Der letzte Beutelwolf?Die berühmte Droh-Gähn-Sequenz
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Der letzte bekannte Beutelwolf starb in der Nacht zum 7. September 1936 im Beaumaris Zoo in Hobart auf Tasmanien. Was mit dem Kadaver passierte war lange unbekannt. Allgemein wurde vermutet, dass man das tote Tier einfach entsorgte, schließlich ging man zu dem Zeitpunkt davon aus, dass in den Wäldern Tasmaniens noch eine größere Zahl der Tiere existiert.

 

Der letzte Beutelwolf?
Ein Beutelwolf beim Drohgähnen. Das Bild ist im Dezember 1933 aufgenommen worden und zeigt angeblich das Individuum, das später als „Benjamin“ bekannt wurde.

 

Fell im Tasmanian Museum and Art Gallery gefunden

„Viele Jahre suchten Museumskuratoren und Forscher erfolglos nach den Überresten des Tieres“, sagte Dr. Robert Paddle der Zeitschrift The Guardian. In den Sammlungsbüchern war kein Eingang eines Beutelwolfes oder Teile davon für 1936 vermerkt. Doch Paddle und die zuständige Kuratorin für Wirbeltier-Zoologie des Tasmanian Museums and Art Gallery (TMAG), Dr. Kathryn Medlock konnten tatsächlich das Fell und Skelett des Tieres im Museum finden.

 

Fell des letzten Beutelwolfes
Fell des letzten bekannten Beutelwolfes, präpariert 1936/37. Foto: TMAG

 

Medlock erzählte, dass sie die Aufzeichnungen eines Präparators von 1936/37 fand, in der eine Liste der Objekte aufgeführt worden ist, an denen er arbeitete. In dieser Liste ist ein Beutelwolf aufgeführt. Daraufhin versuchten sie und Dr. Paddle herauszufinden, um welches Objekt es sich handelt. „Nur das Skelett und eine gegerbte, flachgelegte Haut sind übrig geblieben“, erklärt Medlock dem Guardian. Das Tier ist nicht als Forschungs- oder Sammlungsobjekt, sondern als Lehrexemplar präpariert worden. Daher ist es nicht in den Sammlungsbüchern aufgeführt.

 

Laut Paddle handelt es sich bei dem fraglichen Beutelwolf um ein älteres, weibliches Tier. Der Trapper Elias Churchill hatte es im südlichen Tasmanien gefangen und im Mai 1936 an den Zoo verkauft. „Der Verkauf wurde nicht aufgezeichnet oder veröffentlicht, denn zu dieser Zeit waren Bodenschlingen bereits illegal und Churchill hätte bestraft werden können.“, ergänzt Paddle. „Dieser Beutelwolf überlebte nur wenige Monate und als er starb, kam sein Körper zum TMAG.“

So wurde der letzte bekannte Beutelwolf zum Studienobjekt.

 

Eines der zahlreichen Geheimnisse um den Beutelwolf gelöst

Museumsdirektorin Mary Mulcahy bestätigt: „Es ist bittersüß, dass das Geheimnis um den letzten Beutelwolf gelöst ist. Unsere Beutelwolfsammlung ist prächtig und wird von Forschern hochgeschätzt.“

Paddle erwähnt aber direkt das nächste Geheimnis: Der gefilmte und viel fotografierte Beutelwolf, ein junges Männchen, dem später der Name Benjamin zugeschrieben wurde, war nicht der letzte Beutelwolf im Beaumaris Zoo.

 

Benjamin

Bisher ging man allgemein davon aus, dass es sich bei „Benjamin“ um den letzten bekannten Beutelwolf handelte. Umgekehrt wurde immer der letzte bekannte Beutelwolf als „Benjamin“ bezeichnet. Da Fotos nicht immer eindeutig zugeordnet wurden, und das Tier den Namen zu Lebzeiten nie getragen hat, ist eine Identifikation erschwert.

 

Eine Geschlechtsdiagnose von „Benjamin“ war deswegen schwierig, da offenbar mehrere Tiere beider Geschlechter nacheinander (?) im selben Gehege gehalten und fotografiert wurden. Alle wurden sie als „Benjamin“ identifiziert, so dass über das vermeintliche Geschlecht des Tieres in der Literatur Unklarheit herrscht.

 

Dr. Robert Paddle geht einen anderen, sehr viel sinnvolleren Weg. Er definiert ein häufig fotografiertes, junges Männchen als „Benjamin“, so dass über den Träger des Namens Klarheit herrscht. Alle Bilder, die „Benjamin“ zeigen, hat Dr. David Fleay am 19. Dezember 1933 fotografiert.

 

Skelett und Fell des letzten bekannten Beutelwolfes werden nun im öffentlichen Bereich des Museums ausgestellt.

 

Quelle

Guardian vom 5. Dezember 2022.

 

Weiterführende Artikel:

 

Wir werden die Sache weiter verfolgen und uns unsere eigenen Gedanken machen. Anfang 2023 wird ein entsprechender Artikel erscheinen.

Von Tobias Möser

Tobias Möser hat Biologie, Geologie und Wirtschaftswissenschaften studiert. Schon als Kind war er vor allem an großen Tieren, Dinosauriern, später Walen interessiert. Mit der Kryptozoologie kam er erst 2003 in näheren Kontakt. Seit dieser Zeit hat er sich vor allem mit den Wasserbewohnern und dem nordamerikanischen Sasquatch befasst. Sein heutiger Schwerpunkt ist neben der Entstehung und Tradierung von Legenden immer noch die Entdeckung „neuer“, unbekannter Arten. 2019 hat er diese Website aufgebaut und leitet seit dem die Redaktion.