Kürzlich wurde über eine an sich ziemlich interessante Entdeckung eines äußerst gut erhaltenen Wolfskopfes aus dem sibirischen Permafrost berichtet. Der im Eis erhaltene Kopf samt Halsrest hat eine Länge von etwa 40 cm.
Die Siberian Times meldete letzte Woche, dass eine Permafrost-Mumie eines 40.000 Jahre alten Wolfes gefunden wurde. Der Kopf und Teile des Halses sind in sehr gutem Zustand, der Rest des Körpers wurde nicht gefunden. Sie tragen langes, „mammutartiges“ Haar, so die Siberian Times. CT-Aufnahmen zeigen einen nahezu intakten Schädel. Der Wolf ist ausgewachsen und starb in einem Alter von zwei bis vier Jahren. Die Permafrost-Mumie wurde bereits im letzten Jahr von einem Einheimischen namens Pavel Efimov am Ufer des Flusses Tirekhtyakh entdeckt. Japanische Experten nahmen die Altersdiagnose vor, Wissenschaftler vom Schwedischen Museum für Naturgeschichte werden die DNA des Kadavers untersuchen.
Verdrehte Fakten
Leider wurden in praktisch allen Meldungen die Tatsachen ziemlich verdreht. Aus dem 40 cm langen Überrest wurde ein 40 cm langer Kopf, oder teilweise sogar ein 40 cm langer Schädel gemacht. Einige Schreiber behaupten, er stamme von einer Art eiszeitlichen Riesenwolf.
Der „Kopf“ wurde auch CT-Scanner untersucht. Einige der Bilder hat die Siberian Times veröffentlicht. Ich (M.B.) habe eine Auswertung des Scans gemacht und komme auf 28-30 cm Schädellänge, abhängig davon wie lang der hinterste, nicht mehr im Scan erfasste Halsbereich ist. Das ist zwar eine ordentliche Größe für einen Wolf, aber immer noch im normalen Größenspektrum der größeren Unterarten.
Die Forscher stellen klar
Dr. Albert Protopopov, der die Untersuchung des Wolfskopfes leitet, hat gestern (12.6.2019) in der Siberian Times Leserfragen beantwortet und dabei indirekt auch Stellung zu den verdrehten Aussagen im Internet genommen:
Frage (F): Ist der Kopf künstlich vom Körper getrennt worden? Könnte es die Trophäe eines Eiszeitmenschen gewesen sein?
Dr. Albert Protopopov (AP): Vermutlich hat die Eisbewegung den Kopf vom Körper getrennt. Die Schnittfläche gleicht anderen Schnittflächen, die so entstanden sind, aber wir werden das genauer untersuchen.
Wenn ein Mensch diesen Kopf abgetrennt hätte, wäre das sehr überraschend. Es gibt keinerlei archäologische Hinweise darauf, dass in Yakutien vor 40.000 Jahren Menschen lebten.
F: Der Kopf trägt „mammutartiges Fell“ und scheint längere Eckzähne zu haben, als heutige Wölfe. Ist es überhaupt ein Wolf?
PA: Die Farbe mag einige Leute irritieren, aber es ist definitiv ein Wolf. Wir haben CT-Scans des Wolfes gemacht und fanden ein paar Besonderheiten. So sind einige Teile des Schädels stärker abgeleitet als beim modernen Wolf. Mehr kann ich noch nicht sagen, es ist Teil der Studie.
Dr. Protopopov bezweifelt, dass es sich um einen Dire Wolf handelt. Diese Art ist bisher nur aus Nordamerika bekannt, aber vor 40.000 Jahren bestand eine Landbrücke zwischen Alaska und Sibirien. „Wir können die Größe des lebenden Wolfes noch nicht genau ermitteln, aber er war definitiv kleiner als ein moderner Polarwolf, eher wie ein Grauwolf“, so der Wissenschaftler.
Kommentar: Wolf bleibt Wolf und wird nicht …
Vieles, was verbreitet wurde, ist völliger Unsinn, aber leider wird das munter weiterverbreitet. Das ist mal wieder eine Erinnerung daran, wie kritisch man alle ungewöhnlichen Meldungen über Tiere sehen muss, vor allem wenn es um Kryptiden geht. Hier wird nur allzu oft die Wahrheit für die Schlagzeile geopfert.
Links
Siberian Times: Still snarling after 40,000 years, a giant Pleistocene wolf discovered in Yakutia (07.06.2019)
Siberian Times: First video of ancient ‘bear-like’ wolf preserved in the permafrost for more than 40,000 years (12.06.2019)
Anm. d. Red.: 2024, also fast fünf Jahre nach der Veröffentlichung der Pressemittelung ist sicher, dass es sich bei dem Schädel um einen Grauwolf handelt. Es handelt sich hierbei um den Vertreter einer stärker abgewandelte Population, die später von moderneren, jedoch weniger abgewandelten Tieren verdrängt wurde (Siehe Wolf-Event).
Der Dire-Wolf wurde zwischenzeitlich aufgrund neuerer Untersuchungsergebnisse neu eingeordnet und stellt sich nun eher wie ein großer Fuchs, denn als Wolf dar.