Gigantopithecus-Reko nach JohnsonModerne Rekonstruktion eines Gigantopithecus in einem tropischen Wald am Bach. Tiefländer hat die Art wohl nur im Notfall aufgesucht.
Lesedauer: etwa 5 Minuten

Im chinesischen Wulong-Bezirk haben Wissenschaftler neue Fossilien von Gigantopithecus blacki gefunden. Das Paper ist vor wenigen Tagen erschienen, größtenteils auf Chinesisch, aber ein wenig konnten wir für euch extrahieren:

 

Der Fundort


Der Fundort liegt verglichen mit vielen anderen Funden sehr weit nordwestlich.

 

Gefunden wurden die Fossilien in der Meiziwan Grotte, die auf etwa 589 m Höhe bei der Stadt Baima im Bezirk Wulong, etwa 100 km östlich der Multimillionenstadt Chongqing liegt. (Für Spezis die geographischen Koordinaten: 29°25′22″N, 107°30′42″E).

Bei der Höhle handelt es sich, wie bei den meisten (allen?) Fundorten von Gigantopithecus blacki um eine Karst-Höhle. Neben den Gigantopithecus-Fossilien finden sich, eingebettet in Kalkbrekzien zahlreiche weitere Zahnfossilien von Säugetieren.

Die Höhle liegt zwischen bekannten Gigantopithecus-Fundstellen Longgupo in Wushan und Pa´eryan in Bijie, Guizhou. Sie unterstreicht das Vorkommen des großen Affens am Mittellauf des Jangtse. Die Gegend zwischen dem 30. und 18. Breitengrad bietet in Zentral- und Ostchina zahllose Karstgruben, -höhlen und Schluchten, in denen auch mit zukünftigen Funden gerechnet werden kann.

 

Gigantopithecus-Fundstellen
Die wesentlichen Gigantopithecus-Fundstellen – die neue in der Meiziwan-Grotte ist Nr. 3

 

Die Funde von Gigantopithecus

Die Forscher haben neben zahlreichen anderen Funden insgesamt neun (!) Zähne von Gigantopithecus blacki gefunden. Bei den Zähnen handelt es sich um drei Prämolare (rechts P4, rechts p3 und links p4) und sechs Molare (zweimal links M3, zweimal links m1, je einmal links m2 und rechts m3), die alle nach aktuellen Erkenntnissen G. blacki zugeschrieben werden.

Die Zähne aus der Meiziwan-Grotte sind relativ klein, auffallend kariös und gehörten zu ausgewachsenen oder alten Individuen. Sie repräsentieren eine ursprüngliche, vergleichsweise kleine Form von G. blacki.

 

Die Meiziwan-Grotte
Blick auf die Ausgrabung in der Meizuwan-Grotte (Abb. aus der Originalarbeit, Ausschnitt)

 

Gigantopithecus

Die Gattung Gigantopithecus lebte im Miozän und Pleistozän im südchinesischen Bergland, Nordindien und Pakistan. Zwar sind zahlreiche Fossilien bekannt, allerdings nur etwa 2000 einzelnen Zähnen, einem nahezu vollständigen Unterkiefer und drei Kiefer-Fragmenten. Teile des weiteren Skelettes sind noch unentdeckt.

Dies macht eine Rekonstruktion der Tiere sehr schwierig. Sicher scheint, dass sie als Seitengruppe in die Unterfamilie Ponginae, zu der die heutigen Orang-Utans, aber auch die fossilen Gattungen Lufengpithecus, Ankarapithecus und Sivapithecus gehören.

 

Rekonstruktion von Gigantopithecus nach Johnson 1979
Moderne Rekonstruktion von Gigantopithecus, spannenderweise nach einer der ältesten Arbeiten zu dem Thema: Johnson, 1979

Bei Gigantopithecus blacki ging man von einer gewaltigen Größe aus. Die ersten Rekonstruktionen zeigten deutlich mehr als 3 m Körperlänge, da man von den Zähnen ausging, sie mit den Zähnen von Orang-Utans verglich und so einen im Maßstab vergrößerten Orang-Utan konstruierte. Seit Unterkiefer bekannt sind, ist diese Rekonstruktion deutlich kleiner geworden, aber hier steht immer noch ein 3 m großer Orang-Utan im Raum – ein Affe mit der Größe und dem Gewicht eines Eisbären!
Eine andere Rekonstruktion nimmt den ökologisch ähnlicheren Gorilla als Maßstab und zeichnet damit weitaus kleinere Menschenaffen, die durch ein massives Gebiss auffallen.

Die Art war ein spezialisierter Waldbewohner, der vermutlich nur die oberen Lagen immergrüner Bergregenwälder bewohnte. Die hier hauptsächlich zitierte Arbeit und einige Arbeiten vorher zeigten, dass sich G. blacki fast oder ganz ausschließlich von Früchten und faserreichen Pflanzenteilen ernährte, ähnlich, wie es Gorillas heute tun.

 

Aus der Gattung Gigantopithecus sind drei Arten beschrieben worden, G. blacki als Typusart, G. giganteus und G. bilasurensis. G. giganteus wird heute von der überwiegenden Zahl der Wissenschaftler einer eigenen Gattung, Indopithecus zugerechnet, G. bilaspurensis wird als Synonym zu Indopithecus giganteus angesehen.

 

Die Nebenfunde

Neben den seltenen Zähnen von Gigantopithecus blacki fanden die Forscher Zähne von Säugetieren aus mindestens sechs Ordnungen, 14 Familien, 17 Gattungen und 18 Arten. Sie charakterisieren die Fauna des frühen Unterpleistozäns im Süden und der Mitte Chinas recht gut:

Hystrix magna (Riesen-Stachelschwein),

Sinomastodon yangziensis (eine Elefantenart),

Stegodon huananensis (eine andere Elefantenart),

Ailuropoda microta (früher Verwandter des großen Pandas),

Ursus thibetanus primitinus (frühe Unterart des Kragenbärs),

Equus cf. yunnanensis (ein Pferd),

Hesperotherium sinense (ein Verwandter des Chalicotheriums),

Tapirus sanyuanensis (ein Tapir),

Sus xiaozhu (eine Schweineart),

Sus peii (noch eine Schweineart),

Cervavitus ultimus (ein europäischer und asiatischer Vorläufer des Elches)

 

Sowohl Gigantopithecus blacki, wie auch die Pandas, Tapire und Kragenbären stellen relativ kleine Individuen, verglichen mit den Funden aus dem kühleren Mittelpleistozän.

 

Mitbewohner von Gigantopithecus blacki, Stegodon ganesa (Fotomontage)
Fotomontage eines Stegodon ganesa in einer modernen Landschaft dieser Gegend

Quelle:

Hu HQ, Huang WB, Wei GB, et al. Gigantopithecus blacki discovered in the Early Pleistocene strata of Wulong,
Chongqing[J]. Acta Anthropologica Sinica, 2024, 43(5): 701-711

Die Originalveröffentlichung findet Ihr hier, direkt als pdf zum Download, mit erheblichem chinesischen Anteil.


Weiterführende Links:

Warum starb Gigantopithecus aus? Neue Analyse

Zur Bigfoot = Gigantopithecus-Idee (Teil 1)

Zur Bigfoot = Gigantopithecus-Idee (Teil 2)


In einer der ersten, schnellen Bearbeitungen des Papers hatte ich irrtümlich geschrieben, dass die neue Fundstelle besonders weit im Nordwesten liege. Dies ist nicht korrekt und oben verbessert.

Von Tobias Möser

Tobias Möser hat Biologie, Geologie und Wirtschaftswissenschaften studiert. Schon als Kind war er vor allem an großen Tieren, Dinosauriern, später Walen interessiert. Mit der Kryptozoologie kam er erst 2003 in näheren Kontakt. Seit dieser Zeit hat er sich vor allem mit den Wasserbewohnern und dem nordamerikanischen Sasquatch befasst. Sein heutiger Schwerpunkt ist neben der Entstehung und Tradierung von Legenden immer noch die Entdeckung „neuer“, unbekannter Arten. 2019 hat er diese Website aufgebaut und leitet seit dem die Redaktion.