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Nahezu alles, was von Gigantopithecus blacki bekannt ist, stammt aus Höhlenablagerungen des frühen bis mittleren Pleistozäns in Südchina zwischen dem Jangtsekiang und dem Südchinesischen Meer. Dieser Orang-Utan-ähnliche Affe gilt als Schlüsselmitglied der früh- bis mittelpleistozänen Faunenzonen Gigantopithecus–Sinomastodon und Stegodon–Ailuropoda im (sub)tropischen Ostasien, von vor etwa 2,0 Millionen bis vor 330.000 Jahren.

 

Er ist bekannt für seine ungewöhnlich großen Backenzähne, die eine atypische Schmelzdicke aufweisen. Seine Körpergröße wird auf etwa 3 m und sein Gewicht von 200–300 kg geschätzt[1]. Er wäre damit der größte Primat, der jemals auf der Erde gelebt hat. Trotz 85-jähriger Suche beschränkt sich der Fossilienbestand von G. blacki auf vier Mandibeln[2] und fast 2.000 isolierte Zähne ohne bekannte postcraniale[3] Fossilien. Die erste Entdeckung als „Drachenzahn“ in einer Apotheke in Hongkong durch den deutschen Paläontologen Gustav Heinrich Ralph von Koenigswald löste eine Suche nach den ersten In-situ-Funden aus. Diese gipfelte in der Entdeckung mehrerer Höhlenfundorte in zwei Hauptgebieten, Chongzuo und Bubing Basin, in der chinesischen Provinz Guangxi. Diese Stätten enthalten entscheidende Beweise für sein Überleben und seinen späteren Untergang.

 

Zahn eines Gigantopithecus
Zähne sind die häufigsten Fossilien von Gigantopithecus, hier der Holotyp

 

Gigantopithecus, der größte Affe aller Zeiten

Die Gattung Gigantopithecus lebte im Miozän und Pleistozän im südchinesischen Bergland, Nordindien und Pakistan. Zwar sind zahlreiche Fossilien bekannt, allerdings nur etwa 2000 einzelnen Zähnen, einem nahezu vollständigen Unterkiefer und drei Kiefer-Fragmenten. Teile des weiteren Skelettes sind noch unentdeckt.

Dies macht eine Rekonstruktion der Tiere sehr schwierig. Sicher scheint, dass sie als Seitengruppe in die Unterfamilie Ponginae, zu der die heutigen Orang-Utans, aber auch die fossilen Gattungen Lufengpithecus, Ankarapithecus und Sivapithecus gehören.

 

Größenvergleich Gigantopithecus blacki Eisbär Mensch
Vergleich der Größe einer klassischen Gigantopithecus blacki-Rekonstruktion, einem modernen Eisbär und Menschen

 

Bei Gigantopithecus blacki ging man von einer gewaltigen Größe aus. Die ersten Rekonstruktionen zeigten deutlich mehr als 3 m Körperlänge, da man von den Zähnen ausging, sie mit den Zähnen von Orang-Utans verglich und so einen im Maßstab vergrößerten Orang-Utan konstruierte. Seit Unterkiefer bekannt sind, ist diese Rekonstruktion deutlich kleiner geworden, aber hier steht immer noch ein 3 m großer Orang-Utan im Raum – ein Affe mit der Größe und dem Gewicht eines Eisbären!
Eine andere Rekonstruktion nimmt den ökologisch ähnlicheren Gorilla als Maßstab und zeichnet damit weitaus kleinere Menschenaffen, die durch ein massives Gebiss auffallen.

Die Art war ein spezialisierter Waldbewohner, der vermutlich nur die oberen Lagen immergrüner Bergregenwälder bewohnte. Die hier hauptsächlich zitierte Arbeit und einige Arbeiten vorher zeigten, dass sich G. blacki fast oder ganz ausschließlich von Früchten und faserreichen Pflanzenteilen ernährte, ähnlich, wie es Gorillas heute tun.

 

Aus der Gattung Gigantopithecus sind drei Arten beschrieben worden, G. blacki als Typusart, G. giganteus und G. bilasurensis. G. giganteus wird heute von der überwiegenden Zahl der Wissenschaftler einer eigenen Gattung, Indopithecus zugerechnet, G. bilaspurensis wird als Synonym zu Indopithecus giganteus angesehen.

 

Wann und warum starb Gigantopithecus aus?

Gigantopithecus blacki war ein prägendes Element der südostasiatischen Megafauna. Sein Untergang ist rätselhaft, wenn man bedenkt, dass er einer der wenigen asiatischen Menschenaffen war, die in den letzten 2,6 Millionen Jahren ausgestorben sind. Viele andere, darunter drei Orang-Utan-Arten  haben bis heute überlebt. Die Ursache für das Verschwinden von G. blacki bleibt ungeklärt. Sie könnte aber Aufschluss über die Widerstandsfähigkeit der Primaten und das Schicksal der Megafauna in dieser Region geben.

 

Fundorte von Fossilien von Gigantopithecus blacki nach Hathaway et al 2024
Lage der Fundorte der Fossilien von Gigantopithecus blacki und anderer Arten. Abb. aus der zitierten Originalarbeit Westaway et al., 2024 (CC-BY-SA 4.0)

 

Ein internationales Forscherteam unter der Leitung von Kira E. Westaway von der Macquarie University, Sydney, und Yingqi Zhang vom Chinese Academy of Sciences, Beijing hat sich nun in dieser aufsehenerregenden Arbeit mit dem Aussterben des größten Affen aller Zeiten befasst.

 

Umweltveränderungen

Die Umwelt im Lebensraum von G. blacki bestand vor 2,3 Millionen Jahren aus einem Mosaik aus Wäldern und Grasland. Sie bot ideale Bedingungen für gesunde G. blacki-Populationen. Kurz vor und während des Aussterbefensters vor 295.000 bis 215.000 Jahren wurde das sehr einheitliche Klima immer mehr durch Jahreszeiten verändert. Dies führte zu Veränderungen in den Pflanzengemeinschaften und wiederum zu einer Zunahme offener Wälder. Obwohl es seinem nahen Verwandten Pongo weidenreichi (einer heute ausgestorbenen Orang-Utan-Art aus Südchina und Vietnam) gelang, seine Ernährungspräferenzen und sein Verhalten an diese Variabilität anzupassen, zeigte G. blacki Anzeichen von chronischem Stress. Seine Populationen schrumpften. Letztendlich führte diese Umweltveränderung, an die sich die Tiere nicht mehr anpassen konnten, zum Aussterben des größten Primaten, der jemals auf der Erde gelebt hat.

 

In der am 10. Januar vorgestellten Arbeit haben die Wissenschaftler drei multidisziplinäre Analysen – Zeitablauf, prähistorische Umwelt und Verhalten – auf 22 Höhlen in Südchina angewendet. Sie haben mit sechs unterschiedlichen Datierungstechniken insgesamt 157 radiometrische Altersdaten gewonnen, und mit ihnen einen Zeitplan für das Aussterben von G. blacki erstellt.

 

Fossilfunde und ein wenig Ökologie von Gigantopithecus blacki

Nur sehr wenige dieser G. blacki-Fundorte wurden mit mehr als einer radiometrischen Technik datiert, daher sind die Daten oft etwas unscharf, so bleibt der Zeitpunkt des Aussterbens ungewiss. Die aktuelle Zeitspanne für sein Vorkommen liegt zwischen 2,2 Millionen (Baikong-Höhle) und 420–330.000 Jahre (Hejiang-Höhle). Während dieser Zeit erfuhr G. blacki morphologische Veränderungen. Die Zahngröße nahm zu, ebenso die Zahnkomplexität, was die Wissenschaftler auf eine Ernährungsumstellung als Reaktion auf den ökologischen Druck interpretieren.

 

Rekonstruktionen der Ernährung von G. blacki auf der Grundlage der Zahnanatomie zeichnen das Bild eines spezialisierten Pflanzenfressers mit Anpassungen für den Verzehr von abrasiver Nahrung, starkes Kauen faseriger Pflanzen und eine fruchtreiche Ernährung. Das vielfältige Waldökosystem zur Zeit der Funde von Baikong (2,2 Ma) war in der Lage, die mehrere Primatengemeinschaften in einem weiten Gebiet in den Provinzen Guangxi, Guizhou, Hainan und Hubei mit ausreichend Nahrung zu versorgen, so die Wissenschaftler.

 

Gigantopithecus und die Kryptozoologie

Ein so großer Affe, der auch noch vor vergleichsweise kurzer Zeit ausgestorben ist, bzw. dessen Fossilien erst vor kurzer Zeit nicht mehr nachweisbar sind, ist schon per se interessant.

 

Patty
Handelt es sich bei dem Wesen aus dem bekannten Patterson-Gimlin-Film um einen Gigantopithecus?

 

Grover Krantz (1931 – 2002), ein nicht unumstrittener Zoologe und Kryptozoologe befasste sich lange Zeit mit Bigfoot-Sichtungen, parallel zu wissenschaftlichen Arbeiten an der Abstammungslinie des Menschen und moderner Menschenaffen. Im Rahmen dessen führte er unter anderem den Namen Sasquatch ein. Seine Hypothese war, dass vor etwa 300.000 Jahren Gigantopithecus blacki die Bering-Landbrücke überwanden und dann die Wälder Nordamerikas besiedelten. Man kenne diese Affen heute als Bigfoot. In Folge dessen versuchte Krantz, den Bigfoot zunächst als Gigantopithecus blacki zu beschreiben – was nicht gültig war, da das Taxon bereits bestand und Krantz keinen Holotyp vorweisen konnte. In der Folge versuchte er, Gipsabgüsse der Fußspuren als Gigantopithecus canadensis zu beschreiben – keine wissenschaftliche Zeitschrift nahm sein Manuskript an.

 

Krantz‘ Argumentation, der Bigfoot sei ein Gigantopithecus oder dessen Nachfahr hält sich in der kryptozoologischen Gemeinde hartnäckig. Ohne genauere Kenntnisse von Gigantopithecus und von Bigfoot ist sie kaum belastbar.

 

Wir haben uns mit der These näher beschäftigt.

 

Wie starb der größte Affe aller Zeiten aus?

Zur Zeit von Hejiang, vor 420- 300.000 Jahren, war G. blacki aus nahezu seinem gesamten Verbreitungsgebiet verschwunden und kam nur noch in Guangxi vor. Die Gründe für diesen dramatischen Rückgang und schließlich das Aussterben sind nach wie vor heftig umstritten, was an mangelnden Daten liegt.

Den Forschern fehlte zur Erklärung bisher der regionaler Ansatz, also eine Konzentration auf einzelne Standorte und Methoden, zudem fehlten Fossilien, die auf die Umwelt und das Verhalten der großen Affen darin schließen lassen.

 

Um diese Lücke schließen zu können, datierten die Forscher 157 Funde aus 22 Höhlen. Damit zeigten sie, dass Gigantopithecus blacki sogar zwischen mindestens 2,3 Millionen Jahren und 255.000 Jahren vor heute lebte. Sie berechneten ein Aussterbefenster mit einem Zeitraum zwischen 295.000 und 215.000 Jahren[4]. Dazu etablierten sie vier Phasen für die Paläo-Umwelt- und Verhaltensanalyse:

  • 2.300.000 – 700.000 Jahre vor heute: Die Phase vor dem Aussterbefenster
  • 700.000 – 295.000 Jahre vor heute: Die Transitions-Phase
  • 295.000 – 215.000 Jahre vor heute: Das Aussterbefenster
  • 215.000 – heute: Die Nach-Aussterbephase

 

Die Phase vor dem Aussterbefenster

In dieser Zeit ging es der Gigantopithecus-Population gut. Die Pollenanalyse zeigt eine Umwelt, die durch Waldbäume (Kiefern-, Buchen- und Birkengewächse) dominiert war und einzelne Wiesen aufwies.

 

Mitbewohner von Gigantopithecus blacki, Stegodon ganesa (Fotomontage)
Fotomontage eines Stegodon ganesa in einer modernen Landschaft dieser Gegend

 

Eine detaillierte Analyse der Fauna zeigt, dass G. blacki in relativ großer Zahl vorkam, also ein prägendes Faunenelement war. Dazu gab es Pandabären (Ailuropoda microta), eine Pavianart der Gattung Procynocephalus, die Elefanten Sinomastodon, Stegodon, das Schwein Hippopotamodon und das Chalicotherium Hesperotherium.

 

Die Transitionsphase

In dieser Phase veränderte sich die Umwelt. Es gab Veränderungen in der Zusammensetzung der Wälder und mehr Nachweise für Arten, die in gestörten Wäldern leben („Katastrophen-Arten“). Dem entsprechend änderte sich auch die Fauna: Die Zahl der G. blacki nahm ab, der Panda A. baconi ersetzte seinen Vorgänger. Die Elefantengattung Stegodon blieb erhalten, während Sinomastodon verschwand und durch Elephas ersetzt wurde.

 

Indische Elefanten Elephas maximus in Assam, Kaziranga NP
Indische Elefanten (Elephas maximus) in einer Graslandschaft in Assam

 

Die Nach-Aussterbephase

Etwa um 200.000 vor heute nahm die Waldbedeckung weiter ab, Farne der Familie Moraceae und der Gattung Podocarpus nahmen zu. Insbesondere Grasland mit Sauergräsern breitete sich stark aus und Holzkohlenreste deuten auf Waldbrände hin.

Die Fauna blieb zunächst dem Vor-Aussterbefenster recht ähnlich, natürlich ohne Gigantopithecus, aber mit Pandas, Stegodon und Elephas.

 

Rückgang oder Veränderung der Wälder?

Der Rückgang der Waldbedeckung in dieser Zeit ist aus China, Südost-Asien und Australasien bekannt. Die in dieser Arbeit geleistete Pollenanalyse zeigt aber, dass die Veränderung der Waldbedeckung nicht für das Aussterben von G. blacki verantwortlich ist, sondern die Veränderung der Zusammensetzung der Wälder, vor allem die Zunahme der Katastrophen-Arten.

Die Analyse der stabilen Isotope und Spurenelemente in den Funden von G. black und Pongo weidenreichi zeigt, dass beide Arten in geschlossenen Wäldern lebten. Die Fossilien beider Arten zeigen charakteristische Bänderungen bei den Analysen, die eine entstehende jahreszeitliche Periodik vermuten lassen: Während des Jahres wechselten die Nahrungsquellen, zu einigen Zeiten tranken die Tiere aus Gewässern, zu anderen reichte die Flüssigkeit aus der Nahrung, um den Wasserbedarf zu decken. Die wichtigsten Nahrungsquellen waren das ganze Jahr verfügbar.

Gigantopithecus war wohl noch mehr auf die Pflanzen des Waldes angewiesen, als P. weidenreichi. Diese Spezialisierung ließ während der Veränderungen mehr Spuren im Zahnschmelz der Tiere zurück, was die Wissenschaftler auf eine einseitigere Ernährung und unregelmäßiges Trinken aus Gewässern sowie stärkeren, chronischen Stress innerhalb der Population zurückführen.

 

Kein Wunder: schwindet der optimale Lebensraum, steigt bei gleicher Individuenzahl die Konkurrenz.

 

Alter von Gigo-Funden und Pollenbeschreibung der Landschaft
Alter der Fossilien an den Einzelfundorten und die Zusammensetzung der Pollen vor und nach dem Aussterben von Gigantopithecus blacki. Deutlich ist die Umweltveränderung hin zu Waldstörungen und Offenlandschaften zu erkennen.

 

Die Veränderungen im Mikroverschleiß der Zähne zeigen möglicherweise Zeiten von Fruchtmangel. G. blacki war auf Früchte und faserreiche Nahrung spezialisiert und damit von faserreicher Notnahrung abhängig. Insbesondere im Aussterbefenster wurde das Klima mehr saisonal und Früchte wurden seltener und waren nicht immer verfügbar. Das könnte G. blacki dazu gezwungen haben, in dieser Zeit schlechter geeignete Nahrung zu sich zu nehmen, falls diese überhaupt zur Verfügung stand.

Die Analyse des Materials von G. blacki zeigt eine mangelnde Anpassungsfähigkeit an saisonal fehlende Früchte:

In der Vor-Aussterbefenster-Phase war Gigantopithecus blacki ein erfolgreicher Spezialist, der neben anderen Primaten lebte und sich von einer großen Auswahl von Nahrung aus einem immergrünen Wald ernährte.

Zu Beginn der Transitionsphase, vor 700.000 – 600.000 Jahren wurde das Klima saisonaler und die Waldgesellschaften veränderten sich. Die Vielfalt an Nahrung sank, was eine Veränderung des Verhaltens von G. blacki mit sich brachte.

Um das Aussterben zu verstehen, vergleichen die Studienautoren die Situation von G. blacki mit der des Orang-Utans Pongo weidenreichi.

Pongo weidenreichi lebte nicht nur bodengebunden, sondern auch auf den Bäumen. Er war dadurch wesentlich mobiler als der rein bodengebundene G. blacki und konnte schneller größere Entfernungen zurücklegen. G. blacki bewohnte nur relativ kleine Reviere, weit oben in den Bergen, soweit bekannt kam er nur zum Trinken in die Täler.
P. weidenreichi hatte durch den kleineren Körperbau eine frühere Reife und schnellere Generationsfolge und einen geringeren Nahrungsbedarf. Dies ermöglichte ihm, das Aussterbefenster von G. blacki zu überleben, was G. blacki mit seiner stärkeren Spezialisierung nicht schaffte.

 

Umweltveränderungen und Aussterben
Veränderung der Umwelt in den letzten 1,8 Millionen Jahren, die zum Aussterben von Gigantopithecus blacki führten (ebenfalls nach Westaway et al., 2024, CC-BY-SA 4.0)

 

Allerdings ist es nicht so, dass Gigantopithecus blacki sich quasi widerstandslos dem Aussterben ergab. Die Art unterlief auch im Pleistozän noch eine Evolution: Die gefundenen Zähne wurden um so größer, je jünger sie waren. Möglicherweise war dies eine Folge des schrumpfenden Optimallebensraumes: Besonders große Individuen konnten ihre Reviere besonders lange verteidigen und sich so erfolgreicher fortpflanzen. Die Art hingegen brachte es nur noch schneller in die Spezialisierungsfalle.
Pongo weidenreichi umging genau diese Falle, indem sich die Art in die entgegengesetzte Richtung entwickelte: Die Zähne (und damit vermutlich auch die Individuen) wurden mit der Zeit kleiner.

 

Gigantopithcus im Habitat
Moderne Rekonstruktion eines Gigantopithecus in einem Bambuswald. Hier konnte er vermutlich nicht lange überleben.

 

Eine sehenswerte Arbeit

Insgesamt ist die Arbeit aufsehenerregend. Kein Wunder, dass sie es in die renommierteste wissenschaftliche Zeitschrift, Nature geschafft hat. Sie zeigt den Grund für das Aussterben einer fossilen Art auf zahlreiche verschiedene Weisen auf. Gleichzeitig macht sie klar, dass man Aussterbeereignisse immer für eine Gattung oder Art individuell beleuchten muss, will man sie verstehen.

Vergleichen zu anderen Arten der Makrofauna war diese Darstellung für Gigantopithecus blacki relativ einfach. Es gibt relativ viel Fossilienmaterial, wenn es auch nahezu nur Zähne sind. Sie sind leicht datierbar und zeigen viel vom individuellen Leben des Trägers. Hinzu kommt, dass G. blacki eine Art ultimativer Spezialist ist, die in eine Spezialisierungsfalle stürzen musste, als sich ihre Umwelt veränderte.

Wie weit andere Faktoren eine Rolle spielten, z.B. die Ausbreitung des Generalisten Homo (vermutlich die Denisova-Hominiden) in Asien, ist nicht abzusehen. Vermutlich war aber G. blacki aufgrund seines Lebensraums hoch in den Bergen eher weniger von deren Ausbreitung betroffen.


Dennoch wirft die Arbeit bei mir einige Fragen auf:

  • Es wurde großflächig in Gebirgshöhlen nach Fossilien von Gigantopithecus und anderen Arten gesucht und offenbar auch viel gefunden. Wie kommt es, dass auch bei diesen personalintensiven, mehrjährigen Grabungsaktionen nichts Postcraniales ausgegraben wurde?
  • Die Arbeit spricht mehrmals von Klimaveränderungen im Süden Chinas im Bereich zwischen 700.000 und 300.000 Jahren vor heute. Ist bekannt, was diese Klimaveränderungen verursachte? Hängen sie mit dem Monsun zusammen?

 


Fußnoten

[1] Wir halten 200 bis 300 kg für einen 3 m großen ponginen Affen für sehr wenig. Große Männchen der kräftigen Borneo-Orang-Utans erreichen bei 1,5 m Größe etwa 90 kg. Ein 3 m großer, ähnlich gebauter Affe ist doppelt so lang, doppelt so hoch und doppelt so tief, müsste also etwa 8mal so viel wiegen. Ob dies bei Gigantopithecus blacki darstellbar ist, ist fraglich, da keinerlei postcraniales Material bekannt ist.

[2] Unterkieferäste

[3] Postcranial = alles, was nicht zum Kopf gehört

[4] Für alle Statistikfreunde: Diese Zeitangabe kommt mit der Sicherheit 2σ daher, deckt also 96% aller möglichen Zeiträume ab. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Art früher oder später ausstarb, liegt bei 4%.

 


Quellen

Die zitierte Arbeit:

Zhang, Y., Westaway, K.E., Haberle, S. et al. The demise of the giant ape Gigantopithecus blacki. Nature 625, 535–539 (2024). https://doi.org/10.1038/s41586-023-06900-0

Weitere Quellen:

Wikipedia-Seiten zu Gigantopithecus blacki, Indopithecus giganteus und Orang-Utans

 

Von Tobias Möser

Tobias Möser hat Biologie, Geologie und Wirtschaftswissenschaften studiert. Schon als Kind war er vor allem an großen Tieren, Dinosauriern, später Walen interessiert. Mit der Kryptozoologie kam er erst 2003 in näheren Kontakt. Seit dieser Zeit hat er sich vor allem mit den Wasserbewohnern und dem nordamerikanischen Sasquatch befasst. Sein heutiger Schwerpunkt ist neben der Entstehung und Tradierung von Legenden immer noch die Entdeckung „neuer“, unbekannter Arten. 2019 hat er diese Website aufgebaut und leitet seit dem die Redaktion.