Neues Beutelwolf-Foto online. Was ist dran

Lesedauer: etwa 9 Minuten
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In einer Facebookgruppe aus den USA zum Thema „Bigfoot Belivers and other Creatures“ wurde ein bisher nicht bekanntes Foto gepostet, das einen Beutelwolf zeigen soll. Das Posting stammte von Ariell Cruz aus New York und soll 2022 „irgendwo in Tasmanien“ aufgenommen sein. Im Original beschreibt Cruz das Foto wie folgt:

 

„!! Supposedly and Scientifically Extinct. For those that study crypto zoology on a regular basis, know exactly what they’re looking at and the best part is this image was taken somewhere in Tasmania of 2022 !!

 

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Der Beutelwolf – die umfangreichste deutsche Monographie

Seit 30 Jahren sammelt der Verfasser Daten über den Beutelwolf. In rund 30 Museen Europas, Australiens und der USA fotografierte und vermaß er Präparate, Schädel und Skelette und trug in mehreren Publikationen zum Wissen über die Art bei. In den Archiven von Launceston und Hobart/Tasmanien sichtete er das z. T. unveröffentlichte Bild- und Textmaterial und befragte letzte Augenzeugen; Wissenschaftlern und Hobbyzoologen verdankt er manche wertvollen Hinweise.

 

Ein Filmdokument aus Hobart wurde in Zusammenarbeit mit dem Göttinger Institut für den Wissenschaftlichen Film (IWF) zu einem Unterrichtsfilm gestaltet. Wesentlicher Raum wird dem Beutelwolf als Zootier gewidmet sowie den Fragen, inwieweit er als „typischer Läufer“ gelten kann und welches Ausmaß die Konvergenzen in der Schädelgestalt von Beutelwolf und Wolf erreicht haben. Basierend auf dem zusammengetragenen Daten-, Bild- und Filmmaterial sowie auf mehr als 300 Publikationen entstand die vorliegende Monographie.

 

Der Beutelwolf: Thylacinus cynocephalus ist trotz des Erscheiungsdatums 1997 die umfangreichste Monographie zum Beutelwolf, die es im deutschsprachigen Bereich gibt. Sie hat 197 Seiten und ist neu sowie antiquarisch verfügbar.

 

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Ein „anderes“ Foto

Dieses Foto ist anders, als die üblichen Beutelwolf-Fotos. Es scheint aus größerer Nähe aufgenommen zu sein, ist leidlich gut belichtet und sogar ziemlich scharf. Der mutmaßliche Beutelwolf ist kaum von Vegetation verdeckt und weitgehend gut erkennbar. Er verschwindet weder im Schatten noch ist er überbelichtet, weil er in einem Lichtflecken steht. Das einzige, was nicht klar erkennbar ist, sind Beine und Kopf.

 

 

Bei näherer Betrachtung fallen jedoch einige Dinge auf. Zum einen ist es schwierig, eine genaue Location auszumachen. Das Bild wirkt, als wäre es um die Ecke im Wald aufgenommen, wobei das gar nicht so ungewöhnlich wäre. Nicht, dass Beutelwölfe im Westerwald oder den Catskills rumlaufen, aber die Wälder Tasmaniens gehören zu den gemäßigten Wäldern, die eine gewisse Ähnlichkeit mit mitteleuropäischen Wäldern haben.

 

Trotzdem: Das Bild wirkt irgendwie seltsam.

 

Die Analyse

 

1. Versuch einer Lokalisierung

(8) Auf dem Bild ist nicht sehr viel, was eine Lokalisierung ermöglicht. Im Vordergrund wächst eine ungewöhnliche Pflanze mit einer Blattrosette, deren Blätter ungewöhnlich platt erscheinen. Sie sind lang und haben eine kurze Tropfspitze. Ist das ein verbissener Eukalyptus oder doch eher eine amerikanische Unterholzpflanze?

 

mutmaßlicher Beutelwolf 2

 

(4) Die Steine im Hintergrund könnten auch helfen. Ihre Farbe ist wegen des Bewuchses kaum erkennbar, aber ein Bruch ist erkennbar. Der Stein bricht etwa im 70°-Winkel, was charakteristisch sein könnte.

Aus welchen Steinen besteht die Insel Tasmanien? Die Geologie Tasmaniens ist sehr komplex, wie diese Karte zeigt:

Geologie Tasmaniens
Die Geologie Tasmaniens ist komplex. Vor allem in den beiden Sichtungsschwerpunkten im Nordwesten und Süden liegen zahlreiche unterschiedliche Gesteine vor. Karte: Graeme Bartlett, Creative Commons Share-Alike 3.0

 

Die räumlich berechneten Aussterbemuster lassen es deutlich werden:

 

Mögliche Aussterbensereignisse des Beutelwolfes nach Jahren
Die Abbildung zeigt das berechnete räumliche Aussterbemuster für den Beutelwolf in Tasmanien. Die Farben der Karte zeigen das abgeleitete Jahre der lokalen Ausrottung. Die Gegend um den Lake Gordon ist ein Hotspot

 

Fazit: Der Felsen hilft nicht weiter. Die Pflanze könnte helfen.

 

2. Die Form des mutmaßlichen Beutelwolfes

Viele Fotos von in der Natur erschossenen Beutelwölfen zeigen dünne Tiere, die es offenbar nicht leicht hatten, genug Nahrung zu finden. Selbst die gut genährten Zootiere sind oft ziemlich dünn. Aber das, was das Foto zeigt, wirkt erschreckend unterernährt. In diesem Zustand sollten sich Hüfte, Wirbelfortsätze, Rippen und Schulterblätter deutlich zeigen. Irgendwie finde ich auf dem Bild nichts davon, nur einen mehr oder weniger rund gebeugten Rücken, der einen seltsamen Buckel im Nacken bildet (5).

 

Zwei Beutelwölfe im Zoo, sie sind gut genährt und trotzdem wirken sie um die Hüfte hin eingefallen.

 

Auch die Schwanzwurzel steht seltsam heraus, ein Schwanz ist nicht erkennbar, sondern es wirkt, als käme aus der Schwanzwurzel ein entrindeter Ast heraus (1), der weiter links im Bild von einem anderen, umgefallenen Bäumchen abzweigt. Hat hier jemand ein Fell auf einen Ast gelegt und so drapiert, dass man Kopf und Füße nicht erkennen kann?

 

Mutmaßlicher Beutelwolf 3

 

3. Das Streifenmuster

Das Streifenmuster ist für einen Beutelwolf unerwartet. Zum Vergleich zunächst ein Foto eines unzweifelhaft echten Beutelwolfes:

 

Der letzte Beutelwolf?
Der letzte bekannte Beutelwolf 1932.


Vermeintlicher Beutelwolf 4

Hier fällt mir folgendes auf:

(2) Die Schwanzwurzel ist auf dem Cruz-Foto nicht gezeichnet, auf allen anderen Beutelwolffotos, auf denen sie zu sehen ist, trägt sie eine Streifenzeichnung (Danke an Sebastian Wirzberger, der das vor mir fand). Andreas Menz merkte zurecht an, dass eine kleine Population oft stärker Abweichungen vom Wildtyp hervorbringt.

 

(3) Die Rückenstreifung wirkt irgendwie zu gerade. Die Streifen behalten lange ihre Breite und scheinen nicht spitz auszulaufen. Dazu kommt, dass die Farbe wie ein „blasses Schwarz“ wirkt. Bei den Beutelwolf-Dermoplastiken, die ich kenne, ist sie ein tiefes, leicht goldenes Braun.

 

(6) Der mutmaßliche Beutelwolf trögt einen isolierten, einzelnen schwarzen Strich am rechten Vorderbein.

 

(7) Auf dem rechten Hinterbein zeigt sich eine isolierte Zeichnung, die keine Streifenzeichnung an sich darstellt.

 

Wenn man davon ausgeht, dass die genetische Vielfalt in einer postulierten, kleinen Restpopulation sehr gering ist, dann können sich eventuelle Mutationen in der Fellfärbung bzw. Zeichnung schnell manifestieren. Man kennt dies von Haustieren, die bei der Domestikation sehr schnell neue Farbvarianten ausbilden. Ob dies bei Beutelwölfen ähnlich ist, vermag ich nicht zu sagen. Aber drei (!!!) Unterschiede zu einem „Wildtyp“ kann ich dann doch nicht glauben.

 

Fell des letzten Beutelwolfes
Fell des letzten bekannten Beutelwolfes, präpariert 1936/37. Foto: TMAG

 

Eine ungewöhnliche Entdeckung

Eigentlich sollte man sich auf den Webseiten, die man baut und pflegt auskennen. Das Foto kam mir so verdammt bekannt vor, aber ich wusste nicht wo. Die Suchmaschinen zeigten es bei meinen Suchversuchen nicht. Auch die mit Beutelwolf bzw. Thylacine getaggten Fotos in unserer Mediathek zeigten das Bild nicht. Doch dann sah ich das:

 

 

Das Bild wird in einem Youtube-Clip von 2022, der drei vermeintliche Beutelwölfe zeigen soll, als Titelbild verwendet. Diese Videos haben wir im Beitrag „Neues vom Beutelwolf 2022“ analysiert. Leider konnte ich nicht genau herausfinden, wann das Video eingestellt wurde, Youtube zeigt mir die relative und unpräzise Angabe „vor 10 Monaten“, also muss das etwa Mai 2022 gewesen sein.
Das Bild selbst spielt in dem Clip keine Rolle. Es ist nur ein Hinweis auf seine Entstehungszeit.

 

Da Ariell Cruz es erst jetzt postet, gehe ich davon aus, dass er nicht hinter dem Bild steckt, sondern es „nur“ entdeckt hat.

 

 

Wie recht ich mit dieser Einschätzung lag, hat Markus Hemmler belegen können. Er hat dieses Bild bzw. eine Analyse als „White Tylacine“ gesehen. Nach der Webseite „Where light meets dark“ ist das Bild um 2005 aufgetaucht, vermutlich in Nordamerika entstanden und mit Sicherheit ein Fake.

 

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Ein absoluter Klassiker zum Beutelwolf

Der Jäger

M. ist ein Meister der Tarnung. Er muss das sein. Schließlich hat der routinierte Jäger von einer biotechnischen Firma den Auftrag erhalten, für Genversuche das letzte Exemplar des als ausgestorben geltenden tasmanischen Tigers zu erlegen.  Lucy Armstrongs hat in der Hochebene Tasmaniens eine Farm. Hier hat sie auf rätselhafte Weise ihren Mann verloren. Dort macht sich M. — in der Verkleidung als Naturforscher Martin David — auf die Jagd nach dem nahezu mythischen Wesen. Er legt seine Fallen aus — und kommt nicht zuletzt seinen eigenen Trieben auf die Spur.

Im Verlauf der Fabel wird M. immer mehr selbst zum einsamen Tiger. Mit geschärften Sinnen, die riechen, hören, sehen können, was seinen Mitmenschen im Dschungel der Zivilisation für gewöhnlich verwehrt bleiben muss. Er wird eins mit der Natur, bis zum von Leigh in lauernder Präzision inszenierten Finale. Jenseits aller Instinkte aber werden auch Gefühle wach, die so etwas wie Sozialverhalten — und Liebe zu Lucy — erahnen lassen.

 

Der Jäger: Roman ist die 2002 erschienene deutsche Übersetzung eines legendären englischsprachigen Romans. Das Buch ist nur antiquarisch verfügbar, dann jedoch zu sehr günstigen Preisen.

 

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Fazit:

Mal wieder ein Fake. Das Ganze sieht so aus, als hätte jemand ein Fell beutelwolfähnlich eingefärbt und mehr oder weniger gekonnt auf einem freihängenden Ast drapiert. Dann hat der oder die Ersteller/in ein schlechtes, aber nicht zu schlechtes Foto davon gemacht.

 

mutmaßlicher Beutelwolf in verbesserten Farben
Ich habe ein wenig an den Reglern gedreht, schon wirkt das Foto deutlich besser. An der Qualität des Beutelwolfes ändert das aber nichts

 

Etwas besonderes ist das Foto dann doch. Es ist kein Photoshop-Fake. Hierfür hat jemand ein Fell präpariert und ist vor die Tür gegangen, um es draußen zu positionieren. Soviel Arbeit verdient zumindest eine lobende Erwähnung.

One Reply to “Neues Beutelwolf-Foto online. Was ist dran”

  1. Hallo,
    ich glaube fast, daß der Urheber das Fell eines toten Oppossums verwendet und bearbeitet hatte.
    Die Tiere leben ja in Nordamerika, wo das Foto entstanden sein könnte. Auch wenn Oppossums normalerweise
    dichteres Fell haben, das Fell kann man vor dem Einfärben sicher entsprechend kürzen. Da ein Oppossumschwanz unbehaart
    ist, wurde er vermutlich entfernt. Mein Verdacht entstand aber vornehmlich durch den auf den Foto nur ansatzweise sichtbaren
    Kopf,…..der hat mich unmittelbar an eine Beutelratte ( Oppossum ) erinnert. Letztendlich würde sogar die helle Körperfarbe
    passen.
    Natürlich ist das alles auch nur Spekulation. ;-))
    Beste Grüße
    Bernd

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