Dodu = Kakundakari = Ostafrikanischer Schimpanse?
Ost-Kamerun stellt wiederum das Sichtungsgebiet eines affenartigen Kryptids namens Dodu dar. Nach manchen Darstellugen reicht das hypothetische Verbreitungsgebiet auch noch weiter in den Westen.
Der Dodu wiederum soll nach den übereinstimmenden Schilderungen sowohl der Bantu-Völker als auch der Pygmäen eine kuriose Kreatur sein: Der bis zu 6 Fuß (ca. 1,83 m) große Hominid soll sich sowohl aufrecht gehend als auch durch Knöchelgang fortbewegen. Dabei verfügt er aber nur über drei Finger und drei klauenbewährte Zehen.
Die seltsamste Eigenschaft des Kryptids ist aber seine Form der Nahrungssuche: Der Dodu jagt, ohne aber seine Beute zu fressen. Stattdessen lässt er sie verwesen. Dann frisst er die Maden, die sich wiederum vom Aas ernähren! Wie er so seinen Nährstoffbedarf decken kann, ist nicht überliefert.
Das liegt wahrscheinlich an der völligen Unglaubwürdigkeit einer solchen Schilderung. Wahrscheinlicher ist, dass es sich um verzerrte Schilderungen vom Ostafrikanischen Schimpansen handelt. Abgesehen von der seltsamen Anatomie und dem Verwesen-Lassen von Jagdbeute stimmen die Eigenschaften nämlich überein: Der ostafrikanische Schimpanse kommt auch in Kamerun vor, kann sich auf zweierlei Arten fortbewegen und jagt gelegentlich auch. Die Größe könnte zumindest bei einer großzügigen Schätzung ebenfalls übereinstimmen.
Eine ausgeschlossene Hypothese
Mit dem Kakundakari kann der Dodu aber nicht identisch sein – und mit der „Affenfrau“ höchstwahrscheinlich auch nicht: Mit letzterer schon deswegen nicht, weil eine Fortpflanzung zwischen Mensch und Schimpanse biologisch nicht möglich ist. Was den Kakundakari betrifft, muss man ein wenig weiter ausholen:
Zunächst stimmen die Verbreitungsgebiete nicht überein. Dazu kommen die enormen Größenunterschiede: Der Dodu erreicht aufgerichtet problemlos die Größe eines durchschnittlichen erwachsenen Mannes – der Kakundakari wird dagegen als nur etwa einen Meter groß geschildert. Die Fußabdrücke stimmen ebenfalls nicht überein. Beim Kakundakari soll eine Zehe verkümmert sein, der Dodu soll dagegen lediglich über drei Zehen verfügen.
Auch das Verhalten stimmt nicht ansatzweise überein. Der Kakundakari fängt vor allem kleine Wasserbewohner, die er gleich einsammelt. Der Dodu lässt seine Beute verwesen und frisst dann Maden. Auch ist nicht die Rede davon, dass er auch nur rudimentäre Werkzeuge verwendet oder versucht, Kulturtechniken der Menschen zu imitieren.
Daher soll dieser Ansatz nun nicht mehr weiterverfolgt werden.
Warum nicht mal’n moderner Mensch?
Es stellt sich trotzdem weiterhin die Frage, ob man den Kakundakari mit einer real existierenden Tierart identifizieren kann. Da die Sichtungsgebiete von Kakundakari und Kikomba identisch sind, stehen auch hier wieder die „üblichen Verdächtigen“ zur Auswahl.
Wahrscheinlich ist der Kakundakari keine allzu haarige Angelegenheit
Ausschließen kann man von vorne herein den östlichen Gorilla: Der Kakundakari zeichnet sich insbesondere durch seine geringe Größe von nur etwa einem Meter aus. Dasselbe kann man von Gorillas beiderlei Geschlechter nicht gerade behaupten.
Die kleine Gestalt des Kryptids lässt an den Bonobo denken. Auch der kann aber nicht als Kakundakari fehlidentifiziert worden sein: Sein Verbreitungsgebiet liegt viel zu weit westlich. Dass einzelne Vertreter einer Tierart in Ausnahmefällen weit außerhalb ihrer angestammten Gebiete gesichtet werden, ist möglich. Ob sich so wiederholte Sichtungen über Jahrzehnte erklären lassen, sei dahingestellt.
Den ostafrikanischen Schimpansen wiederum kann man nicht völlig als Urheber der Kakundakari-Erzählungen ausschließen. Allerdings wurde er zuvor bereits mit dem Kikomba identifiziert. Es erschiene sehr seltsam (wenn auch nicht unmöglich), dass dieselben Völker in demselben Gebiet aus einer einzigen Tierart zwei völlig unterschiedliche „Fabelwesen“ machen.
Was also, wenn der Kakundakari gar kein Affe ist?
Vom innerafrikanischen Rassismus
An dieser Stelle soll nicht die Rede von Vor- oder Frühmenschen sein. Afrika gilt nicht umsonst als die Wiege der Menschheit und die Zahl fossiler Arten mag groß sein. Jeder Versuch, den Kakundakari mit einer ausgestorbenen Art zu identifizieren, würde aber zu einem reinen Rätselraten verkommen.
Daher – und, weil das Überleben irgendwelcher Menschenarten außer dem Homo sapiens nicht erwiesen oder wahrscheinlich ist – soll eine konservativere Hypothese formuliert werden: Der Kakundakari ist ein moderner Mensch, genauer gesprochen ein Pygmäe.
In Anbetracht der Tatsache, dass der Kakundakari bestenfalls als halb menschlich beschrieben wird, hat diese Annahme einen fahlen Beigeschmack. Die Völker, die unter dem Sammelbegriff der Pygmäen zusammengefasst werden, sollen in diesem Artikel keineswegs herabgewürdigt werden. Vielmehr basiert die Theorie auf der Tatsache, dass auch die einheimischen Völker Afrikas für rassistische Theorien anfällig sind.
Vom Verhältnis zwischen Pygmäen und Bantu-Völkern
Die Rede ist von Spannungen zwischen den Bantu-Völkern und den Pygmäen-Völkern: Die ersteren betreiben traditionell Landwirtschaft, während die letzteren als nomadische Jäger und Sammler leben. Die großwüchsigen Bantu hatten durch ihre Sesshaftigkeit mehr Kontakt zu den Europäern und wurden von diesen zu einer den Pygmäen überlegenen Kultur erklärt. Dass weit mehr Bantu als Pygmäen in Zentralafrika leben, mag dabei ebenfalls eine Rolle gespielt haben.
Laut Forth gehen die Bantu noch einen Schritt weiter: Einige Völker sehen sich nicht nur als überlegene Kultur – sie sind sogar der Meinung, dass die Pygmäen gar keine Menschen sind. Ihnen wird ein Status zwischen Mensch und Tier zugewiesen. Zwar handelt man mit den Pygmäen und nutzt auch ihre Arbeitskraft gegen einen geringen Lohn – wirkliche Rechte will man ihnen aber nicht zugestehen.
Laut einem Bericht des Smithsonian Magazine wurden die Pygmäen inzwischen mehrheitlich zur (Halb-)Sesshaftigkeit gezwungen. Eine Verbesserung ihres Status‘ bewirkte diese Neuerung aber nicht: Sie besitzen den Grund, den sie bewohnen, nicht. Noch 2008 bezeichnete sogar ein Bantu-Grundbesitzer gegenüber einem amerikanischen Reporter den örtlichen Pygmäen-Stamm offen als sein persönliches Eigentum!
Die „gemeinsamen Gewohnheiten“ von Kakundakari und Pygmäen
Die Zeugen Cordiers waren allesamt Bantu. Es würde also nicht verwundern, wenn sie über ihre Begegnungen mit Pygmäen eher abwertend sprachen. So lassen sich erstaunliche Parallelen zwischen Kakundakari und Pygmäen konstruieren.
Zunächst einmal hat mit den Aka ein Pygmäenvolk sein angestammtes Gebiet in relativer Nähe zu den Sichtungsgebieten des Kakundakari: Sie leben in der Zentralafrikanischen Republik, die im Norden an die DR Kongo angrenzt. Es ist nicht auszuschließen, dass das nomadisch lebende Volk gelegentlich auch weiter in den Süden wandert – für von Politkern gezogene Grenzen dürften sie sich eher weniger interessieren.
Wenn die Aka – übrigens unter den ohnehin kleinwüchsigen Pygmäen nicht das größte Volk – nur gelegentlich die Kivu-Region aufsuchen, erklärt das auch, warum die ansässige Bevölkerung kaum mit ihnen vertraut ist.
Die Lebensweise als Jäger und Sammler würde jedenfalls sowohl auf die Kakundakari als auch auf die Pygmäen zutreffen. Dass die Kakundakari Gefäße für kleineres Sammelgut tragen, wird gelegentlich erwähnt. Auf die Pygmäen trifft die Schilderung jedenfalls zu. Die letzteren nutzen selbstverständlich auch Werkzeuge und Waffen.
Der Kakundakari schläft angeblich unter Anderem in hohlen Bäumen. So unbequem wollen Menschen nicht schlafen – und doch bestehen die Behausungen der Pygmäen gewissermaßen aus Bäumen: Sie binden Junge Triebe zusammen und bedecken sie anschließend mit Blättern.
Wie ein Aka zum Kakundakari wird
Selbst das Aussehen von Kakundakari und Aka lässt sich besser erklären, wenn man die Überlegenheitsgefühle der Bantu kennt:
Das Gesicht des Kakundakari wird von einigen Zeugen als menschlich, von anderen als affenähnlich beschrieben. Diese seltsame Zwischenstufe wird häufig dem „Fremden“ zugewiesen – umso mehr, wenn dieser Fremde als wild dargestellt werden soll.
Zu diesen angeblich leicht tierischen Zügen passt auch die Kultur der Kakundakari, die als Parodie der menschlichen erscheint: Der (großwüchsige) Mensch ist ihm eben einfach überlegen…
Selbst die helle Haut der Kakundakari ließe sich erklären, wenn man davon ausgeht, dass er in Wirklichkeit ein Pygmäe ist: Die entsprechenden Völker haben natürlich keine „weiße“ Haut im europäischen Sinne. Den großwüchsigen Völkern erscheint sie aber durchaus hell, wobei die letzteren dann schlicht von „weißer Haut“ sprechen.
Dass der Fußabdruck des Kakundakari allzu menschlich wirkte, ist dann auch selbstverständlich – er stammte ja von einem Menschen. Ob diesem nun tatsächlich ein Zeh fehlte, oder nur der Abdruck des kleinen Zehs kaum sichtbar war, sei dahingestellt. Cordier untersuchte nur einen einzigen Abdruck, sodass beides möglich ist.
Zuletzt ließe sich so sogar die Geschichte von der „Affenfrau“ ein Stück weit erklären. Schließlich kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Ehefrau des Herrn Bertelli Unterschlupf bei den Pygmäen gesucht hatte. Der Expedition ihres Mannes war offensichtlich etwas zugestoßen und ihre Überlebenschancen waren unter den ortskundigen Einheimischen jedenfalls besser, als auf sich allein gestellt.
Der Schimpanse als Alternative laut Gregory Forth
Gregory Forth argumentiert dennoch, dass der Schimpanse mindestens ebenso wahrscheinlich mit dem Kakundakari identifiziert werden kann.
So gibt er an, dass auch der Schimpanse zu geschicktem Werkzeuggebrauch in der Lage ist – eine Tatsache, die sich nicht leugnen lässt. Ebenso kann man laut Forth nicht ausschließen, dass die Schimpansen gelegentlich menschgemachte Werkzeuge stehlen und diese einigermaßen sinnvoll einsetzen. Unter den beobachtenden Menschen dürfte dies große Verwunderung hervorrufen.
Der Kakundakari ist kein Vegetarier
Auch, dass sich der Schimpanse nicht rein vegetarisch ernährt, ist eine Tatsache. Das Sammelverhalten des Kakundakari ließe sich so erklären. Sammelgefäße aber verwendet der Schimpanse nicht – der Kakundakari dagegen schon.
Menschenaffen können auf zwei Beinen laufen und sind dazu bereit, wenn es sinnvoll ist. Forth zitiert in diesem Zusammenhang mehrere Arbeiten. Demnach bietet etwa der Transport von Gegenständen in den Händen Anlass für ein solches Verhalten.
Unverständlich bleibt nur Forths Fokus auf den Bonobo: Es mag sein, dass sich dieser im Vergleich zu Schimpanse und Gorilla noch müheloser auf zwei Beinen fortbewegen kann. Er kommt im Gebiet um den Kivu-See aber schlicht nicht vor. Menschen sind bei ihren Wanderungen insgesamt flexibler, als Tiere.
Forths letztes Argument, um die menschenähnlichen Züge des Kakundakari zu erklären, steht dagegen schon wieder auf wackligeren Beinen. Er behauptet nämlich, dass Schimpansen lagerfeuerartige Holzkonstruktionen aufschichten, ohne sie aber anzuzünden. Dieses Verhalten wird auch dem Kakundakari nachgesagt. Nur zitiert er dabei eine Arbeit, die wiederum als Quelle die Erzählungen liberischer Jäger nennt. Was von ihnen Schilderungen tatsächlich eigene Beobachtungen und was davon traditionelle Überlieferungen sind, dürfte kaum auszumachen sein.
Die Pygmäen-Hypothese ist ihm bekannt, allerdings misst er ihr keine so große Bedeutung zu. Ausschließen will er sie dennoch nicht.
Fazit und Schlussbemerkungen
Insgesamt dürften Kikomba und Kakundakari wohl zu denjenigen Hominiden zählen, deren Existenz relativ wahrscheinlich ist. Allerdings handelt es sich realistischer Weise nicht um unentdeckte Arten, sondern um fehlidentifizierte Tiere bzw. Menschen.
Dass beide Kryptiden derselben Art zuzuordnen sind, wie etwa Cordier spekulierte, kann man aber getrost ausschließen: Das unterschiedliche Aussehen kann man noch durch einen Geschlechtsdimorphismus erklären. Für das völlig unterschiedliche Verhalten der beiden Kryptiden gibt es aber keine so einfache Erklärung.
(Fast) sicher bekannte Menschen(affen)
Der Kikomba dürfte wohl letztlich bloß ein Schimpanse sein. Den äußeren Beschreibungen nach könnte es sich auch um einen Gorilla handeln. Der relativ kleine Fußabdruck, den Cordier sah, spricht aber eher dagegen. Auch die Verbindung von Kikomba und Hirschferkeln deutet klar (wenn auch im Widerspruch zu den Erzählungen der Einheimischen) auf ein Tier hin, das jagt. Dann kommt also nur noch der ostafrikanische Schimpanse in Frage.
Der These, dass der Kikomba aber der Bili-Schimpansen-Unterart angehört, soll hier widersprochen werden: Trotz den Überschneidungen beim äußerlichen Escheinungsbild, spricht die große Distanz der Sichtungsgebiete dagegen.
Beim Kakundakari fällt die Identifizierung schwerer: Er könnte entweder durch verzerrte Darstellungen von Schimpansen oder auch Pygmäen „entstanden“ sein. Eine wirklich klare Tendenz lässt sich aufgrund der Informationslage alleine nicht ausmachen.
Geht man aber davon aus, dass bereits der Kikomba ein Schimpanse ist, kann der Kakundakari kaum auch noch einer sein. Dies spricht wiederum stärker für bewusst oder unbewusst verzerrte Schilderungen über einen Pygmäen-Stamm.
Offene Fragen
Der Kakundakari bleibt jedenfalls das mysteriösere der beiden Kryptiden.
Allerdings gäbe es eine Möglichkeit, um festzustellen, ob dieser Hominid in Wahrheit ein moderner Mensch ist: Man müsste die Pygmäen – insbesondere solche vom Stamm der Aka – befragen. Alle vorliegenden Quellen beruhen nämlich auf Schilderungen der Bantu-Völker.
Wenn in ihren Erzählungen ebenfalls ein kleiner, menschenähnlicher Hominid auftaucht, können sie wohl nicht selbst die Kakundakari sein.
Um dies herauszufinden, ist allerdings Feldforschung vonnöten – ein seltenes Gut in der Kryptozoologie.
Dieser Artikel hat 4 Teile:
- Die Ausgangslage wird in Teil 1 dargestellt
- Teil 2 beschreibt den Kikomba
- Teil 3 befasst sich mit dem Kakundakari
- Der 4. und letzte Teil vertieft den Kakundakari