Der Weihnachtsfisch Latimeria chalumnae

„Kannst du mal vorbeikommen? Ich glaube, ich habe etwas Interessantes für dich.“ – „Ja, ich mache mich auf den Weg.“

So oder so ähnlich könnten sich die Worte angehört haben, mit denen am 22.12.1938, also beinahe heute vor 81 Jahren, Geschichte geschrieben wurde. Anrufer war ein gewisser Hendrik Goosen, Kommandeur eines Fischdampfers, der vor der südafrikanischen Küste fischte. Er rief Marjorie Courtenay-Latimer an, die als Kuratorin das East London Museum bei Kapstadt leitete.

Ein blauer Riesenfisch

Unter den gefangenen Fischen war ein außergewöhnliches Exemplar. Es maß deutlich über einen Meter, war massiv gebaut mit einem kräftigen Kopf und dicken, rauen Schuppen. Ungewöhnlich waren die Flossen, die auf einer Art muskulösem Stiel saßen. Frau Courtenay-Latimer war ratlos und schrieb am folgenden Tag einen Brief mit einer Skizze an den Chemiker und Amateur-Ichthyologen James L. B. Smith. Dieser antwortete erst Anfang Januar, dann aber sehr eindringlich: „Aus Ihrer Zeichnung und Beschreibung gleicht der Fisch Formen, die seit vielen Jahren ausgestorben sind. (…) Es wäre sehr bemerkenswert, sollte es mehr enge Zusammenhänge mit dem Prähistorischen zeigen. Passen Sie gut darauf auf und riskieren Sie nicht, ihn zu verschicken. Ich habe das Gefühl, er ist von großem wissenschaftlichen Wert.“

Marjorie Courtenay-Latimer mit dem ersten Quastenflosser
Marjorie Courtenay-Latimer mit ihrem blauen Riesenfisch

Die Worte waren wohl untertrieben oder britisches Understatement. Smith wird damals schon richtig vermutet haben, dass Frau Courtenay-Latimer einen Coelacanth in ihrem Labor hatte. Diese Fischgruppe galt als ausgestorben, spätestens seit dem Kreide-Tertiär-Übergang vor 65,5 Millionen Jahren.

Der Satz „Ich wäre kaum erstaunter gewesen, wenn ich auf der Straße einem Dinosaurier begegnet wäre“ wird oft in der Literatur als Smith’s erste Reaktion genannt, kommt aber (leider?) im Briefwechsel nicht vor.

 

Quastenflosser in Kopenhagen
Quastenflosser im Naturkundemuseum Kopenhagen (Foto: Markus Bühler)

Genauere Beschreibung

In einem weiteren Brief beschrieb Latimer den Fisch genauer. „Er hatte kein Skelett. Das Rückgrat war eine Säule aus weichem knorpelartigen Material, die vom Schädel bis zum Schwanz verlief. Sie hatte etwa 1 Inch Durchmesser und war mit Öl gefüllt. Dieses spritzte heraus, als sie angeschnitten wurde. Das Fleisch war weich und konnte wie Lehm geformt werden, der Magen war leer. Das Tier wog 127 Pfund (ca. 53,5 kg) und war in gutem Zustand, aber da es sehr warm war, musste er sofort bearbeitet werden.

Die Kiemen hatten kleine Reihen mit feinen Dornen, aber wurden mit dem Körper weggeworfen.

Mr. Center (der Präparator) hat das Tier beinahe fertig aufgebaut, es macht sich nicht schlecht. Das Öl tropft nach wie vor aus der Haut, sie scheint unter jeder Schuppe Ölzellen zu haben.

 

Portrait eines Quastenflossers
Portrait eines Quastenflossers, NHM Wien (Foto: Markus Bühler)

Die Schuppen sind wie eine Rüstung und sitzen tief in den Taschen (damit meine ich hart und schwer).

Der Schädel ist noch im Präparat, ich sagte Mr. Center, er solle den Fisch mit offenem Maul darstellen. Ich habe die Zunge oder eine harte Mundplatte hier.“

Leider hatte der Präparator des East London Museum die Innereien, einschließlich der Schwimmblase und Skelett des Tieres entsorgt. Bei der Nachforschung stellte sich heraus, dass sie ins Meer gekippt worden waren. Smith‘ Unruhe wuchs, zumal es damals in Südafrika kaum möglich war, mal eben in East London anzurufen und wichtige Dinge zu besprechen.

 

Quaste am Schwanz des Quastenflossers, NHM Wien (Foto: Markus Bühler)

Eine 65 Millionen-Jahre-Entdeckung

Die Nachricht, einen Quastenflosser entdeckt zu haben, verbreitete sich unter Ichthyologen und Paläontologen wie ein Lauffeuer. 1939 beschrieb Smith die Art als Latimeria chalumnae in der Arbeit „A living fish of Mesozoic type“ in der Fachzeitschrift Nature. Ein Hinweis, wie heiß die Nachricht gehandelt wurde, zeigt sich darin, dass die Erstbeschreibung bereits am 18. März publiziert wurde. Und das, obwohl außer der Haut und dem Schädel samt Zunge nichts mehr von dem ursprünglichen Fisch vorhanden war.

 

Mawsonia gigas, ein kreidezeitlicher Quastenflosser
Mawsonia gigas, ein kreidezeitlicher Quastenflosser (Museum f. Naturkunde, Berlin)

Der Quastenflosser war 1939 zwar aus zahlreichen Fossilien bekannt, aber galt als ausgestorben. Man stellte ihn an die Stelle im Stammbaum der Wirbeltiere, an der sich die landbewohnenden Vierbeiner und die Fische voneinander trennten: der letzte gemeinsame Vorfahre der Fische und der Landtiere – und damit auch des Menschen.

 

Quastenflosser Undina sp. aus dem Solnhofen-Archipel
Fossil eines nicht einmal handlangen Quastenflossers aus dem Solnhofenarchipel im deutschen Jura.

Wo war der Fisch?

Doch alle Versuche, einen weiteren Quastenflosser für die Wissenschaft zu fangen, schlugen fehl. Offenbar ist der Mündungsbereich des Chalumna-Rivers nicht sein angestammter Lebensraum. Sonst hätte ihn Hendrik Goosen bereits gekannt und hätte seinen Fund vermutlich nicht an Marjorie Courtenay-Latimer weiter gegeben. Die weitere Suche vor der Küste Südafrikas brachte keine Ergebnisse.

Strand der Komoreninsel Mayotte
Strand der Komoreninsel Mayotte

Behindert durch den 2. Weltkrieg und die folgenden Unsicherheiten war die Suche nach dem Quastenflosser nicht einfach. Der Staat Südafrika wollte das Prestige der Entdeckung nutzen und förderte die Quastenflosser-Forschung mit viel Geld. Marjorie Courtenay-Latimer wurde 1945 von der Kuratorin zur Direktorin des Museums befördert. 1950 zog das East London Museum in ein neues, größeres Gebäude um.

Smith engagierte sich weiter in der Quastenflosser-Suche, zunächst innerhalb Südafrikas. Über den Jahreswechsel 1952/53 war er an einer Expedition zu den Komoren beteiligt. 3000 km nordöstlich vom bisher einzigen bekannten Fundort wurde er endlich erneut fündig. Am oder um den 24.12.1952 (die Quellen widersprechen sich teilweise) konnte der zweite, rezente Quastenflosser gefangen werden.

Basaltstrukturen am "Black Beach" der Insel Mayotte
Basaltstrukturen am „Black Beach“ der Insel Mayotte

Auf den Komoren ist die Art schon lange bekannt, aber nicht sehr geschätzt. Für die Tiefseefischer war es ein Ärgernis, wenn der kaum verwertbare Fisch einen Köder klaute, egal ob er hinterher am Haken hing oder nicht. Hauptsächlich war er für seine rauen Schuppen bekannt, die man als Sandpapier-Ersatz verwendete, u.a. um Fahrradschläuche zu flicken.

 

Anatomische Untersuchungen möglich

Dieser zweite Fund machte eine wissenschaftliche Untersuchung der inneren Organe möglich – und brachte natürlich eine Überraschung mit sich. Die Schwimmblase war zwar vorhanden, aber komplett mit einem Fettkörper ausgefüllt. Es entspricht der „Lunge“ der rezenten Lungenfische.

Nachdem bekannt war, wo die Quastenflosser zu finden waren, setzte ein kleiner „Run“ auf diese Tiere ein. Jedes größere Naturkundemuseum wollte ein solches Präparat in seiner Sammlung haben. So wurden die Fänge der vorher unangetasteten Komoren-Quastenflosser zunächst häufiger, dann wieder seltener. Die Populationen schienen zurückzugehen.

Beim Riesenalk, der um 1850 ausstarb, führten zurückgehende Populationen und ins Absurde gesteigerte Preise für Bälge letztlich zum Aussterben. Die letzten Tiere wurden auf Bestellung von Vogelsammlern und Naturkundemuseen getötet. Diesen Fehler wollten viele Sammlungskuratoren gut 100 Jahre später nicht wiederholen. Passte der Fisch nicht zum sonstigen Sammlungskonzept, verzichteten viele Museen dankenswerterweise darauf. Es gab sogar Aufkleber mit dem Slogan „Coelacanths – leave them, where they are!“. Dennoch wurden bis zum Jahr 1999 etwa 200 Quastenflosser geangelt, drei bis fünf jährlich. Der WWF forderte damals, sie „dem Meer zurückzugeben“, also wieder schwimmen zu lassen. Das ist sicher ein unsinniges Unterfangen. Nachdem ein Fisch 200 m heraufgezogen wurde, ist er schwer verletzt und seine Energiereserven sind aufgebraucht. Ob er überhaupt lebend in seinen Lebensraum zurückkehrt, dürfte mehr als fraglich sein.

Sinnvoller war da sicher, den internationalen Handel mit Quastenflossern zu verbieten (Washingtoner Artenschutzabkommen, Anhang 1) und den Export lebender Quastenflosser für die Aquarienhaltung zu untersagen. Dies hat die Regierung der Komoren vor 1999 durchgesetzt.

Veränderte Rolle in der Evolutions-Forschung

1938 und viele Jahre darauf ging man davon aus, dass während des Devons trockene Phasen auftraten. Quastenflosser überlebten diese Phasen, denn sie konnten mit ihren muskulös gestielten Flossen von einem Gewässer zum nächsten wandern. Ein ähnliches Verhalten kennt man von heutigen Froschwelsen, aber auch anderen Fischen. Die „Quastenflossen“ wurden ausdrücklich als Präadaptation betont, die es den Fischen zufällig ermöglichte, zu überleben.

 

Diese Darstellung findet sich leider auch heute noch in Sachbüchern für Kinder.

 

Heute geht man davon aus, dass die Lungenfische -nahe Verwandte der Quastenflosser- die Urahnen der ersten Landtiere darstellten. Auch ist der Landgang nicht durch die Notwendigkeit bei Trockenheit entstanden, sondern in der gegenteiligen Situation: In Flachwassersümpfen, in denen die Fische mit dem Bauch auf dem Boden saßen und Flossenbewegungen sehr ineffektiv wurden. In dieser Situation wurden Passgang und Kreuzgang entwickelt, Fähigkeiten, die Latimeria auch heute noch hat.

Mehr oder weniger berühmte Besucher

Jacques-Yves Cousteau

In den 1950er Jahren fuhr auch der bekannte französische Naturfilmer Jacques Custeau mit seinem Schiff Calypso zu den Komoren. Alle seine Versuche, Quastenflosser zu finden, blieben erfolglos. Auch die ansässigen Fischer konnten während seines Besuches keine Tiere dieser Art fangen.

Der französische Fotojournalist Jacques Stevens behauptete 1966, einen lebenden Quastenflosser in seiner natürlichen Umgebung gefilmt zu haben. Der Film zeigte einen Fisch, der mit schwachen Bewegungen über ein Korallenriff driftete. Kurze Zeit später stellte sich heraus, dass das Tier an der Angel eines Fischers hing und über das Riff gezogen wurde.

1972 machte das Vancouver Aquarium einen erfolglosen Versuch, Quastenflosser für die eigene Haltung zu importieren. 1975 und 76 scheiterte das Steinhard Aquarium aus San Francisco mit dem selben Vorhaben. Eine wichtige Monographie über den Quastenflosser war dennoch ein beachtenswertes Ergebnis.

Weitere Versuche verschiedener Expeditionen zu den Komoren bringen immer mal wieder Bilder von geangelten und freigelassenen Tieren. Alle Versuche, Quastenflosser für Aquarien zu fangen, scheitern.

 

Cousteau's Calypso
Cousteaus Forschungsschiff „Calypso“ bei der Einfahrt in Montreal, 1980. (Foto: René Beauchamp)

Ein neuer Spieler tritt in den Ring

1986 trat ein neuer Spieler auf das Feld: Hans Fricke. Der Verhaltensforscher kam mit schwerem Gerät, genauer dem selbst entwickelten Forschungs-U-Boot Geo. Mit diesem Boot war es 1987 erstmals möglich, Latimeria im natürlichen Lebensraum zu beobachten. Der Erkenntnisgewinn durch diese Beobachtungen war enorm. Fricke und sein Team fanden heraus, dass die Tiere tagsüber in etwa 150 m Tiefe in Lavahöhlen lebten. Nachts gehen sie auf Beutefang. Dabei bewegen sie sich tatsächlich mit ihren paarigen Flossen in einer Art Kreuzgang vorwärts, der einem heutigen Landtier gleicht. Die Funktion des Gehens ist also älter, als der Landgang an sich.

 

Hans Fricke’s Uboot GEO om Deutschen Museum, München

Ein Foto der Quastenflosser im natürlichen Lebensraum hat es sogar auf die Titelseite der New York Times gebracht.

 

Quastenflosser auf dem Titelblatt der New York Times
Ein Fisch auf dem Titelblatt der New York Times

Doch auch spezifischere Beobachtungen wurden möglich. Das Team um das Tauchboot Geo lernte, Quastenflosser an ihrem Fleckenmuster zu unterscheiden. So konnten sie die Beziehungen der Fische untereinander kennenlernen und Soziogramme erstellen.
Sie konnten auch Sono-Markierungen an den Fischen befestigen, mit denen man die Tiere vom Boot verfolgen kann, ohne selbst tauchen zu müssen. Während der Untersuchungszeit wanderten einige Quastenflosser in Tiefen von 700 m. Das ist doppelt so tief, wie bisher bekannt.

 

Eine Besonderheit, die schon Marjorie Courtenay-Latimer feststellte, erleichtert die genetische Untersuchung: Die Schuppen lösen sich sehr einfach aus der Haut. Mit einer kleinen Spezialharpune, die außen am Tauchboot befestigt ist, konnten die Forscher Schuppen der Tiere lösen und für die genetische Untersuchung einsammeln. „Die Schuppen wachsen wieder nach. Wir können die Tiere anhand ihres Fleckenmusters unterscheiden und haben bei späteren Tauchgängen gesehen, dass sie keinen Schaden genommen haben.“, so ein Mitglied Frickes Teams.

Zwei Einzelfunde belegen, dass die Quastenflosser gelegentlich aus ihrer Heimat bei den Komoren verdriftet werden. 1992 wurde ein Tier vor Mosambik gefunden, 1995 und 97 vor Madagaskar.

Wie sich die Fische fortpflanzen

weiß man noch nicht genau. Die Weibchen bilden Eier aus, die etwa 9 cm Durchmesser erreichen. Sie werden innerlich befruchtet und der Embryo wächst im Weibchen heran. Gleichzeitig trägt ein Weibchen zwischen 6 und 24 Eiern aus, die Jungen schlüpfen mit einem Gewicht von etwa 500 g und einer Länge von 35 cm.

Ein Begattungsorgan wurde beim Männchen noch nicht festgestellt. Wie sich die Tiere paaren, ist unklar. Ebenso unklar ist, wie alt die Tiere bei Geschlechtsreife sind und wie alt sie insgesamt werden.
Langzeitbeobachtungen des Teams um Hans Fricke lassen vermuten, dass die Tiere sehr alt werden. „Einige Tiere kennen wir nun schon seit 20 Jahren“, freut sich Teammitglied Jürgen Schauer.

Nachgebildeter Quastenflosser-Lebensraum im NHM Wien (Foto: M. Bühler)

Noch eine Sensation

Dieses Mal ließ die Entdeckung etwas weniger als 14 Jahre auf sich warten. Arnaz Mehta Erdmann entdeckte am 18. September 1997 auf dem Fischmarkt einen Quastenflosser. Der Fischmarkt lag in Manado Tua, auf Sulawesi in Indonesien, 9000 km von den Komoren entfernt. Sie konnte den Fisch fotografieren, bevor er verkauft wurde. Das Tier war etwas kleiner, als der Komoren-Quastenflosser und anders als dieser nicht stahlblau, sondern braun gefärbt.

Der Ehemann der Finderin, Mark Erdmann befragte die Fischer der Umgebung und erfuhr so den lokalen Namen des Tieres: „Raja Laut“, der König des Meeres. Am 30. Juli 1998 schließlich wurde er von einem Fischer gerufen, der einen Raja Laut gefangen hatte und noch lebend in seinem Netz hielt. Erdmann sicherte den Fund für die Wissenschaft.

Bisherige Fundorte von Quastenflossern: Blau: Erstfund bei East London; Türkis: Fundorte vor Afrika; Rot: Komoren; Orange: Fundorte von Latimeria menadoensis; Weiß: trotz Forschung kein Nachweis

Am 24. September 1998 wurde diese Entdeckung – erneut in Nature – publiziert. Erdmann ging damals davon aus, dass es sich um die selbe Quastenflosserart wie bei den Komoren handelt.

Zwei Arten

Die genetische Untersuchung sagt jedoch etwas anderes. Tiere beider Populationen bilden diskrete, getrennte Gruppen, deren Genom sich um durchschnittlich 4.1% unterscheidet. Die indonesische Art wurde daraufhin von Erdmann als Latimeria menadoensis beschrieben.

Das Team um Hans Fricke, jetzt mit dem weiter entwickelten Tauchboot Jago, machte sich auf den Weg nach Indonesien und konnte auch bald Quastenflosser finden. Sie lebten -ähnlich wie bei den Komoren- in Höhlen, diesmal allerdings Karsthöhlen in Kalkgestein.

Insbesondere die indonesische Population erregte immer wieder Interesse. Die Karstfelder um Sulawesi sind groß und reichen weit in die Tiefe. Ein optimaler Lebensraum für Quastenflosser. So kamen verschiedene Filmteams mit wechselndem Erfolg.

Und eine Dritte?

Pieter Venter, Mitglied der südafrikanischen Coelacanth Exbedition entdeckt mindestens drei lebende Quastenflosser unter einem Überhang vor Sodwana, Südafrika. Sie leben in relativ flachem Wasser von etwa 120 m Tiefe. Bei der Entdeckung kam ein Taucher ums Leben.

Im Jahr darauf kommt Venter wieder nach Sodwana und kann weitere Quastenflosser filmen. Zwei Tiere konnten anhand der Aufnahmen vom vorhergehenden Jahr identifiziert werden. Hans Fricke taucht im folgenden Jahr bei Sodwana und identifiziert 15 Individuen, mindestens eines davon trächtig. Er kann auch Gewebeproben für genetische Untersuchungen sammeln.

Die Tiere vor Südafrika gehören demnach der Art Latimeria chalumnae an. „Es haben sich dort aber zwei genetisch unterscheidbare Gruppen gebildet. So konnten wir zeigen, dass sich Quastenflosser trotz ihrer langsamen Evolutionsrate immer noch weiterentwickeln“, erklärt die Biologin Kathrin Lampert aus Frickes Team.

Marjorie Courtenay-Latimer

Seit seiner „Wiederentdeckung“ 1938 und 1952 war der Quastenflosser bei neuen Erkenntnissen regelmäßig in der Tagespresse. Mit jeder neuen, bahnbrechenden Entdeckung wurde auch Marjorie Courtenay-Latimer interviewt. In einem späteren Filmbeitrag äußerte sie sich belustigt darüber. Immer, wenn sie etwas vom Quastenflosser in der Zeitung lese, könne sie am nächsten Tag mit mindestens einem Filmteam rechnen.

Sylvia Earle und Miss Courtenay Latimer

Sie nahm bis ins hohe Alter an Kongressen teil und hielt Vorträge. Marjorie Courtenay-Latimer starb hoch geehrt am 24. Mai 2004 in East London an einer Lungenentzündung. Sie wurde 97 Jahre alt.

Weitere Funde

2007: Neun Quastenflosser wurden in der Tanga-Region vor Tansania beobachtet.

 

2010 konnten Forscher fünf weitere Quastenflosser vor Biak Island vor dem indonesischen Teil Neuguineas filmen.

 

2012 dokumentieren andere Forscher Fänge von Quastenflossern vor Papua Neuguinea und den Salomonen. Im Rahmen des gleichen Projektes werden Fischer auf Tahiti, Neukaledonien und Vanuatu befragt. Sie kennen den Quastenflosser nicht.

 

2019 entdeckten Bruce Henderson, Moo und Mike Fraser sowie Mossie Carstens einen Quastenflosser in 72 m Tiefe bei Pumila in Südafrika. Im Januar 2021 fanden sie in nur 55 m knapp 30 km südlich bei Margate. Das Tier war mit etwa 1,2 m relativ klein, aber in gutem Zustand.

 

2020 stellte sich erneut die Frage nach einer dritten Art. Es gab große genetische Differenzen zwischen den Populationen von Sulawesi und Neuguinea. Offenbar konnten die Tiere über mehr als 13 Millionen Jahre die mehr also 2000 m tiefe Banda- und Molukkensee überwinden. Neben der Frage, ob eine Trennung der Populationen für 13 Millionen Jahre ausreicht, um eine eigene Art zu bilden ergibt diese Entdeckung neue Aspekte zur Biologie dieser Fische. Offenbar sind die Tiere nicht in der Lage, tiefe, strömungsreiche Meere zu überwinden. Dies hat dann auch bedeutende Auswirkung auf die Abschätzung eines potenziellen Verbreitungsbereiches.

 

2021 veröffentlichen Wissenschaftler, dass Quastenflosser (in diesem Fall Latimeria chalumnae) etwa 100 Jahre alt werden können. Sie erreichen 2 m Gesamtlänge und 105 kg. Erst mit 1,5 m Länge werden sie geschlechtsreif.

 

Anfangs nur auf die bekannte Komoren-Population beschränkt, macht es heute den Eindruck, Quastenflosser sind weiter verbreitet, als lange vermutet. Möglicherweise kommen sie im gesamten indischen Ozean vor, überall dort, wo der Lebensraum geeignet ist. Bisher kennt man relativ wenige Lebensraumansprüche, Höhlen in 120 m oder mehr Metern Tiefe scheinen einer der Schlüssel zu sein. Die bevorzugte Wassertemperatur liegt bei 18 bis 20°C.

Wer weiß, vielleicht entdeckt man ihn vor der Küste Jemens, im Persischen Golf, an der indischen Küste, tief im Wasser der Malediven oder vor Mauritius? An vielen Stellen, insbesondere um das Horn Afrikas und vor der arabischen Halbinsel ist Forschung aktuell kaum denkbar. Doch wenn sich die Lage wieder beruhigt, was den Bewohnern dort zu wünschen ist, werden die Forschungsteams kommen.


Dieser Beitrag wurde vor ziemlich genau 4 Jahren das erste Mal veröffentlicht. Seit dem haben sich einige neue Erkenntnisse ergeben, die ich ergänzt habe.

 

Die Idee zu diesem Beitrag stammt vom User „Platypus“ aus dem Spiel „Tier Trivia“ auf dem ehemaligen Kryptozoologie-Online-Forum.


Literatur:

http://researcharchive.calacademy.org/research/ichthyology/catalog/getref.asp?id=4068

https://www.pbs.org/wgbh/nova/fish/letters.html

https://www.geomar.de/news/article/quastenflosser-ein-anpassungsfaehiges-fossil/

https://www.dinofish.com