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Neben dem einzigen einheimischen Wal an den deutschen Küsten, dem Schweinswal, verirren sich auch immer wieder verschiedene Arten von Klein- und Großwalen in deutsche Gewässer.

 

In den letzten Jahren wurde es schon fast zur Tradition, dass sich ein Delfin in die Flensburger-, Eckernförder- oder Kieler Bucht verirrte und sich hier zum Teil über mehrere Wochen aufhielt (so 2017-2020). Sehr zur Freude der Einheimischen, der Touristen und natürlich auch der Presse, die dann regelmäßig Schnappschüsse der exotischen Besucher abdruckt (wir berichteten).

 

Die Tiere sind hier natürlich verschiedenen Gefahren ausgesetzt, so etwa Verletzungen durch Motorboote oder Krankheiten. Auf die Idee, die Tiere zu Bejagen, käme heutzutage vermutlich kaum ein Mensch. Das war aber nicht immer so, wie folgender trauriger Fall zeigt.

 

Ein Großer Tümmler im Nord-Ostsee-Kanal

Bereits 1929 verirrte sich ein Großer Tümmler in den Nord-Ostsee-Kanal (damals noch Kaiser-Wilhelm-Kanal) und sorgte für eine Sensation. Drei Wochen lang, so berichten die Kieler Neuesten Nachrichten am 12.10.1929, habe sich das Tier, das über eine Schleuse in den Kanal gelangt sei, in diesem getummelt und sei von vielen Menschen beobachtet worden.

 

Bericht über den Kanalschwimmer
Kieler Neueste Nachrichten 12.10.1929

 

Die Fischer der Region waren allerdings nicht begeistert. Für sie war der Kanalschwimmer eine Jagdkonkurrenz und sie behaupteten, er würde ihre Fangerträge massiv verringern. Sein trauriges Schicksal zeichnete sich ab. Also machte man sich am Nord-Ostsee-Kanal auf die Jagd und am 12. Oktober 1929 wurde der Kanalschwimmer dann von Fischern aus Holtenau erlegt. Im Internet lässt sich noch ein Foto finden, dass die stolzen Fischer vor ihrer erlegten Trophäe zeigt.

 

Der erlegte Tümmler aus dem Nord-Ostsee-Kanal
Der erlegte Kanalschwimmer, ein großer Tümmler im Nord-Ostsee-Kanal

 

Inzwischen ist der „Kanalschwimmer“ Bestandteil der Zoologischen Sammlung in Kiel und sein präpariertes Skelett kann hier besichtigt werden.

Skelett eines großen Tümmlers aus dem Nord-Ostsee-Kanal
Das Skelett des „Kanalschwimmers“ im Zoologischen Museum in Kiel (Foto: André Kramer)

 

 

Heutzutage würden Gesetze eine solche Bejagung verbieten und der Aufschrei der Öffentlichkeit wäre groß (obgleich die Bejagung von Tieren wie Fuchs und Dachs ebenso zweifelhaft ist). Doch in der ersten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts war der Gedanke an Artenschutz noch nicht derart etabliert. So wurde der Seehund an den deutschen Küsten durch Bejagung (auch er galt als „Fischdieb“) fast ausgerottet (Borkenhagen 2011, S. 446 f.). Heute können Touristen wieder hunderte dieser Tiere bei Bootsausflügen bestaunen und sich an ihnen erfreuen.

 

Seehunde auf einer Sandbank
Zufriedene Seehunde vor Büsum 2021 (Foto: André Kramer)

 

Gleichzeitig sind die Ausnahmegäste der Delfinfamilie in unseren Gewässern nicht immer unproblematisch. Aus noch nicht gänzlich geklärten Gründen neigen sie nämlich dazu, unseren einheimischen Schweinswal, der etwa 1,80 Meter lang wird, zu attackieren und zu töten. Größer noch, ist die Gefahr für Schweinswale allerdings durch die Stellnetze der Fischerei.[1]


Quellen

Borkenhagen, Peter: Die Säugetiere Schleswig-Holsteins. Husum: Faunistisch-Ökologische Arbeitsgemeinschaft e. V. 2011

Harfst, Michaela: Warum töten Delfine Schweinswale in der Ostsee? Auf: Warum töten Delfine Schweinswale in der Ostsee? – Whale and Dolphin Conservation Deutschland (whales.org) 23.01.2017

A.: „Kanalschwimmer“ Tümmler – Erledigt. In: Kieler Neueste Nachrichten 12.10.1929

[1] Vgl. Harfst 2017


Dieser Beitrag wurde bereits 2021 veröffentlicht und hat nach Überarbeitung ein neues Datum erhalten.

Von André Kramer

André Kramer ist Sozialpädadoge und leitet eine sozialpsychiatrische Einrichtung in Norddeutschland. Er beschäftigt sich bereits seit den 90er Jahren mit der Kryptozoologie und weiteren anomalistischen Themen.