Stumpfnasenaffen

In den subtropischen Karstbergwäldern im Norden Vietnams kämpfen Tierschützer um den Erhalt einer der seltensten Primatenarten der Welt: Vom clownesken Tonkin-Stumpfnasenaffen gibt es nur noch etwa 250 Individuen. Erst 1989 wurde die ausgestorben geglaubte Art wiederentdeckt. Die nicht ungefährliche Sisyphusarbeit vietnamesischer Ranger und Biologen in der unwegsamen Region zeitigt erste Erfolge. Der Autor begleitete die Ranger auf einem viertägigen Fieldtrip. Er ist der erste westlicher Journalist, der in die abgelegenen Berge nahe der Grenze zu China gelangt. So berichtet er vom Kampf um den Erhalt der Art. Von Korruption, Wilderei und Wildtierhandel und vom Wandel im heutigen Vietnam.

Aktualisierte und erweiterte Neuausgabe mit zahlreichen Fotos und Karten.

Expedition Tonkin: Auf der Suche nach Vietnams letzten Stumpfnasenaffen ist 2018 bei epubli erschienen und als Taschenbuch mit 56 Seiten in deutscher Sprache erhältlich.

Mit dem Kauf über den Link unterstützt ihr den Betrieb dieser Website.

 

 

Nach den Angaben zweier Militärpersonen, welche das Meteor in der Nähe von Than Duc gesehen hatten, hat Delauney den Winkel, unter welchem der Aérolith aufschlug, auf etwa 100 berechnet; die Geschwindigkeit hat vermuthlich 2000 m in der Sekunde betrogen. Der Befund ergab weiter, daß der Meteorit unter einem Winkel von etwa 340 abgeprallt ist. Da er den Boden nur verhältnißmäßig wenig aufgerissen hat, so dürfte er nach Ansicht Delauney’s durch das Aufprallen nur wenig von seiner lebendigen Kraft eingebüßt haben, so daß man annehmen kann, er sei mit einer Geschwindigkeit von 2000 m weiter geflogen. Er würde dann noch einen Weg von etwa 700 km zurückgelegt haben und in der Mitte des chinesischen Meeres niedergefallen sein.

 

Halong Bay
Blick aus einer der zahlreichen Höhlen in die Halong-Bucht

Auch andere deutsche Zeitungen, darunter die „Saale-Zeitung“ (Mittwoch, 22. Februar 1888), brachten den Bericht. Ein Meteorit war es sicherlich nicht, zumindest kennt die moderne Fachliteratur den Fall nicht mehr, aber ein Tier aus dem All?

 

Das fordert den stärksten Kryptozoologen heraus!




„Besuch auf dem Elefantenfriedhof“

Elefantenfriedhöfe

Wer in den 1960er Jahren seine Kindheit und frühe Jugend verbrachte, der weiß von zahlreichen Tarzan-Spielfilmen und Serienfolgen, dass sich im afrikanischen Dschungel Elefantenfriedhöfe befinden, die von wilden Stämmen beschützt werden, obwohl der große weiße Jäger das Elfenbein viel besser gebrauchen kann. Das war der übliche rassistische Unsinn dieser Zeit – und von Elefantenfriedhöfen ist heute ebenfalls keine Rede mehr. Das war zu Anfang des letzten Jahrhunderts noch anders – ich führe hier unkommentiert vier Meldungen über solche angeblichen Entdeckungen auf. Achtung: Die Texte sind nichts für Tierfreunde und schon gar nicht politisch korrekt – Rassismus tobte sich noch lange nach dem Dritten Reich sehr unangenehm in deutschen Zeitungen aus.

 

Afrikanische Elefanten
Afrikanische Steppenelefanten, (Beispielbild)

 

Hans Schomburgks Bericht

 

So schrieb die „Schwerter Zeitung“ am 22. März 1926auf Seite 6:

 

Elefanten-Friedhöfe

Hans Schomburgk schreibt in der B. Z. [Berliner Zeitung]:

 

 

Zwanzig Jahre habe ich Afrika bereist, zweimal den Erdteil durchquert, fünf Jahre sozusagen auf den Fährten der Elefanten verlebt. Bin ihnen gefolgt in ihre Zufluchtsorte, die vorher noch keines Europäers Fuß betrat. Tausende von Elefanten habe ich gesehen, habe sie tage- und wochenlang beobachtet, habe abends am Feuer gesessen mit alten Elefantenjägern aller Stämme, darunter vielen, deren Sprache ich kannte, mit denen ich mich unterhalten konnte über alte Zeiten. Immer wieder tauchte auch in diesen Gesprächen beim flackernden Scheinen des Lagerfeuers die Sage auf vom Elefantenfriedhof.

 

 

Lange Jahre war ich skeptisch, bis dann eines Tages der Zufall es wollte, daß mich nicht ein Mensch, sondern ein Elefant überzeugte, daß es wirklich Elefantenfriedhöfe gibt. Man darf sich natürlich unter diesem Elefantenfriedhof nicht einen großen Platz in Afrika vorstellen, wo alle Elefanten hinkommen zum Sterben. Nein, jeder Bezirk hat sozusagen seinen eigenen Friedhof. Es gibt auch in Europa eine bekannte Tatsache, daß ein totkrankes Tier sich zum Wasser verzieht. Kranke Tiere, wie kranke Menschen, sind naturgemäß immer durstig. Und so geht es auch dem mächtigen Riesen der Vorzeit, dem Elefanten, der, wenn er krank ist, vielleicht sogar in seinem Unterbewußtsein sein Ende herannahen fühlt, sich zurückzieht von der Herde, wegwandert aus der freien Steppe oder aus seinem Urwald, hinein in einen See oder Sumpf. Dort bleibt er stehen. Hier hat er ständig Wasser, hier steht er ungestört, und dort ereilt ihn auch der Tod. Wenn dann dieser mächtige Koloß hinsinkt, dann fallen die Krokodile über den Leichnam her, zerreißen ihn. Der Fluß spült die Knochen weg. die schweren Zähne lösen sich im Schädel, sinken auf den Boden und sind hier in kurzer Zeit vom Flußsand begraben oder vom Sumpf verschlungen. Nie wird ein Elefant im Urwald oder auf freier Steppe verenden. Dort würden unbedingt seine Gebeine gefunden.

 

Elefantenfriedhöfe?
Stinkende Elefantenkadaver, Aasgeier, Hyänen und jede Menge anderer Aasfresser, stellten sich die „großen weißen Jäger“ so die Elefantenfriedhöfe vor?

Aasgeier würden sich ansammeln. Hyänen und anderes Raubgesindel finden sich am Kadaver ein, die – wie ich selbst häufig beobachten konnte, – direkte Wechsel dorthin austreten, und diesen Leichengräbern der Natur würde der Eingeborene folgen und den toten Riesen finden. Manchmal kommt es natürlich vor, daß man auf der Jagd auch tote Elefanten findet, und manche Zähne habe ich auf diese leichte Weise erbeutet. Aber hier handelt es sich immer um angeschweißte Tiere, die auf dem Wege zu ihrem Sterbeplatze verendet sind. Ich habe Elfenbein gefunden, das schon Jahre im Walde gelegen hatte, über die schon die Grasfeuer verschiedene Jahre hinweggefegt waren. Es war außen brüchig und gesprungen, aber der innre Teil war immer noch zu verwerten. Elfenbein zersetzt nicht so leicht. Die äußere Masse, die sich bildet, schützt den Kern. Nie wird ein gesunder Elefant sich in einen Sumpf begeben, in dem er versinkt. Jeder Fachmann weiß, wie sorgfältig der Elefant mit dem Rüssel jeden Schritt Weges prüft, bevor er den Fuß setzt, weiß, wie schwer es fällt, einen Elefanten in einer Fallgrube zu fangen. Natürlich wäre es möglich, Elefanten durch Feuer und Schüsse, getrieben von Tausenden von Menschen, in einen Sumpf zu treiben. Aber das könnte man doch nie als Elefantengrab ansprechen, denn die Jäger würden sich dort der im Sumpf stecken gebliebenen Tiere bemächtigen. Wenn sich Elefanten in erstorbene Krater zurückziehen, so tun sie es nur, weil sie dort Ruhe haben und vom Menschen wenig belästigt werden. Aber in all diese Krater führen Wildwechsel hinein, die es dem Elefanten und auch anderem Wilde immer ermöglichen, mit Leichtigkeit das Versteck zu verlassen, sobald sich Jäger nähern. Daß man nie einen eines natürlichen Todes gestorbene Elefanten findet, liegt daran, daß sie sich zum Wasser zurückziehen. Nur dem Zufall habe ich es zu verdanken, daß ich eines Tages in Ostafrika einen solchen Platz fand.

 

 

Anzeige

Im Reiche des weißen Elefanten

Wir denken an den Tierpark in Hamburg, wenn wir den Namen Hagenbeck hören.

 

Aber der Tierpark hat einen großen Teil seines Rufes dem Tierfänger und Forschungsreisenden John Hagenbeck zu verdanken. Der Zauber dieses Buches wächst aus den Erlebnissen und Erfahrungen des großen Abenteurers. Eines Menschen dessen Weg durch fast alle Länder der Erde führte, und der sich in die Gebräuche und Denkweise fremder Völker hineinlebte. Dadurch erst wurde es möglich, dass Hagenbeck-Werke den Leser in ihren Bann schlagen. Dass seine Werke die ganze Farbenpracht einer fernen, unbekannten und geheimnisvollen Welt entfaltet.

 

In diesem Band erzählt John Hagenbeck, was es mit dem Rätsel der weißen Elefanten auf sich hat. In Siam werden diese Tiere als Symbol einer Gottheit verehrt; überall werden sie als Seltenheiten mit riesigen Preisen bezahlt, geradezu mit Gold aufgewogen. Ein wagemutiger Mann geht auf die Suche nach jenen weißen Elefanten.

 

„Im Reiche des weißen Elefanten“ ist 1961 bei Kolibri erschienen. Es ist nur noch gebraucht erhältlich, je nach Zustand ab etwa 20 €.

 

Mit dem Kauf über den Link unterstützt ihr den Betrieb dieser Website.

 

 

Es war im Juni 1908. Ich lagerte bei einem Dorfe an einer großen Steppe, durch die der Ruaha-Fluß führt. Hier sammeln sich in einem bestimmten Monat sämtliche Elefanten des ganzen Bezirks. Ich war krank, konnte nicht auf Jagd gehen. Da wurde mir gemeldet, daß sich ein einziger Bulle auf den Teil der Steppe eingestellt hatte, der selbst in der Trockenzeit ständig ungefähr 1½ Meter, an vielen Stellen auch weit mehr, unter Wasser steht. Diesen Bullen habe ich fünf Tage lang beobachtet, in dieser ganzen Zeit hat er sich auch keinen Meter von dem Platz gerührt, wo er sich an dem ersten Tage eingestellt hatte. Da erzählten mir die Jäger, daß er dorthin gekommen sei, zu sterben. Nachdem ich vom Fieber genesen, zog ich aus, und es gelang mir, mich mühselig an den Elefanten heranzupürschen. Vom Fieber geschwächt, durch den Sumpf zu waten, in dem ich stellenweise bis zur Brust versank, mich durchzuarbeiten durch Gras-Tunnel, die von Flußpferden ausgetreten waren, und die von tausenden und abertausenden Moskitos belebt wurden, war kein Vergnügen. Näher und näher kam ich an den Riesen heran. Tiefer wurde das Wasser. Fast zur Raserei trieben mich die Moskitos, und doch durfte ich noch nicht einmal mit der Hand danach schlagen; denn schon waren wir auf 30 Schritt an den noch immer unbeweglich dastehenden Elefanten herangekommen.

 

Ein einzelner Elefant

 

Als wir aus dem Tunnel herauskamen, stand er vor uns, vollständig frei, beinahe bis an den Leib im Wasser, unbeweglich; kaum ein Zeichen, daß überhaupt noch Leben in ihm war. Nur hier und da schlagen die Ohren, bewegt sich ganz langsam der Rüssel. Ich war so schwach, daß ich kaum die schwere Doppelbüchse halten konnte. Und doch wußte ich. daß der erste Schuß tödlich sein mußte, denn an Flucht oder Ausweichen war im zähen Morast und im verwachsenen Gras nicht zu denken. Langsam hob ich die schwere Büchse, zielte, setzte wieder ab. zielte wieder, bis ich den tödlichen Fleck gefunden – 2 Zentimeter hinter dem Ohrloch. Und als der Schuß über die weite Ebene donnerte, brach der Riese im Feuer zusammen. Das Kleingehirn war getroffen. Noch einige Zuckungen, ein tiefer, schwerer Seufzer, der jedem Jäger ins Herz schneidet, und das mächtige Tier war verendet.

 

Als wir den Elefanten untersuchten, stellte sich heraus, daß er von Eingeborenen angeschossen war und sich schwerkrank in seinen Zufluchtsort gerettet hatte, um dort zu sterben oder zu genesen. Der gefallene Elefant lag fast vollständig vom Wasser verdeckt. Wir mußten die Zähne unter Wasser herausschlagen, eine Arbeit, die viele Stunden in Anspruch nahm. Wäre er unbemerkt verendet, so hätte niemand etwas von seinem Tode gewußt. Denn schon in derselben Nacht wären die Krokodile gekommen, hätten den Elefanten aufgerissen, und in wenigen Tagen wären nur noch die Knochen übrig geblieben, die dann im Sumpf versinken.

 

 

Der zweite Elefantenfriedhof, den ich kenne, befindet sich auf der Wasserscheide des Kongo und Zambesi, im Walunda-Lande. In einem großen, von den Eingeborenen „Squeaker“ genannten Dschungeln liegen zwei Seen, die ich entdeckte, Shikanda und Sengwe genannt. von unergründlicher Tiefe. Auch hier sollen sich nach Aussagen der Eingeborenen Elefanten zum Sterben zurückziehen, die sich in den See einstellen und im Wasser dann versinken. Und so gibt es in jedem Elefanten-Revier einen Sumpf oder See oder verborgenen Platz im großen Fluß, wo die kranken Tiere sich hinziehen zum Sterben. Es gibt also nicht einen Elefantenfriedhof, sondern Elefantenfriedhöfe in Afrika.

 

 

Schomburgks Bericht war äußerst populär, ich habe unter anderem ein Jahrzehnt lang Nachdrucke gefunden, etwa in den „Westfälischen neuesten Nachrichten“ vom 8. November 1930, in der „Haaner Zeitung“ vom 12. März 1934, und noch in dem „Niederrheinischen Tageblatt“ vom 14. März 1934

 

Elefantenherde
Elefantenherde in Amboseli, Kenia

 

Der gesamtafrikanische Elefantenfriedhof

 

Einen weiteren Friedhof meldet die „Bruchsaler Post“ vom 19.12.1950:

 

 

Das „Tal des Elfenbeins“

Geheimnisvolles Dunkel um den „Elefantenfriedhof“ im ostafrikanischen Urwald

Mit den heutigen großen Investitionen in Afrika und den damit verbundenen weitgreifenden Erschließungsplänen wird wieder die Frage nach dem „Tal des Elfenbeins“ diskutiert, jenem geheimnisvollen, legendenumwobenen Gebiet, wo sich nach bisher allerdings unbestätigten Erzählungen der Schwarzen ein riesiger „Elefantenfriedhof“ befinden soll, zu dem sich diese Tiere zurückziehen, wenn sie ihr Ende herannahen fühlen. Über diesen „Elefantenfriedhof“, der sich irgendwo im ostafrikanischen Wildparadies, entweder in Uganda oder in Kenya befinden soll, wird schon seit mehr als achtzig Jahren gesprochen, seit Livingstone und Stanley als erste Weiße den dunklen Erdteil von Ost nach West durchquerten, doch gefunden hat ihn bisher noch keiner der vielen Forscher, die seitdem Afrika bereisten. Es ist nicht ausgeschlossen, daß die schwarzen Händler über das „Tal des Elfenbeins“ absichtlich einen Schleier breiten, um zu verhindern, daß es von den Weißen entdeckt und damit ihre Erwerbsquelle zerstört wird.

 

 

Anzeige

20 Säugetiere aus der Urzeit 

Vom Urpferdchen bis zum Mammut

20 Säugetiere aus der Urzeit werden im gleichnamigen Buch des Wiesbadener Wissenschaftsautors Ernst Probst in Wort und Bild vorgestellt. Der Reigen der ausgestorbenen Säuger beginnt mit dem Urpferdchen Hyracotherium, das kleiner als eine Hauskatze war. Er endet mit dem relativ kleinen Elefanten namens Mammut. Und mit dem Wollnashorn, von dem man einen Schädelfund im Mittelalter fälschlicherweise einem Drachen zuschrieb. Mehr oder minder Exoten waren das sechshörnige Ungeheuer von Uinta, das fehlgedeutete Schreckenstier.  Das Huftier Chalicotherium hatte Krallenfüße, der imposante Säbelzahntiger Machairodus und der riesige Menschenaffe Gigantopithecus. Erstaunliches erfährt man über den Bärenhund Amphicyon (zweifelhafter Hund), den Höhlenbären als Raubtier, das Pflanzen fraß, und den Höhlenlöwen, der selten eine Höhle aufsuchte. Nicht minder spannend ist die Beschreibung des nashornartigen Paraceratherium, welches als größtes Landsäugetier aller Zeiten gilt, und des Beutellöwen Thylacoleo, der seine Beute erdolchte.

 

20 Tiere der Urzeit ist im September 2021 independently von Wissenschaftsautor Ernst Probst publiziert worden. Das alleine spricht schon für Qualität. Das Buch liegt als gebundenes Exemplar, Taschenbuch und fürs Kindle vor.

 

Mit dem Kauf über den Link unterstützt ihr den Betrieb dieser Website.

 

Das große Rätsel

Vor einigen Jahren erschien in einem deutschen Verlag ein Buch, dessen interessanter und spannender Inhalt sich mit dem „Tal des Elfenbeins“ befaßte. Der Autor, der mit seiner Erzählung den Berichten der Eingeborenen folgte, stellte in den Mittelpunkt der Handlung eine Forscherin, die es unternimmt, im innerafrikanischen Urwald nach dem sagenhaften „Elefantenfriedhof“ zu suchen. Nach unsäglichen Strapazen findet sie ihn auch, doch kehrt sie, überwältigt von dem phantastischen Anblick der sterbenden Riesen und der gewaltigen, hier angehäuften Elfenbeinmenge, nicht mehr in die Zivilisation zurück, sondern nimmt ihr Geheimnis mit ins Grab. Diese aus Tatsachen und Phantasie gemischte Darstellung und andere mehr oder minder glaubhafte Berichte von Eingeborenen und Großwildjägern haben viele Expeditionen auf die Beine gebracht, die jedoch alle erfolglos zurückkehren mußten. Über Hunderte von Kilometern wurden die Spuren der ostwärts wandernden Dickhäuter durch Urwald und über Savannen verfolgt, aber dann waren sie plötzlich verschwunden.

Wo sterben diese Tiere?

Obwohl seit dem Eindringen der Weißen in Afrika viele Jahrzehnte verflossen sind und seither die-Zivilisation riesige Landstriche der afrikanischen Wildnis entriß, kann sich bis heute kein Weißer rühmen, jemals auch nur einen Elefantenkadaver gesehen zu haben. Ja, selbst die Eingeborenen wollen davon nichts wissen. Darf man ihnen glauben? Vielleicht stimmt es, was einmal ein britischer Forscher schrieb, nämlich, daß die Eingeborenen Afrikas die Elefanten als Bundesgenossen in ihrem Kampf gegen die weißen Eindringlinge betrachten und ihnen niemals die reiche Schatzkammer zeigen werden, die das kostbare Elfenbein birgt. Wie dem auch sein mag, die schwarzen Händler werden ihre Quellen freiwillig niemals verraten. Man schätzt die Zahl der heute in Afrika lebenden Elefanten auf rund 200 000. Davon soll es in Uganda allein 20 000 geben. Experten haben berechnet, daß bei einem Durchschnittsalter von hundert Jahren – so alt werden die in der Wildnis lebenden Elefanten [heute geht man von 50 Jahren aus] – jährlich etwa 2000 Dickhäuter sterben müssen. Wo aber blieb diese beachtliche Zahl der dem Tode geweihten Rüsseltiere? Wer diese Frage beantworten kann, ist auf dem Wege ein reicher Mann zu werden, denn gewaltige Mengen von den Stoßzähnen der Elefanten gelieferten Elfenbeins müssen irgendwo in den weiten, den weißen Spähern noch unbekannten Gebieten der afrikanischen Wildnis lagern.

 

Kadaver eines Elefanten, sind das die Elefantenfriedhöfe?
Kadaver eines Elefanten, sehen so die legendären Elefantenfriedhöfe aus?

 

Jagd nach Reichtum

Afrikanische Großwildjäger erklären, daß angeschossene oder erkrankte Elefanten immer bestrebt seien, tiefes Wasser zu erreichen, und knüpfen daran die Vermutung, daß sich die Elefanten, wenn sie ihr Ende nahen fühlen, in den an den Ufern von dichtem Strauchwerk und Gestrüpp bewachsenen Flüssen oder Seen Ostafrikas selbst ertränken. Diese Ansicht wird auch von dem britischen Afrikaforscher Professor Riddley von der Universität Oxford vertretet, der nachgewiesen hat, daß auch Mammuts, die Vorgänger der Elefanten, auf diese Weise den Tod suchten. Da jedoch nüchtern denkende Geschäftsleute – und diese haben seit Kriegsende in vermehrtem Maße in Afrika Einzug gehalten – von Vermutungen nicht viel halten, sondern die im Urwald schlummernden Reichtümer finden wollen, wird die Jagd nach dem Elfenbein fortgesetzt Man will mit Hilfe der Eingeborenen noch einmal genau den Spuren der alten Elefanten folgen und, koste es was es wolle, den gewaltigen „Elefantenfriedhof“ Innerafrikas finden, wo die massigen Rüsseltiere ihr Grab gefunden haben und wo das Elfenbein ruht. F.M.

 

Afrikanische Elefanten

„Besuch auf einem Elefantenfriedhof“

So lautet die Überschrift eines langen Beitrags in der „Neuen Mannheimer Zeitung“ vom 7. August 1937 auf der Seite 5:

 

Geburt und Tod der Urwaldriesen – Stirbt der Elefant aus?

Wenn sich zwei Großwildjäger in Afrika treffen, so fangen sie bald an, darüber zu streiten, ob und wo es„ Elefantenfriedhöfe“ gibt. Es ist eine alte Erfahrung, daß man nie tote Elefanten findet, die durch Krankheit, Alter oder aus anderen natürlichen Gründen verendet sind. Ein Elefant, der durch Pfeil oder Kugel schwer angeschossen ist, geht dem Jäger gleichfalls verloren, wenn er sich noch eine Zeitlang schnell bewegen kann. Die grünen Zweige der Urwaldbäume schlagen hinter so einem todwunden Riesen zusammen – und sehr selten glückt es dem weißen Jäger, seinen Verbleib zu erforschen.

Woher kommen die Elefanten?

Weniger bekannt dürfte es sein, daß auch der Geburtsort des afrikanischen Elefanten ein Geheimnis ist. Hochtragende Elefantenmütter findet man nie bei der Herde, man weiß aber auch nicht, wo sie sich sonst aufhalten – man kann nur eines Tages feststellen, daß sich eine altbekannte Schar wieder einmal um eine Elefantenkuh und ihr Kälbchen vermehrt hat. Ich habe zwanzig Jahre meines Lebens als Elefantenjäger in Afrika verbracht, besonders in Ostafrika, und schon in den ersten Jagdjahren gewann ich die Ueberzeugung, daß an den Erzählungen der Neger von „Elefantenfriedhöfen“ etwas dran sein müsse. Zugleich begann ich mir den Kopf darüber zu zerbrechen, woher der ständige Zuwachs an Elefanten kommen mag, der bis in die Gegenwart anhält. Daß 1936 nicht weniger als 2300 Elefanten allein in Uganda abgeschossen wurden, ist dem Tierbestand kaum anzumerken.

Elefanten am Wasser
Elefanten müssen in der Regel tatsächlich jeden Tag trinken

Der Elefant muß täglich trinken.

Wohl als erstem Weißen ist es mir kürzlich gelungen, einen kleinen „Elefantenfriedhof“ zu entdecken und zugleich das Rätsel des Geburtsortes der Elefanten zu lösen. Ich ging davon aus, daß so eine Stelle, zu der sich alte und verwundete Tiere zurückziehen, vieles und bequem erreichbares Futter haben muß. Ferner muß klares Wasser in Mengen vorhanden sein, denn jeder Elefant muß innerhalb 24 Stunden mindestens einmal tüchtig trinken. Und schließlich mußte der Platz abgeschlossen und schwer erreichbar sein. In meinen Jagdgebieten, den Elgeyo- und Suk-Distrikten in Britisch-Uganda, wandten sich angeschossene Elefanten stets nordwärts. Mit großer Schläue und Geschicklichkeit verwischten sie dabei ihre Spuren; oft verschwanden die gewaltigen Tiere vollständig, manchmal konnte ich nach stundenlangem Suchen die Spur wiederfinden und dem Tier den Fangschuß geben – immer aber fand ich, daß die Richtung ihrer Flucht nordwärts war. Das brachte mich auf den Gedanken, daß in dieser Richtung ein Elefantenfriedhof liegen müsse, und ich beschloß, danach zu suchen. Dazu mußte ich einem schwerverwundeten Elefanten heimlich auf der Spur bleiben und sehen, wohin er sich wendet, wenn er sich unbeobachtet glaubt. Von eingeborenen Trägern durfte ich dabei nicht viel Hilfe erwarten. Die Neger geben vor, daß Geister die Ruhestätte der toten Elefanten umschweben, aber in Wahrheit liegt ihnen natürlich daran, keine Weißen an die Plätze herankommen zu lassen, an denen sich das Elfenbein toter Elefanten bequem und in Mengen sammeln läßt.

Elefantenherde
Elefantenherde

Ein kleines Elefantenhospital

Eines Tages schoß ich am Fuße der Elgeyo-Hügel einen Elefantenbullen schwer, aber zu weit hinten an, so daß das Tier auf die bekannte rätselhafte Art noch im Urwald verschwinden konnte. 200 Pfund Elfenbein mit ihm! Ich eilte sofort nordwärts, wenn auch im Unterholz keine Spur zu finden war. Nach einigen Stunden fand ich tatsächlich die blutgetränkte Fährte des wunden Dickhäuters – um sie dann wie⸗ der zu verlieren. Zwei Tage ging die Jagd so fort, mit abwechselndem Finden und Verlieren der Fährte, aber unentwegt nach Norden. Schließlich hatte der Elefantenbulle sich sicher geglaubt, seine Spur war klar bis zum Ufer des Turkwell-Flusses zu verfolgen. Auf der anderen Seite des Flusses tauchte sie indessen nicht wieder auf. Das verwundete Tier mußte also auf einer Insel stecken, die unweit des Platzes, an dem ich neben der Spur stand, mitten im Flusse lag. Und so war es auch. Leise setzte ich in der Nacht mit einem Begleiter über und traf dort den dickhäutigen Gesellen, den ich mit einem besseren Schuß erlegte. Auf der Insel aber fand ich dann nicht weniger als zwanzig Elefantenskelette – nur ohne Elfenbein, die Eingeborenen waren mir zuvorgekommen.

Eine Woche auf der Elefanteninsel.

Eine volle Woche hindurch hielt ich mich auf der Insel verborgen – gut verborgen, denn meine eigenen Erfahrungen und die Erzählungen der Neger hatten mir gezeigt, daß die Elefanten hier völlig ungestört sein wollten und sehr bösartig wurden, wenn jemand versuchte, ihre Ruhestätte zu entweihen. Fast täglich kamen einzelne Elefanten in dieser Zeit auf die Insel – vom Süden, der Seite, von der ich selbst gekommen war, näherten sich aber nur alte oder kranke Elefanten, während vom Norden tragende Elefantenkühe die Insel betraten. Auch auf der Insel selbst hielten sich Geburt und Tod streng zwischen Nord und Süd getrennt voneinander. Bis zum Flußufer wurde einer der beiden Elefanten, die während meiner Beobachtungszeit zur Todesseite der Insel wollten, von einem jungen Elefanten begleitet – zur Insel schwamm er allein herüber. Das Schwimmen der Elefanten ist ein höchst eigentümliches Rollen, das die Riesenleiber sicher, wenn auch langsam durch das Wasser trägt.

 

 

Große Elefantenlager noch unentdeckt

Bei der Insel im Turkwell-River, die ich entdeckte, kann es sich nur um einen der kleinsten Elefantenfriedhöfe gehandelt haben, der außerdem für die Zukunft kaum noch Raum bietet. In Gesprächen mit alten Wanderobo-Massai, die in den Wäldern am Elgon-Berg leben, erfuhr ich, daß im Karamaja-Distrikt ein weit größerer Platz zu finden sein müsse, an dem sich die Elefanten zum Sterben niederlegen. Zweifellos wäre die wissenschaftliche wie die materielle Beute des Entdeckers eines solchen Platzes sehr groß. Für den Zoologen hätte es hohen Wert, Geburt und Tod der grauen, urweltlichen Kolosse beobachten zu können; und der Händler sähe sich durch das Elfenbein reich belohnt, denn die Eingeborenen wagen sich an die größeren Ruheplätze der Elefanten anscheinend nicht heran, sie berichten, daß Elefantenbullen die „Friedhöfe“ in weitem Umkreis bewachen und jeden Näherkommenden zu Brei zerstampfen.

 

 

Eine andere Frage ist es allerdings, ob man diese letzten ungestörten Schlupfwinkel wilden Tierlebens überhaupt antasten soll oder ob man es nicht den Elefanten gönnen sollte, in ihren verzweifelt verteidigten Friedensstätten ruhig zu sterben …




Freitagnacht-Kryptos: Zwei alte Berichte von Loch Ness

Erdbeben erzeugen sogenannte Seiches, starken Wellengang in Seen und Meeren (da nennt man sie Tsunami), ohne dass Unwetter oder Wind herrscht. Das große Erdbeben vom 1, November 1755 von Lissabon brachte in ganz Europa die Seen zum Kochen und zum Überschwappen, in Schottland unter anderem den Loch Lomond, den Loch Tay und den Loch Ness.

 

Loch Ness mit Bergketten an beiden Ufern und der Sonne hinter Wolken am gegenüberliegenden Ende
Wie verschlossen liegt Loch Ness an diesem Abend da, kaum eine Welle, und selbst das Licht wirkt bleiern.

 

Das schildert der walisische Naturwissenschaftler Thomas Pennant (1726–1798) in seinem Buch „A Tour of Scotland“ (Nachdruck Perth: Melven Press 1979, S. 201):

 

 

[Loch Ness] is violently agitated by the winds, and at times the waves are quite mountainous. November 1st, 1755, at the same time as the earthquake at Lisbon, these waters were affected in a very extraordinary manner: they rose and flowed up the lake from East to West with vast impetuosity, and were carried above 200 yards up the river Oich, breaking on its banks in a wave near three feet high; then continued ebbing and flowing for the space of an hour: but at eleven o’clock a wave greater than any of the rest came up the river, broke on the North side, and overflowed the bank for the extent of 30 feet. A boat near the General’s Hut, loaden with brushwood, was thrice driven ashore, and twice carrioed back again; but the last time, the rudder was broken, the wood forced out, and the boat filled with water and left on shore.

 

 

Anzeige

Märchen von den Britischen Inseln

Seit alters werden die Britischen Inseln von Feen und Kobolden, Riesen und Magiern, Helden und Dämonen bevölkert. Zahlreich sind die Sagen und Legenden, die sich um sie ranken. Unzählig die mythischen Orte, an denen sie einst wirkten – und nach manch Einheimischen noch heute anzutreffen sind.

 

Diese einzigartige dreibändige Auswahl im Schmuck-Schuber enthält die schönsten und spannendsten Märchen aus England, Irland und Schottland. Sie hat 992 Seiten und ist 2019 auf Deutsch im Anaconda-Verlag erschienen.

 

Mit dem Kauf über den Link unterstützt ihr den Betrieb dieser Website.

 

Das Buch ist 1779 auch auf Deutsch erschienen, unter dem Titel „Reise durch Schottland und die Hebridischen Inseln“ (Leipzig: Weygandsche Buchhandlung). Hier steht die Passage, stark gekürzt, auf Seite 128:

 

 

Oft stürmt es auf diesem See sehr heftig, und die Wolken [muss eigentlich heißen: Wogen] steigen alsdenn gleich Bergen in die Höhe. Insonderheit bemerkte man den ersten November 1755, um die nämliche Zeit, da zu Lissabon das große Erdbeben war, daß es auf dem Loch-Neß entsezlich stürmte, doch verspürte man in der ganzen Gegend keine Erderschütterung.

 

 

Eine weitere interessante Informationen, nämlich das frühere Vorkommen von Bibern im Loch Ness, bietet die „Jagd-Zeitung“, Band 12, 15. März 1869, Seite 151. Dort schreibt ein Fr. A. P. den Artikel „Naturgeschichtliches aus England, über Thiere, welche seit geschichtlich bekannten Zeiten ausgestorben sind“. Loch Ness liegt natürlich in Schottland, nicht in England!

 

schwimmender Biber
Schwimmender Biber.

 

Es vermuthen wohl Wenige, daß der Biber (Castor fiber), von dessen merkwürdiger Lebensweise man uns schon in der frühesten Jugend erzählte, einst in den Gebirgswassern von Loch Neß und Loch Marree in Pertshire ebenso heimisch waren und friedlich ihre Dämme bauten, wie heutzutage an der Hudsonsbai und in Canada, und doch war es so.

Abgesehen von andern stichhaltigen Beweisen, haben wir einen, dem die Unkundigeren vielleicht geneigt sind mehr Glauben zu schenken, ich meine die Aussagen von Augenzeugen und Zeitgenossen, die bei geologischen Behauptungen, selbst über die jüngsten Formationen, äußerst selten sein dürften. Die erste, uns bekannte Kunde davon stammt aus dem 9. Jahrhundert, wo desselben in den Gesetzen von Hywel Dha (Leges Wallicae) als eines zur damaligen Zeit schon seltenen und geschätzten Thieres Erwähnung geschieht.

 

 

Furriers Shop 19. Century
Pelzsalon eines Londoner Kürschners im 19. Jahrhundert. Das Bild stammt aus Frankreich, weiteres ist unbekannt.

 

 

Während ein Marderfell auf 24 Pence, Fell einer Fischotter nur auf 12 Pence geschätzt wurde, galt das eines Flosdyldan oder Bibers die große Summe von 120 Pence, also fünfmal so viel als das eines Marders und zehnmal soviel als ein Fischotterfell. So scheint er schon zur Zeit der sieben Königreiche weniger häufig gewesen zu sein, seine Sonne ging früher unter. Giraldus de Barri, oder wie er von Andern genannt wird, Sylvester, Giraldus oder Giraldus Cambriensis erzählt uns im Jahre 1188 in dem komischen Berichte, den er von seiner Wanderung durch Wales mit Balduin, Erzbischof von Canterbury gibt (der Zweck dieser Reise war, die Bewohner von Wales zur Theilnahme an den Kreuzzügen aufzumuntern), daß zu seiner Zeit der Biber nur in dem Fluße Teivi in Cardiganshire gefunden wurde, und er macht eine merkwürdige Beschreibung von den Eigenthümlichkeiten dieses Thieres, welche allem Anscheine nach theilweise auf eigene Beobachtungen gegründet war. […]

Der Biber war ein seltenes Thier, aber ein wichtiges

Ungefähr um dieselbe Zeit war der Biber in Schottland bekannt, aber nur als ein seltenes Thier. Hector Boece (oder Boethius), der scharfsinnige Vater aller schottischen Geschichtschreiber führt den Biber ohne das mindeste Bedenken unter den Bewohnern von Loch Neß an und sagt, daß Biberfelle gegen das Ende des 15. Jahrhunderts ein ansehnlicher Ausfuhrsartikel gewesen seien; er geht sogar noch weiter und spricht von einer unvergleichlichen Menge; das ist jedoch vielleicht nur eine Uebertreibung, wie sie unsere modernen Geschichtschreiber den mittelalterlichen Historiografen öfters zur Last legen, wo es sich um merkwürdige Thatsachen handelt.

Bellenden, welcher ungefähr um die Mitte des sechszehnten Jahrhunderts auf den Wunsch Jakobs VI. eine Uebersetzung der schottischen Chronik (Cronikles of Scotland) von Boethius unternahm, und der in seiner Gewissenhaftigkeit Hirsche, Rehe und sogar Fischottern wegläßt, erwähnt des Bibers ohne Zögern. Die darauf bezügliche Stelle ist werth, hier angeführt zu werden: „Mony wyld hors and amang yame are mony martrikis, (pine martins) bevers quhitredis and toddis, the furrings and skynnis of yame are coft (bought) with great price amang uncouth (foreign) merchandis.“ (Viele wilde Pferde und von Waldthieren viele Baummarder, Biber, Wiesel und Füchse, deren Pelze und Felle zu hohen Preisen von den fremden Kaufleuten gekauft werden.)

Es ist mehr als wahrscheinlich, daß jene ehrenwerthen Geschichtschreiber unter dem Einfluß eines gewissen heimatlichen Stolzes schrieben, als sie den Biber unter den im 15. Jahrhundert in Loch Neß eins heimisch gewesenen Thieren anführten, da derselbe in einem Parlamentsakt vom Juni 1424 gar nicht genannt ist, in welchem doch mertricks (Baummarder), fourmartes (Iltisse), Fischottern und Füchse ausdrücklich genannt werden. Es muß im Vorbeigehen bemerkt werden, daß beide Historiker von den Erzeugnissen ihres Landes in übertriebenen Ausdrücken schreiben. [….]

Am Anfang des Jahrhunderts hatten die schottischen Hochländer einen eigenthümlichen Namen für das Thier: losleathan oder dobhran losleathan, die breitschwänzige Fischotter; und Dr. Stewart of Luß sagt in einem Briefe an den verstorbenen Dr. Patrick Neill, Sekretär der Wernerian Society, daß der Sage nach in Lochaber einst Biber oder breitschwänzige Fischottern gehaust haben sollen.

 

Fischotter leben auch in Loch Ness
Fischotter sind schnelle, geschmeidige Jäger – sie kommen auch heute noch regelmäßig in Loch Ness und vielen anderen Teilen Schottlands, sogar im Meer vor.

Es wäre wohl wert, die Stelle bei Boece, wo er über Loch Ness schreibt, herauszufinden. Jedenfalls scheint für ihn und lange Zeit noch der Biber das bemerkenswerteste Tier im Loch Ness gewesen zu sein.


Anmerkung der Redaktion:

Laut Literatur ist der Biber in Großbritannien im 16. Jahrhundert ausgestorben. Der letzte Nachweis für England erfolgte im Jahr 1526. 2008 wurden im Rahmen der Wiederherstellung der Natur im Vereinigten Königreich die ersten Biber wieder ausgesetzt. Dies geschah am Otter-River in Devon, Südengland. Die Wiedereinbürgerung wird bis heute fortgesetzt, 2021 wurde in Südengland eine Rekordzahl von Bibern ausgesetzt (Wir berichteten).

Literatur: Martin, H. T. (1892). Castorologia: Or The History and Traditions of the Canadian Beaver. W. Drysdale. p. 26. ISBN 978-0-665-07939-9.




Medium der Woche: Merbeings: The True Story of Mermaids, Mermen, and Lizardfolk

Seejungfrauen sind ein kryptozoologisches Thema, das ein Mauerblümchen-Dasein führt. Die Zahl der Beobachtungen von Seejungfrauen dürfte sich etwa auf ein Viertel der Zahl der Seeschlangensichtungen belaufen, und doch wurden ihnen bislang keine kryptozoologischen, sondern fast ausschließlich volkskundliche Darstellungen gewidmet. Der Grund ist natürlich die Furcht, sich lächerlich zu machen, wenn man die Augenzeugenberichte – darunter sind ja Aussagen von Kolumbus, Hudson und modernen Arktisforschern – beim Wort nimmt, wie das die Kryptozoologie eben so macht.

 

Seejungfrau
Moderne Darstellung einer Seejungfrau. Hier spielt die Erotik eine nicht unwesentliche Rolle.

 

Nun sind jüngst drei Titel zu Seejungfrauen erschienen, von denen zwei erneut eher kulturgeschichtlich verortet sind (Axel Müller, Christopher Halls, Ben Williamson. Mermaids: Art, Symbolism and Mythology. ‎University of Exeter Press, 2022, und Vaughn Scribner. Merpeople, A Human History. Reaktion Books, 2020), einer aber klassisch kryptozoologisch: Mark A. Hall, Loren Coleman, David Goudsward: Merbeings: The True Story of Mermaids, Mermen, and Lizardfolk. Anomalist Books 2023.

 

Um diesen letzten Titel soll es hier gehen.

 

Anzeige

Merbeings: The True Story of Mermaids, Mermen, and Lizardfolk

Das hier vorgestellte Buch „Merbeings: The True Story of Mermaids, Mermen, and Lizardfolk“ ist wie beschrieben im Mai 2023 bei Anomalist Books erschienen. Das Taschenbuch hat 200 Seiten auf englischer Sprache, ungefähr im Format Din A5. Neben dieser Ausgabe ist es auch als ebook erhältlich.

 

Mit dem Kauf über den Link unterstützt ihr den Betrieb dieser Website.

 

Die Autorenangabe ist etwas unklar – der hauptsächliche Autor scheint Mark Hall zu sein, mit Anhängen von Loren Coleman. Welche Rolle Dave Goudsward spielt, ist unklar, in einer E-Mail teilte er mir mit, er habe den geringsten Teil verfasst, das Buch sei eigentlich bloß „eine überarbeitete und erweiterte Version von Mark Halls selbst veröffentlichtem Buch von 2005 über Eidechsenmenschen und Seejungfrauen“.

 

Das Buch Merbeeings
Das hier besprochene Buch „Merbeeings“ von Mark Hall und anderen.

 

Ich mag den Verlag Anomalist Books und schätze Dave Goudswards Buch über Seeungeheuer in Florida sehr. Der vorliegende Titel war aber leider eine Enttäuschung. Das kommt sicherlich vor allem daher, dass Mark Hall ein klassischer Kryptozoologe war. Für ihn entsprechen Augenzeugenberichte der Wirklichkeit (oder sie sind eben gelogen). Und wenn man Augenzeugenberichte über Seejungfrauen beim Wort nimmt, kommt, wie sich zeigt, eine verquere Zoologie heraus.

 

Barnums Feejee Mermaid
Barnums „Feejee-Mermaid“, ein klassisches Objekt

 

Ich fasse die Thesen des Buchs kurz zusammengefasst:

  • Aus dem bipeden Affen Oreopithecus des oberen Miozän, der Sümpfe bewohnte, entwickelte sich der „Wasseraffe“, ein ganz ans Leben im Meer angepasster, aber amphibisch lebender Primat. Er sieht noch aus wie ein Affe, d.h. er hat ganz normale Füße, eventuell mit Schwimmhäuten zwischen den Zehen. Weil sich die Wasseraffen schon Millionen Jahre länger entwickeln als der Homo sapiens, sind sie uns an Wissen und Intelligenz überlegen. Die babylonische Mythe vom kulturbringenden Wassermann Oannes beruht also auf Wahrheit. (S. 10 – tatsächlich ist Oannes die griechische Umschrift des babylonischen Süßwassergottes Ea.)

 

Wassermensch
Künstlerische Darstellung eines Wassermenschen/affen

 

  • Diese Wasseraffen schaffen sich Schwimmhilfen, also einen Schwanz aus Fischhaut oder Seehundsfell, zuweilen auch als Stabilisatoren auf den Rücken montierte Rückenflossen. (S. 20, 35, 65, 80, 109) Das erklärt den Mythos der Selkies in Schottland, die ihr Seehundsfell ablegen, wenn sie an Land kommen. Heiraten und Reproduktion zwischen Homo sapiens und Wasseraffen ist möglich. (Den Mythos von den Schwanenfrauen, die ebenso ihr Gefieder ablegen, kennt oder berücksichtigt Hall nicht.)
  • Diese Hilfsmittel können an Land zur tödlichen Falle werden, Eine Seejungfrau schlug, als sie gefangen worden war, ihre Hände übers vors – d.h. sie erstickte unter ihrer Atemmaske. (S. 101)
  • Wasseraffen sind nicht nur intelligent, sondern auch schönheitsbewusst – die Weibchen färben sich aus Modegründen die Haare oder tragen Perücken. Dass erklärt Berichte über die blauen oder grünen Haare von Seejungfrauen. (S. 20) Überhaupt lassen sich die Sichtungen so deuten, dass Wasseraffen intelligent sind und über eine hoch entwickelte Kultur verfügen. (S. 10, 20, 72, 76)
  • Kryptozoologen machen es sich zu einfach, wenn sie diese – mit Homo sapiens, Bigfoot, Pygmäen wie dem Hobbit und Gigantopithecus – auf unserem Planeten lebende hochstehende Primatenart ignorieren. Als Forscher der International Society of Cryptozoology das Ri von Papua als Dugong identifizierten, nur weil sie einen an der Stelle fotografieren konnten, an der eine Seejungfrau untergetaucht war, heißt ja nicht, dass die dortigen Seejungfrauen Dugongs sind, Vielleicht kam eine Seejungfrau mit einer Herde Dugongs in die Bucht und war nur abgetaucht, als sich die Forscher näherten. (S. 113)
  • Lizardman, ein im Süßwasser lebender Wasseraffe, der keinen falschen Fischschwanz benutzt, steckt hinter Geschichten von Teufel oder Gespenstern, die hinter Reitern auf Pferde springen. (S. 143–147) Das erinnert an Ivan T. Sandersons These, der wilde Mann Europas sei eine Art Bigfoot gewesen.
  • Die Wassermänner und Seejungfrauen der Heraldik mit einem doppelten Fischschwanz sind auch keine Erfindung der Phantasie, sie spiegeln nur eine besondere Mode unter den Wasseraffen. (S. 10, 20)

 

Symbol zweischwänzige Meerjungfrau
Als Logo oder Wappen tritt die zweischwänzige Meerjungfrau auch auf

 

Schon das lässt sich alles schwer allein aus Augenzeugenberichten ableiten, die Seejungfrauen oft nüchterner schildern als Mark Hall (und eigentlich mit dem Schwanz in einem Stück – kein Augenzeugenbericht erwähnt einen abnehmbaren Fischschwanz.). Hall ist, wie man schnell merkt, ausufernden Ausdeutungen nicht abgeneigt. Wir erfahren zusätzlich:

  • dass „Wasseraffen“ Alligatoren in den nördlichen Breiten der USA ansiedeln (d.h. mit sich bringen), um so vor menschlichen Zugriffen geschützt zu sein. (S. 22) Das erklärt Sichtungen von Alligatoren im Norden der USA.
  • dass sie nur drei Zehen (Entenfüße) und einen abstehende Daumen haben, bei dem es sich möglicherweise um einen Giftstachel handelt. (S. 21) Immer daran denken – der Fischschwanz, der eine Seejungfrau und einen Meermann eigentlich ausmacht, ist eine künstliche Schwimmhilfe!
  • dass die oberirdische Welt alle 30 000 Jahre in einer gewaltigen Naturkatastrophe durch Verschiebung der Erdkruste fast untergeht (und deshalb die Wasseraffen, die im Meer weniger betroffen sind, schon weiter entwickelt sind als die Menschen an Land). (S. 23)

 

Grünhaarige Seejungfrau
So stellt sich ein Künstler eine Meerjungfrau mit grünem Haar vor

 

Es gibt nach Hall mindestens drei Spezies von Wasseraffen, die alle selbst hergestellte Fischschwänze benutzen, die sie über ihre Beine stülpen, um besser schwimmen zu können:

  • Wasseraffen – also unsere Seejungfrauen
  • The Mysterious Ones – Affen oder Zwergenmenschen, die zwar im Dschungel leben, aber sich auch Fischschwänze anziehen und ins Meer gehen (Hobbits).
  • Eidechsenmenschen, die in den Sümpfen im Süden der USA wohnen und ebenfalls ans Wasserleben angepasste, intelligente Affen sind. Sie sind sehr wahrscheinlich identisch mit Seejungfrauen, möglicherweise eine speziell ans Süßwasser adaptierte Subspezies.

 

Hall nennt die Seejungfrauen und Wassermänner immer „Wasseraffen“, ganz gleich, was in seiner Quelle steht. Das Nachwort von Loren Coleman ehrt seinen Freund Mark Hall, der ein netter Kerl gewesen ist. Es folgen Anhänge, einer davon, Anhang 2, ist ein nichtssagender Text generell über Seejungfrauen aus dem Jahr 1910.

Ein Buch, das Fragen offen lässt

Man merkt es schon – das Buch lässt mich hilflos zurück. Man spürt den enormen Fleiß, der darauf verwendet wurde, und ahnt, dass er in völlig falsche Bahnen gelenkt wurde. Die Wasseraffen, die Hall beschreibt, sind ganz und gar seine Erfindung. Sie werden nicht einmal durch die Augenzeugenberichte gedeckt.

 

Seejungfrau an einer Ruine
Düstere Darstellung einer sehr menschlichen Seejungfrau

 

Das Buch zeigt aber auch, wie weit man „zoologische“ Kryptozoologie treiben kann, wenn man der Heuvelmanschen Annahme folgt, wir könnten aus Augenzeugenberichte unbekannte Tiere und ihr Verhalten ableiten. Da die Sagen weltweit erzählen, dass Nixen ihren Fischschwanz abstreifen, wenn sie an Land gehen, ist das ein Fakt. Weil Wassermänner auf Wappen doppelschwänzig dargestellt werden, muss auch das gesehen worden sein. Da der babylonischen Überlieferung nach Oannes der Bevölkerung Mesopotamiens den Ackerbau beigebracht hat, war das auch so. Menschen berichten nur, was sie erleben. Sie haben keine mythische Fantasie. Mit demselben naiven Vertrauen presst Heuvelmans ja selbst den nur 2 m langen Riesenkalmar (die Tentakel abgezogen) in den Mythos des Ungeheuers Kraken (Krabbe), das größer ist als ein Wal, oder erfindet neun Spezies von Seeschlangen, wo nur unterschiedliche Erzähltraditionen herrschten.

 

Ich zweifle an dieser Methode, und das vorliegende Buch gibt mir Recht. Alleine deshalb sollte es von Kyrptozoologen jeder Couleur gelesen werden. Mögen sie daraus ihre eigenen Schlüsse ziehen.

 

Das klingt alles sehr negativ. Auf der Positivseite steht aber:

Sehr ausführliche Sammlung von Augenzeugenberichten

Einige bislang wenig bekannte Augenzeugenberichte sowie wissenschaftliche Arbeiten gerade zu exotischen Seejungfrautraditionen aus Afrika und Ozeanien, die bisherige Arbeiten zum Thema nicht kennen, lohnen den Kauf.

 

Ich fand das Buch zudem als unterhaltsame Lektüre, wenn ich den Zensor im Kopf ausschaltete (was mir leider nicht zu oft gelang).

 

Seejungfrau
Eine Seejungfrau ohne Erotik? Heute fast undenkbar

 

Anmerkung der Redaktion:

Wir sind Opfer eines Angriffs mit Schadsoftware geworden. So langsam können wir einen Rechner nach dem Anderen von dem Mist befreien und die Arbeit wieder aufnehmen. Daher erschien dieser Artikel zunächst ohne Illustrationen. Die haben wir mit etwa einem Tag Verspätung eingespielt.

Soweit wir und unser IT-Dienstleister feststellen konnte, ist weder der Server noch unser Mailsystem von dieser Schadsoftware betroffen, so dass weder Spam noch Schadware nach draußen gelangt ist. Auch eure Nutzerdaten waren nicht Ziel des Angriffes. Am Ende hat es sich hauptsächlich als lästig herausgestellt, wirft uns aber in der Arbeit um mehrere Tage zurück, für die wir keine Reserve haben. Falls also in den nächsten Tagen nicht alles rund läuft, wären wir für jeden Hinweis dankbar und bitten schon einmal um Entschuldigung.

PS: Liebe Hacker, wusstet Ihr, dass Ihr als Angestellter bei einem Imbiss wesentlich mehr verdienen könnt und weniger Risiko habt? Wenn ihr so clever seid, die IT-Industrie kann euch brauchen, da gibts noch mehr Geld.